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Das Auge isst mit, aber Bildverarbeitung sieht mehr

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Das Auge isst mit, aber Bildverarbeitung sieht mehr

Das Auge isst mit, aber Bildverarbeitung sieht mehr
Mit spezifischen Beleuchtungstechnologien, geschickt angeordneten Hochleistungskameras und einem Echtzeitbildverarbeitungssystem erkennt der Squeezer II QS auch schiefsitzende, defekte und sortenfremde Verschlüsse sicher (Bild: Heuft)
Die Nahrungsmittel- und Getränkebranche setzt industrielle Bildverarbeitung im gesamten Herstellungs- und Verpackungsprozess ein. Doch die Anforderungen an die Technologie steigen, denn die anwendenden Unternehmen erwarten sich von ihr effizientere und vor allem sichere Prozesse.

Nach Worten von Jörg Schmitz, Key Account Manager Lebensmitteltechnik bei Stemmer Imaging steigen in der Lebensmittelindustrie der Automatisierungsgrad und die Effizienz der Produktionsabläufe – und zwar seit Jahren. „Was im Automotivesegment bereits seit Langem praktiziert wird, hält nun auch im Bereich der Lebensmittelproduktion Einzug. Denn mehr als in anderen Branchen müssen die Produkte aus Gründen des Verbraucherschutzes sicher, rückverfolgbar und eine zuverlässig hohe Qualität aufweisen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Bildverarbeitung als technisch leistungsfähige und wirtschaftliche Methode der automatisierten optischen Prüfung bewährt.“

