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Mit Pharma 4.0 Potenziale heben

Flucht nach vorne
Mit Pharma 4.0 Potenziale heben

Die Pharmaindustrie befindet sich gegenwärtig in einer Umbruchphase – Pharma 4.0 steht in den Startlöchern. Während die Branche jahrelang boomte und beständig wuchs, sieht sie sich nun mit zahlreichen neuen Herausforderungen konfrontiert, die den Blick in die Zukunft deutlich trüben. Es wäre deshalb an der Zeit, die vierte industrielle Revolution als Chance zu nutzen, Prozesse zu modernisieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

Hauptursachen des Wandels in der Pharmaindustrie sind zum einen Umsatzeinbußen aufgrund auslaufender Patente, fehlende Produktinnovationen sowie ein starker Wettbewerb durch Generika. Zum anderen ist die Branche zahlreichen Bedingungen ausgesetzt, die die Komplexität der Prozesse und damit auch die Kosten erhöhen. Regulatorische Anforderungen werden immer umfangreicher und ändern sich regelmäßig. Lieferketten werden durch die steigende Anzahl an Mergers & Acquisitions komplexer, was wiederum weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Qualität bedeutet. Die Branche sieht sich erstmalig mit für sie neuen Schwierigkeiten wie beispielsweise dem Druck zur Kostensenkung konfrontiert.

