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Ionenaustauscher und Membranen sind gefragt

Lanxess investiert in Technologien zur Wasseraufbereitung
Ionenaustauscher und Membranen sind gefragt

Die Nachfrage nach Wasseraufbereitungsanlagen ist ungebrochen. Diesem Trend folgend, hat Lanxess in den letzten Jahren in Produktionsanlagen für Ionenaustauscher und Umkehrosmosemembranen investiert. cav sprach mit Dr. Rita Dicke, zuständig für das globale Marketing und Produktmanagement von Ionenaustauschern in der Business Unit Liquid Purification Technologies, über die aktuellen Entwicklungen.

Frau Dr. Dicke, wie sieht aktuell die Marktentwicklung für Ionenaustauscher- und Membrantechnologie aus?

Dr. Dicke: Nach externen Quellen wie der Studie „Global Water Market 2017“ von GWI werden jährliche Wachstumsraten von rund 10 % für die Umkehrosmosemembrantechnologie und immerhin rund 4 % für die Ionenaustauschertechnologie angegeben. Für eine seit Jahrzehnten etablierte Technologie stellt dies ein solides Wachstum dar.

Wie hoch ist der jährliche Bedarf an Ionenaustauschern weltweit?

Dr. Dicke: Der weltweite Bedarf 2016 bezifferte sich auf ein Umsatzvolumen von etwa 1,7 Mrd. Euro/Jahr. Lanxess ist eines der führenden Unternehmen in diesem Segment. Unsere Stärke ist, dass wir neben den Ionenaustauschern auch Membrantechnologie sowie Eisenoxidabsorber im Portfolio haben.

Wie ist der Geschäftsbereich für Ionenaustauscher- und Membrantechnologie in den Lanxess-Konzern eingebunden?

Dr. Dicke: Das Geschäft mit den Produkten zur Aufbereitung von Wasser und Flüssigmedien ist in der Business Unit Liquid Purification Technologies (LPT) zusammengefasst, die im Lanxess-Segment Performance Chemicals angesiedelt ist. Wir vertreten die Ionenaustauscherharze der Produktlinie Lewatit und die Umkehrosmosemembranen der Marke Lewabrane. Mit der Engineeringsoftware Lewaplus haben Kunden die Möglichkeit ihre Wasseraufbereitungsanlagen auszulegen. Im vergangenen Jahr hat Lanxess darüber hinaus die Vermarktungsstruktur für seine Eisenoxid-Adsorber der Marke Bayoxide für die Wasseraufbereitung neu geordnet. Seit September 2016 ist der Geschäftsbereich LPT für die Marketing- und Verkaufsaktivitäten der Produktgruppe verantwortlich. Anders als die Lewatit-Ionenaustauscherharze kann Bayoxide nicht regeneriert werden, sondern wird nach dem Gebrauch entsorgt. Die Anwendung von Lewatit, Lewabrane und Bayoxide kann man grob in vier Segmente unterteilen: industrielle Wasseraufbereitung, Anwendungen im Trinkwasserbereich, Anwendungen in der Chemie- und in der Lebensmittelindustrie. Dabei macht die industrielle Wasseraufbereitung ein grobes Drittel des jährlichen Umsatzes aus.

Wie gestaltet sich die Geschäftsentwicklung der Business Unit?

Dr. Dicke: Im Segment Performance Chemicals stieg der Umsatz im Jahr 2016 um 2,7 % auf rund 2,14 Mrd. Euro. Die Umsatzentwicklung der Business Unit LPT hat hierzu positiv beigetragen. Überhaupt gestalten sich die Geschäfte durchweg positiv. Diese Entwicklung ist mitgetrieben durch vielfältige Investitionen in der jüngsten Vergangenheit wie die Erweiterung der Produktionsanlage am Standort Leverkusen, die Eröffnung eines neuen Standorts in Indien und Investitionen in die Umkehrosmosetechnologie in Bitterfeld.

An welchen Standorten produziert Lanxess die Ionenaustauscher und Membranen?

Dr. Dicke: In Leverkusen werden seit 1956 Ionenaustauscher in industriellem Maßstab produziert. Die Produkte haben wir seitdem stetig weiterentwickelt. Bereits in den 50er-Jahren lösten Polymere aus Styrol und Di-Vinyl-Benzol die Kondensationharze ab. Anfang der 80er-Jahre wurden die ersten monodispersen Typen entwickelt. Am Standort Bitterfeld werden schon seit 1938 Ionenaustauscher hergestellt und seit 2011 Membranelemente für die Umkehrosmose. Seit 2010 haben wir auch eine Anlage für Ionenaustauscher an unserem Standort Jhagadia in Indien.

Welche Harztypen werden an welchen Standorten produziert?

