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Ansaugen statt Andrücken

Selbstansaugende Kunststoff-Kreiselpumpe für korrosive Medien
Ansaugen statt Andrücken

Die selbstansaugende Kunststoff-Kreiselpumpe MNK-S kann überall dort eingesetzt werden, wo hochkorrosive oder gefährliche Medien gefördert werden müssen und prozeßbedingt nicht gewährleistet werden kann, daß die Saugleitung ständig mediumgefüllt ist. Die MNK-S ist robust und wartungsfreundlich und wurde gezielt im Hinblick auf die Installation in chemischen Anlagen optimiert.

Dipl.-Ing. Andreas Ritter

Vorausetzung für die Funktion von normalsaugenden Kreiselpumpen ist, daß die Saugleitung mit Medium befüllt ist. In gewissen Anwendungsfällen ist dies aus Sicherheitsgründen aber nicht zulässig oder kann verfahrensbedingt nicht durchgehend gewährleistet werden. Die meisten dieser Anwendungsfälle lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen, die mit
• Grubenentleerung und mit
• Tankwagenentleerung
überschrieben werden können. Die Saugleitung der Kreiselpumpe muß in beiden Fällen zunächst entlüftet, das Medium also angesaugt werden, bevor die Pumpe tatsächlich fördern kann.
Bei der Grubenentleerung (Abb. 1) soll aus einem gegenüber der Pumpe tieferliegenden Behälter in einen Sammelbehälter oder Hochtank gefördert werden. Bei der Tankwagenentleerung (Abb. 2) hat die Pumpe im allgemeinen Zulauf, allerdings muß das Medium zuerst einen Überlauf überwinden. Dieser Fall tritt auf, wenn ein stationärer Behälter nur von oben entleert werden darf. Speziell bei gefährlichen Medien ist dies gegeben, wenn Dichtstellen unterhalb des Flüssigkeitspegels (z. B. Behälter-Bodenventile) zu vermeiden sind.
In beiden Fällen muß zunächst einmal die geodätische Saughöhe HS,geo überwunden werden, bevor das Medium zur Pumpe gelangen kann.
Herkömmliche Lösungen
Beim Entleeren eines Tankes von oben ist eine gängige Lösung, diesen sozusagen „anzudrücken“: Über einen zusätzlichen Tankanschluß wird der Tank dabei mit Druckluft beaufschlagt, so daß das Medium durch das Tauchrohr aus dem Tank gedrückt wird. Der Tank kann so entweder komplett entleert werden oder so weit, bis eine nachgeschaltete normalsaugende Kreiselpumpe mit Medium befüllt ist und die weitere Förderung übernehmen kann. Diese Vorgehensweise birgt einige Nachteile in sich:
• Die bei der Förderung entstandenen Dämpfe müssen entsorgt werden, was zusätzliche Kosten verursacht.
• Der gesamte Vorgang ist zeitaufwendig und die Anlage nicht verfügbar.
• Der Druckluftanschluß ist eine weitere, mit Kosten verbundene Dichtstelle am Behälter.
Will man das Andrücken vermeiden, bieten sich die folgenden Lösungsvarianten an:
• Eine Vakuumpumpe zur Entlüftung der Saugleitung wird mit einer normalsaugenden Kreiselpumpe zur Mediumförderung kombiniert, was jedoch mit zusätzlichen Kosten für die Vakuumpumpe, deren Installation und die erforderlichen Regelung verbunden ist.
• Man setzt Seitenkanalpumpen ein, die stets selbstansaugend sind. Die Justierung und das Einhalten des seitlichen Laufradspieles ist jedoch arbeits- und kostenintensiv, bei der Förderung von verunreinigtem Fluid kann es zudem zu vorzeitigem Verschleiß kommen.
• Ein Vorlagebehälter in Verbindung mit einer normalsaugenden Kreiselpumpe ist eine weitere Variante. Der Vorlagebehälter muß dann aber vakuum- und korrosionsfest sein, sollte mindestens das doppelte Volumen der zu entlüftenden Saugleitung haben und muß vor jedem Ansaugen aufgefüllt werden.