Die zahlreichen Herausforderungen sind sicher eine Erklärung dafür, dass die Entwicklung von Industrie 4.0 hier im Branchenvergleich noch wenig fortgeschritten ist. Aktuellen Studien zufolge wird die Umsetzung von Industrie 4.0 im Pharmasektor (Pharma 4.0) erst in den kommenden 15 Jahren erwartet. Diese verzögerte Entwicklung ist sehr bedenklich. Industrie 4.0 ist kein aktueller Trend, sondern eine Entwicklung, die alle Branchen betrifft und sich auch in der Pharmaindustrie nicht aufhalten lässt. Abwartende Unternehmen werden sehr schnell ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Die Pharmaunternehmen sollten sich also mit den Entwicklungen auseinandersetzen. Der wichtigste Grund liegt auf der Hand: Industrie 4.0 bietet der stark unter Druck geratenen Branche eine Komplettlösung für das erfolgreiche Meistern vieler aktueller Herausforderungen. Mit Pharma 4.0 können enorme Potenziale gehoben werden.
Gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit
Das Internet der Dinge beschreibt im Kern noch genauer, worum es eigentlich geht: nämlich um die Verbindung der realen mit der digitalen Welt durch den Einsatz cyberphysischer Systeme. Maschinen werden intelligent, können untereinander kommunizieren und sich vollkommen autonom steuern. Dabei entstehen immer mehr Datenströme und neue Datenquellen, die es zu managen gilt. Neben der sicheren Speicherung ist vor allem die informative Aufbereitung dieser Daten in hohem Maße von Bedeutung. Aufgrund hoher Qualitätsanforderungen in der Pharmabranche zählt ein intelligentes Datenmanagement zu einem der wichtigsten Pfeiler für Agilität in den Unternehmen, was einen entscheidenden Vorsprung in Sachen Wettbewerb mit sich bringen kann. Die Auswertung von Big Data durch den Einsatz von Analytics-Software macht aus einzelnen Daten brauchbare Informationen, die in Echtzeit verfügbar sein werden. Ein intelligentes Datenmanagement kann vor allem dafür sorgen, eine hohe Qualität der Produkte zu gewährleisten und zeitnah auf neue regulatorische Anforderungen zu reagieren.
Zukünftig wird ein steigender Bedarf an Medikamenten erwartet, bedingt unter anderem durch eine alternde Bevölkerung und einen immer ungesünderen Lebensstil. Auch das Outsourcen einiger Unternehmenseinheiten sowie die hohe Anzahl an Unternehmenszukäufen führt zu komplexen Netzwerken, was eine Herausforderung für die Qualitätskontrolle darstellt. Die Erfüllung und Einhaltung aller Auflagen ist oberstes Gebot, da ansonsten Sanktionen sowie ein weiterer verstärkter Dokumentationsaufwand auf die Unternehmen zukommen können.
Intelligentes Datenmanagement
Ein intelligentes Datenmanagement im Zuge von Pharma 4.0 kann dazu genutzt werden, die Einhaltung aller Regularien zu überprüfen und sicherzustellen. Während sich die aktuellen Diskussionen um das Zusammenführen aller fragmentierten Datenbestände an einem Ort drehen und vielschichtige Vertrauensfragen offen lassen, steht eine weitere Industrie-4.0-Technologie zur Verfügung, die einen gegensätzlichen Lösungsansatz verfolgt: der Einsatz der sogenannten Blockchain-Technologie. Dabei werden Datensätze an mehreren dezentralen Orten verteilt gespeichert, die nicht mehr verändert werden können. Durch den Zugriff aller Beteiligten einer Supply Chain inklusive externer Kontrollinstanzen besteht hier eine Art Selbstkontrolle, die Manipulationen erschwert und das Vertrauensproblem, das in der Regel auf Pharmaunternehmen lastet, auf eine Wertschöpfungsgemeinschaft überträgt. Vorschriften wie regulatorische Anforderungen und GxP-Richtlinien können mithilfe von Smart Contracts hinterlegt und überprüft werden. Konkret kann der Pharmaproduzent so nachvollziehen, ob sein Wirkstoffhersteller alle Qualitätskriterien bei der Produktion einhält, da dessen Produktionsanlagen mit Sensoren und einer Blockchain-Unit ausgestattet sind. Da die Einhaltung der GxP-Richtlinien sehr komplex ist, bremsen genau diese die Realisierung neuer Technologien aktuell noch aus. Die Chancen dieser Innovationen sollten aber unbedingt genutzt werden, um Komplexität zu reduzieren, die Effizienz in Prozessen zu steigern und letztendlich die Produktqualität und damit das Patientenwohl weiter zu erhöhen.
Einkauf und Supply Chain profitieren von Pharma 4.0
Der Einkauf würde stark von der Umsetzung verschiedener 4.0-Technologien profitieren. Insbesondere ein innovatives Datenmanagement würde ihn in seiner Hauptfunktion, nämlich die Versorgungssicherheit des Unternehmens effizient und effektiv zu gewährleisten, unterstützen. Da gerade der Einkauf dem aktuellen Kostensenkungstrend ausgesetzt ist, vor allem durch Outsourcing und Mergers & Acquisitions, werden die Beschaffungsprozesse immer intransparenter und komplexer. Außerdem verändert sich die Rolle des Einkaufs innerhalb der Supply Chain durch die neuen Differenzierungsstrategien der Unternehmen. Ein klarer Trend sind hier kleinere Losgrößen, unter anderem verursacht durch den Wandel hin zu personalisierter Medizin. Die Ausweitung des Geschäfts auf neue Märkte führt zur Erweiterung des Lieferantenportfolios mit bisher unbekannten Lieferanten. Zu den Herausforderungen in diesen Märkten zählen der starke Wettbewerb durch Niedriglohn sowie die Gefahr möglicher Krisen in aufstrebenden Ländern.
Durch die geographische Diversifizierung kommen weitere spezifische Anforderungen hinzu, beispielsweise eine unterschiedliche Pillenprägung und verschiedene Aufdrucke auf Verpackung und Beipackzettel. Die Komplexität in Supply Chain und Einkauf nimmt auch durch die Ausweitung des Produktportfolios zu. Die Pharmabranche benötigt neue Geschäftsmodelle, da mit dem klassischen Blockbuster-Geschäft und Patenten immer weniger Geld verdient werden kann. Neue Produkte aus dem Bereich Lifestyle und die vielversprechenden Biotechprodukte erobern gerade die Portfolios. All diese Veränderungen führen dazu, dass die Produktion und dadurch auch der Einkauf immer flexibler werden müssen. Der Einkauf kann und muss dafür verantwortlich sein, Innovationen ins Unternehmen zu bringen. Flexibilität kann nur erreicht werden, wenn Echtzeitdaten und Prognosen über bevorstehende Ereignisse zur Verfügung stehen. Der Einsatz von Big Data und Analytics Software ist auch hier der Schlüssel zum Erfolg.
Innovationen im Umgang mit Daten und neue Technologien unterstützen demnach nicht nur die neuen Geschäftsmodelle, sondern sie führen dazu, dass diese erst entstehen können. Es wäre deshalb falsch, die vierte industrielle Revolution zu ignorieren und die eigene Entwicklung aufzuschieben. Vielmehr sollte sie so schnell wie möglich als Chance gesehen werden. Allerdings gilt es, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, denn Industrie 4.0 ist kein Selbstläufer.

Prof. Dr. Michael Henke Dr. Axel T. Schulte Karolin-Kristin Pellengahr
Institutsleiter, Fraunhofer IML
Abteilungsleiter Einkauf und Finanzen im Supply Chain Management, Fraunhofer IML
wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fraunhofer IML
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