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Antriebe sichtbar stromlos schalten

Schnelle und sichere Wartung im Ex-Bereich
Antriebe sichtbar stromlos schalten

Die Bayer AG hat sich beim Neubau ihrer Vielzweckanlage am Standort Dormagen dafür entschieden, explosionsgeschützte Antriebe bis 63 A Motornennstrom konsequent steckbar anzuschließen, um Wartungsarbeiten schnell und kostengünstig durchführen zu können. In Verbindung mit Frequenzumrichtern mussten die Steckvorrichtungen bei vollem AC3-Schaltvermögen die 500 V Betriebsspannung der Motoren liefern, Signale für den Thermistor-Motorschutz (TMS) bereitstellen und via eigensicherem Hilfskontakt eine Zustandsmeldung (Namur Signal) an das eigensichere Busmodul im Schaltraum senden.

Auf dem Gelände des Standortes Dormagen baute die Bayer AG mit rund 110 Millionen Euro ein hochmodernes Labor- und Produktionsgebäude mit den erforderlichen Nebeneinrichtungen für Energieversorgung, Logistik und Instandhaltung zur Entwicklung und Produktion von Pflanzenschutzmitteln. Die neue Vielzweckanlage, in deren Laborgebäude bereits gearbeitet wird und dessen Produktion im Sommer anlaufen soll, ist eine der größten Investitionen der vergangenen 15 Jahre im Geschäftsbereich Pflanzenschutz der Bayer AG. Auf 120 x 160 m Gesamtfläche wurden 850 Apparate und Maschinen installiert, rund 40 000 m Rohrleitungen und 50 000 m elektrische Leitungen verlegt.

