Startseite » Chemie »

Nanopartikel: Auf der sicheren Seite

Risikomanagement
Nanopartikel: Auf der sicheren Seite

Der hohen Technologie- und Marktdynamik der Nanotechnologie stehen noch Defizite in der Risikoforschung gegenüber. Auch die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für den Umgang mit der Nanotechnologie ist noch offen. Für viele Unternehmen sind damit derzeit schwer einschätzbare Risiken verbunden. Mit Cenarios bietet TÜV Süd Industrie Service ein branchenübergreifendes und zertifizierbares Risikomanagement- und Monitoringsystem an.

Thorsten Weidl

Jüngsten Studien zufolge zählt die Nanotechnologie zu den wachstumsstärksten Branchen. Allein in Deutschland sind bereits an die 1000 Produkte im Handel, die in irgendeiner Form Nanopartikel enthalten. Weltweit haben derzeit rund 30 Staaten Forschungsprogramme zur Nanotechnologie aufgelegt. Vor allem Nanoprodukte aus der Chemie- und Verfahrenstechnik – wie beispielsweise kratzfeste Lacke, schmutzabweisende Beschichtungen, antibakterielle Textilien und Sonnencremes mit Titandioxid – werden bereits heute als innovative Produkte einer wichtigen Schlüsseltechnologie wahrgenommen.
Wer Produkte in Verkehr bringt, unterliegt dem Produkthaftungsrecht. In Deutschland stellen eine Reihe von Pflichten konkrete Anforderungen an das Management. Dazu zählen Organisationspflichten, Entwicklungs- und Konstruktionspflichten, Instruktionspflichten, Produktdarbietungspflichten sowie Produktbeobachtungspflichten. Grundsätzlich erstreckt sich die Haftung über die gesamte Wertschöpfungskette sowie über den Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Umweltschutz. Dies gilt auch für die Nanotechnologie.
Bei herkömmlichen Produkten wird die Erfüllung produkthaftungsrechtlicher Pflichten dadurch erleichtert, dass oft jahrzehntelange Erfahrungen und gesicherte Erkenntnisse über mögliche Risiken vorliegen. Im Fall der Nanotechnologie ist die Situation eine grundlegend andere. Zum einen sind die Unternehmen in der Regel mit unsicherem Wissen und fehlender Standardisierung konfrontiert. Zum anderen greift ein potenzieller Haftungsausschluss grundsätzlich nur dann, wenn der Nachweis erbracht wird, dass der Fehler nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkannt werden konnte. Der Stand von Wissenschaft und Technik umfasst die neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen und den derzeitigen Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen.
Im Kontext unsicheren Wissens und hoher Technologie- sowie Regulierungsdynamik werden die Grenzen eines herkömmlichen Risikomanagements rasch erreicht. Zudem geht es nicht nur darum, das Risiko zukünftiger Produkt-, Umwelt- und Betriebshaftung zu minimieren. Langfristiger wirtschaftlicher Erfolg hängt entscheidend auch davon ab, inwieweit es gelingt, sich durch effizientes Risikomanagement und verantwortungsbewusstes Unternehmertum vom Wettbewerber zu differenzieren.
Erste Ergebnisse von NanoCare
Die Erforschung gefahrenträchtiger Auswirkungen von Nanomaterialien auf Mensch und Umwelt steht derzeit noch in ihren Anfängen. Im Juni endete das vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt „NanoCare“. In vierjähriger Arbeit untersuchte ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaft und Industrie die möglichen Risiken von elf ausgewählten Nanomaterialien. Zwar hat das Ergebnis der Untersuchungen keine direkten Gesundheitsrisiken gezeigt, dennoch wiesen die Experten ausdrücklich darauf hin, dass langfristige Auswirkungen noch nicht ausreichend untersucht worden seien. Bereits vor dem Projektende von NanoCare hat das BMBF entschieden, zwei weitere Förderprogramme aufzulegen, die auf die Themen Umwelt (NanoNature) sowie Gesundheit (dieses Förderprogramm heißt ebenfalls NanoCare) ausgerichtet sind und gerade starten sollen.
