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Allroundtalent im Industriealltag

Membranventile für flüssige und gasförmige Medien
Allroundtalent im Industriealltag

Sind in chemischen Prozessen sehr reine, stark korrosive oder feststoffhaltige Medien zu fördern und zu dosieren, sind Membranventile die erste Wahl. Der größte Vorteil dieser Ventilbauart ist, dass lediglich Ventilkörper und Absperrmembran mit dem Betriebsmedium in Kontakt kommen. Partikel werden durch die weiche Absperrmembran sicher umschlossen und beim Öffnen wieder weitergespült.

Rodolfo Eisermann

Bei der Betrachtung eines Gummischlauches kam einem englischen Bergbauingenieur, der Ende der zwanziger Jahre in Südafrika in einem Kohlenbergwerk arbeitete, eine Idee: Knickt man den Schlauch, schließt dieser den Durchfluss des Mediums vollkommen ab, lässt man ihn wieder los, so springt er unbeschädigt in seinen Urzustand zurück. Auf der Basis dieser Betrachtung entwickelte der Ingenieur das Membranventil. Das Prinzip eines Membranventils ist einfach. Es besteht aus nur drei Hauptbaugruppen, dem Ventilkörper, der Absperrmembran und dem Antrieb. Der Körper ist in der Regel ein von der Durchflussrichtung unabhängiger 2/2-Wegekörper, der in seiner Mitte mit einem Steg ausgestattet ist. Die Membran wird mittels eines Druckstücks, das über die Ventilspindel mit Antrieb verbunden ist, auf den Steg gepresst. Das Ventil ist damit geschlossen.
Die richtige Werkstoffpaarung
Ventilkörper sowie Druckstück und Antrieb sind je nach Einsatzgebiet aus Grauguss, hauptsächlich Sphäroguss GGG 40.3, oder verschiedenen Edelstählen gefertigt. Um die Lebensdauer bei aggressiven Chemikalien und abrasiven Materialien zu erhöhen, werden Auskleidungen aus Naturkautschuk und synthetischen Gummis oder hoch chemikalienbeständigen Kunststoffen wie PP, PTFE, ECTFE, PFA sowie Glas verwendet. Für spezielle Anwendungen, beispielsweise bei korrosiven oder sehr reinen Medien, kommen auch Ventile mit Kunststoffkörpern zum Einsatz. Diese bestehen vorzugsweise aus PP, PVC, PVDF oder PFA. Für die Absperrmembran werden hauptsächlich EPDM, Butyl, Neopren, Hypalon, Perbunan sowie Fluorkunststoffe wie PTFE und FPM eingesetzt. Wichtig bei der Auslegung von Membranventilen ist die Werkstoffpaarung von Ventilkörper mit oder ohne Auskleidung und den jeweiligen Membranwerkstoffen. Nur wenn deren thermische, mechanische und chemische Beständigkeit in vergleichbaren Bereichen liegen, ist eine dem Anwendungsfall angemessen lange Lebensdauer zu erwarten.
Geringer Wartungsaufwand
Membranventile zeichnen sich insbesondere durch die folgenden Merkmale aus. Zum Wechseln der Absperrdichtung muss der Ventilkörper nicht aus der Leitung ausgebaut werden. Dies ist vor allem bei eingeschweißten Ventilen und großen Nennweiten vorteilhaft. Der Austausch kann in wenigen Minuten vorgenommen werden. Darüber hinaus sind keine weiteren Dichtungen auszutauschen. Der Wartungsaufwand ist demnach gering. Bei kleinen Nennweiten sind Membranventile in der Regel in Anschaffung und Wartung kostengünstiger als andere Ventilarten. Dies gilt insbesondere für hochwertig ausgekleidete Ausführungen. Je nach Ventilkörper-, Auskleide- und Membranwerkstoff sind die Ventile für Betriebstemperaturen zwischen -10 und +160 °C einsetzbar. Nennweiten zwischen DN 4 und DN 350 sind heute gängig. Durch Sondermaßnahmen lassen sich die Eigenschaften der einzelnen Ventiltypen zum Teil stark verbessern.
Diesen Vorteilen stehen jedoch auch einige Einschränkungen gegenüber. Membranventile eignen sich abhängig von der Nennweite für Betriebsdrücke bis 10 bar, in seltenen Ausnahmefällen auch bis 16 bar. Bei großen Nennweiten kann der zulässige Betriebsdruck aber bis auf 3 bar absinken.
Einsatz in aggressiven Medien
