Startseite » Chemie » Arbeitsschutz (Chemie) »

Notfall-Management perfektioniert

Rasche Mobilisierung schafft mehr Anlagensicherheit
Notfall-Management perfektioniert

Je schneller bei einem Brand die Fachkräfte alarmiert sind, desto geringer ist der Schaden, der verursacht wird. Mit dem Digitalen Alarm- und Kommunikationsserver DAKS gelingt es Clariant im Offenbacher Cassella-Werk rund 30 Mann innerhalb einer Minute zu verständigen und auf den gleichen Informationsstand zu bringen.

Ein Zeitgewinn von einigen Minuten kann bei einem Brand Schäden in Millionenhöhe verhindern. Dies gilt nicht nur für das Bürogebäude, sondern erst recht für die naturgemäß risikoreicheren Verfahren und Prozesse in einer Chemieanlage, wie sie in den Clariant-Werken im Frankfurter Ortsteil Fechenheim und in Offenbach vorhanden sind. Nachdem die Werkfeuerwehr vor Ort ist, müssen die Kräfte der erweiterten Einsatzbereitschaft informiert werden. „Mit dem Digitalen Alarm- und Kommunikationsserver DAKS von Siemens verfügen wir über ein System, das im Falle eines Schadensereignisses automatisiert über Festnetz- und Personensuchfunkempfänger oder Mobiltelefone die jeweilige Einsatzgruppe alarmiert und rasch für die notwendige Fach- und Managementkompetenz vor Ort sorgt“, erläutert der IT-Verantwortliche Siegfried Eisenhardt.

