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Energie und Zustand parallel überwachen

Sinnvolle Erweiterung des Energiemanagements
Energie und Zustand parallel überwachen

Wer ein System für das Energiemanagement realisiert, kann mit geringem Mehraufwand das Condition Monitoring gleich mitbekommen. Die Architektur beider Lösungen sei vergleichbar, sagt Christoph Behler, Senior Business Development Manager im Bereich Factory Automation bei der Mitsubishi Electric Europe B.V. in Ratingen. Wir sprachen mit ihm über die technische Umsetzung und die Einsatzmöglichkeiten.

Redaktion: Herr Behler, warum sollte ein Unternehmen ein Energiemanagement einführen?

Behler: Ein wesentlicher Grund für den Einstieg in ein Energiemanagementsystem sind neben den klassischen Energieeinsparungen, die ein Unternehmen durch die Maßnahmen realisiert, steuerliche Anreize durch den Staat. Investieren Unternehmen in ein zertifiziertes Energiemanagement nach ISO 50001 und können sie im Nachgang tatsächlich Energieeinsparungen nachweisen, erhalten sie Geld vom Staat zurück.
Redaktion: Jetzt gibt es aber noch einen Grund, in ein solches System zu investieren. Mitsubishi Electric verbindet Energie- und Condition-Monitoring miteinander. Wie geht das?
Behler: Beide Systeme besitzen eine vergleichbare Architektur. Sowohl für das Energiemanagement als auch für die Zustandsüberwachung werden Daten erfasst, in einer Datenbank gespeichert und danach ausgewertet. Erfasse ich nun beispielsweise an einem Pumpenantrieb Strom und Spannung – um damit den Energieverbrauch zu ermitteln – kann ich das parallel dazu auch im Sinne des Condition Monitorings interpretieren. Stelle ich etwa – bei ansonsten gleichbleibenden Randbedingungen, also gleicher Last – einen Anstieg des Energieverbrauchs fest, kann ich schließen, dass wahrscheinlich ein mechanisches Problem vorliegt. Auch wenn ich die Ursache dafür noch nicht kenne, liegt zumindest ein erster Hinweis auf ein mögliches Problem vor. Auf diese Weise lässt sich in einem ersten Schritt parallel zum Energie- auch ein einfaches Condition Monitoring realisieren.
Redaktion: Wie lässt sich denn in einem weiteren Schritt auch das zugrunde liegende Problem genauer ermitteln?
Behler: Dazu haben wir das Smart-Check-System entwickelt, mit dem sich zusätzlich eine Schwingungsanalyse durchführen lässt. Der Grundgedanke dabei ist, dass sich bestimmte Schadensereignisse – etwa ein Lagerschaden oder eine Unwucht im System – über die messbaren Schwingungen und darauf aufbauend eine Fourier-Analyse, aus der sich charakteristische Frequenz- und Amplitudengänge ergeben, eindeutig erkennen lassen. Hierbei greifen wir auf das Know-how unseres Partners Schaeffler FAG zurück, der als Lagerhersteller seine langjährige Erfahrung im Bereich der Schwingungsanalyse einbringt. Für den Anwender wird der Einsatz dadurch sehr einfach: Das Smart-Check-Modul – als integrierter Teil unseres e-F@ctory OEE Control Packs für das Energiemonitoring – muss nur am Elektromotor angebracht werden. Es lässt sich anschrauben, ankleben oder für Test- zwecke auch mit Magneten befestigen.
Redaktion: Muss der Anwender denn an allen kritischen Stellen ein Modul befestigen?
Behler: Nein, das ist nicht erforderlich. Wir schlagen abhängig von der jeweiligen Konstruktion eine Stelle vor, an der sich mit nur einem Modul eine Reihe von Problemen identifizieren lassen. Konkret können auf diese Weise auch mehrere Lager überwacht – und eindeutig identifiziert werden. Nehmen wir als Beispiel ein Lüftungssystem, auf dem sich Staub abgesetzt hat, was in der Folge zu einer Unwucht führt. In der Schwingungsanalyse lässt sich auch diese Unwucht klar von einem Lagerschaden unterscheiden, Ähnliches gilt für das häufig auftretende Problem von Achsfehlstellungen, die natürlich langfristig auch zu einem Lagerschaden führen. Die Schwingungsanalyse ist in der Tat so zuverlässig, dass wir in nahezu allen Fällen die Ursache eines Problems richtig identifizieren können – bislang liegt die Quote bei über 99 Prozent.
Redaktion: Und habe ich das Problem erkannt, kann ich es lösen …
