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Elektrischer Airbag für Feldgeräte und Leitsysteme

Eigensicherheit begrenzt Funkenenergie und Oberflächentemperatur
Elektrischer Airbag für Feldgeräte und Leitsysteme

Kabelsysteme von Mess-, Steuer- und Regelanlagen verteilen sich meistens über weiträumige Gebäude- und Freiflächen. Damit stehen den Vorteilen der zunehmenden Vernetzung und des grenzenlosen Informationsflusses auch Risiken gegenüber. Ebenso wie Nutzdaten breiten sich unerwünschte Ereignisse wie Überspannungen ohne Rücksicht auf Zoneneinteilungen über Datennetze und über das Netzwerk der gesamten Einrichtung aus. Im Schadensfall kann eine komplette verfahrenstechnische Anlage in Sekundenbruchteilen außer Betrieb gesetzt werden.

Gerhard Jung

Häufig werden Überspannungen für Systemausfälle und Hardwareschäden an empfindlichen Elektronikbaugruppen verantwortlich gemacht. Ursachen und Quellen der Überspannungen sind gelegentlich im Betriebsablauf der Anlage selbst zu finden. Zum Beispiel entstehen elektrostatische Felder durch Ladungsverschiebungen bei der Verarbeitung von Folien oder beim Fördern von Granulaten und Lösemitteln. Die hohen Feldstärken entladen sich an exponierten Objekten und erreichen anschließend über Signalleitungen die Elektronikbaugruppen. Beim Elektroschweißen und Schalten von Großverbrauchern oder induktiven Lasten entstehen ebenfalls Transienten, die sich leitungsgeführt in der Anlage ausbreiten. Da der Anwender durch geeignete physikalische Maßnahmen die Entstehung der zuvor genannten Störsignale direkt am Entstehungspunkt verhindern kann, liegt das eigentliche Risiko und Gefahrenpotenzial in den direkten oder indirekten Auswirkungen eines Blitzschlages.
Blitzschläge sind (un)vermeidbar
Bei einem Blitzeinschlag leitet im Idealfall der Blitzableiter die gesamte Entladungsenergie über den Blitzableiter ins Erdpotenzial ab. Das Ganze dauert nur etwa 0,3 ms bei einer durchschnittlichen Stromstärke von 45 kA und Spannungen bis 400 MV. Da das Erdpotenzial innerhalb dieser kurzen Zeitspanne nicht in der Lage ist, die gesamte Ladungsmenge aufzunehmen, tritt bei etwa 50% der Ladungsmenge ein elektrischer Sättigungseffekt in der näheren Umgebung der primären Einschlagstelle auf. Diese Sättigung hindert dann einen weiteren Potenzialausgleich über den direkten Weg. Die verbleibenden 50% der Energiemenge suchen sich naturgemäß nun einen Weg über Leitungen und leitfähige Anlagenteile zu weiter entferntem und somit noch aufnahmefähigem Erdpotenzial.
Alle leitfähigen Konstruktionsteile, die Prozessverrohrung und natürlich die elektrische Leitungsführung, fungieren als induktiv oder galvanisch gekoppeltes Netzwerk zum Transportieren der Restenergiemenge. Trotz schlechter Kopplungsfaktoren und großen Abständen treten aufgrund der enormen Energiemenge des Blitzes relativ hohe Induktionsströme auf. Der Energietransfer verstärkt sich durch die extrem kurzen Anstiegszeiten und den daraus resultierenden physikalischen Kopplungseffekten. Im Blitzkanal steigt in einer µs die Spannung um bis zu 12 kV und der Strom um bis zu 200 kA an.
Der schnelle Signalwechsel von 0 auf 1, verbunden mit der hohen Stromstärke, induziert in den elektrischen Leitern der Umgebung Sekundärströme bis 5 kA und Spannungen von 10 kV. Derartige Energiemengen finden sich nun auf Leitungen, die von dem Blitzeinschlag primär überhaupt nicht betroffen sind. Dazu gehören auch Leitungen innerhalb von Faradayschen Schutzbereichen und nicht zuletzt solche, die in wertvollen elektronischen Baugruppen enden. Da es sich nun um leitungsgeführte Signale handelt, spielen Entfernungen keine nennenswerte Rolle mehr, und man muss demzufolge die gesamte Anlage als gefährdete Zone einstufen.
Ausbreitung in zwei Richtungen
Ein an einer Sensorleitung induzierter transienter Impuls gelangt an beide Leitungsenden. Nahezu zeitgleich erreicht er den Sensor und den Signaleingang des Prozessleitsystems. Die möglichen Folgen reichen von der Zerstörung des Sensors bis zur Zerstörung der Eingangsbaugruppe oder des gesamten Leitsystems. Als wirksamer Schutz dagegen bieten sich Überspannungsableiter an. Sie leiten das Störsignal nach Erde ab und begrenzen die Spannung für die Dauer der Störung.
