Laserbasierte Messtechnologien wie die Raman-Spektroskopie gewinnen gegenüber alternativen Methoden wie der Gaschromatographie oder der Massenspektrometrie immer mehr an Bedeutung. Ohne bewegende Teile und mit einer deutlich geringeren Zahl an erforderlichen Probenahmen sind die verwendeten Prozessanalysatoren einfacher zu handhaben und sie liefern innerhalb von Sekunden hochgenaue Ergebnisse. Die automatisierte Messung kritischer Parameter ermöglicht eine intelligentere Steuerung sich schnell ändernder Prozesse in Echtzeit, ohne dass das Bedienpersonal etwa gefährlichen Chemikalien ausgesetzt ist. Endress+Hauser investiert laufend in die Weiterentwicklung der Raman-Spektroskopie für neue Anwendungen. Die Raman-Analysatoren untersuchen Flüssigkeiten, Gase und Feststoffe auf ihre Zusammensetzung und Materialeigenschaften und ermöglichen eine Messung der Produkteigenschaften in Echtzeit.
Moleküle in Schwingung
Die Raman-Technologie (benannt nach dem indischen Physiker und Nobelpreisträger Chandrasekhara Venkata Raman) ist ein optisches Messverfahren. Es misst chemische Zusammensetzungen durch Anregung einer Probe mit sichtbarem Licht oder Licht im nahen Infrarotbereich. Die angeregte Verbindung behält beim Übergang aus dem angeregten Zustand zurück in den Grundzustand eine kleine Menge der Energie des Photons zurück. Durch die Energieübertragung kommt es zu einer Verschiebung (Shift) einer geringen Menge des Lichts (Raman-Shift). Die rückgestreuten Lichtquanten werden mittels eines CCD-Detektors erfasst und durch Trennung des Raman-Lichts gefiltert. Die Darstellung dieser Übergänge in einem Spektraldiagramm macht es möglich, Änderungen in der Wellenlänge des gestreuten Lichts zu erkennen, die für die Molekülschwingungen der jeweiligen chemischen Verbindungen charakteristisch sind. Die Raman-Spektroskopie erzeugt also einen „molekularen Fingerabdruck“, mit dem sich einzelne chemische Substanzen nachweisen, quantifizieren und überwachen lassen. Die fortschrittliche Analysetechnik nutzt die Stärke der Raman-Spektroskopie zur Durchführung chemischer Echtzeitmessungen in jeder Umgebung, ohne dass die ursprüngliche Probe extrahiert, aufbereitet oder zerstört werden muss.
Fenster zum Prozess
Ein Raman-System besteht aus vier Elementen: Analysegerät, Sonden, Software und Datenanalyse. Das Analysegerät ist das Herzstück des Systems und umfasst den Laser, das Spektrometer und eine integrierte Steuerung. Die Sonden sind sozusagen die Fenster zum Prozess. Die Software steuert die Datenerzeugung – die Rohdaten werden von der Datenanalysekomponente in aussagekräftige Informationen übersetzt. Die Analysesysteme der Rxn-Produktpalette sind in der Lage, Chemikalien und Zusammensetzungen mit hoher Genauigkeit zu analysieren. Die Analysen erfolgen in-situ und in Echtzeit, wie es der Prozess benötigt. Außerdem sind die Lösungen hochgradig skalierbar und können an Produktionsumgebungen angepasst werden.
Einsatz in der Biopharmazie
In der Biopharmazie wurde die Raman-Spektroskopie zunächst in wissenschaftlichen Laboren eingesetzt. Wissenschaftler beobachteten mit Raman-Geräten Kristallisationsprozesse und Endpunkte von Reaktionsprozessen. Mit der Zeit hat sich die Technologie weiterentwickelt, die Bedienoberflächen gestalteten sich benutzerfreundlicher und industrielle Anwendungen wurden möglich.
Biopharmazeutische Herstellungsprozesse sind komplex und zeitaufwendig. Viele der immanenten Herausforderungen kann die Raman-Spektroskopie allerdings überwinden. Raman-Analysatoren machen Inline- und Echtzeit-Messungen möglich und damit den Weg frei für PAT und die Anwendung von QbD-Prinzipien. Die Skalierbarkeit von Raman-Lösungen erleichtert es den Herstellern von Biopharmazeutika, ihre Produkte vom Laborstadium bis zum Herstellungsprozess schneller zu entwickeln und die Qualitätskontrolle ihrer Produkte zu verbessern. Biopharmazeutische Unternehmen benötigen Raman-Systeme, die gezielt für einen reibungslosen Übergang von Laborbedingungen in verfahrenstechnische Anlagen entwickelt wurden. Diese Fähigkeiten sind bereits in den biotechnischen Produktportfolios von Endress+Hauser verfügbar.
