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Die Zauberpulver von heute

Auch für Hersteller von Ingredients lohnt sich ein Besuch der Achema
Die Zauberpulver von heute

Ob Inulin, Omega-3-Fettsäuren oder Phytosterole – diese funktionellen Inhaltsstoffe machen einfache Lebensmittel zu Functional Food, zu Produkten, die bei den Verbrauchern hoch im Kurs stehen, denn sie versprechen Jugend, Schönheit und Gesundheit. Doch viele dieser bioaktiven Substanzen wachsen nicht auf dem Feld, sondern sind Produkte von chemischen und biochemischen Verfahren. Letztere spielen auf der Achema die Hauptrolle.

Es ist paradox. Gesundheit ist eines der wichtigsten Gesellschaftsthemen unserer Zeit. Und dennoch findet eine wesentliche Voraussetzung für Gesundheit, nämlich eine ausgewogene Ernährung, keinen Platz in unserem Alltag. Es fehlt an Zeit und nicht selten an der Fähigkeit, sich eine gesunde Mahlzeit zuzubereiten. In dieser Gemengelage hat sich ein Zweig innerhalb der Lebensmittelindustrie etabliert, der den Verbrauchern bei ihrem Wunsch nach einer gesunden und gleichzeitig unkomplizierten Ernährung entgegenkommen will: Functional Food – also funktionelle Lebensmittel, die einen nachweislich positiven Effekt auf die Gesundheit haben sollen.

