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Alginat statt Cellulose

Essbare Alternative zu Kunstdarm
Alginat statt Cellulose

Fleischlose Wurstprodukte mit essbaren, veganen Wursthüllen aus Alginat lassen sich mit den Systemen Conpro und Conprolink von Handtmann produzieren. Wie die beiden Systeme funktionieren und wie sie sich voneinander unterscheiden, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Die vegane und vegetarische Ernährungsweise nimmt weltweit zu. Vor allem in westlichen Industrienationen steigt die Nachfrage nach fleischlosen Lebensmitteln stark an. Hierzulande gibt es laut dem Vegetarierbund Deutschland e. V. etwa 7,8 Mio. Vegetarier und 0,9 Mio. Veganer. Das entspricht etwa 11 % der Gesamtbevölkerung, Tendenz steigend. Hinzu kommt die ebenfalls wachsende Gruppe der Flexitarier, die bewusst auf übermäßigen Fleischkonsum verzichtet und regelmäßig zu Produkten aus vegetarischen Fleischalternativen, sogenanntem Vleisch, greift. Das Produktsortiment von Fleischimitaten wächst angesichts der steigenden Nachfrage beständig. Aus diesem Grund verdoppelte sich laut Gesellschaft für Konsumforschung der Umsatz von Fleischersatzprodukten inklusive pflanzlichen Aufstrichen innerhalb der letzten fünf Jahre auf etwa 213 Mio. Euro (Stand 2014).

