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Elastomerdichtungen

Spezifikation sichert Leistungsfähigkeit
Elastomerdichtungen

Falsch spezifiziert sind Dichtungen aus Elastomeren häufig die Ursache für außerplanmäßige Ausfallzeiten und teure Störungen von Produktionsabläufen. Diese Fehler sind vermeidbar, wenn Anlagenbauer und -betreiber Elastomer-Dichtungskomponenten nach einer definierten Vorgehensweise kosteneffizient spezifizieren, den Lieferanten überlegt auswählen und mit konsequentem Supply Chain Management sicherstellen, dass die spezifizierten Produkte auch tatsächlich geliefert und eingebaut werden.

E. Alexander, J. Francois

Wichtige Parameter für die Auswahl der optimalen Elastomerdichtung (Abb. 1) sind die chemische Verträglichkeit, Temperaturgrenzen, Auslegungsfaktoren und Versagenspotentiale. Grundsätzlich resultieren deren typische Eigenschaften aus der Struktur der Polymerkette und den Kettenverknüpfungen sowie den verwendeten Mischungsbestandteilen. Anders als Thermoplaste können Elastomere aber nicht nur chemisch außergewöhnlich resistent, sondern auch hoch temperaturbeständig sein und selbst Temperaturzyklen unter hohen Drücken standhalten.
Abbildung 2 zeigt die typischen Gebrauchstemperaturbereiche von Elastomeren für Dichtungsanwendungen. Diese Daten geben einen Hinweis auf die Leistungsfähigkeit. Da die zu Grunde liegenden Untersuchungen aber in heißer, trockener Luft ausgeführt wurden, dienen sie nur als Richtwerte. Die Ergebnisse berücksichtigen weder den Einfluss aggressiver Prozessmedien noch anderer Prozessbedingungen auf die Temperaturbeständigkeit des Elastomers.
Auch die mechanischen Eigenschaften von Elastomeren ändern sich beträchtlich, wenn die Betriebstemperatur höher oder niedriger als die Umgebungstemperatur ist. Abbildung 3 zeigt dies für eine typische Fluorelastomer-Dichtung (FPM, international auch: FKM) in einem Temperaturbereich von -40 °C bis +200 °C.
Fluorkautschuke bringen viele Vorteile
Abbildung 4 gibt eine Übersicht über Einsatzmöglichkeiten von Elastomeren, die in der chemischen Industrie verwendet werden. Bei den Hochleistungsdichtungen hängt die Leistungsfähigkeit direkt mit dem Fluorgehalt zusammen. An der Spitze liegt FFPM (auch: FFKM) mit einem Fluorgehalt von etwa 72 Gew.-% (im Vergleich zu 74 Gew.-% in PTFE). Elastomere mit mittlerer Leistungsfähigkeit (die kein Fluor enthalten) eignen sich zwar auch für chemische Prozesse, sie haben aber eine nur mittlere Wärmebeständigkeit (150 °C) und eine eingeschränkte chemische Beständigkeit.
Fluor- und Perfluorelastomere (FPM und FFPM) werden seit über 40 bzw. 25 Jahren erfolgreich in der chemischen Industrie verwendet. FPM wie Viton und FFPM wie Kalrez unterscheiden sich deutlich in ihrem spezifischen Leistungsvermögen. Dies gilt auch für die verschiedenen Typen innerhalb einer Klasse, die alle ganz spezielle Anforderungsprofile erfüllen. Um die jeweils optimalen Eigenschaften auszunutzen, sollte der Anwender gemeinsam mit dem Hersteller der Dichtung die kosteneffizienteste Lösung für die Anwendung suchen.
Konstante, gleichmäßigeEigenschaften sichern
Die Leistungsfähigkeit und die Zuverlässigkeit von Dichtungen hängen direkt von deren Stammbaum ab. Der Anwender muss sicher sein, dass die Dichtung aus gleichbleibend leistungsfähigen Bestandteilen besteht, was wesentlich vom verwendeten Polymer und seiner Verarbeitung abhängt. Probleme können auftreten, wenn bei der Auswahl der Dichtungsbestandteile ein Kompromiss eingegangen wurde. Damit verbundene Einschränkungen sind gewöhnlich mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen, aber die Folgen können schwerwiegend sein.