Dr. Dicke: Einzelne Typen können in mehreren Werken hergestellt werden, andere wiederum primär nur in einem Werk. Wir produzieren überall dieselbe Qualität. Sollte es also zu einem Ausfall in einem Werk kommen, kann über ein anderes Werk die Versorgung sichergestellt werden. Dadurch erreichen wir Flexibilität und Lieferfähigkeit. Ein Beispiel für eine Technologie, die es nur einmal gibt, ist die Phthalimid-Technologie zur Herstellung von Anionenharzen in Leverkusen. Diese Harze haben besonders hochwertige Eigenschaften und erschließen zum Beispiel Anwendungen in der Chloralkaliindustrie. Mit den Harzen wird die Sole für die Chlorherstellung aufbereitet. Ionenaustauscher, die in der chemischen Industrie als Katalysatoren eingesetzt werden, werden auch in Leverkusen produziert. Diese werden beispielsweise für die Herstellung wichtiger Kunststoffvorprodukte eingesetzt. Weitere Produkte aus Leverkusen sind die WAC-Harze, schwach saure Kationenaustauscher (WAC, Weak Acid Cation), die im Wesentlichen zur Trinkwasseraufbereitung verwendet werden.

Im Jahr 2014 hat Lanxess die Produktionsanlage für diese Kationenaustauscher erweitert. Was gab den Anstoß für die Investition?

Dr. Dicke: Ein Grund war die gute Marktentwicklung für diese WAC-Typen. Der Bedarf für die speziellen Kationenaustauscher wächst jährlich um 3 bis 5 %. Wir hatten schon drei Linien von diesem Produkttyp und haben eine vierte Anlage hinzugenommen. Wir haben insgesamt rund 10 Mio. Euro am Standort investiert. In diesem Zusammenhang wurde auch eine lebensmittelgerechte Abfüllanlage für die Harze gebaut, die alle vier Linien bedienen kann.

Wurde mit der Erweiterung der Anlage das Produktionsverfahren modifiziert?

Dr. Dicke: Die vierte WAC-Straße lehnt sich in der Technologie an die bereits bestehenden Produktionsanlgen an. Wir verbessern natürlich kontinuierlich die Produktionsführung in allen Anlagen. Die im Batch-Verfahren ablaufende Produktion beginnt mit der Herstellung von Polymerperlen durch Emulsionspolymerisation. Dazu wird im Verperlungskessel in einem inerten Lösemittel ein Gemisch von Monomer und Vernetzer in eine fein verteilte Emulsion überführt. Wichtig für eine hohe Produktqualität ist dabei die exakte Einhaltung der Reaktionsparameter. Die entsprechenden Verfahrensschritte sind weitgehend automatisiert. Im Kessel erfolgt die Polymerisation und die Vernetzung in die dritte Dimension. Die unfunktionalisierten Polystyrol- oder Polyacrylnitrilkugeln werden auf Filternutschen vom flüssigen Reaktionsmedium abgetrennt und im nächsten Schritt mit geeigneten funktionellen Gruppen ausgestattet. Im Fall von schwach sauren Kationenaustauschern sind dies organische Säurereste, sogenannte Carboxylgruppen. Aufgrund ihrer negativen Ladung sind sie in der Lage, Kationen zu binden.

Warum hat sich Lanxess für eine Erweiterung am Standort Leverkusen entschieden?

Dr. Dicke: Wir haben uns für den Standort Leverkusen entschieden, da hier die entsprechenden Produktionsanlagen mit ausgezeichneter Infrastruktur bereits vorhanden waren und Raum für eine vierte Straße. Zudem haben wir in Europa einen relativ großen Markt für die Harze zur Trinkwasseraufbereitung. Es gibt aber auch die Möglichkeit, diese Produkte in Indien zu produzieren, um von dort den asiatischen Markt zu bedienen. Die in Leverkusen hergestellten Harze werden insbesondere für das Cartridge-Geschäft zur Trinkwasseraufbereitung verwendet. Daher war uns zudem wichtig, dass die lebensmittelgerechte Abfüllung alle Straßen bedienen kann. Die lebensmittelgerechte Abfüllung ist für diese WAC-Typen wichtig, da beim Kunden keine weiteren großindustriellen Reinigungsschritte vorgesehen sind.

Welche baulichen Maßnahmen waren notwendig für die lebensmittelgerechte Abfüllung?

Dr. Dicke: Die Abfüllung erfolgt in einem separaten Gebäude, das in einen Schwarz- und einen sauberen Weißbereich unterteilt ist. Die Harze werden über Rohrleitungen vom Kessel direkt in die Abfüllung überführt. Für den Weißbereich gibt es strikte Vorschriften was das Betreten betrifft. Die dort eingesetzten Mitarbeiter tragen außerdem Schutzkleidung. Der Weißbereich wird mit gefilterter Luft versorgt und steht unter Überdruck, um das Eindringen von Verunreinigungen aus der Umgebung zu verhindern. In der etwa 300 m² großen Halle können aus mehreren Silos sowohl Big Bags als auch Trommeln auf Edelstahlpaletten befüllt, dabei direkt gewogen, etikettiert und gehandhabt werden. Statt der sonst üblichen Gabelstapler wird ein schienengebundenes Verfahrsystem eingesetzt. Vor der Überführung in das benachbarte Lager- und Versandgebäude werden die Gebinde vollautomatisch auf Holzpaletten umgesetzt und nochmals in Folie wetterfest verpackt.