Früher war bei AlarmHandarbeit gefragt
Gab der Leitrechner in der Gefahrenmeldezentrale Alarm, dann war früher schiere Handarbeit gefragt. Die Werkschützer griffen zu Kladden und Alarmierungslisten und begannen alle wichtigen Leute, vom Werksleiter bis zum Servicetechniker anzuwählen. Ein aufwendiges Prozedere, bei dem Fehler nicht immer zu vermeiden waren. „In so einer Ausnahmesituation konnte schon mal jemand von der Liste vergessen werden, bei dem beim ersten Anrufversuch vielleicht besetzt war“, erinnert sich Werkschützer Wolfgang Müller. Mindestens eine Minute pro Anruf musste dabei eingeplant werden. Bei mehrfachen Nachfragen und wiederholtem Wählen konnten aber auch schnell drei oder fünf Minuten vergehen, bis man den Richtigen an der Strippe hatte. Die Zeit für das Übermitteln der eigentlichen Nachricht nicht mit eingerechnet. Bei 30 oder 40 alarmierten Personen war der Letzte auf der Liste nach einer guten Stunde abgearbeitet. „Zeit, die wir heute sparen“, freut sich Siegfried Eisenhardt, „denn mit dem DAKS erreichen wir die Alarmgruppe quasi auf einen Streich.“ Jeder wird durch eine identische Ansage informiert. Die Qualität der Information steigt, und Zeitverluste durch Rückfragen sind Vergangenheit. Wer erreicht wird, muss erscheinen.
Die Übrigen werden immer wieder an das Ende der Rufliste angehängt und nach einer Wartezeit aufs Neue angewählt. Führt das nicht zum Erfolg, wird die Vertretung angerufen. „Aus technischer Sicht“, ist Siegfried Eisenhardt überzeugt, „haben wir im Notfall eine beinahe hundertprozentige Verfügbarkeit sichergestellt und sind deshalb bestmöglich vorbereitet.“ Zusätzlich wird das Alarmgeschehen protokolliert: Wer die Alarmierung empfangen hat oder wer nicht, wird schwarz auf weiß festgehalten.
Präzise Vorausplanung
Um die Telefonleitungen nicht unnötig zu belasten, können nur wenige Personen wie der Werksleiter oder sein Stellvertreter die Alarmansage im DAKS zusätzlich von außerhalb des Unternehmens abfragen. Der DAKS ist Teil des werksinternen Kommunikationsnetzes und über 30 Kommunikationskanäle mit der zentralen Hicom-Anlage verbunden. Im Alarmfall reserviert das System sofort zehn ins öffentliche Netz abgehende Kommunikationsleitungen, deren Zahl bei Bedarf sukzessive auf 30 aufgestockt werden kann. Technisch hat der Server Zugriff auf das Diensttelefon, den Privatanschluss der Teilnehmer, das Mobilnetz und natürlich den werkseigenen Personensuchfunk (Pager). Was der Server wann zu tun hat, haben Werkschützer und IT-Spezialisten im Vorfeld präzise geplant, in einer Alarmierungsmatrix festgehalten und in die Software programmiert.
Hohe Flexibilität
Doch nicht nur in der Schnelligkeit, der Sicherheit und der verbesserten Informationsqualität liegen die Stärken der simultanen, automatisierten Alarmierung. Wichtig ist auch die Flexibilität des Systems, das sich in seiner Funktion auf vielerlei Wegen auf den jeweiligen Anwendungsfall zuschneiden lässt. Bei Clariant hat man eigens eine spezielle Touch-Screen-Bedienoberfläche entwickelt, die auf der Standardlösung aufsetzt. So sind in einer dreidimensionalen Alarmierungsmatrix etwa 10 000 Verknüpfungen hinterlegt, die rund 530 gespeicherte Teilnehmer und deren unterschiedliche Telekommunikationsdaten den cirka 600 Alarmgruppen zuordnen.
Bis zu zehn Alarmgruppen lassen sich ad hoc mobilisieren. Die wesentlichen Auswahlkriterien sind die betroffenen Gebäude bzw. die sicherheitskritischen Prozesse, von denen an beiden Standorten 24 unter die Störfallverordnung fallen, aber auch die Art der Gefährdung und die verschiedenen Alarmierungswege, meist abhängig von der Tageszeit. Verschiedene schadensspezifische Ansagetexte sind fest programmiert. Zudem sind die Teilnehmer nach ihrer Wichtigkeit in neun Stufen geordnet, damit auf jeden Fall die wichtigsten Leute zuerst vor Ort sind.
Letztlich bestimmt die Qualität der in der Matrix gespeicherten Verknüpfungen und deren Aktualität die Fähigkeit und Zuverlässigkeit des DAKS-basierten Notfall- und Infomanagements. Die notwendigen Daten werden vom Werkschutz permanent fortentwickelt und an veränderte Situationen angepasst. Auf etwa eine halbe Arbeitskraft beziffern Eisenhardt und Müller unisono den ständigen Aufwand. Die dafür notwendige Bedienmaske wurde eigens von Clariant entwickelt.
Wöchentlicher Einsatz
Im Einsatz ist das Alarmierungssystem allwöchentlich – allerdings nur zu Test- und Übungszwecken. Schadensereignisse blieben seit der Erstinstallation des Servers eher selten: „Das waren weniger als zehn“, sind sich der Werkschützer und der IT-Leiter sicher. Der jüngste Vorfall: Ein Spannungseinbruch im öffentlichen Netz führte im Werk zum vollständigen Zusammenbruch der Energieversorgung. Produktionsausfälle verursachen erhebliche wirtschaftliche Schäden, die in diesem Fall durch das rasche Eingreifen des Einsatzteams und das schnelle Anlaufen der Strom- und Wärmeversorgung vermieden werden konnten.
Fehlalarme und kleinere Vorfälle sind dagegen häufiger. „Deshalb lösen wir den DAKS bewusst manuell erst dann aus, wenn die Einsatzleitung das tatsächlich für notwendig hält und überlassen das nicht einem Rechner, der nicht hinreichend differenziert programmiert werden kann. Auch auf die Kopplung von Leitrechner und Server haben wir verzichtet“, erklärt Siegfried Eisenhardt die Clariant-Sicherheitsphilosophie, „obwohl der Server von Haus aus diese Möglichkeiten bietet.“
Für Clariant ist der DAKS vor allem ein Mittel für die rasche Sekundäralarmierung der Mitarbeiter und zur Unterstützung der Einsatzkräfte. Das vielkanalige Alarmierungssystem lässt sich natürlich auch in umgekehrter Richtung als automatisiertes Infotelefon nutzen. Im Werksteil Fechenheim plant man für das nächste Jahr die Installation eines solchen Nachbarschaftstelefons auf Server-Basis. Dort können Bewohner, die sich durch Betriebsstörungen beunruhigt fühlen, aktuelle Informationen abrufen.
Hauptnutzen Zeitgewinn
Der wesentliche Nutzen der Anlage liegt für Clariant im optimierten, weitgehend automatisierten Informations- und Notfallmanagement, der Mobilisierung der erweiterten Einsatzbereitschaft und der Entlastung des Werkschutzpersonals vor Ort. Auf „mindestens eine Stunde“ beziffert Eisenhardt den Zeitgewinn, „durch den wir unter Umständen Sachschäden in Millionenhöhe verhindern, unsere Mitarbeiter und Nachbarn schützen, und Risiken für die Umwelt mindern können.“ Darüber hinaus schlägt natürlich auch ein Gewinn an Vertrauen in der Belegschaft, bei den Behörden und in der Nachbarschaft des Werkes zu Buche, der kaum bezifferbar ist.
Die Antwort auf die Frage, ob sich die Anlage trotz der raren Einsatzfälle rechne, fällt Eisenhardt nicht schwer: „Auch das Vorhalten einer Werkfeuerwehr ist auf den ersten Blick unrentabel“, erklärt er. Beide seien jedoch aus der Sicherheitsphilosophie des Standortes nicht mehr wegzudenken. Dagegen muss man den Vertrauensgewinn des Personals und der Nachbarn betrachten. Diese Werte lassen sich zwar schwer fassen, sind aber für den Standort existenziell von hoher Bedeutung.
E cav 297
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de