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Ausgasende Medien im Griff

Selbstansaugende Chemie-Kreiselpumpen im Einsatz bei der Caprolactam-Produktion
Ausgasende Medien im Griff

Industrie-Kreiselpumpen sind in der Regel nicht selbstansaugend ausgelegt, bei den üblichen Förderbedingungen ist dies auch nicht erforderlich. Probleme gibt es aber, wenn im flüssigen Medium Gase gelöst sind, die innerhalb der Pumpe ausgasen. Für solche Förderbedingungen muß die Pumpe selbstansaugend und damit selbstentlüftend konstruiert sein.

Dipl.-Ing. Bernd Avemann

Das belgische Unternehmen Domo, ein in Europa führender Hersteller von Bodenbelägen, übernahm 1994 den Caprolactam-Komplex in Leuna. Der Beweggrund war offensichtlich: Das in Leuna produzierte Caprolactam ist der chemische Grundstoff zur Herstellung jener Chemiefaser, die anschließend zu Teppichen verwebt wird. Das Caprolactam wird dazu polymerisiert und zu Garnen (Polyamide, z. B. Nylon) versponnen, die in den Domo-Teppichfabriken in Belgien und Deutschland zu Teppichware weiterverarbeitet werden. Seit diesem Engagement in Leuna investierte Domo aber nicht nur in die traditionelle Linie der Caprolactam-Herstellung, sondern errichtete darüber hinaus eine hochmoderne integrierte Produktion, die vom Rohstoff über das Polymer und Garn bis zum Teppich reicht. Diese vertikale Integration bietet entscheidende Marktvorteile in diesem hart umkämpften Markt.
Nach Abschluß des umfassenden Modernisierungs- und Investitionsprogrammes im Jahr 1998 produziert die Domo Caproleuna GmbH heute mit ca. 450 Mitarbeitern Caprolactam mit einer Kapazität von 100 000 t im Jahr. Zu diesem Programm gehörte beispielsweise auch die Neuerrichtung verschiedener Anlagen zur Produktion von Caprolactam-Vor- und Nebenprodukten wie Cyclohexanon, Hydroxylammoniumsulfat, Schwefelsäure, Cumen und Ammoniumsulfat sowie die Erweiterung und Modernisierung der Phenolanlage.
Verfahrensumstellungmit Überraschungen
Nach Umstellung des vormals genutzten Raschig-Verfahrens zur Herstellung von Hydroxylammoniumsulfat auf die selektive NO-Hydrierung gab es unerwartete Probleme. Aufgrund der geänderten Hydroxylammoniumsulfat-Herstellung – es ist dies das anorganische Vorprodukt zur Caprolactam-Synthese – fällt eine dünne Salpetersäure an, die noch erhebliche Mengen an gelösten NO- bzw. NO2-Gasen aufweist. Solche leicht ausgasenden Medien sind äußerst kritisch für Standard-Kreiselpumpen: Konventionelle Kreiselpumpen fördern nur Flüssigkeiten problemlos, bei höheren Gasanteilen kommen solche Pumpen physikalisch an ihre Grenzen. In der Praxis führt das Ausgasen in der Regel schnell zu einem Gaspolster am höchsten Punkt des Pumpengehäuses – mit der fatalen Folge, daß die Flüssigkeitsförderung „abreißt“. Man muß sich deshalb bei der Anlagenplanung unbedingt auf eventuell zu erwartende hohe Gasanteile einstellen und den Pumpenhersteller entsprechend informieren. Genau dies unterblieb aber, weil Domo Caproleuna in der Planungsphase nicht ausdrücklich auf die zu erwartenden Gasanteile in Höhe von 15 bis 20% hingewiesen wurde.
Für das Betriebspersonal brachen deshalb nach dem Anfahren der neuen Anlage zunächst harte Zeiten an. Zwar wird das Hydroxylammoniumsulfat in einem Zwischenbehälter vorgehalten, Störungen wirken sich also nicht unmittelbar auf die kontinuierliche Caprolactam-Produktion aus. Doch mußten die Mitarbeiter permanent auf der Hut sein und dann nach dem Erkennen des Strömungsabrisses die Pumpe entlüften und neu starten. Wegen der regelmäßigen Förderstörungen mußten die Pumpen – horizontale Normkreiselpumpen – in jeder 12-h-Schicht ein- oder gar zweimal entlüftet und neu hochgefahren werden: ein unhaltbarer Zustand. Denn gerade das Anfahren einer Pumpe ist sehr diffizil, man muß ausgesprochen vorsichtig mit dem Druckschieber umgehen, bis die gewünschte Förderleistung wieder zur Verfügung steht. Pro Schicht waren die Mitarbeiter damit zwischen zwei und drei Stunden beschäftigt. Diese Situation war natürlich nicht tragbar. Doch mit den zunächst eingesetzten Pumpen war das Problem nicht beherrschbar, selbst der Einsatz eines offenen Laufrades führte aufgrund des sehr hohen Gasanteils nicht zum Erfolg.