Eine besondere Herausforderung für diese moderne Anlage stellten die elektrischen Antriebe dar: Um Reparaturen und Wartung auch im Ex-Bereich schnell und sicher vornehmen zu können, sollten alle Direktantriebe und auch die frequenzgeregelten Antriebe inklusive Thermistor-Motorschutz (TMS) bis zu einer Stromaufnahme von 63 A ausschließlich über geeignete explosionsgeschützte Steckvorrichtungen angeschlossen werden. Antriebe mit einer Stromaufnahme über 63 A sollten aus technischen Gründen über explosionsgeschützte Sicherheitsschalter vom Netz getrennt werden können.
Die Vorteile einer solchen Installation überzeugen: So ist nach dem Ziehen der Stecker eine sichtbare allpolige Trennung der Antriebe vom Stromnetz gegeben. Bei einem Austausch von baugleichen elektrischen Antrieben ist weder eine Elektrofachkraft, noch eine Heißarbeitserlaubnis erforderlich. Neben dem wesentlich verbesserten Arbeitsschutz bedeutet dies vor allem eine immense Zeitersparnis, die bei laufendem Betrieb entscheidend sein kann.
Ferner sollte über eine eigensichere Stromschleife (Namur-Signal) der aktuelle Schaltzustand der Steckvorrichtung via Hilfskontakt und Remote I/O ständig dem zentralen Leitsystem mitgeteilt werden.
Da alle Antriebe bis 63 A Nennstrom unabhängig vom jeweiligen Betriebszustand der Gesamtanlage trennbar sein sollten, wurde besonders bei frequenzgeregelten Antrieben mit einem Frequenzstellbereich von 5 bis 50 Hz großen Wert auf das zuverlässige Schaltvermögen der Ex-Schaltgerätekombination gelegt.
Um diese komplexe Aufgabe bewerkstelligen zu können, mussten die eingesetzten Ex-Steckvorrichtungen folgende Leistungsmerkmale aufweisen:
• 4-polige Steckdose von 480 bis 500 V (16/32/63 A) für die Stromversorgung der Antriebe
• Volles AC3-Schaltvermögen über einen Frequenzbereich von 5 bis 50 Hz
• 3-polige Steckdose 24 V (16 A) für die TMS
• Eigensicher angesteuerte Hilfskontakte mit äußerst geringem Übergangswiderstand und Widerstandskombination zur Überwachung der Schaltzustände (Namur-Signal)
Für den Anschluss der frequenzgeregelten Antriebe war es also erforderlich, drei recht unterschiedliche Spannungsbereiche in nur einem Gehäuse realisieren zu können, wobei alle eingesetzten Steckvorrichtungsvarianten eine gemeinsame Linie haben sollten.
Steckdosenkombinationen
Zur Lösung dieser Probleme bot sich die explosionsgeschützte Steckvorrichtungsserie der CEAG Sicherheitstechnik an.
Während die Direktantriebe von 16 bis 63 A über Wandsteckdosen der Serien GHG 511, GHG 512 und GHG 514 versorgt wurden, entwickelte die CEAG zum Anschluss der frequenzgeregelten Antriebe spezielle Lösungen. Hierbei wurden Universalgehäuse der Reihe GHG 745 mit Flanschsteckdosen der Typenreihen GHG 511 und GHG 512 bestückt.
Da die Problematik des Schaltvermögens bei abnehmender Frequenz stark zunimmt, wurden speziell im Hinblick auf die frequenzgeregelten Antriebe umfangreiche Messungen durchgeführt. Während bei der üblichen Netzfrequenz von 50 Hz der Abschaltfunke maximal 2 ms ansteht, verlängert sich diese Zeitspanne mit abnehmender Frequenz, was bei herkömmlichen Schaltern zu Beschädigungen und gegebenenfalls auch zur Zerstörung der Kontakte führen kann. Erste Tests erfolgten mit einer Nennspannung von 400 V mit Strömen bis ca. 14 A über einen Frequenzbereich von 0 bis 50 Hz. Da die Ergebnisse dieser Tests äußerst positiv ausfielen, wurden in Zusammenarbeit mit der Bayer AG und der Firma Vacon GmbH Frequenzumrichter mit 15 kW Leistung bei 500 V Nennspannung über Ex-Steckvorrichtungen an einen Ex-Motor mit angeflanschter Wirbelstrombremse mit 11 kW Leistungsaufnahme angeschlossen. Bei Frequenzen von 5 bis 50 Hz wurden die Motoren mindestens 10 mal ein- und ausgeschaltet. Bewertet wurden anschließend Funktionsfähigkeit, eventuelle Beschädigungen der Schaltkammer sowie der Abbrand der Schaltkontakte. Auch diese Versuchsanordnung ergab, dass die verwendeten CEAG-Steckvorrichtungen auch bei diesen hohen Anforderungen ihre volle Funktionsfähigkeit behielten. Damit erfüllen diese Steckvorrichtungen auch im Frequenzbereich von 5 bis 50 Hz die hohen Anforderungen beim Schaltvermögen AC3 im gesamten, im Projekt eingesetzten Leistungsbereich.
Eigensichere Busmodule für den Schaltraum
Ein weiteres Kriterium zum Einsatz dieser Steckvorrichtungen war der Hilfskontakt, mit dem der jeweilige Zustand der Steckvorrichtung (gezogen oder gesteckt) über eine eigensichere Stromschleife (Namur-Signal) an ein Busmodul übertragen werden konnte. Da in eigensicheren Stromkreisen nur äußerst geringe Ströme fließen (ca. 1-2 mA), musste der Kontakt sicher einen gegen Null strebenden Übergangswiderstand gewährleisten. Hierfür boten sich Goldspitzkontakte an, die aufgrund ihres korrosionsfreien Kontaktmaterials diese hohen Anforderungen erfüllten.
In Kombination mit zwei Widerständen (1/10 Vk) konnte auch der Leitungsbruch und Kurzschluss des eigensicheren Signalstromkreises zur Remote I/O überwacht werden. Für die Gestaltung des Gehäuses war es wichtig, dass die Mindestabstände zu den anderen spannungsführenden Teilen der Steckvorrichtung sicher eingehalten wurden. Auch diese Anforderung erfüllen die Steckvorrichtungen der CEAG ohne Probleme.
Beim Anschluss an das Bussystem der Leittechnik kamen LB Remote I/O für binäre Eingangssignale der CEAG Apparatebau Hundsbach zum Einsatz. Aufgrund der räumlichen Anordnung der Antriebe wurden die Busmodule im Bereich der Warte installiert und über eine zweiadrige Zuleitung mit den Steckvorrichtungen verbunden. Die eigensicheren Bus-Module LB 1101 sind EEx ia/ib zugelassen, EMV-geschützt nach EN 61326 bzw. NE 21 und verfügen über eine galvanische Trennung zwischen den Kanälen und dem Remote I/O. Durch diese Rückmeldung an das Leitsystem können im Trennungsfall Arbeitsprozesse der Gesamtanlage ablaufspezifisch modifiziert werden.
Resümee
Durch den Einsatz explosionsgeschützter Steckvorrichtungen mit vollem AC3-Schaltvermögen von 5 bis 50 Hz ist es möglich, Direktantriebe und frequenzgeregelte Antriebe während des laufenden Betriebs einer hochkomplexen Chemieanlage für Reparatur- und Wartungsarbeiten in kürzester Zeit allpolig und sichtbar vom Netz zu trennen und gegen baugleiche Antriebe auszutauschen. Eine Heißarbeitserlaubnis oder der Einsatz elektrotechnischer Fachkräfte ist hierfür nicht erforderlich.
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