Gibt es bereits Pläne für eine weitere Kapazitätserhöhung, auch an anderen Standorten?

Dr. Dicke: Wir sind dabei, Investitionen zu prüfen, es ist aber noch nichts spruchreif.

Wie unterscheiden sich Lanxess-Ionenaustauscher von Produkten anderer Hersteller?

Dr. Dicke: Ein Ionenaustauscher ist an sich ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt, zumal er in sehr viele Anwendungen eingebracht wird. Im Gegensatz zu anderen Herstellern bieten wir sowohl heterodisperse als auch monodisperse Harze an. Unsere Produkte unterscheiden sich im Leistungsprofil von denen unserer Wettbewerber. Darüber hinaus umfasst unser Service nicht nur den Verkauf des jeweiligen Produkts, sondern auch die Auslegung der Wasseraufbereitungsanlage mithilfe der Software Lewaplus sowie die anwendungstechnische Beratung.

Welche Anlagen lassen sich mit der Lewaplus-Software planen?

Dr. Dicke: Wir sind gestartet mit der Auslegung von Ionenaustauscheranlagen für Wasseranwendungen, erweitern unser Leistungsspektrum aber stetig. Mit Einführung der Umkehrosmosemembrantechnologie haben wir diese ebenfalls in die Software mit aufgenommen. Das ist vorteilhaft, da gerade im Wasserbereich häufig beide Technologien kombiniert werden. Die Ionenaustauscher werden zum Teil vor den Membranelementen eingesetzt, um die Membran schädigende Stoffe aus dem Wasser zu entfernen. Wird sehr reines Wasser benötigt, werden auch nach der Umkehrosmose Ionenaustauscher zur Feinreinigung benötigt.

Wie finde ich heraus, wann ich den Ionenaustauscher regenerieren oder gar komplett austauschen muss?

Dr. Dicke: Regeneriert werden die Ionenaustauscher mithilfe einer Regenierflüssigkeit, z. B. 4%ige Natronlauge oder Natriumchloridlösung, die in umgekehrter Strömungsrichtung durchgeleitet wird. Die zur Regenerierung benötigte Menge und die jeweiligen Zyklen können wir sehr genau mit unserer Lewaplus-Software auslegen. Somit kann ein Kunde schon im Vorfeld berechnen, wie lange die Intervalle bis zur Regeneration sind und welche Kosten durch den Regenerierschritt auf ihn zukommen. Der Kunde sollte zudem den Prozess kontinuierlich überwachen, z. B. durch Konzentrationsmessungen im Reinstrom. Der Zeitraum, in dem regeneriert werden muss, hängt sehr von der Anwendung ab. Es gibt Anwendungen, da sind Harze über Jahre im Einsatz und es gibt Anwendungen,bei denen die Harze entweder einem sehr hohen Verschleiß unterliegen, oder eine Regeneration wirtschaftlich nicht sinnvoll oder nicht möglich ist. Dann ist die Standzeit erheblich kürzer. Zur Kontrolle der Funktionsfähigkeit des Harzes, können Kunden sogenannte Customer Samples bei uns einreichen und wir beurteilen dann, ob das Harz noch im Einsatz bleiben kann oder ob es ausgetauscht werden muss.

Gibt es aktuell neue Produkte in Ihrem Portfolio?

Dr. Dicke: Wir haben pro Segment einige neue Produkte, z. B. ein Harz auf Acrylbasis für die Sulfatentfernung aus Zitronensäure, ein neues Produkt zur Glukose-Fruktose-Trennung und ein Mischbett für die Wasserreinigung in Heizungsanlagen. Für die chemische Industrie haben wir die sogenannte Lewatit-MDS-TP-Harze eingeführt. MDS steht für „monodisperse small“, das bedeutet, dass die mittlere Korngröße der kugelförmigen Ionenaustauscher sehr klein ist. Dieses Harz liefert z. B. in der Chlorelektrolyse besonders gute Ergebnisse. Durch die kleinen Perlen lassen sich nochmals bessere Eigenschaften für die selektive Entfernung bestimmter Ionen erzielen. Das Produkt ist vor allem für Neuanlagen interessant, wo die baulichen Bedingungen an das Produkt angepasst werden können.

Entwickeln Sie Lewatit-Harze auch auf Kundenwunsch?

Dr. Dicke: In vielen Fällen können wir aus unserem großen Produktsortiment für den Kunden bereits einen spezielle Ionenaustauscher für seine Problemstellung empfehlen. Finden wir keine geeignete Lösung und steht ein entsprechendes Auftragsvolumen dahinter, entwickeln wir das passende Harz. Es ist einfach eine betriebswirtschaftliche Rechnung.

www.prozesstechnik-online.de: cav0617lanxess


DAS INTERVIEW FÜHRTE FÜR SIE Daniela Held

Redakteurin

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