Entscheidung für MNK-S-Pumpen
Man entschied sich dann für eine selbstansaugende Pumpe, die sich konstruktionsbedingt selbst entlüftet. Aus Kostengründen sollte es keine Pumpe aus Sondermetallen sein, sondern ein mit Kunststoff ausgekleidetes Aggregat. Die Wahl fiel schließlich auf die magnetgekuppelten MNK-S-Pumpen.
Mit dieser Pumpen-Baureihe hatte man bei Caproleuna noch keine Erfahrungswerte. Da die Höhe des Gasanteiles noch einige Bedenken verursachte, schloß man zunächst einen Erprobungsvertrag über einen Zeitraum von sechs Monaten ab. Nach erfolgreicher Beendigung dieser Erprobungsphase übernahm Caproleuna die installierte Pumpe und bestellte darüber hinaus noch weitere Aggregate.
Konstruktive Merkmale der Chemiekreiselpumpen
Die mit PFA/PTFE ausgekleideten Chemiekreiselpumpen der Baureihen MNK-S mit Magnetkupplung bzw. SCK-S mit Doppelgleitringdichtung fördern korrosive bzw. gefährliche Medien. Sie saugen bei leerer Saugleitung selbständig und nahezu pulsationsfrei an. Drei Parameter kennzeichnen die Leistungsfähigkeit einer solchen selbstansaugenden Pumpe: die mögliche Saughöhe, die maximale Förderhöhe und die Gegendruckverträglichkeit. Die MNK-S saugt Medien mit einer Dichte von 1,0 kg/l bis zu 6 m WS an und fördert sie bei 2900 min-1 auf maximal 40 m FS. Beim Ansaugen besitzen diese Aggregate mit 18 m WS eine außergewöhnlich gute Gegendruckverträglichkeit. Zulaufbehälter sind nicht mehr erforderlich. Auch während der Mediumförderung werden Luftansammlungen aus Luftsäcken in der Saugleitung problemlos transportiert, so daß also auch gegen anstehenden Systemdruck oder gefüllte Druckleitungen entlüftet werden kann.
Typische Einsatzfälle sind das Entleeren stationärer und mobiler Behälter von oben. Behälter-Auslaufstutzen unterhalb des Flüssigkeitspegels sind nicht mehr nötig, was gleichzeitig eine höhere Sicherheit bedeutet. Wartungsintensive großvolumige Tauchpumpen sowie oszillierende Verdrängerpumpen können durch diese trocken aufgestellten Kreiselpumpen ersetzt werden. Die charakteristischen Eigenschaften dieser Baureihe auf einen Blick:
• robuste Bauweise – Pumpengehäuse aus Sphäroguß EN-JS 1025 „0.7043“ mit dickwandiger Auskleidung aus PFA/PTFE (Lagerträger Sphäroguß, Laufrad PFA mit stabilem Metallkern),
• hermetisch dicht – Einschubeinheit der bewährten Magnetpumpe MNK, wirbelstromfreies Spalttopf-System und Safeglide-Plus-Gleitlager,
• keine Kompensatoren erforderlich,
• Anschluß für Gehäuseentleerung sowie ein
• strömungstechnisch optimierter Förderraum mit kurzer Ansaugphase und hohem Wirkungsgrad.
Positive Betriebserfahrungen
Nach dem Einbau der MNK-S-Pumpen entfiel für die Caproleuna-Mitarbeiter nicht nur die Zeit für das Entlüften und Anfahren der gestörten Pumpen, geschätzt wurde vor allem auch der hohe Sicherheitsstandard. Seither konnte man von einem ungestörten Betrieb ausgehen und dem Prozeßleitsystem den Prozeß quasi überlassen.
Die Erprobungsphase liegt inzwischen bereits zwei Jahre zurück und die Pumpen laufen noch immer störungsfrei.
Weitere Informationen cav-238
Chemiefasern aus Leuna
Die belgische Domo investierte nach der 1994 erfolgten Übernahme der Caprolactam-Produktion in Leuna mehr als 700 Millionen DM. Seit diesem Zeitpunkt arbeitet das weltweit tätige Unternehmen an der umfassenden Modernisierung des Caprolactam-Stranges und seiner Verarbeitungslinien. Domo betreibt eine hochmoderne, integrierte Produktion, die vom Rohstoff bis zum Garn reicht. Zur Umsetzung dieses Gesamtzieles nahm bereits im September 1994 die von der Domo zur Weiterverarbeitung von Caprolactam zu Garnen gegründete Domo Neuchem GmbH den Betrieb auf. Das bei der Caprolactam-Produktion anfallende Ammoniumsulfat wird als Düngemittel vertrieben.
Im Endausbau erreicht die Caprolactam-Kapazität 100 000 Tonnen pro Jahr, es können 130 000 Tonnen Phenol und 257 000 Tonnen Schwefelsäure produziert werden. 680 Menschen haben in den Betrieben der Domo am Chemiestandort Leuna moderne zukunftssichere Arbeitsplätze gefunden. Hinzu kommen Arbeitsplätze in Dienstleistungsfirmen, die auch für die Domo Caproleuna GmbH und die Domo Neuchem GmbH tätig sind.
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