Emulsionspolymerisation
Die Emulsionspolymerisation ist ein wichtiges Verfahren für die Herstellung von polymeren Werkstoffen wie Farben, Klebstoffe und synthetische Kautschuke. Die Reaktion wird in einer wässrigen Umgebung durchgeführt, in der die Monomere mit einem geeigneten Tensid oder Emulgator in einer Phase gehalten werden. Die Polymerisation verläuft als klassische Doppelbindungs-Additionsreaktion, die über einen radikalischen Mechanismus ausgelöst wird. Werden mehrere Monomere eingesetzt, ist es wichtig, die Verbrauchsrate der einzelne Monomere oder die relativen Verbrauchsrate der Copolymere verfolgen zu können. Sind mehrere Monomere vorhanden, muss zudem gewährleistet werden, dass die relativen Reaktionsgeschwindigkeiten mit der Entstehung des gewünschten Produkts zusammenpassen. Eine weitere Anforderung betrifft den Nachweis von Restmonomer über nicht reagierte Doppelbindungen. Hier eignet sich die Raman-Spektroskopie ideal zur Überwachung der Reaktion, weil sie für die Messung spezifischer Doppelbindungen sensitiv ist und nicht durch die wässrige Phase beeinträchtigt wird. Bei Untersuchungen mit Reaktoren aus Glas kann die Reaktion außerdem von außen, d. h. durch die Reaktorwand hindurch, beobachtet werden.
Semi-Batch-Polymerisation
Polymerisationen werden häufig im Semi-Batch-Verfahren durchgeführt, da dieses die Möglichkeit bietet, die Zusammensetzung des Produkts präzise zu steuern. Damit werden Hochleistungsmaterialien mit fein justierbaren, anwendungsspezifischen Eigenschaften hergestellt. Eine Schwierigkeit bei Semi-Batch-Verfahren besteht darin, dass sich die Konzentration der Reaktionspartner sowohl relativ als auch absolut ständig ändert. Ohne Kontrolle können diese Konzentrationsänderungen leicht zu unerwünschten Eigenschaften des Produkts führen. Daher erfordert diese Art der Reaktionsführung die kontinuierliche Echtzeit-Überwachung der Konzentration der Reaktionspartner. Eine bloße Zugabe der Reaktionspartner im richtigen Verhältnis reicht nicht aus. In einem konkreten Anwendungsfall kommt ein Raman-Analysator von Endress+Hauser zum Einsatz, um eine Nahinfrarotstrahlung von 785 nm sowohl auszusenden als auch zu erfassen. Die Analyse erfolgt mithilfe einer berührungslosen Optik durch ein druck- und temperaturbeständiges Saphirfenster in der Reaktorwand. Jede Messung bestand aus einer 60-sekündigen Beleuchtung des Reaktorinneren mit einer Laserstrahlung von 125 mW, gefolgt von einer 20-sekündigen Pause. Fünf bis sieben Datenpunkte jedes Monomers wurden verwendet, um quantitative Raman-Daten für die Echtzeit-Prozesssteuerung zu generieren. Die Raman-Spektroskopie erweist sich dabei als eine einfache, genaue und effektive Methode der Prozessanalyse für die Echtzeitüberwachung und -steuerung einer Polymerisation im Teilfließbetrieb. Die Raman-Daten werden hierbei für die Regelung des Prozesses in Echtzeit verwendet, um ideale Prozessbedingungen in einem geschlossenen Reaktionssystem zu gewährleisten. So wird über die verschiedenen Chargen eine konstante Produktqualität und damit eine gleichbleibende Qualität hochempfindlicher Hochleistungsmaterialien erzielt. dh
Endress+Hauser
Halle 11.0, Stand G4
Zitat
„Mit den laserbasierten Messtechnologien stellen wir ein integriertes Produktportfolio für moderne Analyseverfahren bereit, das industrielle Kunden von der Produkt- und Prozessentwicklung über die Qualitätskontrolle bis zum Produktionsprozess begleitet.“