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Schwefelsäure in Lebensmittelqualität

Technischer Hilfsstoff und Zusatzstoff E 513
Schwefelsäure in Lebensmittelqualität

Ein Hersteller von Schwefelsäure, der seine Anlage als Lebensmittelbetrieb zulässt? Das hört sich im ersten Moment kurios an. Tatsächlich ist die Produktionsstätte des Spezialchemiekonzerns Lanxess in Leverkusen eine der ersten ihrer Art. In ihr wird Schwefelsäure in Lebensmittelqualität produziert, die als technischer Hilfsstoff und Zusatzstoff E 513 zum Beispiel von Molkereien, Zuckerbetrieben u. a. genutzt wird.

Extrem stark verdünnt dient Schwefelsäure als Säuerungsmittel – so wie Essigsäure, die mit einer Konzentration um die 5 % im Haushalt Verwendung findet. Aber auch in konzentrierter Form ist die Säure für einige Herstellprozesse in der Lebensmittelindustrie wichtig. Sie spaltet Eiweiße und Kohlenhydrate und wird daher u. a. bei der Produktion modifizierter Stärke und bei der Käseproduktion eingesetzt. Auch für die Herstellung von bestimmten Molkeproteinen (Whey Proteins), die in Aminosäuretabletten für den Muskelaufbau verwendet werden, benötigt man die Säure.

