Die Sterilabfüllung ist einer der sensibel-sten Produktionsschritte in der gesamten pharmazeutischen Prozesskette, da er nach der letzten Sterilfiltration erfolgt. Werden statt Edelstahl Single-Use-Komponenten aus Kunststoff genutzt, steigt die Komplexität: Je mehr unterschiedliche Teile und Materialien zum Einsatz kommen, desto kritischer ist das Thema Extractables und Leachables – Auswirkungen der Inhaltsstoffe des Kunststoffs auf das Medikament.
Warum also überhaupt auf Einwegsysteme aus Kunststoff setzen? Da die Komponenten nach der Verwendung entsorgt werden, entfallen Reinigung und Reinigungsvalidierung sowie die Sterilisation. Das ist insbesondere bei der Abfüllung von auf Proteinen beruhenden Biopharmazeutika relevant. Bei Single-Use-Systemen entfällt nicht nur dieser gesamte Prozess, sondern auch der Gebrauch von Reinigungsmedien wie Dampf oder Trocknungsluft.
Insbesondere in der Kleinchargenproduktion, wo häufige Produktwechsel auf der Tagesordnung stehen, stellen Einwegsysteme eine wirtschaftliche Alternative dar. Sie eignen sich aber auch für die großvolumigere Abfüllung. Gerade bei sogenannten Multiproduktanlagen, die häufige Reinigungsvorgänge mit sich bringen, müssen bei konventionellen Reinigungsmethoden längere Stillstandzeiten in Kauf genommen werden. Entsprechend bieten Einwegfüllsysteme zahlreiche Vorteile: Sie lassen sich leicht einbauen, ermöglichen schnelle und flexible Produktwechsel und minimieren das Risiko der Kreuzkontamination.
Herausforderung Kunststoff
Bislang wurden bei der Abfüllung steriler Pharmazeutika in der Regel Edelstahlsysteme verwendet. Diese bieten viele Freiheiten in der Gestaltung des Füllsystems, zum Beispiel bezüglich Durchmesser, Übergänge oder Gefälle. Im Gegensatz dazu müssen Kunststoffsysteme mit den am Markt verfügbaren Komponenten nachgebildet werden – und trotzdem höchste Füllgenauigkeit gewährleisten, während die Füllnadeln nicht tropfen und keine Spritzer in die Primärverpackung geraten dürfen.
So lautet die Herausforderung: mit möglichst wenigen Bauteilen die Füll-Performance sicherstellen. Die Lösung besteht in der größtmöglichen Standardisierung: ein Baukastensystem, das die häufigsten Anwendungsfälle mit standardisierten Komponenten abdeckt und bereits erfolgreich am Markt etabliert ist.
Standardisierung sorgt für Sicherheit
Das von Bosch Packaging Technology angebotene Prevas steht für vorvalidiert (pre-validated), vormontiert (pre-assembled) und vorsterilisiert (pre-sterilized). Das Single-Use-Füllsystem besteht aus Füllnadeln, Schläuchen und dem Produktbeutel mit Verbindungsstück. Es lässt sich bei Bedarf um Filter, Konnektoren und Ports erweitern. Das komplette System ist mehrfach verpackt und gammasterilisiert.
Die Installation erfolgt in der Regel in Reinräumen, RABS oder Isolatoren. Dort sorgt die Bosch-Peristaltikpumpe für eine schonende Behandlung und exakte Dosierung der Medikamente. Statt für jeden Anwendungsfall neue Materialien und Maße zu definieren, kommt das Prevas-System mit einem Minimum an serienmäßig hergestellten Teilen aus. Das macht den Einsatz für Kunden wirtschaftlich, einfach und sicher.
Von der Entscheidung zur Umsetzung
Vor der Markteinführung wurde Prevas ein Jahr lang unter realistischen Bedingungen getestet, qualifiziert und validiert. Dazu gehörten unter anderem Performance-Tests zur Füllgenauigkeit, Biokompatibilitätsprüfungen, Extractables-Studien sowie Partikel- und Endotoxintests nach USP. In umfassenden Qualifizierungstests wurden Materialeignung und Tauglichkeit des Systems für die Anwendung nachgewiesen.
Vor der Implementierung von Prevas-Systemen bei Kunden erfolgen umfangreiche Vorabtests und Designdurchsprachen, um eventuelle Risiken hinsichtlich des Füllprozesses oder des Systemhandlings frühzeitig erkennen zu können. Das betrifft insbesondere die Eignung des jeweiligen Füllsystems für das Produkt des Anwenders sowie die Eignung des Maschinendesigns.
Füllversuche und Designklärung
Für Fülltests steht ein spezielles Versuchslabor bei Bosch in Crailsheim zur Verfügung. Hier werden die späteren Rahmenbedingungen sowie die Eignung der vorher definierten Füllformatteile intensiv geprüft. Dabei gilt es, die Anforderungen an Füllgenauigkeit, Füllzeit und Füllbild in Abhängigkeit zum Packmittel zu erfüllen. Vor allem bei viskosen oder schäumenden Produkten sind solche Vorab-Fülltests sehr empfehlenswert.
Wie werden die Einwegkomponenten in den Fill-Finish-Bereich eingebracht, wie werden sie dort gehandhabt? Und wie kommt das Produkt über Prevas zum Point-of-Fill? Soll eventuell ein Filterintegritätstest innerhalb eines Containments durchgeführt werden? Diese Fragen werden im Rahmen eines Mock-Ups gemeinsam mit den Pharmazeuten geklärt. Dabei wird der komplette Prozess – Aufrüsten, Füllen, Abrüsten – von A bis Z durchgespielt.
Sobald alle wichtigen Fragen geklärt sind, können die späteren, individuell gestalteten Kundensets erstellt werden. Jedes Set wird dabei mit einer individuellen Teilenummer versehen. Diese ermöglicht jederzeit eine eindeutige Identifizierung sowie Zuordnung zu einem bestimmten Kunden.
Nach der Feinabstimmung der Single-Use-Sets auf die spezifische Kundenanwendung wird ein nicht-steriler Prototyp des finalen Sets erstellt. Bei Tests auf der Maschine wird ein letztes Mal überprüft, ob sämtliche
Anforderungen an Füllgenauigkeit und Funktionsfähigkeit erfüllt sind. Ist dies der Fall, erfolgt die Produktion der sterilen, vollzertifizierten GMP-Sets, die in Zukunft auf der Kundenmaschine eingesetzt werden. Wenige Wochen später kann der Anwender dann dank des Ready-to-use-Konzepts zum Beispiel sein neues, zweistelliges Prevas-System innerhalb von rund zehn Minuten installieren.
Nachrüstung leicht gemacht
Prevas ist mittlerweile weltweit erfolgreich bei Biopharmazeuten im Einsatz, unter anderem in Europa, China und den USA. Gleichzeitig erweitert Bosch das Single-Use-Portfolio beständig. Der Prevas-Pumpentrolley zum Beispiel ist eine mobile Füllstation, die sich flexibel mit bereits existierenden Abfülllinien kombinieren lässt. Der Produktbeutel befindet sich dabei außerhalb des Isolators, während die Füllstränge durch einen Multitubing-Port kompakt und sicher durch die Isolatorwand geführt und dort mit der Füllstation verbunden werden. So lassen sich auch bereits bestehenden Linien schnell und wirtschaftlich umrüsten.
Suchwort: phpro0318bosch
Halle 3.1, Stand D71