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Das Lebenselixier der Pharmaproduktion

Effiziente Erzeugung von Pharmawasser
Das Lebenselixier der Pharmaproduktion

Ohne Wasser funktioniert auch in der Pharmaproduktion nichts. Allerdings ist Wasser nicht gleich Wasser. Wir sprachen mit Stephan Stautmeister, Geschäftsführer BWT Pharma & Biotech, und Produktmanager Andreas Minzenmay über die Probleme bei der Pharmawassererzeugung und neue Technologien zur effizienten Herstellung von Pharmawasser.

Autor Dr. Bernd Rademacher Redakteur, cav chemie anlagen verfahren

cav: Der Ausgangsstoff für Pharmawasser ist Trinkwasser. Während die Pharmawasserstandards weltweit klar definiert sind, können die Trinkwasserqualitäten deutlich voneinander abweichen. Welche Auswirkungen hat dies auf die Pharmawassererzeugung?
Stautmeister: Die WHO schreibt zwar Mindestqualitätsanforderungen für das Trinkwasser vor, doch diese werden oft in vielen Ländern nicht erreicht. Daher unterscheiden sich die Vorbehandlungstechnologien im Vorfeld der Pharmawasserproduktion regional teilweise deutlich, um die eigentliche Hauptaufbereitungstechnologie sicher betreiben zu können. Nur wenn Sie der Pharmawasseraufbereitung vorne die passende Trinkwasserqualität zuführen, können Sie am Ende der Aufbereitung zuverlässig ein Qualitätsprodukt erwarten. Und diese Zuverlässigkeit ist für unsere Anwender essenziell, denn es wird häufig nicht redundant gefahren.
cav: Dass heißt, beim Kunden steht nur eine Anlage zur Pharmawassererzeugung?
Stautmeister: Ja, das ist richtig. Die Anwender verlassen sich oft auf eine einzige Anlage bei der Erzeugung ihrer Reinstmedien. Daher steht das Thema Zuverlässigkeit ganz oben auf der Agenda. Denn wenn die Reinstmedienerzeugung steht, steht innerhalb weniger Stunden auch die komplette Produktion. Dies kann je nach Produkt Ausfälle von mehreren Hunderttausend Euro zur Folge haben, was es natürlich zu verhindern gilt.
cav: Und wie machen Sie das?
Stautmeister: Wir haben mittlerweile 50 Jahre Erfahrung im Umgang mit Reinstmedien. Unser Anspruch ist es, nicht nur gute und zuverlässige Anlagen zu bauen, sondern eben auch passende Dienstleistungen über den gesamten Lebenszyklus der Anlagen zur Verfügung zu stellen. So braucht sich der Kunde nicht um seine Reinstwasseranlage zu kümmern, sondern kann sich ganz seiner Produktion widmen.
cav: Inwieweit sind heute Dienstleistungen im Pharmawasseranlagenbau gefragt?
Stautmeister: Dienstleistungen seitens der Hersteller werden immer wichtiger, weil auf Kundenseite mit immer weniger Betriebspersonal immer komplexere Systeme betrieben werden müssen. Wir bieten daher vom Rohwasser bis zur Verbrauchsstelle den kompletten Service über unsere Anlagen, inklusive Kalibrierung und Dokumentationsupdates, die im regulierten Umfeld ganz wichtig sind. Denn ohne die passende Dokumentation und Validierung darf der Anwender die Anlage nicht betreiben. Man kann es in etwa so zusammenfassen: Früher waren wir Anlagenbauer, heute sind wir auf dem Weg zum Dienstleister mit angeschlossenem Anlagenbau.
cav: Welche Produkte bieten Sie zur PW/HPW-Erzeugung an?
Stautmeister: In diesem Bereich haben wir vom Basisstandardgerät Septronline über das kostengünstige heißwassersanitisierbare Gerät Osmoline bis hin zum Osmotron gleich mehrere komplette Produktlinien, die entsprechend den Kundenwünschen bestimmte Anforderungen und natürlich auch verschiedene Preisniveaus abdecken. Am Ende entspricht die Qualität des Wassers aber immer der durch die Pharmakopöe geforderten Qualität.