Funktionelle Lebensmittel gibt es mittlerweile in zahlreichen Varianten: Produkte, die sich positiv auf die Immunabwehr oder die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems auswirken, den Cholesterinspiegel senken, für ein gesundes Hautbild sorgen oder die Knochendichte fördern. Daneben gibt es funktionelle Lebensmittel, die speziell auf die Bedürfnisse von Sportlern, älteren Menschen oder Kleinkindern zugeschnitten sind. Kurzum: Das Spektrum derartiger Produkte ist sehr groß. Gleiches gilt für die Bandbreite und potenziellen Wirkungsweisen der funktionellen Zusatzstoffe, die in ihnen zum Einsatz kommen. Eine einheitliche Definition für funktionelle Lebensmittel gibt es in Europa bislang noch nicht. Um die Verbraucher vor Betrug und falschen Versprechungen zu schützen, prüft die European Food Safety Authority (EFSA) die Wirksamkeit der funktionellen Inhaltsstoffe, bevor die Produkte mit entsprechenden Claims vermarktet werden dürfen.
Im Endprodukt sind die funktionellen Inhaltsstoffe mit gesundheitsfördernder Wirkung, auch Health Ingredients genannt, in eine komplexe Lebensmittelmatrix eingebettet und erzielen in diesem Kontext ihre spezifische ernährungsphysiologische Wirkung. Die Verarbeitung von solchen bioaktive Substanzen muss besonders schonend erfolgen, damit die Substanzen ihre Wirksamkeit behalten. Das ist eine Herausforderung, der sich Produzenten von Functional Food stellen müssen. Eine andere ist, dass funktionelle Lebensmittel und Getränke keine Arzneimittel sind, sondern Produkte, die sättigen und schmecken müssen. Enttäuschen sie die Verbraucher in punkto Geschmack, Textur und Aussehen, bleiben sie im Supermarktregal stehen und werden – trotz aller gesundheitsfördernder Versprechen – zu Ladenhütern.
Trägerstoffe helfen
Viele funktionelle Inhaltsstoffe sind nicht ohne Weiteres direkt in Lebensmitteln und Getränken einsetzbar [1]. Die Gründe hierfür können sein:
  • schlechte Löslichkeit in Wasser oder Öl,
  • schwer zu kontrollierender Abbau,
  • schlechte Dosierbarkeit,
  • unzureichende Bioverfügbarkeit.
Weisen sie aufgrund ihrer Molekülstruktur zusätzlich eine hohe Grenzflächenaktivität auf, wie dies beispielsweise bei Phytosterolen der Fall ist, erschwert das die Verwendung in Lebensmittelsystemen weiter. Um die Bereitstellung der funktionellen Inhaltsstoffe in der gewünschten bioverfügbaren Form zu gewährleisten, kommen häufig Trägerstoffe zum Einsatz. Diese organischen Verbindungen modifizieren die Eigenschaften der Ingredients oder verbessern ihre Löslichkeit und Verteilbarkeit. Das erleichtert und standardisiert die Handhabung der Inhaltsstoffe bei der Herstellung funktioneller Lebensmittel. Trägerstoffe sind aber auch dann relevant, wenn ein funktionelle Zusatzstoff der Rezeptur nur in geringer Konzentrationen zugesetzt werden soll [2].
Ein anderer wichtiger Punkt ist die Darreichungsform bzw. Formulierung, in der die funktionellen Inhaltsstoffe verarbeitet werden. Welche Bedeutung diesem Punkt zukommt, zeigt das Beispiel Phytosterole. Deren ernährungsphysiologisches Potenzial, den Serumcholesteringehalt zu senken, hängt von der Formulierung ab. In kristalliner Form zeigen Phytosterole ein sehr ungünstiges Dosis-Wirkungs-Verhältnis. Deshalb verwendet man für Functional-Food-Produkte häufig Phytosterol-Fettsäureester. Sie haben ein besseres Dosis-Wirkungs-Verhältnis und sind außerdem sehr gut in Öl löslich. Das erleichtert die Verarbeitung in fettreichen Lebensmitteln, beispielsweise Margarine, und sichert eine ausreichende Konzentration des Wirkstoffs im Endprodukt. Möchte man Phytosterole allerdings in nicht fettbasierten Systemen einsetzen, dazu zählen beispielsweise Getränke, müssen sie in einer anderen Formulierung vorliegen, nämlich in einer Form, die in Wasser dispergierbar ist.
Der Begriff Bioverfügbarkeit kommt ursprünglich aus der Pharmakologie. Angewendet auf Functional Food, ist er ein Maß für die Wirkstoffmenge, die bei Verzehr eines bestimmten Lebensmittels dem Organismus tatsächlich zur Verfügung steht. Die Bioverfügbarkeit ist eine für den jeweiligen funktionellen Zusatzstoff spezifische Größe und hängt zudem von der Art, Zusammensetzung und Zubereitung des Lebensmittels oder Getränks ab. Natürlich besteht auch ein Zusammenhang zwischen der Bioverfügbarkeit und der Formulierung der funktionellen Inhaltsstoffe und deren Mikrostruktur.
Wirklich wirksame Wirkstoffmenge
So bestimmen beispielsweise in Emulsionen nicht nur die wertgebenden Inhaltsstoffe über die Bioverfügbarkeit, sondern auch ihre Tropfengröße. Je kleiner letztere ist, desto besser werden die Wirkstoffe vom Körper absorbiert. Deshalb werden funktionelle Inhaltsstoffe häufig in Form von sogenannten Mini-emulsionen eingesetzt. Bei diesen Emulsionen liegen die Tropfengrößen in einem Bereich von 0,1 bis 1 μm. Dabei können sich Unterschiede im Zehntelmikrometer-Bereich bereits signifikant auf die Bioverfügbarkeit auswirken [3].