Einsatz selbstansaugender Magnetkupplungspumpen
Aufbauend auf den praxiserprobten Magnetkupplungspumpen MNK und den Gleitringdichtungspumpen SCK wurden selbstansaugende Kunststoff-Kreiselpumpen entwickelt, die auch als Blockversion erhältlich sind. Dabei wurde das ursprüngliche Pumpengehäuse lediglich gegen das in Abbildung 3 dargestellte Selbstansauge-Gehäuse ausgetauscht.
Die selbstansaugende Magnetkupplungspumpe MNK-S ist für einen Nenndruck von PN10 und für Temperaturbereiche von -20 °C bis +150 °C zugelassen. Alle mediumberührten Teile sind dickwandig mit PFA bzw. PTFE ausgekleidet oder bestehen aus reinem PTFE wie der Ventilsitz, die Kappe und das Steigrohr. Der Einlaufring und die Gleitlager bestehen aus korrosionsbeständigem SiC.
Funktionsweise
Die MNK-S arbeitet nach dem Prinzip der Laufradzellenspülung: Die Luft in den Laufradkanälen oder -zellen wird während des Ansaugens durch „Einspritzen“ von Fördermedium aus dem Laufrad herausgespült. Vor dem ersten Einschalten muß die Pumpe einmalig mindestens bis Unterkante Saugstutzen befüllt werden. Nach dem Einschalten wird zunächst das im Einlaufkrümmer befindliche Fördermedium nach oben in das Pumpengehäuse gefördert. Im Pumpengehäuse setzt es sich ab und gelangt durch das Ansaugventil hindurch in einem Strahl wieder direkt vor das Laufrad. Der den Laufradeintritt überstreichende Mediumstrahl bewirkt nun, daß sich in den Laufradzellen einzelne von Medium abgeschlossene Luftkammern bilden, die aufgrund der Zentrifugalkraft zusammen mit dem Medium nach außen transportiert werden. Die Luft wird so aus der Saugleitung abgesaugt.
Während des Entlüftungsvorganges verläßt lediglich die evakuierte Luft, die sich im Gehäuse infolge der Schwerkraft wieder vom Medium trennt, die Pumpe durch den Druckstutzen. Ist die Saugleitung vollständig entleert, so setzt die Flüssigkeitsförderung ein. Da Saug- und Druckstutzen jetzt mediumgefüllt sind, steigt der vom Laufrad erzeugte Druck an. Dieser Druckanstieg im Pumpengehäuse bewirkt, daß mehr Medium durch das Ansaugventil hindurchströmt. Es entsteht ein zusätzlicher Unterdruck auf der Kugeloberseite, der die Ventilkugel schließlich anhebt und in den Ventilsitz drückt. Der interne Kreislauf ist geschlossen und das gesamte Medium, das das Laufrad verläßt, fließt über den Druckstutzen ab. Die Pumpe ist nun einer normalsaugenden Kreiselpumpe vergleichbar.
Optimierte Gegendruckverträglichkeit
Beim Einsatz dieser Pumpenart in metallischer Ausführung, z. B. als Abwasserpumpe, geht man oft davon aus, daß die evakuierte Luft ohne Gegendruck in die Druckleitung entweichen kann. Bei der festen Installation in chemischen Anlagen nach Abbildung 1 und 2 ist jedoch stets mit einem statischen Gegendruck auch während des Entlüftens zu rechnen. Dieser entsteht durch die in der senkrechten Druckleitung stehende Mediumsäule – bei im allgemeinen druckfreien Behältern – und wird bestimmt durch die geodätische Gegendruckhöhe HD,geo .
Die MNK-S wurde diesen alltäglichen, aber anspruchsvollen Betriebsverhältnissen durch die experimentelle Optimierung der Konstruktion angepaßt. In einer Pilotanlage, die die Tankwagenentleerung gemäß Abbildung 2 nachbildete, wurden die Verläufe in Abbildung 4 oben ermittelt. Sie zeigen die Entlüftungszeiten in Abhängigkeit vom Gegendruck HD,geo. In dem für die Praxis typischen Aufbau betrugen bei einem Leitungsdurchmesser von DN 50 die geodätische Saughöhe und die horizontale bzw. zur Pumpe hin abfallende Saugleitungslänge jeweils 4 m.
