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Dispersives Mischen bei der Produktion von PVC-Pasten

Mehrwellenmischer
Dispersives Mischen bei der Produktion von PVC-Pasten

Dispersives Mischen bei der Produktion von PVC-Pasten
Abb. 3 Blick in einen Mehrwellenmischer, ausgerüstet mit Dissolverscheiben auf allen drei Wellen und Anker-Abstreifer auf der Zentralwelle
Bei der Herstellung von PVC-Pasten sind nicht nur Ausgangsstoffe mit ganz unterschiedlichem Eigenschaftsprofil zu mischen, sondern das Fließverhalten der Mischung ändert sich zudem sehr stark mit ihrer Zusammensetzung. Gegenüber den herkömmlichen, langsamlaufenden Planetenmischern und Knetern mit ihrer relativ langen Mischzeit gewinnen für diesen Anwendungsbereich Mehrwellenmischer zunehmend an Bedeutung.

Abb. 1 Beispiel für einen Mehrwellenmischer

Abb. 3 Blick in einen Mehrwellenmischer, ausgerüstet mit Dissolverscheiben auf allen drei Wellen und Anker-Abstreifer auf der Zentralwelle
Bei der Herstellung von PVC-Pasten sind nicht nur Ausgangsstoffe mit ganz unterschiedlichem Eigenschaftsprofil zu mischen, sondern das Fließverhalten der Mischung ändert sich zudem sehr stark mit ihrer Zusammensetzung. Gegenüber den herkömmlichen, langsamlaufenden Planetenmischern und Knetern mit ihrer relativ langen Mischzeit gewinnen für diesen Anwendungsbereich Mehrwellenmischer zunehmend an Bedeutung.
Die Rohstoffe für die Produktion von Polyvinylchlorid(PVC)-Pasten, allgemein Plastisole genannt, sind sehr feinkörnige Suspensions-Pasten-PVC-Sorten mit niedrigem Schüttgewicht oder Emulsions-PVC-Sorten. Diese PVC-Sorten bilden beim Mischen mit Weichmachern fließfähige Massen, deren Konsistenz bei niedriger Umgebungstemperatur recht lagerstabil ist. Physikalisch sind PVC-Pasten Dispersionen von PVC im Weichmacher. Nach kurzer Wärmeeinwirkung (Gelierung) bei Temperaturen von 160 °C bis 200 °C und anschließendem Abkühlen bilden sie mehr oder weniger elastische Plastifikate. Das Verhältnis von PVC zu Weichmacher schwankt je nach den geforderten Eigenschaften der herzustellenden Fertigartikel von 100:25 bis hin zu 100:100 und höher. Mit steigendem Weichmachergehalt sinken sowohl die Viskosität der PVC-Pasten als auch die mechanische Festigkeit der hergestellten Plastifikate, wohingegen Elastizität, Weichheit und Kältefestigkeit verbessert werden. Das unterschiedliche Fließverhalten der PVC-Paste ist für die Produktion von entscheidender Bedeutung.
Die Viskositätswerte bei unterschiedlichen Temperaturen reichen allein nicht aus, um das Fließen der Paste zu beschreiben; die Pasten können sich ganz unterschiedlich verhalten. Das Fließverhalten sagt aus, wie sich die Viskosität eines fluiden Mediums unter Scherkrafteinwirkung ändert, etwa beim Rühren oder Pumpen. Im Mischreaktor sind im folgenden drei Fließformen am häufigsten zu beobachten. Mit steigender Schergeschwindigkeit (Erhöhung der Dissolverdrehzahl) sinkt die Viskosität der Paste. Der Rührwiderstand verringert sich, zu erkennen an der abfallenden Stromaufnahme der Antriebsmotore. Dieses Verhalten bezeichnet man als strukturviskos. Die Paste zeigt somit pseudoplastisches Verhalten. Wenn diese Verflüssigung auch nach dem Rühren (Scheren) noch eine Zeit erhalten bleibt, ist zusätzlich eine Thixotropie überlagert.