Minzenmay: Die Anlagen unterscheiden sich lediglich durch einige Qualitätsabstufungen, Bedienkomfort, Materialien und verschiedene Flexibilitätsgrade. Ein Basisprodukt wie Septronline gibt es eben so, wie es ist. Änderungsmöglichkeiten bestehen keine. Dafür können diese Seriengeräte schnell abgewickelt werden. Bei einer Osmotron in offener Skidbauweise ist dies natürlich anders. Hier können wir vieles anpassen und auf die Bedürfnisse der Anwender zuschneiden, beispielsweise bei der Instrumentierung. Das macht uns sehr flexibel. Für uns ist es daher im Vorfeld wichtig, dass wir von unseren Kunden entsprechende Basisdaten und Vorgaben bekommen, mit denen sich die Anlagen optimal auslegen lassen.
cav: Mit Osmovision stellt BWT auf der Achema eine weitere Anlage zur PW/HPW-Erzeugung vor. Wie ist der Osmovision aufgebaut?
Minzenmay: Der Osmovision verfügt mit seiner kompakten Skidbauweise über einen ähnlichen Aufbau wie der Osmotron. Alle erforderlichen Prozessschritte einschließlich der Steuerung sind komplett auf einem Rahmengestell vormontiert. Dadurch ist ein vollständiger Funktions- und Leistungstest unter Betriebsbedingungen bereits im Herstellerwerk möglich. Dies gilt ebenso für die Vorvalidierung (IQ/OQ). Dadurch sinken vor Ort die Montage- und Einrichtungszeiten und die Qualifizierung wird wesentlich vereinfacht. Die Anlage kommt so zum Kunden, wie sie abgenommen wurde. Der Leistungsbereich des Osmovision erstreckt sich von 500 bis 10 000 l/h. Damit werden rund 80 bis 90 % der Anfragen im Pharmabereich abgedeckt.
cav: Worin bestehen die Unterschiede zu ihrem bisherigen Produkt Osmotron?
Minzenmay: Osmotron ist unser Klassiker und Stand der Technik. Das Rohwasser wird über Enthärtung, Sicherheitsfilter, Umkehrosmose, CO2-Entgasung und EDI-Stufe zu Pharmawasser aufbereitet und in einem Tank zwischengelagert. Die Ausbeute beträgt etwa 75 %. Über eine zusätzliche Umkehrosmosekonzentratstufe kann die Ausbeute auf 85 bis 90 % gesteigert werden. Etwa 80 % dieser Anlagen werden heiß sanitisiert. D. h., das Wasser wird auf über +80 °C erhitzt und dann intern durch die Anlage zirkuliert, um den mikrobiologischen Status möglichst hoch zu halten.
Stautmeister: Und hier liegt auch das kleine Problem dieses Anlagentyps: Eine Sanitisierung mit Heißwasser benötigt alles in allem etwa drei Stunden. In dieser Zeit steht die Anlage nicht zur Produktion zur Verfügung. Für Anwender, die einschichtig fahren, stellt dies kein Problem dar. Im Dreischichtbetrieb lässt sich dies nur durch größere Puffervolumina oder geringeren Verbrauch während der Sanitisierungsphase beheben. Oder durch den Umstieg auf eine andere Technologie, zum Beispiel den Osmovision.
cav: Und wie löst der Osmovision das Problem?
Minzenmay: Beim Osmovision setzen wir auf eine kontinuierliche chemische Sanitisierung. Auf der EDI-Konzentratseite entstehen verschiedene Oxidationsprodukte, die wir für die chemische Sanitisierung verwenden. Bisher wurden sie mit dem Abwasser entsorgt. Durch die Rückführung in den Sanitron-Reaktor können die Oxidationsprodukte jetzt genutzt werden. Eine zusätzliche Chemikaliendosierung ist nicht notwendig. Dadurch entsteht eine kontinuierliche Sanitisierung und die Anlage kann ununterbrochen produzieren.
cav: Welche Oxidationsprodukte entstehen im EDI-Modul?
Minzenmay: In der Regel ist das Wasserstoffperoxid und freies Chlor, das im EDI-Konzentrat enthalten sein kann. Die Zusammensetzung der Oxidationsprodukte kann über die Art des Elektrodenmaterials in der EDI-Stufe und die Betriebsweise gesteuert werden. Dabei entstehen immer mehr Oxidationsprodukte in der EDI-Stufe, als für die Sanitisierung des Speisewassers im Sanitron-Reaktor notwendig sind. Am Ausgang des Reaktors ist somit noch ein Überschuss an Oxidationsprodukten vorhanden. Da diese aber die Membranen zerstören würden, müssen sie in einer nachgeschalteten Prozessstufe abgebaut werden. In der bisherigen Betriebsweise mit Überschuss an Wasserstoffperoxid ist dies mithilfe eines Katalysators in Form von Mangandioxid erfolgt. Wir werden auf der Achema eine weiterentwickelte Anlage vorstellen, die mit einem Überschuss an freiem Chlor arbeitet und bei der der Abbau des freien Chlors mithilfe einer hocheffizienten UV-Technik erfolgt.
cav: Herzstück des Osmovision ist also der Sanitron-Reaktor. Welche Prozesse laufen im Reaktor ab?
