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Auswirkungen eines ungeregelten Brexits auf die Chemie- und Pharmaindustrie

Gefahr nicht gebannt
Auswirkungen eines ungeregelten Brexits auf die Chemie- und Pharmaindustrie

Auswirkungen eines ungeregelten Brexits auf die Chemie- und Pharmaindustrie
Mit Sorge beobachtet die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie die Brexit-Debatte Bild: kamasigns – Fotolia

Obwohl die Exporte nach UK bereits seit 2015 rückläufig sind, ist das Vereinigte Königreich nach wie vor ein wichtiger Handelspartner und einer der größten Märkte in der EU für die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie. Auch als Produktions- und Vertriebsstandort spielt UK für deutsche Chemieunternehmen eine wichtige Rolle. Die Betroffenheit deutscher Chemieunternehmen durch den Brexit hängt damit stark von der Ausgestaltung der zukünftigen Handelsbeziehungen ab.

„Durch einen unkontrollierten Brexit dürfen alle chemischen Stoffe, die im Vereinigten Königreich für den Vertrieb in der EU registriert wurden, unmittelbar nicht mehr ohne Weiteres in der EU verkauft werden. Das hätte gravierende Auswirkungen auf die Lieferketten“, erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann, im September 2018. Fast alle Unternehmen haben laut einer Umfrage im Rahmen der VCI-Fachveranstaltung „Brexit und Reach“ daher bereits Maßnahmen ergriffen oder planen Maßnahmen, um ihre Lieferketten für den Fall eines unkontrollierten Brexit abzusichern. „Für die chemisch-pharmazeutische Industrie und unsere Kundenbranchen ist eine Einbindung Großbritanniens in die EU-Chemikalienbehörde ECHA auch nach dem Brexit enorm wichtig. Eine entsprechende Regelung sollte bereits in die Leitlinien über das zukünftige Verhältnis aufgenommen werden“, so Tillmann. Tillmann fordert auch Vorkehrungen für einen unkontrollierten Brexit. Übergangsregeln oder zumindest Back-up-Maßnahmen für das Chemikalienrecht seien unverzichtbar.

Jährliche Zollzahlungen von ca. 200 Mio. Euro

Der VCI hat bereits im November 2017 ein Positionspapier veröffentlicht, das einen ersten Überblick zu den für die chemisch-pharmazeutische Industrie wichtigsten Themenfeldern, die durch den Brexit betroffen sind, gibt. Demnach würden jährliche Zollzahlungen von circa 200 Mio. Euro für Deutschlands drittgrößte Branche anfallen, sollte die britische Regierung etwa Chemie- und Pharmazölle auf Höhe der aktuellen EU-Außenzölle einführen. Vermutlich noch größere Belastungen wären zu erwarten, wenn künftig die Regulierung zwischen der EU-27 und UK divergierende Pfade einschlägt – z.B. bei der europäischen Chemikalienverordnung Reach, der Zulassung von Bioziden oder Pflanzenschutzmitteln. Daten und Fakten zur Betroffenheit der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie gibt es auf der VCI-Website.

Vorbereitungen für den Bereich Pharmakovigilanz

Für die Pharmaindustrie bedeutet ein harter Brexit ebenfalls viel Arbeit. Denn ohne einen Brexit-Deal wird das Vereinigte Königreich nach dem 29. März 2019 ein Drittland für die EU und nicht mehr Teil der europäischen Arzneimittelbehörde EMA sein. Das bedeutet für die Chargenprüfung, die Qualified-Person-(QP-)Zertifizierung und Freigabe, dass eine in Großbritannien ansässige QP keine Charge für den EU- oder EWR-Markt zertifizieren kann. Mit dem Brexit fällt für die britische Zulassungsbehörde (MHRA) auch die Anbindung an verschiedene zentrale Übermittlungsportale weg, über die pharmazeutische Unternehmen und Behörden Daten an die europäischen Mitgliedstaaten übersenden können. Dazu gehören gemeinsame Systeme wie Eudravigilance, Eudamed (Medizinprodukte), das PSUR (Periodic Safety Update Report) Repository und die Article 57 Datenbank.

Bei einem harten Brexit können Daten nicht mehr über die zentralen Portale an die MHRA übermittelt werden, sondern müssen direkt an die UK-Behörde übermittelt werden. Zu diesem Zweck sollen bis zum Brexit eigene, nationale UK-Portale programmiert werden. Informationen, die innerhalb der EU und nach UK zu übermitteln sind, müssen demnach ab dem 29. März 2019 getrennt über die EU-Systeme und über die nationalen Portale der MHRA übermittelt werden (ggf. unter Anwendung unterschiedlicher technischer Standards). Jedoch werden vorerst die EU-Antragsformulare und die in der EU vorgegebenen Standards für die Übermittlung der Informationen akzeptiert. Für die generelle Übermittlung in die nationalen UK-Portale sollen weitere Informationen bis zum Brexit folgen.

Eigene Niederlassung erforderlich

Sofern Unternehmen Produkte weiter im britischen Markt vertreiben möchten, wird der Aufbau einer eigenen Niederlassung des Zulassungsinhabers in UK erforderlich. Hierfür wird den Unternehmen Zeit bis Ende 2020 gegeben. Demgegenüber müssen die Unternehmen eine Qualified Person for Pharmacovigilance mit Sitz in UK (UK-QPPV) bereits am ersten Tag nach dem Austritt, also am 30. März 2019, nachweisen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch keine Niederlassung in UK bestehen sollte. In diesem Fall muss das Unternehmen sicherstellen, dass die MHRA Zugriff zu den für die britischen Zulassungen relevanten Sicherheitsdaten erhält. Für einen Übergangszeitraum bis Ende 2020 kann eine EU-QPPV die Zuständigkeit für UK zusätzlich übernehmen, bis eine UK-QPPV gefunden und angezeigt wurde. Die entsprechende Änderung der QPPV ist der MHRA anzuzeigen. Weitere Details für diesen Prozess werden von der britischen Regierung für einen späteren Zeitpunkt angekündigt.

Als Antwort auf die jüngsten “No-deal”-Vorschläge der EU, hat die britische Zulassungsbehörde MHRA eine aktualisierte Anleitung herausgegeben, in der einige vorgeschlagene Regelungen festgelegt sind, falls Großbritannien die EU am 29. März 2019 ohne Abkommen verlassen sollte. (Quelle: GMP-Navigator)

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