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Migration des Prozessleitsystems im laufenden Betrieb

Simulationssoftware ermöglicht virtuelle Inbetriebnahme
Migration des Prozessleitsystems im laufenden Betrieb

Das Chemiewerk Solvay/Butachimie in Chalampé zählt zu den größten Standorten der Welt, die auf die Herstellung von Polyamid 6.6 und dessen Zwischenprodukte spezialisiert sind. Im Werk werden derzeit sämtliche Produktionseinheiten vom aktuellen Prozessleitsystem auf das System PCS 7 von Siemens umgestellt. Mithilfe der Software Simit Simulation Framework wird vor der Inbetriebnahme der realen Anlage virtuell die Funktion der Leitsysteme überwacht und getestet.

Chalampé mit einer Fläche von 125 ha und rund 1000 Mitarbeitern ist der wichtigste Herstellungsstandort für Polyamid 6.6 und chemische Zwischenprodukte in Europa. Das dort hergestellte Polyamid 6.6 wird unter dem Markennamen Stabamid vertrieben. Die Anlage liegt im Elsass, etwa 160 km südlich von Karlsruhe und fällt aufgrund der Sicherheitsstandards unter die Seveso-Regelung. Auch Butachimie, ein Joint-Venture von Solvay und Invista ist dort ansässig. Es ist auf die Herstellung der für die Polyamid-Produktion notwendigen chemischen Zwischenstoffe spezialisiert. Das Kerngeschäft von Solvay ist die Herstellung von Polyamid 6.6 und Kunststoffzwischenprodukten. Genutzt werden diese für technische Kunststoffe sowie Textil- und Industriefasern, die unter anderem in der Automobil-, der Textil- oder der Verpackungsindustrie Anwendung finden. Der Standort, der die ISO-Zertifizierung 14001 erhalten hat, läuft rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche unter strikter Einhaltung von Hygiene-, Sicherheits-, Umwelt- und Qualitätsvorschriften. Hierfür ist eine sorgfältige Koordination und Kontrolle von Herstellung, Analyselabor, Supportleistungen und Logistik nötig.

Seit 2010 wird die Anlage des Standorts Solvay/Butachimie mit Unterstützung von Siemens komplett modernisiert. Mit der virtuellen Inbetriebnahme des neuen Leitsystems im Oktober 2014 konnte die erste Etappe der Umstellung erfolgreich abgeschlossen werden. Die Erneuerung aller Prozessleitsysteme, die bis 2023 andauern wird, ist eines der besten Beispiele für Frankreichs Reindustrialisierung und ein konkreter Schritt auf dem Weg zur Fabrik der Zukunft.

Migration auf das Prozessleitsystem

Das seit 1955 bestehende Werk Solvay/Butachimie setzt zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit auf die Zukunftsfähigkeit seiner Anlagen. Der Herstellungsprozess am Standort zeichnet sich durch eine komplexe kontinuierliche Produktion aus, und lediglich alle drei Jahre wird die Anlage heruntergefahren. Mit dem Vorschlag einer schrittweisen Umstellung des bestehenden Systems auf das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 gelang es Siemens, Solvay/Butachimie von der Zukunftsfähigkeit und der Stabilität der Installationen zu überzeugen. Der Industriestandort besteht aus mehreren Teilanlagen, deren etappenweise Migration jeweils einen ein- bis dreiwöchigen Anlagenstillstand erfordern. Nach dem Stillstand muss das System wieder betriebsbereit sein. Wenn eine Teilanlage nicht in Betrieb genommen werden kann, wird die gesamte Produktionskette unterbrochen.

Die Modernisierung erfolgt durch einen Austausch der Steuereinheiten (Controller) und Leitstände. Für einige Teilanlagen ist die Stillstandzeit nicht ausreichend, wodurch eine gemischte Fahrweise notwendig wird. Das bedeutet, dass zwei Systeme, das alte und das neue, nebeneinander bestehen und bei der Wiederinbetriebnahme zusammen funktionieren müssen. Um dies reibungslos zu gewährleisten, nutzt Siemens die Software Simit Simulation Framework, die es ermöglicht, vor der Umstellung der realen Anlage virtuell die Gesamtheit der Leitsysteme zu überwachen und zu testen. Der erste Migrationsschritt hat 2011 begonnen. Bis zum heutigen Tag konnte eine beträchtliche Zahl an Umstellungen abgeschlossen werden.

Umstellung ohne Risiko

Die Verwendung der Simulationssoftware von Siemens hat zum Ziel, die Umstellung der Chemiewerke auf das neue Prozessleitsystem PCS 7 bestmöglich vorzubereiten. Das vorgeschlagene Konzept beruht auf der Kombination von Software und integrierten Lösungen und der Möglichkeit, die Anlagen zu digitalisieren und einen reibungslosen Datenaustausch auf allen Ebenen zu gewährleisten. Um vor der Migration und der Wiederinbetriebnahme der Teilanlagen diese zuverlässig testen zu können, nutzt Solvay/Butachimie einen digitalen Zwilling, d. h. ein virtuelles, digitales Abbild der Anlage, das deren dynamisches Verhalten simuliert. In der kritischen Phase der Wiederinbetriebnahme geht es um die Funktionsfähigkeit des Systems: Die Umstellung auf das neue Leitsystem erfolgt in sehr kurzen Übergangszeiten, die genauestens vorgegeben sind und strikt eingehalten werden müssen. Mit Simit Simulation Framework wird die Steuerung nach und nach getestet, um die verschiedenen Verhaltensweisen und Wechselwirkungen zu überprüfen, damit die eigentliche Inbetriebnahme völlig reibungslos verläuft. Nach Durchführung der Tests kann die Anlage ohne Risiko umgestellt werden.