Darüber hinaus können Pasten ein dilatantes Fließverhalten zeigen, d. h. die Viskosität steigt beim Schervorgang, nach Beendigung der Scherung verläuft sie jedoch sofort wieder zu einer glatten Oberfläche. Oder die Paste verharrt nach Beendigung der Scherung noch einige Zeit in der hochviskosen Phase (Rheopexie). Ändert sich die Viskosität während unterschiedlicher Schereinwirkung nicht, so spricht man von einem Newtonsches Fließverhalten.
In einer Maschine
Eine klassische und noch weit verbreitete PVC-Pasten-Aufbereitungsanlage besteht aus dem langsam laufenden Planetenmischer oder einem Kneter. Die Nachteile dieser Anlagen liegen in der relativ langen Mischzeit, der unzureichenden Dispergierung und notwendigen Zusatzaggregaten wie Dissolver, Vakuumstation und Dreiwalzenstuhl. Es ergeben sich somit bei der Herstellung einer Stammpaste schon zwei Grundarbeitsgänge mit hohem maschinentechnischen und personellen Aufwand. Die Stammpaste wird im Planeten-Mischbehälter angesetzt, in einem zweiten Arbeitsgang auf einem Dreiwalzen-Reibstuhl abgerieben und dann gegebenenfalls anschließend evakuiert. Um solche Verfahren rationeller zu gestalten, wurden in enger Zusammenarbeit mit Anwendern Maschinenkonzeptionen technisch so weiterentwickelt, dass bestimmte Arbeitsgänge von einer Maschine ausgeführt werden können. Dabei entstanden unterschiedliche Mehrwellenmischer (Abb. 1).
Beschickung
Die Mischer sind heute so ausgelegt, dass sie die Beschickung in manueller, halbautomatischer oder vollautomatischer Weise erlauben. Die geschlossenen Systeme sind für vollautomatische Betriebsweise dimensioniert. Dies ist zwingend erforderlich, weil diese Anlagen (Liefergröße 500 bis 10 000 l) sowohl zur Einzelchargen- als auch zur Serienfertigung verwendet werden. Die einzelnen Rohstoffe werden entweder von Hand verwogen und manuell durch eine große Einfüllöffnung in den Mischer gegeben oder nach Rezepturkarte zusammengestellt, aus Silos abgerufen und über Verwiegestationen und Vorbehälter kontinuierlich in den Mischer geführt. Bei einem Pastenmischer stellt sich die Beschickung etwas anders dar. Hier wird zwecks optimaler Auslastung des Mischers in der Regel mit mehreren fahrbaren Behältern gearbeitet. In der Praxis bedeutet das, dass parallel ein Behälter befüllt wird, ein anderer unter dem Mischer steht und ein weiterer entleert wird. Selbstverständlich ist eine Beschickung oder Produktzugabe während des Mischprozesses durch entsprechende Stutzen möglich. Die Beschickung dieser Behälter erfolgt in der Regel manuell aus Vorbehältern oder mittels Spiralförderer. Beispielsweise gibt es für Beschichtungsaufgaben, die große Mengen an PVC-Pasten erfordern, komplette Aufbereitungsanlagen mit halb- oder vollautomatischer Betriebsweise. Grundelemente sind ein Großchargenmischer, ein Vakuumbehälter mit Vakuumfilter und Zwischenlagerbehälter. Bei entsprechenden Beschickungseinrichtungen dauert die Herstellung einer Charge, je nach Maschinengröße, einschließlich Beschicken, Mischen und Entleeren, etwa 30 bis 60 Minuten. Das Entleeren erfolgt direkt in den Vakuumbehälter, um die Produktionsanlage für die nächste Charge schnellstmöglich zu entleeren. Aus dem Vakuumbehälter gelangt die fertige Paste über ein Kantenspaltfilter in den Zwischenlagerbehälter (Pufferbehälter mit langsam laufendem Rührwerk) und von dort zur Streichanlage.