Wie dargestellt, wurden mit zwei Konfigurationen des Ansaugventils bei aufgeteiltem Gegendruckbereich kurze Ansaugzeiten erreicht. Der maximal zulässige Gegendruck liegt bei hervorragenden 18 m WS (180 kPa).
Durch die Montage eines vakuumfesten Behälters vor die Pumpe wurden der zeitliche Verlauf des erzeugten Unterdruckes sowie der maximal erreichbare Unterdruck in Abhängigkeit vom Gegendruck ermittelt. Abbildung 4 unten zeigt, daß bei auch hier aufgeteilten Gegendruckbereichen und einer Mediumdichte von r = 1 kg/dm³ durchgehend 6 m (60 kPa) tief angesaugt werden kann.
Ansaugverhalten
Für den Einbau der Pumpe in der Anlage müssen die Ansaugzeiten und die Temperaturerhöhung des während des Ansaugens nicht ausgetauschten Mediums bekannt sein. Beides läßt sich mit den gewonnenen Versuchsergebnissen im voraus bestimmen.
Dabei ist zu beachten, daß der Unterdruck in der Saugleitung lediglich sinkt, während die Mediumsäule im vertikalen Saugleitungsteil angehoben wird, aber konstant bleibt, sobald die Mediumsäule den Überlauf erreicht hat. Die Gesamtentlüftungszeit tGesamt ergibt sich deshalb als Summe zweier unterschiedlich berechneter Entlüftungsvorgänge aus
tGesamt = (DN/50)² • ((1/r • tV + LH • tH) .
Die beeinflussenden Größen sind der Saugleitungsdurchmesser DN in mm, die Mediumdichte r in kg/dm³ und die horizontale Saugleitungslänge LH in m. Die Ansaugzeitfaktoren für die vertikale und die horizontale Saugleitung, tV in s • kg/dm³ und tH in s/m, wurden aus der Integration der zeitlichen Verläufe des im vakuumfesten Behälter erzeugten Unterdruckes ermittelt und können aus den Kurvenverläufen in Abbildung 5 abgelesen werden. Beide Ansaugzeitfaktoren sind Funktionen des Produktes aus Mediumdichte r in kg/dm³ und der geodätischen Saughöhe HS,geo in m.
Mit der Gesamtentlüftungszeit tGesamt läßt sich die Temperaturerhöhung des Mediums umrechnen durch
TMedium = TBetrieb + (4187/cMedium) • DT .
Ausgehend von einer anfänglichen Betriebstemperatur TBetrieb in °C muß die spezifische Wärme des Mediums cMedium in J/(kg • K) eingesetzt werden. Die experimentell mit dem Prüfmedium Wasser ermittelte Temperaturerhöhung DT ist in Abbildung 5 in Abhängigkeit von der Gesamtentlüftungszeit tGesamt angegeben.
Ist die Temperatur des Mediums TMedium am Ende des Ansaugvorganges bekannt, so kann geprüft werden, ob es während des Ansaugvorganges nicht zur Verdampfung des Mediums in der Pumpe kommt und somit ein problemloser Betrieb gewährleistet ist.
Besondere Merkmale
Je nach Betriebsbedingungen wird die MNK-S in zwei verschiedenen Ausführungen eingesetzt, mit oder ohne Kugel im Ansaugventil innerhalb des Pumpengehäuses. Die Betriebsart „ohne Kugel“ im Ansaugventil ermöglicht eine einfachere Installation und Bedienung.
Das Kennlinienfeld in Abbildung 6 zeigt den Unterschied zur Betriebsart „mit Kugel“ im Ansaugventil. Dieser besteht in einer etwas größeren Förderhöhe bei Fördermengen oberhalb ca. 10 m³/h, die mit einer etwas geringeren Leistungsaufnahme einhergeht. Der Grund hierfür liegt in dem durch die Kugel verschlossenen Ansaugventil. Dies verhindert, daß auch bei Mediumförderung ein Flüssigkeitsteilstrom innerhalb der Pumpe zirkuliert.
Die MNK-S kann somit den gestellten Anforderungen variabel angepaßt werden, wobei aufgrund der meist ausreichenden Förderhöhe die Eignung der Betriebsart „ohne Kugel“ im Ansaugventil vorrangig zu prüfen ist.
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