Durchgängiges Engineering

Durch die Verwendung der Software-Tools kann der Prozess vorab simuliert werden. Dies erlaubt, die Analyse der möglichen Auswirkungen in die Planung mit einzubeziehen, potenzielle Risiken zu erkennen und sich einen umfassenden Überblick zu verschaffen. Die Digitalisierung der Industrie beruht auf integrierten Softwareprodukten und -lösungen, die die Anlagen digitalisieren, um einen reibungslosen und kontinuierlichen Datenaustausch zu gewährleisten, vom Anlagendesign und Engineering über die Installation, den Betrieb und die Modernisierung bis hin zu den cloud-basierten Diensten. Um die Inbetriebnahme, den Betrieb und die Wartung zu simulieren und zu optimieren, kann der Nutzer also auf seinen digitalen Zwilling zurückgreifen. Ermöglicht wird die Digitalisierung durch ein durchgängiges Engineering. Dies reduziert Fehlerquellen durch weniger Schnittstellen zwischen den verschiedenen Gewerken, erhöht die Qualität aller Engineering-Schritte und verkürzt die Markteinführungszeiten durch das gleichzeitige Bearbeiten verschiedener Prozesse. Somit ist es möglich, gleichzeitig Aufgaben der Verfahrenstechnik, der elektrotechnischen Planung und der Automatisierungstechnik durchzuführen.

Interaktion mit Prozessleitsystem

Die Digitalisierung bei Siemens stützt sich auf die kontinuierliche Interaktion zwischen dem Prozessleitsystem Simatic PCS 7 und dem Software-Tool Simit. Simit wird von Comos unterstützt, welches für das Design und das integrierte Lifecycle-Management von Anlagen und industriellen Verfahren entwickelt wurde. Simit und Comos können mit den marktüblichen Standard-Softwareprogrammen verwendet werden. Simatic PCS 7 wiederum ist die ideale Plattform für die Nutzung der neuen Digitalisierungstechnologien. Durch die Verbindung zwischen integriertem Engineering und Betrieb begleitet Siemens die Unternehmen auf dem Weg zur Industrie der Zukunft. Die Verzahnung der Planungs- und der Betriebswelt ermöglicht ein globales Management der Industrieanlagen über deren gesamten Lebenszyklus. Die ständige und konsistente Datenaktualisierung ermöglicht die Nutzung eines digitalen Zwillings, der in jeder Hinsicht der realen Anlage gleicht.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav0617siemens


Autor Benjamin Cognet

International Global Account Manager for Solvay Group, Siemens


Kurz & Bündig:   Flexible Simulationsumgebung

Mit Simit Simulation Framework treibt Siemens die Verschmelzung von virtueller und realer Welt weiter voran. Die Version 8.1 des Software-Tools bietet eine flexible und leistungsfähige Plattform für den Aufbau einer Test- und Trainingsumgebung. Mithilfe der virtuellen Inbetriebnahme lassen sich sowohl die Engineeringqualität verbessern als auch Anlagen termin- und budgetgerecht in Betrieb nehmen. Simit Simulation Framework ermöglicht die Integration des Simit Virtual Controller V3.0. Damit können Anwender virtuelle Simatic S7-300 und S7-400-Steuerungen sowie die speziell für die Prozessindustrie eingeführten S7-410-Controller einfach konfigurieren und mit dem Simulationsmodell verbinden. Es lässt sich eine uneingeschränkte Anzahl von virtuellen Steuerungen in das Simulation Framework integrieren und auf verschiedenen Rechnern verteilen. Dies ermöglicht die vollständige Emulation auch von großen Automatisierungsprojekten. Der Download eines Projektes auf einen Virtual Controller erfolgt wie bei realen Steuerungen aus dem Simatic PCS 7- oder dem Step7-Engineering. Die Simulation läuft mit dem emulierten Automatisierungsprogramm synchron – je nach Anforderung in Echtzeit oder in virtueller Zeit. Anwender können damit sogenannte „Snapshots„ erstellen, mit denen sich der exakte Zustand eines Anlagenprozesses speichern und jederzeit reproduzieren lässt.

Die Simulationsplattform Simit dient der virtuellen Inbetriebnahme von Automatisierungslösungen
Bild: Siemens

Statement

„Die Digitalisierung wird zum wichtigsten Hebel in der Industrie, wenn es Herausforderungen wie den Wettbewerb und die ständige Weiterentwicklung von Regularien, Märkten und Technologien anzunehmen gilt. Die Verwendung von Software-Tools ermöglicht es, das Ergebnis eines Projekts zu kennen, bevor irgendein Teil davon gebaut wurde.“

Vincent Masztalerz, Leiter des Bereichs Prozessautomatisierung, Siemens Frankreich
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