Die Synthese von Wasserstoff ist aufwendig und teuer. Daher hatte das umweltfreundliche Wasserstoffauto bisher kaum eine Chance. Jetzt ist es einem internationalen Team um den TUM-Chemiker Tom Nilges und den Ingenieur Karthik Shankar von der University of Alberta gelungen, eine stabile und trotzdem flexible Halbleiterstruktur zu finden, die Wasser deutlich effizienter spaltet als bisher möglich. Damit könnte das Wasserstoffauto wieder in den Fokus rücken.
Kern der Struktur ist eine anorganische Doppelhelix-Verbindung aus den Elementen Zinn, Iod und Phosphor (SnIP). Sie wird in einem einfachen Prozess bei Temperaturen um 400 °C synthetisiert. SnIP-Fasern sind einerseits flexibel und gleichzeitig so robust wie Stahl. „Das Material vereinigt die mechanischen Eigenschaften eines Polymers mit dem Potenzial eines Halbleiters“, sagt Tom Nilges, Professor für Synthese und Charakterisierung innovativer Materialien an der TU München.
Weiche Schale, harter Kern
Mit dem Wasserspaltungskatalysator entwickelte das Forschungsteam eine erste Anwendung für das ungewöhnliche Material. Sie stellten dafür jeweils Nanoteilchen aus beiden Ausgangssubstanzen her und vermischten die Suspensionen dieser beiden Nanoteilchen miteinander. Dabei entsteht eine Struktur aus hartem und trotzdem flexiblem Kern aus SnIP-Doppelhelices umhüllt mit einer weichen Schale aus Kohlenstoffnitrid.
Wie Messungen zeigten, ist die so entstandene heterogene Struktur nicht nur deutlich stabiler als die Ausgangsstoffe, sie kann auch Wasser viermal effizienter spalten als bisher möglich – und ist so interessant als Material, mit dem sich günstig Wasserstoff herstellen oder überschüssiger Strom aus Windkraftanlagen chemisch speichern lässt.
Eindimensionale Fasern
Die hohe Effizienz des Katalysators hängt vor allem mit seiner größeren Oberfläche zusammen. Dem Team gelang es, die Oberfläche zu vergrößern, indem sie die SnIP-Fasern in feinere Stränge teilten. Am effektivsten ist eine Mischung aus 30 % SnIP mit 70 % Kohlenstoffnitrid.
Die dünnsten Fasern bestehen dabei aus wenigen Doppelhelix-Strängen und sind nur wenige Nanometer dick. Das Material ist also praktisch eindimensional. Eingewickelt in Kohlenstoffnitrid behält es seine hohe Reaktivität, ist aber langlebiger und damit als Katalysator besser geeignet.
„Wir konnten theoretisch zeigen, dass viele andere Verbindungen dieser Art existieren können und arbeiten gerade an der Synthese dieser Materialien“, sagt Nilges. „Flexible anorganische, nanometergroße 1-D-Halbleiter können einen ebenso großen Hype auslösen wie es derzeit bei 2-D-Schichtmaterialien wie Graphen, Phosphoren oder Molybdändisulfid der Fall ist.“