Pasten aufbereiten inGroßanlagen
Abbildung 2 verdeutlicht die Funktionsweise einer kompletten Plastisolaufbereitungsanlage inklusive Silierung, Förderung, Verwiegung und Lagerung. Die Anlagenkomponenten können in einem Mischturm sowohl übereinander als auch nebeneinander aufgestellt sein. Aus reinigungstechnischen Gründen wird je Strich (Grund-, Schaum- und Deckstrich) jeweils eine Mischerlinie genutzt. Mit diesen Maschinen ist es möglich, die drei Arbeitsgänge Anpasten, Dispergieren und Entlüften auszuführen. Der Verfahrensablauf der Beschickung ist ein wichtiges Kriterium für die Endfeinheit der Paste. Die Beschickung kann von oben, über Stutzen auf dem Mischerdeckel, und unter Vakuum durch ein am Behälterboden angebrachtes Ventil erfolgen.
Für die Herstellung der PVC-Paste empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Weichmischer und flüssige Stabilisatoren (BaZn) werden vorgelegt und die Trockenstoffe (PVC, Kreide, Treibmittel) dann zugegeben. Um die Scherwirkung der Mischwerkzeuge intensiv zu nutzen, kann es bei niedrig viskosen Pasten von Vorteil sein, zunächst nur eine Teilmenge Weichmacher vorzulegen und die Restmenge sukzessive nachzufüllen. Während der Beschickung laufen die Wellenantriebe in niedriger Drehzahl, weil für den Anpastvorgang nur eine geringe Umfangsgeschwindigkeit der Mischwerkzeuge erforderlich ist. Bei dem nachfolgenden Dispergiervorgang wird dann die maximale Wellendrehzahl gewählt. Dies ist zum Erzielen genügend großer Scherkräfte erforderlich. Je nach PVC-Sorte erreicht man Pasten-Feinheiten von 50 bis 100 µm. Die Mischer sind deshalb mindestens mit polumschaltbarem, besser jedoch noch mit regelbarem Antrieb auszuführen.
Während des Beschickungsvorganges sollen die Trockenstoffe kontinuierlich zugegeben werden, und zwar direkt in den Einzugsbereich der Mischwerkzeuge. Verwenden lässt sich ein Sogmesser (im oberen Bereich der Welle) mit ausgeprägter Förderwirkung zum Behälterboden, ein offener Dissolver und eine Sonder-Dissolverscheibe, die neben der Dispergierung für eine gute Umwälzung des Mischgutes sorgt. Eine zusätzliche Produktumwälzung in den Randzonen wird mit dem umlaufenden Ankerrührer erreicht.
Absetzen verhindern
Der im Gegensatz zu den Dissolverwellen langsam rotierende Anker ist mit PTFE-Abstreifsegmenten versehen (Abb. 3). Diese verhindern ein Absetzen ungemischter Rohstoffe am Behälterboden und an der zylindrischen Behälterwand. Die während der Mischphase über die Dissolverscheiben in die Paste eingebrachte Friktionsenergie wird über einen Doppelmantel mit Leitspirale über Kühlwasser abgeführt. Die Produkttemperatur sollte möglichst den Bereich von 30 bis 40 °C nicht überschreiten.
Der Ankerrührer bewirkt über das ständige Abschaben der wandnahen Schichten einen intensiven Wärmetransport von der Paste an die gekühlte Behälterwand. Im Verlauf der Herstellungsphase wird Luft in der Paste eingeschlossen, die bei der Weiterverarbeitung störend wirkt. Die Menge der eingeschlossenen Luftblasen ist abhängig von der Viskosität und der Oberflächenspannung der Paste sowie von den verwendeten Mischwerkzeugen. Eine leistungsstarke Vakuumanlage mit Staub-Flüssigkeitsabscheider garantiert eine gute Evakuierung während der Dispergierphase.
Die Vakuumanlage ist so dimensioniert, dass ein gleichzeitiger Anschluss des Vakuumbehälters möglich ist. Die nun vollständig entgaste Paste wird mit Pumpen in stationäre Zwischenlagertanks gefördert. Die Zwischenlagertanks dienen neben der Speicherung auch der Reifung der PVC-Paste. Vielfach ist es üblich, dass ein 24stündiger Quellprozess vor der Endverarbeitung der Paste benötigt wird. Diese Tanks sind zum Verschneiden der Chargen und zum Umwälzen der viskoser werdenden PVC-Paste in der Regel mit einem langsam laufenden Rührwerk versehen. Kühl- und Evakuierungssysteme sind für diesen Bereich nicht mehr erforderlich, können jedoch bei Bedarf vorgesehen werden.