Für die Nanotechnologie bedeuten die gegenwärtigen Forschungsdefizite ein hohes Maß an unternehmerischem Risiko. Denn das Ausmaß potenzieller negativer Auswirkungen von Nanopartikeln ist bislang noch nicht ausreichend geklärt. Mögliche Unfälle oder Schäden könnten die Produkt-, Umwelt- und Betriebshaftung betreffen. Die hohe Technologie-, Regulations- und Marktdynamik der Branche stellt zusätzliche Anforderungen an ein wirkungsvolles Risikomanagement- und Monitoring. Dabei sollten sowohl haftungsrechtliche Risiken minimiert, als auch technologie- und marktstrategische Chancen für das Unternehmen identifiziert werden.
Risikomanagementsystem
Im August 2006 wurde TÜV Süd Industrie Service beauftragt, ein Risikomanagement-System für ein führendes Nanotechnologie-Unternehmen zu entwickeln und zu implementieren. Das Ergebnis ist Cenarios (Certifiable Nanospecific Riskmanagement and Monitoring System). Bis heute ist Cenarios dort erfolgreich im Einsatz. Das Risikomanagement- und Monitoringsystem besteht aus vier aufeinander abgestimmten Modulen. Gemeinsam ermöglichen sie Unternehmen eine realistische Einschätzung des tatsächlichen, sicherheitsrelevanten Handlungsbedarfs entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Modul 1: Risiko-Standortbestimmung
Unter Einbeziehung sämtlicher verfügbarer Daten aus Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitssicherheit erfolgt zunächst eine umfangreiche, risikobezogene Standortbestimmung. Eingesetzt werden Methoden, die eigens im Hinblick auf die hohe Technologie- und Regulationsdynamik in der Nanotechnologie entwickelt worden sind. Sowohl Produkte als auch Produktionsprozesse sind Teil der Analyse. Mithilfe der ermittelten Daten wird ein umfassendes Produkt- und Prozessportfolio erstellt, das dem Unternehmen ein realistisches Bild aller handlungsrelevanten Risiken bietet. Im zweiten Schritt wird ein kontinuierlicher und prozessübergreifender Risikomanagement-Kreislauf implementiert.
Modul 2: Risiko-Monitoring
Das zweite Modul ermöglicht die frühzeitige Erkennung risikorelevanter neuer Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung sowie handlungsrelevanter Veränderungen in den Bereichen Regulierung und öffentliche Meinung. Als prospektives Instrument für ein umfassendes Monitoring fließen zudem aktuelle Beobachtungen und Trends aus dem Technologie- und Marktbereich ein. Die kontinuierliche Erfassung dieser Daten garantiert einerseits die stete Aktualisierung des Risikoportfolios und gestattet dem Unternehmen andererseits einen ganzheitlichen Blick auf alle strategisch wichtigen Entwicklungen. Damit wird es möglich, selbst im Kontext einer hohen Technologie- und Marktdynamik unternehmerische Entscheidungen zu treffen, die jeweils optimal mit dem aktuellen Kenntnisstand abgeglichen sind.
Modul 3: Issue Management und Kommunikation
Trotz umfassender Anstrengungen kann ein Unternehmen durch einen Zwischenfall mit besonderen Risiken konfrontiert sein. Basierend auf den Daten der ersten beiden Module, beinhaltet das dritte Modul von Cenarios deshalb ein kundenspezifisches Instrumentarium zur umfassenden Krisenprävention sowie eine Reihe von Maßnahmen zur professionellen Krisenbewältigung. Damit werden im Falle einer Krisensituation eine transparente Risikokommunikation und ein proaktives Stakeholder-Management möglich. Etwaige Schäden können durch rasches und sicheres Handeln bemessen und begrenzt werden.
Modul 4: Zertifizierung
Mit der Zertifizierung des Cenarios-Risikomanagement- und Monitoringsystems bietet TÜV Süd Industrie Service einen weltweit anerkannten Standard, der die Herstellungsprozesse von Nanoprodukten auf ein einheitliches Sicherheitsniveau stellt. Cenarios beinhaltet einen Anforderungskatalog, der Kriterien für Organisation, Personal, Risikokommunikation und Issue Management enthält. Das Zertifikat wird von der Zertifizierungsstelle von TÜV Süd vergeben und belegt, dass ein Unternehmen international anerkannte Standards der Produkt- und Prozesssicherheit erfüllt. Zertifizierte Unternehmen erhalten damit ein strategisch signifikantes Differenzierungsmerkmal. Über die unternehmensinterne Risikotransparenz hinausgehend, dokumentiert das Zertifikat gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Stakeholdern einen verantwortungsbewussten Umgang mit Nanomaterialien und -produkten.
Online-Info www.cav.de/0310467
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de