Damit Schwefelsäure in der Lebensmittelindustrie als technischer Hilfsstoff oder Zusatzstoff E 513 eingesetzt werden darf, muss sie in Lebensmittelqualität, die lückenlos und rückverfolgbar dokumentiert werden muss, bereitgestellt werden. Als bedeutender Produzent qualitativ hochwertiger Schwefelsäuren ist Lanxess in der Lage, diese hohen Anforderungen uneingeschränkt zu erfüllen. Dabei nutzt das Unternehmen hochmoderne Anlagen.
Oleum – so der Trivialname der hochkonzentrierten, „rauchenden“ Schwefelsäure – entsteht am Leverkusener Standort nach dem Doppelkontaktverfahren. Dabei wird Schwefeldioxid, das durch die Verbrennung von Schwefel mit Sauerstoff entsteht, mithilfe von Katalysatoren zu Schwefeltrioxid umgesetzt. Dieses Gas reagiert mit konzentrierter Schwefelsäure zu Dischwefelsäure, die sich schließlich bei Zugabe von Wasser aufspaltet. Aus einem Molekül Dischwefelsäure werden dabei zwei Moleküle Schwefelsäure. Man erhält eine maximal 98%ige Säure.
HACCP sichert Lebensmittelqualität
Den Herstellungsprozess von Schwefelsäure hat Lanxess seit über 100 Jahren im Griff. Doch um das Produkt unter der E-Nummer anbieten zu können, gilt es, besondere Anforderungen zu erfüllen. Allein der Nachweis, dass die hochwertige Schwefelsäure die für die Food-Industrie spezifizierten Werte erfüllt, reicht bei Weitem nicht aus. Vielmehr stellt Lanxess über ein detailliertes HACCP-Konzept präventiv sicher, dass Einflüsse, die am Ende den Lebensmittelkonsum für Menschen gefährlich machen würden, ausgeschlossen sind.
Frank Michelis, der beim Spezialchemiekonzern als Produktmanager für Schwefelsäuren tätig ist, erinnert sich an eine der ersten Aussagen der zuständigen Zulassungsbehörde der Stadt Leverkusen: „Die wussten genau: Der Herstellprozess selbst ist weniger kritisch. Beim Logistikprozess müssen sie dagegen genau hinschauen.“
Grundsätzlich werden die zum Schwefelsäuretransport eingesetzten Lkw ausschließlich für dieses Produkt verwendet. Hat der Spediteur jedoch keine Lebensmittelzulassung, transportiert er unter Umständen an einem Tag Schwefelsäure aus der Metallproduktion, am nächsten Abfallschwefelsäure. Es sollte grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass es am übernächsten eine ist, die als Lebensmittelzusatzstoff eingesetzt wird. Denn E 513 darf gemäß §2 der Lebensmitteltransportbehälterverordnung (LMTV) ausschließlich mit Fahrzeugen bzw. Behältnissen transportiert werden, die mit „Nur für Lebensmittel“ gekennzeichnet sind.
Transport der Schwefelsäure
Bei der Umsetzung des HACCP-Konzeptes muss aber auf noch weitere Schwachstellen im Logistikprozess geachtet werden. Bei der üblichen Abfüllung technischer Schwefelsäure nutzt man den Domdeckel, auch Mannloch genannt. Dort wird ein Filter eingesetzt, der die Öffnung beim Einfüllen komplett abschließt. Doch beim Einsetzen des Füllstutzens kann ein Fremdkörper in den Tankwagen gelangen. Bereits einige Schnipsel eines Papiertaschentuchs würden die Schwefelsäure unzulässig verunreinigen. Die als risikoträchtige Prozessabschnitte identifizierten Verarbeitungsschritte wurden bei Lanxess lebensmittelgerecht verändert.
Insbesondere waren drei Punkte in der Logistikkette zu erfüllen: ein Spediteur mit Lebensmittelzulassung, entsprechende Tankcontainer, die ausschließlich für E 513 eingesetzt werden und als solches gekennzeichnet sind, sowie eine hermetisch abgeschlossene Abfüllung. Letztere wird über eine fest verschraubte Verbindung zwischen der Zuführung und dem Tankcontainer realisiert.
Hinzu kommen strenge Hygieneanforderungen, die zu erfüllen sind. So werden die Mitarbeiter für den Umgang mit Lebensmitteln geschult. Aber auch Maßnahmen hinsichtlich Pest Control sind eingeführt worden. So erfüllt Lanxess die strengen HACCP-Anforderungen auf höchstem Niveau.
Lagerung in separaten Spezialtanks
Die sauber abgefüllte, hochreine Schwefelsäure enthält nur sehr geringe Mengen an Eisen. Der Gehalt liegt bei unter 3 ppm. Die Standard-Schwefelsäuren dagegen dürfen bis zu 30 ppm, also das Zehnfache davon, enthalten. Damit der spezifizierte Eisengehalt sowie einige andere Grenzwerte auch zuverlässig eingehalten werden, führte Lanxess mehrere zusätzliche Kontrollpunkte im Prozess ein. Dort werden neben Konzentrationen bestimmter Inhaltsstoffe auch Temperaturwerte, Strömungsgeschwindigkeiten und andere physikalische Daten fortlaufend getrackt und dokumentiert – alles nach dem Prinzip der HACCP. So wird sichergestellt, dass die erzeugte Schwefelsäure auf jeden Fall den Spezifikationsanforderungen entspricht.
An einer weiteren Stelle gab es bei Lanxess noch Änderungsbedarf. Rund 200 000 t/h Schwefelsäure erzeugt der Betrieb in Leverkusen, den weitaus größten Teil davon für den technischen Gebrauch. Er landet in herkömmlichen Stahltanks. Der Teil, der für die Lebensmittelindustrie vorgesehen ist, wird am Ende des Produktionsprozesses in einen Spezialtank isoliert. Dieser verhindert, dass die hochreine Schwefelsäure E 513 während der Lagerung doch noch mit Fremdstoffen verunreinigt wird.
Etliche Messgeräte an den gemäß HACCP erforderlichen Kontrollpunkten, das aufwendige Datentracking inklusive Herkunftsnachweis der Ausgangsstoffe, um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, zwei separate Leitungen – vom Prozess in den Lagertank und weiter zur Abfüllung – und ein lebensmittelgerechter Logistikprozess: Das alles weist Lanxess nach, um die Auditoren, die dem Unternehmen die Qualität E513 bestätigen, zu überzeugen. Im Jahr 2015 wurde die Anlage entsprechend erweitert. Seitdem können Molkereien, aber auch Zucker- und Stärkeproduzenten sowie etliche andere Betriebe der lebensmittelverarbeitenden Industrie sicherstellen, dass die bei ihnen eingesetzte Schwefelsäure von Lanxess die Anforderungen an einen für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie zugelassenen technischen Hilfs- und Zusatzstoff erfüllt. „Wer nicht E 513 einsetzt“, so Frank Michelis, „bewegt sich in einer Grauzone. Im Falle von Produktrückrufen kann das kritisch werden.“ Lebensmittelkontrolleure fragen bei ihren Betriebskontrollen vermehrt auch nach der Herkunft der technischen Hilfsstoffe wie Schwefelsäure. Dank der Verwendung von E 513 haben inzwischen einige Betriebe der milchverarbeitenden Industrie die Gewissheit, ganzheitlich sicher und qualitativ hochwertig zu produzieren.

Dr. Ulla Reutner
Fachjournalistin
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