In Anbetracht der Wichtigkeit, die der Formulierung der funktionellen Zusatzstoffe zukommt, ändert sich auch die Rolle der Hersteller dieser Ingredients. Aus einfachen Lieferanten werden Experten für umfassende Beratung und Support. Neben ernährungswissenschaftlichem und regulatorischem Fachwissen ist eine weitreichende technologische Expertise Voraussetzung, um gemeinsam mit Lebensmittelherstellern funktionelle Produkte zu entwickeln, die schnell zur Markreife gebracht werden können, höchsten Qualitätsansprüchen gerecht werden und dabei keinerlei sensorische Nachteile aufweisen.
„Das Wissen um Formulierungen, Technologien und Herstellungsverfahren ist entscheidend für zukünftigen Markterfolg“, sagt Rudy Wouters, Head of Food Application bei Beneo, einem der führenden Hersteller funktioneller Inhaltsstoffe. „Denn Verbraucher sind nicht bereit, für einen Zusatznutzen geschmackliche Einbußen in Kauf zu nehmen. Auf der anderen Seiten legen die Hersteller von funktionellen Lebensmitteln immer größeren Wert auf eine schnelle und effiziente Produktentwicklung. Deshalb suchen sie nach kompetenten Herstellern funktioneller Zutaten, die die Anwendungsmöglichkeiten, Eigenschaften und das Verhalten ihrer Produkte genau kennen.“
Verstärken gesundes Image
Funktionelle Inhaltsstoffe werden vorzugsweise in Produkten eingesetzt, die bereits von Haus aus ein gesundes Image genießen. Dazu zählen beispielsweise probiotische Milchprodukte. Sie waren Wegbereiter bei der Etablierung von Functional Food. Ein anderes Einsatzgebiet von funktionellen Zusatzstoffen sind Riegelprodukte. Verbraucher entscheiden sich sehr häufig für diese trendigen Produkte, weil sie einerseits im Ruf stehen, die Gesundheit zu fördern und andererseits dem Wunsch der Verbraucher nach einer bequemen und unkomplizierten Ernährungsweise Rechnung tragen.
Einer der größten Lohnhersteller von Riegeln ist das niederländische Unternehmen VSI. Es verwendet zahlreiche bioaktive Inhaltsstoffe. Henk Jan Neerhof, der bei VSI als Manager Product Development tätig ist, kennt die damit zusammenhängenden Herausforderungen genau: „Viele dieser funktionellen Inhaltsstoffe sind unkompliziert zu verarbeiten, aber einige stellen uns tatsächlich vor große technologische und sensorische Herausforderungen. In diesem Zusammenhang möchte ich Omega-3-Fettsäuren nennen. Bei ihnen geht es vor allem darum, den fischigen Eigengeschmack in den Griff zu bekommen. Uns gelingt das, weil wir nur qualitativ hochwertige und sehr reine Omega-3-Fettsäuren einsetzen. Außerdem kombinieren wir sie bei der Rezepturentwicklung mit verschiedenen Aromen, die den fischigen Geschmack maskieren. Und dann wenden wir technologische Verfahren an, um die Formulierung weitgehend sauerstofffrei zu halten. Denn durch Oxidation würde sich der fischige Geschmack wieder stärker herausbilden.“
Ressourceneffizienz und Qualität
Wie kann angesichts von Klimawandel, steigendem Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen, wachsender Weltbevölkerung und demografischem Wandel die Lebensmittelversorgung sichergestellt werden? Neue Konzepte und Strategien in der Lebensmittelforschung und -produktion sind gefragt – das verdeutlicht die Stellungnahme der Fachgruppe Lebensmittelbiotechnologie der Dechema. In dem Papier „Lebensmittel- und Ernährungsforschung – Aktuelle Handlungsfelder und Forschungsbedarf“ beschäftigen sich die Experten der Fachgruppe intensiv mit den Anforderungen an eine zukunftssichere Lebensmittelproduktion. Sie betonen, dass biotechnologische Verfahren eine große Rolle bei der besseren Erschließung und Verwendung von Rohstoffen spielen werden. Des Weiteren kann mit diesen Verfahren die ernährungsphysiologische Qualität der Lebensmittel verbessert werden. Auch bei der Gewinnung funktioneller Inhaltsstoffe kommen biotechnologische Verfahren zum Einsatz.
In dem Papier melden sie konkreten Forschungsbedarf zur Entwicklung gesunder und sicherer Lebensmittel an. „Neue gesundheitsfördernde Nahrungsmittelinhaltsstoffe und entsprechende Produktionsprozesse müssen entwickelt und die ernährungsphysiologische Qualität der Produkte gesteigert werden. Altersgerechte Versorgungssysteme sind ebenso erforderlich wie Lebensmittelinhaltsstoffe, Lebensmittel und Diäten zum Erhalt von körperlicher Gesundheit und kognitiven Fähigkeiten im Alter. Geeignete Methoden zum Nachweis der Wirksamkeit von funktionellen Komponenten und der Wirkung komplexer Lebensmittel auf den Stoffwechsel und auf die physiologischen Prozesse nach der Nahrungsaufnahme müssen erarbeitet und geeignete Biomarker identifiziert werden. Dies impliziert die Entwicklung neuer Screening/Hochdurchsatz-Systeme (Bioassays, In-vitro-Analytik) zur Entdeckung und Entwicklung neuer Substanzen mit nachweisbaren Wirkmechanismen.“
Literatur
[1] Mehnert, Mäder: Solid lipid nanoparticles – Production, characterization and applications; Advanced Drug Delivery Reviews 47 (2001), S. 165–196
[2] Martig Möller, Ulrike Eberle, Andreas Hermann, Katja Moch und Britta Stratmann: Nanotechnologie im Bereich der Lebensmittel (2009), S. 11: Diese pflanzlichen Inhaltsstoffe, die wissenschaftlich auch als Inulin und Oligofruktose bezeichnet werden, sind in vielen Gemüse- und Obstsorten enthalten, zum Beispiel: Zwiebeln, Lauch, Weizen, Knoblauch, Bananen, Artischocken, Zichorienwurzeln.
[3] Heike P. Schuchmann, Harald Schuchmann: Lebensmittelverfahrenstechnik: Rohstoffe, Prozesse, Produkte (2005), S. 222
prozesstechnik-online.de/dei0412436