Als Beispiel zeigt Abbildung 5 die Auswirkungen, die sich durch das Abmischen eines FPM mit 25 Gew.-% eines Nicht-Fluorelastomers ergeben, wenn die daraus hergestellte Dichtung eine Woche in Schwefelsäure bei 70 °C gelagert wird. Die Dichtung aus 100% Viton zeigt eine nur geringe Volumenquellung und würde unter diesen Bedingungen langzeitig weiter sehr gut dichten. Die Blends quellen beträchtlich (80% bis 120%) oder lösen sich sogar vollständig auf.
Solche Kompromiss-Elastomere können als O-Ringe, anwendungsspezifische Querschnitte, Plattenware, Flachdichtungen oder Dehnungskompensatoren äußerlich perfekt aussehen. Um ihren Erwerb sicher auszuschließen, müssen Ingenieure und Einkäufer bei der Auswahl, Spezifizierung und Beschaffung von Dichtungsprodukten gemeinsam und definiert vorgehen, indem sie
• alle grundlegenden Details der Zusammensetzung spezifizieren,
• vom Hersteller eine schriftliche Bestätigung verlangen und erhalten, dass die Produkte genau den Spezifikationen entsprechen,
• überprüfen, dass die richtigen Elastomer-Dichtungsprodukte installiert sind, sowohl im Anlieferungszustand als auch nach Wartungs- oder Reparaturarbeiten.
Spezifikationen, die alle Details beinhalten und möglicherweise zu Kontaminationen führende Wechselwirkungen oder thermische Überbeanspruchungen berücksichtigen, sind die Basis für die Sicherheit der Anlage und des Prozesses sowie für deren Rentabilität. Das folgende Beispiel erläutert ein Problem und eine Spezifikation, die es verhindern könnte.
Probleme im Vorfeld erkennen und ausschließen
Für einen Anlagenteil mit einem Prozessstrom aus 93%iger Schwefelsäure bei 100 °C sollen funktionswichtige Pumpen angeschafft werden. Auch wenn der spezifizierende Ingenieur und der Materialspezialist des Pumpenherstellers darin übereinstimmen, dass das kosteneffizienteste Dichtungsmaterial für diese Pumpen ein FPM ist, so reicht es jedoch nicht aus, lediglich festzulegen, dass O-Ringe und anwendungsspezifische Dichtungen aus einem Fluorelastomer bestehen müssen. Das birgt die Gefahr, dass Dichtungen aus ungeeigneten Elastomeren oder Kompromiss-Materialien installiert werden.
Um dies und die daraus resultierenden Konsequenzen zu vermeiden, sollten die Spezifikationen beispielsweise wie folgt formuliert sein:
• Die O-Ringe und anwendungsspezifischen Dichtungen müssen zu 100% aus Fluorelastomer-Neuware bestehen.
• Das FPM muss ein Typ mit hohem Fluorgehalt (nominell 70 Gew.-% Fluor), z. B. Viton®GF, sein.
• Das FPM darf nur mit Ruß compoundiert sein.
• Die O-Ringe und anwendungsspezifischen Dichtungen müssen eine Shore-A-Härte von 75 ±5 haben.
• Die O-Ringe und Dichtungen dürfen nur von zugelassenen Herstellern oder deren autorisierten Distributoren unter einem bestimmten Produktcode angeschafft werden.
• Alle Produkte müssen mit einem Zertifikat versehen sein, das die Einhaltung dieser Spezifikation bestätigt.
Eine detaillierte Spezifikation wie in diesem Beispiel wird eine einheitliche Leistungsfähigkeit der Dichtung von Pumpe zu Pumpe, jahraus jahrein sicherstellen.