Minzenmay: Im Sanitron-Reaktor wird das Wasser aus der Enthärtung zusammen mit dem EDI-Konzentrat unter Luftzufuhr verdüst. Dadurch entweicht das im Speisewasser enthaltene Kohlendioxid und der Kohlendioxidgehalt wird unter die erforderlichen Werte gesenkt. Eine zusätzliche Entgasung wird somit nicht benötigt. Gleichzeitig reagiert das freie Chlor, welches auch im Speisewasser enthalten seine kann, mit dem Wasserstoffperoxid. Der Überschuss wird in der nachgeschalteten Prozessstufe abgebaut. Aktivkohlefilter werden nicht benötigt. Das freut die Anwender, denn Aktivkohle stellt in der Pharmaindustrie aus mikrobiologischer Sicht ein Problem dar. Und schließlich findet durch die Oxidationsprodukte aus der EDI-Stufe im Sanitron-Reaktor auch eine permanente Keimreduzierung statt.
cav: Wie sieht es mit dem Wirkungsgrad des Osmovision aus?
Stautmeister: Unsere Zielsetzung war ein möglichst effizientes System. Mit dem Osmovision sind immer 80 bis 90 % Ausbeute möglich. Gleichzeitig sollten die Betriebskosten möglichst niedrig sein. Auch das haben wir geschafft. Es ist uns gelungen, diverse Nachteile von Aufbereitungsanlagen nach dem Stand der Technik zu umgehen. Durch die Integration der Konzentratstufe in die Umkehrosmose, das geschickte Nutzen verschiedener Wasserströme – so verwenden wir beispielsweise das Permeat der integrierten Konzentratstufe zur Spülung der Elektrodeionisation auf der Konzentratseite – und den kontinuierlichen Sanitisierungsprozess im Sanitron-Reaktor, bewegen wir uns hinsichtlich der Anlageneffizienz im Premiumbereich.
cav: Sie haben die Betriebskosten erwähnt. Wie verteilen sich diese?
Stautmeister: Der wichtigste Posten beim Betrieb einer Pharmawassererzeugungsanlage sind die Kosten für Speise- und Abwasser. Sie können bis zu zwei Drittel der gesamten Betriebskosten ausmachen. Daneben fallen noch die Energiekosten und die Kosten für Ersatzteile mit jeweils ca. 10 % ins Gewicht. Die Kosten für Wartung und Instandhaltung sind mit 1 bis 2 % eher unbedeutend. Die restlichen Kosten verteilen sich auf Chemikalien und anfallende Kosten beim Anwender.
cav: Eine letzte Frage: Wie steht es mit der Automatisierung des Osmovision?
Stautmeister: Die Automatisierung im Anlagenbau wird immer wichtiger. Mittlerweile werden nahezu alle Funktionen automatisiert und mit Intelligenz versehen. Mit validierten Aquaview-Automatisierungsprodukten bieten wir eine komfortable und cGAMP-konforme Steuerung und Überwachung der Anlagen. Wir setzen dabei auf Hard- und Softwarekomponenten von Siemens oder Rockwell. Da wir uns im regulierten Umfeld befinden, verwenden wir nur unsere eigenen validierten Softwarebausteine. Diese sind für unsere Kunden offen und transparent. Und das weltweit. Das Gehirn der eigenen Anlage sollte man schon selbst steuern können. Darüber hinaus bieten wir Vernetzungsmöglichkeiten mit Kunden- oder Prozessleitsystemen, Fernwartung und Zugriff via Tablet auf die Anlage. Die Daten sind selbstverständlich verschlüsselt und damit geschützt. Sie sehen, Industrie 4.0 hält auch bei uns Einzug.
Halle 5.1, Stand A90
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Eine kleine Anlage, die kontinuierlich läuft, ist viel weniger störungsanfällig und viel kosteneffizienter als eine Großanlage, die nur ein paar Stunden am Tag in Betrieb ist.
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