Zweitgrößter Kunde
Diese Tendenz beobachtet auch die VDMA-Fachabteilung Industrielle Bildverarbeitung: Mit 8 % des Gesamtumsatzes in Deutschland, der 2,1 Mrd. Euro beträgt, war die Nahrungsmittel- und Getränkebranche 2015 erneut der zweitgrößte Abnehmer hinter der Automobilindustrie und noch vor den Branchen Elektro, Elektronik und Halbleiter. „Das Anwendungsspektrum der Bildverarbeitung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie ist groß“, betont Dr. Horst Heinol-Heikkinen, Geschäfsführer von Asentics und Vorstandsmitglied in der VDMA-Fachabteilung. „Es reicht vom Verarbeiten über Sortieren bis hin zum Verpacken und Abfüllen.“
Helfen bei Rückrufaktionen
„Die jüngsten großen Rückrufaktionen belegen einmal mehr wie wichtig Qualität im Produktions- und Verpackungsprozess ist und wie entscheidend es ist, ein effektives System für die Produktnachverfolgung etabliert zu haben“, sagt Olivier Feraille, Senior Sales Manager Strategic Vertical Markets Europe bei Cognex. „Denn Rückrufaktionen bedrohen nicht nur die Profitabilität eines Unternehmens, sondern können es auch langfristig schädigen, weil das Vertrauen der Verbraucher verloren geht.“
Kein Wunder, dass auch Maschinen- und Anlagenbauer im Bereich Food & Beverage Kameras und Bildverarbeitungssensoren in ihre Produkte integrieren. Ein Beispiel aus der Lebensmittelverarbeitung: Kronen mit Sitz in Kehl am Rhein hat eine Roboterstation für die automatisierte Verarbeitung von Tomaten im Programm. Dabei werden die Tomaten über einen Rollenverlesetisch separiert und zur Roboterstation gefördert, dort durch die Bilderkennung evaluiert und ausgewählt. Die Bildverarbeitung berechnet die Koordinaten für den Greifer, der am Roboter montiert ist. Der Roboter greift nun die Tomate und legt sie zur Weiterverarbeitung auf die Schneidemaschine. Die Tomate wird dann in perfekte, gleichmäßige Scheiben geschnitten.
Ein anderes Beispiel aus dem Bereich Verpackungsmaschinen und -anlagen ist Gerhard Schubert aus Crailsheim. Der Verpackungspionier, der in diesem Jahr sein 50. Bestehen feiert, stattet seine TLM-Verpackungsanlagen auf Wunsch mit einem 3-D-Scanner aus, aus dessen Daten das Visionsystem der Anlage die dreidimensionale Form des Verpackungsgutes errechnet, um dann eine Meldung an den Verpackungsroboter weiterzugeben, falls die Produkte Beschädigungen aufweisen.
Schmutz und Krümel kein Problem
Das Verpacken von Lebensmitteln stellt die Bilderkennung vor große Herausforderungen: Verschmutzungen auf dem Produktband oder Beschädigungen an den zu verpackenden Produkten sind für viele Visionsysteme nur schwer zu erkennen und können so den Ablauf des Verpackungsprozesses stören, oder Produkte mit Qualitätsdefekten gelangen sogar in die Verpackung. Schubert hat dieses Problem gelöst: Bandverschmutzungen und Krümel auf dem Band werden durch ihre geringere Höhe vom 3-D-Scanner als solche erkannt und vom Roboter ignoriert. Produkte in kontrastarmer Umgebung erfasst der 3-D-Scanner aufgrund ihrer Höhe deutlich besser als sein 2-D-Vorläufer. Auch Produkte in kontrastarmen Bildern – etwa ein weißes Produkt auf einem weißen Untergrund – kann der Scanner sehr gut identifizieren. Die Bilderkennung wird dadurch robuster und sicherer.
Kameras ermitteln das Gewicht
Darüber hinaus erkennt der 3-D-Scanner auch Defekte, zum Beispiel ein brauner Sandwichkeks mit brauner Creme, dem das Deckelteil fehlt. Solche fehlerhaften Produkte werden aus dem Verpackungsvorgang ausgeschleust. Bei gleichmäßiger Produktdichte kann das Visionsystem sogar das Gewicht jedes Produkts ermitteln. So lassen sich bei der Zusammenstellung von Produkten einzelne Produktformationen innerhalb eines definierten Gewichtsbereichs vervollständigen.
Drei weitere Beispiele aus der Getränkeindustrie: Der Squeezer II QS von Heuft Systemtechnik bietet eine Rundumverschlussinspektion: Mit spezifischen Beleuchtungstechnologien, geschickt angeordneten Hochleistungskameras und einem Echtzeitbildverarbeitungssystem erkennt er auch schiefsitzende, defekte und sortenfremde Verschlüsse sicher. Und beim Röntgeninspektionssystem Protex von Bbull Technology ist Bildverarbeitung im Einsatz, um Fremdkörper in Flaschen, die aus dem Herstellungsprozess resultieren können, zu detektieren.
Dichter oder undichter Kronkorken
In einem anderen Anwendungsfall aus der Getränkeindustrie ging es darum, Glasflaschen mit Metallverschlüssen, die eine schwer messbare Verschlusswölbung haben, zum Beispiel Bierflaschen mit Kronkorken, zu kontrollieren. Um sicherzustellen, dass jede Flasche mit einem Kronkorken verschlossen ist, prüft der Sensor Eyescan AT 3D von EVT ob der Kronkorken überhaupt vorhanden ist und ob er richtig sitzt. Sollte die Kappe schief sitzen oder fehlen, wird die jeweilige Flasche ausgeschleust.
Der Eyescan AT 3D ist ein Lasertriangulationssensor. Dies bedeutet, dass ein Laserstrahl die Oberfläche abtastet und die seitlich zur Laserlinie angebrachte Kamera ein Höhenprofil aufnimmt. Der Sensor schaut von oben auf die Gebinde. An definierten Positionen im Kamerabild wird der Abstand vom Kronkorken zu Sensor ausgewertet. Es wurde eine Wiederholgenauigkeit von 14 µm erreicht. Wobei der Unterschied zwischen dichten und undichten Kronkorken bei 100 µm liegt. Erkannt wird die Wölbung der Kronkorken, wodurch auch festgestellt werden kann, ob der Inhalt noch gut ist bzw. die Kohlensäure noch im Getränk enthalten ist.
Der integrierte Lageausgleich sorgt dafür, dass die Puntkwolke richtig rotiert und verschoben wird, so dass der Kronkorken gerade liegt und optimal bewertet werden kann. Durch die hohe Geschwindigkeit der Produktionslinie, kommen die Flaschen mit zufälligem Versatz und Neigungswinkel unter den Scanner. Sollte eine von ihnen schief stehen, gleicht das System den Höhenunterschied aus.
Extreme Einsatzbedingungen
Ein großes Problem, das die Hersteller von industriellen Visionsystemen lösen müssen ist, dass die Systeme in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie teilweise extremen Umgebungsbedingungen ausgesetzt sind. „Die eingesetzten Komponenten und Systeme müssen daher mechanisch extrem robust sein oder in entsprechenden Schutzgehäusen eingesetzt werden“, erklärt des Stemmer-Imaging-Experte Schmitz. Ein weiterer wichtiger Faktor sei, dass die Prozesse bei den Anwendern der Bildverarbeitungstechnologie in der Regel unterschiedlichste Produktionsschritte umfassen. Hier ist es nach Einschätzungen des Stemmer-Imaging-Experten hilfreich, „mit einer leistungsfähigen Softwarebibliothek hardwareunabhängig auf die Vielzahl der anfallenden Aufgaben reagieren zu können“.
Eine besondere Herausforderung ist laut Schmitz auch die Prüfung von Rohmaterialen, beispielsweise das prozesssichere Vermessen, Klassifizieren und Graden von Fleisch- oder Backwaren, dar. Eine weitere, häufig auftretende Aufgabenstellung ist die objektive Prüfung nicht messbarer Produkteigenschaften wie das Aussehens von Pizzabelägen.

Sabine Koll
Freie Journalistin

Logo für Kompetenzträger

 Vision 2016 

Die Vision, Weltleitmesse der Bildverarbeitung, findet vom 8. bis 10. November 2016 in Stuttgart statt. Da Bildverarbeitungstechnologie in der Food-&-Beverage-Industrie immer wichtiger wird, fokussiert die Messe in diesem Jahr dieses Thema. Die Stände der Aussteller, die eine besondere Kompetenz für die Lebensmittel- und Getränkebranche nachweisen können, sind mit dem entsprechenden Logo gekennzeichnet. Organisiert wird die Initiative von der dei – die ernährungsindustrie. Alle teilnehmenden Firmen sind auch über den Suchbegriff „Food & Beverage“ im Online-Ausstellerverzeichnis zu finden. Weitere Informationen zur Vision 2016 finden Sie hier.
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