Viel neues unterm Messeturm

> Nachgefragt <

Was bietet die Achema Herstellern von funktionellen Inhaltsstoffen und Lebensmitteln? Sie finden in Frankfurt/M. von Fermentern und Mischern über Pumpen und Dosiereinrichtungen bis hin zu integrierten Produktionsanlagen und Formulierungssoftware alles, was sie für eine sichere und hygienische Produktion und Verarbeitung von Ingredients benötigen. Auch aktuelle Entwicklungen aus dem Bereich Labor- und Analysentechnik werden auf der Achema zu sehen sein. Ein besonderer Schwerpunkt ist hier die Onlineanalytik, die eine immer wichtigere Rolle spielt. Daneben bietet das Kongressprogramm viele interessante Vorträge. Einer davon beschäftigt sich am 19. Juni 2012 mit dem Thema „Brighter Living with Enzymes“. Auch Themen wie hygienische Produktion, Qualitätskontrolle sowie analytische Fragestellungen, wie die Untersuchung von Schäumen und Emulsionen, finden sich im Vortragsprogramm.

Session Lebensmittelbiotechnologie

> Achema-Kongress <

Auch 2012 bietet der Achema-Kongress mit mehr als 900 geplanten Vorträgen ein facettenreiches, brandaktuelles und hochkarätiges Programm. Am 21. Juni 2012 befasst sich eine Session in der Halle 4.C, Raum Consens, ausschließlich mit dem Thema Lebensmittelbiotechnologie. Die Session beginnt um 10.30 Uhr und endet um ca. 17.00 Uhr. Das Programm umfasst insgesamt zehn Vorträge. Das Themenspektrum reicht von der Viabilitätsanalyse von Lactobacillus mithilfe der Flow Cytometrie über die Produktion natürlicher Aromen unter Nutzung der mikrobiologischen Biotransformation bis hin zur Identifikation von Amidasen aus essbaren Pilzen und deren Einsatz in der Lebensmitteltechnologie. Weitere Informationen finden interessierte Leser im Internet unter www.achema.de.
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