Vegane, essbare Wursthüllen aus Alginat
Die technologische Herausforderung bei der Entwicklung von Fleischalternativen besteht vor allem darin, Optik, Struktur und Geschmack von Fleisch zu kopieren und so eine sensorische Qualität zu schaffen, die vergleichbar mit Fleischprodukten ist. Anders verhält es sich bei der Herstellung veganer und vegetarischer Wurstprodukte. Sie enthalten in der Regel fein zerkleinerte Füllmassen, sodass die ursprüngliche Textur des Rohstoffes nur eine untergeordnete Rolle spielt. Entscheidend sind hier neben dem Geschmack der fertigen Brüh- oder Bratwürste vor allem Attribute wie Zartheit, Saftigkeit und Knackigkeit.
Vegane und vegetarische Würste wurden bislang mit Kunstdärmen hergestellt, die nicht essbar waren. Die Formgebung der Würste erfolgt dabei mithilfe von Schäldärmen aus Cellulose, die nach dem Produktionsprozess wieder abgezogen werden. Handtmann bietet die Möglichkeit fleischlose Wurstprodukte mit essbaren, veganen Wursthüllen aus Alginat herzustellen. Alginat ist ein langkettiges Kohlenhydrat, das aus Braunalgen extrahiert wird. Alginatgele können über einen breiten Temperatur- und pH-Bereich erzeugt werden, sind wasserunlöslich, hitzestabil und lassen sich somit brühen, räuchern und trocknen. Für ihren Einsatz als essbare Wursthülle sind sie aus diesem Grund sehr gut geeignet.
Die notwendigen technischen Voraussetzungen, um Alginat auf die Wurst zu bringen, hat die Handtmann Maschinenfabrik mit dem Conpro-System geschaffen. Die Bezeichnung Conpro steht dabei für Continuous Production. Dieses System ermöglicht die kontinuierliche Produktion eines mit Alginatgel ummantelten Wurststranges. Im Wesentlichen besteht es aus zwei Vakuumfüllmaschinen, die über einen Koextrusionskopf miteinander verbunden sind. Einer der beiden Vakuumfüller, die Mastermaschine, pumpt die Füllmasse, aus der der Wurststrang erzeugt wird. Die Slavemaschine fördert die Alginatpaste, die später die Wursthülle ergibt. Im Koextrusionskopf wird die Füllmasse durch ein zentrales Füllrohr als Strang ausgepresst. Gleichzeitig wird die pastöse Natriumalginatlösung durch einen Ringspalt, der um das zentrale Füllrohr positioniert ist, als dünner Film auf den Wurststrang aufgetragen. Im nächsten Schritt durchläuft der alginatumhüllte Strang ein Fixierbad, in dem es zur Gelierung des Alginatfilms kommt. Im Anschluss kann der Strang zu Einzelwürsten geschnitten oder abgedreht werden. Die erzeugten Würste können als Frischprodukte verpackt oder weiteren Prozessschritten zugeführt werden, wie z. B. einer Reifung und Trocknung oder dem Brühen und Räuchern.
Zwei Systeme zur Wurstherstellung
Je nach Produktionsvolumen und gewünschtem Endprodukt bietet Handtmann mit Conpro und Conprolink zwei unterschiedliche Systeme für die Herstelung von Wursthüllen aus Alginat an. Das konventionelle Conpro-System wird zur Herstellung von geschnittenen Würsten eingesetzt. Der koextrudierte Wurststrang wird nach der Alginatvernetzung mithilfe einer Trenneinrichtung zu Einzelportionen geschnitten. Die Produktenden können entweder gerade geschnitten werden oder während des Schneidens zusätzlich geformt werden, sodass abgerundete Wurstenden entstehen. Es lassen sich Produkte mit einem Durchmesser von 8 bis 32 mm und einer Produktlänge ab 40 mm realisieren.
Das Conprolink-System wird zur Herstellung von abgedrehten Würsten eingesetzt. Der koextrudierte Wurststrang wird während der Vernetzung von Alginat zu Einzelportionen abgedreht. Die so erzeugte Wurstkette kann anschließend an definierten Abdrehstellen geschnitten werden. Auf diese Weise lassen sich von Einzelwürsten, die liegend weiterverarbeitet werden, bis hin zur gehängten Endloswurstkette vielfältige Produktvarianten erzeugen. Eine Besonderheit der Conprolink-Produkte ist, dass die Abdrehstellen zwischen den Würsten ebenfalls vernetzt sind. Mit Conprolink lassen sich geschlossene Produkte mit einem Durchmesser von 10 bis 28 mm und einer Produktlänge ab 80 mm herstellen.
Beide Systeme sind modular ausgelegt und lassen sich anforderungsspezifisch erweitern. Auch der Automatisierungsgrad der Anlagen ist individuell auf die Bedürfnisse des Anwenders anpassbar und reicht von manuell bis vollautomatisch. So lassen sich die Würste beispielsweise handwerklich auf dem Tisch über eine Aufhängeeinheit füllen und anschließend mithilfe von Rauchstöcken abnehmen. Alternativ kann auch ein Gruppiersystem eingesetzt werden, das die Würste selbstständig in Schalen oder auf ein Band ablegt. Wahlweise ist auch eine vollautomatisierte Linie mit Einlegerobotern in Kombination mit Tiefziehverpackungsmaschinen realisierbar.
Nicht nur für Fleischprodukte
Neben den vielfältigen prozesstechnischen Möglichkeiten der Conpro-Systeme bieten die physikalisch-chemischen Stellgrößen der Alginattechnologie dem Anwender Spielraum für weitere Anpassungen. So lassen sich die Eigenschaften der neutralen Hülle aus Alginat durch Modifikation der Alginatkonzentration, des Alginattyps oder durch Zugabe von Zusatzstoffen wie Aromen oder Farbstoffen gezielt beeinflussen. Parameter wie Dicke, mechanische Stabilität, Anhaftung am Produkt, Bräunungseigenschaften, Glanz, Farbe oder Biss und Geschmack der Alginathülle können so produkt- und kundenspezifisch angepasst werden. Neben Füllmassen aus Vleisch, lassen sich mit Conpro beispielsweise auch Molkereiprodukte wie Käse oder Joghurt, Frucht- und Gemüsezubereitungen oder süße Cremezubereitungen in Alginatdärme füllen. Die Technologie bietet zudem interessante Ansatzpunkte für die Optimierung bestehender Produkte. So können beispielsweise im veganen und vegetarischen Bereich bislang im Schäldarm produzierte Produkte, nun mit veganem Darm in sensorischer Hinsicht deutlich verbessert werden. Das eingesetzte Alginat steht dabei nicht nur mit der veganen und vegetarischen Ernährungsweise in Einklang. Aus nachhaltiger Rohstoffquelle gewonnen, ist es mit Halal- und Kosher-Zertifizierung erhältlich und für Bio-Lebensmittel zugelassen.

Dr. Michael Betz
Zentraler Ansprechpartner für technologische und verfahrenstechnische Fragestellungen, Handtmann Maschinenfabrik


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