Membranventile können heute in etwa 90 % aller Industrieanwendungen eingesetzt werden. Im Folgenden werden einige Beispiele aufgezeigt. Die Membranventile Gemü 620 und Gemü 675 sind je nach Ausführung besonders geeignet für hochreine bis stark verschmutzte flüssige und gasförmige Medien. Für starke, mineralische, oxidative und anorganische Säuren werden bevorzugt Ausführungsformen mit Ventilkörpern aus Sphäroguss oder Edelstahl jeweils mit PFA-Auskleidung verwendet. Diese Ventilbauarten sind ebenfalls widerstandsfähig gegen Basen, Halogene, Metallsalze, Kohlenwasserstoffe, Alkohole, Aldehyde, Ketone, Esther und Ammoniak. PFA besitzt dabei auch bei höheren Temperaturen eine sehr gute Beständigkeit. Wird ein Edelstahlkörper verwendet, ist zusätzliche Sicherheit gegeben, falls die Auskleidung beschädigt wird oder das Ventil einer aggressiven Außenumgebung ausgesetzt ist. Als Membranen kommen bevorzugt zweilagige PTFE/EPDM-Membranen zum Einsatz. Das PTFE-Schild ist mediumseitig eingesetzt, das EPDM wird als Rücken zur mechanischen Verstärkung verwendet. Dadurch kann das starre PTFE-Schild dünner ausfallen und lässt sich noch mechanisch verformen.
Am Beispiel Schwefelsäure soll kurz aufgezeigt werden, dass die Auskleidungswerkstoffe je nach Anwendungsfall variieren können. Bei Oleum und 100%iger Konzentration kommen hier bevorzugt PFA ausgekleidete Körper und PTFE/FPM-Membranen zum Einsatz. Bei 80%iger Säure können auch kostengünstigere PP-beschichtete Körper und PTFE/EPDM-Membranen eingesetzt werden. Bei 50%iger Konzentration kann auf Hartgummi als Auskleidewerkstoff für die Ventilkörper zurückggegriffen werden, bei den Membranen kommen ebenfalls zweilagige PTFE/EPDM-Varianten zum Einsatz.
Feststoffhaltige Medien
Bei der Wasseraufbereitung und Abwasserentsorgung, wo die Partikelbelastung zum Beispiel durch Sand und Schlamm recht hoch sein kann, kommen idealerweise Gemü-655- oder Gemü-656-Tiefsitzmembranventile zum Einsatz. Die Membran sorgt durch den Einschluss der Partikel dafür, dass das Ventil vollständig schließt und kein Medium nachläuft. Bei Medien, bei denen die mitgeführten Partikel dazu neigen, sich vor dem geschlossenen Ventil abzusetzen und zu verdichten, werden Membranventile um 180° gedreht, auf dem Kopf stehend eingebaut. Die Schlämme lagern sich dann direkt auf der Membran ab. Die Verkrustungen werden beim nächsten Öffnen durch die Bewegung der Membran aufgebrochen und können ausgespült werden. Tiefsitzmembranventile haben im Gegensatz zu der herkömmlichen Variante keinen Dichtsteg, sondern einen freien Durchlauf, ähnlich dem eines Schiebers oder Kugelhahns. Damit weisen sie deutlich höhere Kv-Werte bei gleicher Nennweite auf. Diese Ventile sollten aufgrund der hohen mechanischen Belastung der Membran nur für geringe Schaltwechsel eingesetzt werden. Die Tiefsitzmembranventile verfügen in diesen Anwendungen bevorzugt über Gummiauskleidungen, die gegen schwache Säuren, wie sie beispielweise zur pH-Wert-Einstellung verwendet werden, Sole sowie weitere Wasser- und Abwasserbehandlungsmittel resistent sind. Dazu passen je nach Anwendungsfall am besten Membranen aus EPDM, Hypalon oder Butyl.
Hygienisch und sterilisierbar
Besonders geeignet sind die Membranventile aufgrund ihrer totraumarmen Ausführung auch für den Einsatz in sterilen Bereichen. Die Ventilkörper sind für diese Anwendungen ausnahmslos aus Edelstahl. Sie werden aus Feinguss, Schmiederohlingen oder aus Blockmaterial hergestellt. Bei den Gemü-Biostar-Ventilen sind sämtliche Oberflächen übergangslos und ohne Kanten ausgeführt. Die Haftfähigkeit und das Absetzen von Verunreinigungen wird somit unterbunden. Zum Einsatz kommen EPDM oder PTFE/EPDM-Membranen. Die Verbindungsschrauben für den Ventilkörper und den Antrieb sind vollständig gekammert. Das manuelle Ventil ist aus Edelstahl und besitzt ein dreispeichiges Handrad aus dampfbeständigem Hochleistungskunststoff oder ein Einspeichenhandrad aus Edelstahl 1.4408. Die Pneumatikantriebe sind in den Steuerfunktionen federkraftschließend/federkraftöffnend und beidseitig angesteuert erhältlich. Die bei allen einfachwirkend arbeitenden Pneumatikantrieben notwendige Be- und Entlüftungsöffnung ist so angeordnet, dass über einen Labyrinthgang keine Flüssigkeit von außen in den Antrieb gelangen kann. Alle innen liegenden beweglichen Teile sind mit dynamischen Dichtungen abgedichtet, alle Laufflächen sind oberflächenvergütet. Das Lager der Ventilspindel ist als selbstschmierende Igus-Buchse in einem PTFE-Compound ausgeführt. Um Totzonen und Toträume in den Anlagen zu verkleinern, sind neben den Durchgangskörpern auch individuelle Mehrwegekörper erhältlich, bei denen mehrere Durchgangsventile und die entsprechende Verrohrung durch einen intelligent gestalteten kleinen Block ersetzt werden.
cav 425

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