Behler: … und damit frühzeitig einen größeren und wesentlich teureren Schaden vermeiden. Noch entscheidender ist vielleicht, dass der Anwender einen günstigen Zeitpunkt für einen Anlagenstillstand zur Wartung selbst bestimmen kann – und nicht die Anlage durch einen Ausfall diesen erzwingt. Deswegen rechnet sich auch das Condition Monitoring sehr schnell, wenn man die Kosten eines ungeplanten Anlangenstillstands und die dann wesentlich höheren Reparaturkosten miteinbezieht. Plane ich sowieso die Einführung eines Energiemanagements, lohnt sich die Ergänzung zum Condition Monitoring umso mehr. Umgekehrt profitiert übrigens auch das Energiemanagement. Denn beispielsweise ein über einen längeren Zeitraum nicht erkannter Lagerschaden führt ja seinerseits wieder zu einem höheren Stromverbrauch, den ich bei vorausschauender Wartung vermieden hätte. Und insbesondere bei großen Anlagen macht sich schon ein Mehrverbrauch von zehn Prozent sehr schnell bemerkbar.
Redaktion: Arbeitet das Smart-Check-Modul denn mit einer Standardeinstellung oder muss es mehr oder weniger an der jeweiligen Position ‚trainiert‘ werden?
Behler: Das muss es – eine Out-of-the-box-Lösung lässt sich in diesem Bereich nicht realisieren, dafür ist die Varianz der Eingangssignale viel zu hoch. Eine Maschine kann ja beispielsweise auf einer massiven Betonbodenplatte stehen oder in einem Schiff verbaut sein – dann ergibt sich jeweils ein gänzlich anderes ‚Hintergrundrauschen‘. Eine benachbarte Presse macht sich in ähnlicher Weise bemerkbar. Konkret lösen wir das so, dass zunächst in einem Teach-in-Modus der Ausgangszustand erfasst und gespeichert wird. Anschließend lassen sich Abweichungen von diesem Zustand dann als Störungen erkennen und analysieren. An dieser Stelle arbeiten der Maschinenbauer, Schaeffler FAG und wir Hand in Hand. Denn es ist wichtig, mögliche Fehlalarme auszuschließen. Vereinfacht gesagt definieren wir einen Schwellwert, ab dem wir von einem Problem ausgehen. Dieser Schwellwert muss aber in einem vorab definierten Zeitraum mehrfach überschritten sein, bevor eine Fehlermeldung als Vor- oder Hauptalarm ausgegeben wird. All das wird bei der recht umfangreichen Parametrierung festgelegt, ist aber in der Regel schnell erledigt. Klar ist auch, dass das nicht auf jedem Motor Sinn macht. Im Fokus stehen sehr teure, schwer zu beschaffende oder produktionsrelevante Komponenten.
Redaktion: All diese Vorteile lassen sich also mit nur wenigen Smart-Check-Modulen nutzen. Wie lassen sich denn diese Infos in das Prozessleitsystem übertragen und visualisieren?
Behler: Das Gerät besitzt selbst einen Prozessor und die Mess- sowie Erfahrungswerte bezüglich Frequenzgängen und Amplituden sind in ihm gespeichert. Wird ein Vor- oder Hauptalarm generiert, wird dieser über unseren SmartController (Melsec L- oder Q-Serie) von uns über das Netzwerk an das Prozessleitsystem übertragen und dort angezeigt. Der Clou ist, dass dann ein Experte in umgekehrter Richtung direkt auf das Smart-Check-Modul zugreifen und sich die dort gespeicherten historischen Messergebnisse ansehen kann. Die Entscheidung, was zu tun ist, liegt also bei einem Menschen.
Redaktion: Gibt es schon Referenzanwendungen?
Behler: Die erste Anwendung befindet sich in einer Kläranlage bei der Überwachung der Pumpen – dort läuft auch aktuell eine durch das Condition Monitoring angestoßene vorbeugende Wartung. Eine Referenzanlage ist zudem eine Anlage zur Müllverbrennung, die über große Pumpen Fernwärme liefert. Diese sollten idealerweise nicht ausfallen, weil sich die anfallende Wärme sonst nicht abtransportieren lässt. Hier sitzen unsere Module auf den insgesamt vier Motoren. Fehlermeldungen werden im Prozessleitsystem angezeigt, zusätzlich aber auch mit ergänzenden Informationen im Service- und Wartungssystem.
Redaktion: Sagen Sie uns abschließend noch, für welche Anwendungen sich das Modul besonders eignet?
Behler: Typische Einsatzgebiete sind Elektro- und Getriebemotoren, Flüssigkeits- und Vakuumpumpen sowie Ventilatoren. Das System eignet sich aber auch für Kompressoren sowie Separatoren oder Dekanter – da hier aufgrund der extrem hohen Rotationsgeschwindigkeiten Unwuchten sehr schädlich sind; auch die Resonanzfrequenz-Messung ist möglich.
… Plane ich die Einführung eines Energiemanagements, lohnt sich die Ergänzung zum Condition Monitoring – von dem wiederum auch das Energiemanagement profitiert.
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