Als Behälterwerkstoffe kommen Normalstahl St 1.0037 oder Edelstahl zur Anwendung. Bei der Verwendung von vorstehenden Behältern ist zu beachten, dass zum Beispiel bestimmte Metallverbindungen (wie Fe3O4), wenn sie in die fertige PVC-Paste gelangen, bei der Gelierung die Zersetzung des PVC beschleunigen. Die Lagertanks werden in stehender Ausführung mit einem Balkenrührer oder mit einem Ankerrührer mit Querarmen gefertigt. Die Mischwellendrehzahl liegt bei diesem Rührungsprozess im Bereich von 10 bis 20 min?1.
Diese Anlage übernimmt das Anpasten, Dispergieren, Entlüften, Einfärben und im begrenzten Maße auch das Abreiben in einem Arbeitsgang. Die Modifizierung der Stammpaste erfolgt unmittelbar vor der Verarbeitung auf der Streichanlage auf ähnlichen 3-Wellen-Sytemen, auf denen diese auch erzeugt wurde. Jedoch handelt es sich hier um kleinere Einheiten mit Wechselbehältern. Der stündliche Ausstoß liegt bei einem Pastenmischer mit 1200 l Bruttovolumen und drei Wechselbehältern für eine mittelviskose PVC-Paste bei 3,5 t.
Aufbereiten von PVCmit besonderen Werkzeugen
Bei der Aufbereitung der Pasten haben sich drei Standardkombinationen von Mischwerkzeugen besonders bewährt. Für die Dispergierung niedrig viskoser Pasten ist ein Ankerrührer mit einer dezentralen Dissolverwelle ausreichend. Mittelviskose Pasten werden in Mischanlagen mit einem Ankerrührer und zwei dezentralen Dissolverwellen hergestellt, wobei eine Welle mit einem Rotostat bestückt ist. Hochviskose Pasten werden ebenfalls mit Ankerrührer und zwei dezentralen Wellen aufbereitet, wobei die Dissolverwellen zusätzlich mit wendelförmigen Werkzeugen bestückt sind.
Im mittelviskosen Bereich ist die Kombination mit zwei dezentralen Mischerwellen mit Dissolverscheiben, Sogmesser und Rotostat vorteilhaft. Es entsteht eine höhere Turbulenz und eine bessere Produktumwälzung. Wesentlichen Anteil daran hat allerdings auch der Ankerrührer. Außer der Verhinderung von Strömungstotzonen an der seitlichen Behälterwand und am Boden sorgt der Ankerrührer für einen gleichmäßigen Wärmeübergang an die Behälterwand.
Bei einer dezentralen Beschickung sollte die Steuerung des Ankers so ausgelegt sein, dass dieser beim Einfahren des Mischkopfes in den Behälter sanft anläuft. Dies bewirkt eine sofortige Untermischung der Pulverkomponenten und beugt einer Beschädigung der Abstreifsegmente vor. Für eine glatte, luftfreie Paste sorgt eine Vakuumpumpe mit Vorfiltern.
Langsam entgasen
Insbesondere bei niedrigviskosen Pasten empfiehlt es sich, zu Beginn der Evakuierung nicht die maximale Leistung der Vakuumpumpe zu nutzen, weil die Gefahr besteht, dass die Paste zu sehr aufschäumt und in die Absaugleitung gezogen wird. Durch ein auf dem Mischerdeckel angebrachtes Schauglas mit Leuchte lässt sich der Misch- und Evakuiervorgang im Behälter gut beobachten. Expandiert die Paste zu sehr, sollte man das Belüftungsventil im Deckel (ggfs. mehrfach) öffnen. Der Druckanstieg im Mischbehälter bewirkt ein Zusammenfallen der aufgeschäumten Paste. Im Automatikbetrieb sollte das Aufschäumen der Paste über induktive Schaummelder angezeigt und im Regelprozess der Vakuumeinheit berücksichtigt werden. Die anschließende Filtration eliminiert Verunreinigungen oder körnige Partikel.
Halle 6.0, Stand B16-C17
E cav 202
Dipl.-Ing. Josef Heine
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