Sorgfalt als Basis für dieQualitätsverbesserung
Es ist Aufgabe der für die Werkstoffauswahl verantwortlichen Ingenieure und der Anwender, die kosteneffizientesten Elastomerdichtungen für die Anlagenausrüstung zu definieren und zu beschaffen. Das sollte als Investition in die Zuverlässigkeit der Anlage und in ihre Rentabilität angesehen werden, die auf den Betriebskosten über die gesamte Lebensdauer beruht. Die Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren, Einkäufern und Lieferanten bei der Erstellung oder Verbesserung der Spezifikationen ist unerlässlich, um die gewünschte Zusammensetzung und das entsprechende Leistungsniveau zu erhalten.
Sollte eine Dichtung dennoch versagen, enthalten die Spezifikation und das zugehörige Zertifikat des Lieferanten die notwendige Information, um die Fehlerursache zu finden. Solche Dokumente bieten auch grundlegende Informationen für die Qualitätsverbesserung der Dichtung. Dadurch kann ein wiederholtes Versagen vermieden werden, falls die Ursache auf der Seite der Dichtung liegt.
Halle 9.0, Stand J35
E cav 258
IM GESPRÄCH Elastomere stark im Kommen
cav Herr Burelli, welche Entwicklungsströmungen sehen Sie für Elastomere, die in der chemischen Industrie eingesetzt werden?
Burelli Hand in Hand mit der Entwicklung immer leistungsfähigerer Regelsysteme geht die Forderung nach feinfühlig ansteuerbaren Stellelementen, die Emissionen und Prozesskontaminationen vermeiden. Entsprechend anspruchsvolle Vorgaben gelten für die dabei zum Einsatz kommenden Elastomere, um beispielsweise in rotierenden oder linear bewegten Ventilschaftdichtungen die notwendige Sicherheit gewährleisten zu können. In diesem Zusammenhang und aus den in nebenstehendem Beitrag genannten Gründen erreichen Fluorelastomere und Perfluorelastomerteile eine ständig wachsende Akzeptanz in der chemischen Industrie.
cav Verschiebt sich dadurch die Trennlinie zwischen Elastomeren und Kunststoffen?
Burelli Am deutlichsten zeichnet sich der Wechsel von Kunststoffen zu Elastomerwerkstoffen in der Pharmaproduktion ab. Bisher galt die Reinheit von PTFE als entscheidender Vorteil gegenüber Elastomeren. Aber jetzt rücken Sterildichtungen, die Teil unseres Kalrez-Perfluorelastomerteile-Sortiments sind, mehr und mehr in das Interesse dieser Industrie. Deren Reinheit und Inertheit sind mit PTFE vergleichbar, aber sie zeigen – anders als diese Kunststoffe – kein Kaltfließen. Dadurch sind sie länger einsetzbar, tragen also zu einem wirtschaftlicheren Betrieb von Anlagen bei.
cav Gibt DuPont Dow dabei Entscheidungshilfen?
Burelli Wir wissen, dass Verfahrensingenieure heute der chemischen Beständigkeit aller Elastomerteile in ihren Systemen eine hohe Bedeutung zumessen. Um ihnen die Bewertung von Elastomeren zu erleichtern, hält DuPont Dow jetzt im Internet unter www.dupont-dow.com/crg eine Übersicht über die chemischen Beständigkeiten aller wichtigen Elastomertypen gegenüber rund 1500 Chemikalien bereit.
cav Apropos Internet – wie steht die Elastomerindustrie und DuPont Dow dem E-Commerce gegenüber?
Burelli E-Commerce wird die Art und Weise, Produkte zu verkaufen, zukünftig sicherlich auch im Chemikalien- und Elastomergeschäft so nachhaltig ändern, wie heute schon bei vielen Konsumwaren. Und die damit verbundenen Veränderungen werden vermutlich schneller eintreten, als die meisten Beteiligten erwarten. DuPont Dow sucht derzeit aktiv nach dem richtigen Einstieg in das E-Business. Welche Bedeutung wir diesem Projekt zumessen, zeigt beispielsweise die Tatsache, dass der bisherige Geschäftsführer von DuPont Dow Deutschland, Leo Streukens, jetzt der europäische Repräsentant in unserem E-Commerce-Team ist.
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