Überspannungsableiter
Zur Verdeutlichung der Wirkungsweise von Überspannungsableitern bietet sich ein Vergleich mit dem bekannten Airbag aus dem Automotive-Bereich an: Die Überspannungsableiter wie auch der Airbag zünden, sobald der Ernstfall eintritt. Andererseits sollen beide im Stand-by nicht vorhanden, also quasi unsichtbar sein. Außerdem erwartet man von beiden Vorrichtungen, dass sie bei Erreichen der kritischen Schwelle in Sekundenbruchteilen auslösen.
Die Überspannungsableiter von Pepperl+Fuchs haben allerdings einen entscheidenden Vorteil: Während jeder Airbag nur einmal Leben rettet und dann ersetzt werden muss, gehen die Überspannungsableiter von selbst in die Wiederbereitschaft, werden für das Messsignal unsichtbar und warten auf den nächsten Einsatz. Sie sind optimiert auf die speziellen Anforderungen der Signalkreise eigensicherer Mess-, Steuer- und Regelsysteme. Hierzu unterscheidet man die Ableiter in zwei Gruppen:
• Einsatz am oder in der Nähe des Feldgerätes – also gegebenenfalls direkt im Ex-Bereich
• Einsatz im Schaltschrank vor den zum Ex-i-Kreis zugehörigen Steuerungskomponenten
Zum Schutz der Feldgeräte ist die Bauform F-LB mit Edelstahlhülse und Einschraubgewinde vorgesehen. Das Prinzip ist ebenso einfach wie wirkungsvoll: Man schraubt sie zum Installieren in eine freie Kabelverschraubung am Feldgerät und legt im Klemmraum drei Kabel auf. Zum Schutz der Feldgeräte dürfen die Überspannungsbarrieren in eigensicheren Stromkreisen direkt im Ex-Bereich installiert werden (Abb. 1).
Sollte der Klemmraum des Feldgerätes für diese Montageart nicht geeignet sein, so gibt es flexible Lösungsmöglichkeiten durch Vorschalten eines Klemmenkastens mit den Einschraubtypen F-LB oder alternativ den extrem schmalen Bauformen K-LB (Abb. 2). Die Gerätefamilie K-LB im 12,5 mm breiten Klemmengehäuse wird ebenso für den Schutz der Schaltschrankgeräte verwendet. Dieser Überspannungsschutz ist sowohl in 1- oder 2-kanaligen Ausführungen lieferbar und erlaubt eine freie Verdrahtung der zu schützenden Komponenten.
Module zum Aufschnappen
Besonders elegant lässt sich ein Blitzschutzsystem beim Einsatz des K-Systems von Pepperl+Fuchs erreichen. Für die Geräte dieses Systems sind die Überspannungsableiter der Reihe P-LB als Erweiterungsgehäuse optimiert. Man schnappt sie einfach auf die Standard-K-Geräte auf (Abb. 3), so dass K-Gerät und Überspannungsschutz innerhalb des Schaltschrankes eine geschlossene Einheit bilden. Der Anwender profitiert davon in mehrfacher Hinsicht: Die Lösung zeichnet sich nicht nur durch besondere Installations- und Wartungsfreundlichkeit aus, indem Fehlverdrahtungen vermieden sowie Planungs- und Verdrahtungszeit gespart wird, sondern bietet auch im Sinne des Überspannungsschutzes die größte Sicherheit. Der entscheidende Nutzen ist dabei die fest vorgegebene Verdrahtungsführung. Die Verbindung zwischen Überspannungsableiter und Funktionsbaustein ist kurz, dauerhaft und industriegerecht. So ist die Gefahr einer nachträglichen Transienteneinkopplung durch ungünstige Kabelführung zwischen geschützten und ungeschützten Leitungen im Vergleich zu einer freien Verdrahtung deutlich geringer. Handelt es sich um einen Ex-i-Schaltschrank, so ist die räumliche Trennung der Leitungsführung innerhalb des Schrankes ohnehin vorgegeben und kommt den Anforderungen des Überspannungsschutzes ideal entgegen.
Getrennte Leitungsführung
Ein funktionierender und zuverlässiger Überspannungsschutz verlangt neben schnellen und leistungsfähigen Ableitelementen die konsequent getrennte Leitungsführung. Werden Überspannungsableiter zu dicht oder aus Platzgründen zwischen den zu schützenden Geräten platziert, bestehen Gefahren der Einkopplung über die enge Montage und über die Leitungsführung. Die Errichterbestimmungen für die Ausführung eigensicherer Stromkreise verlangen grundsätzlich die getrennte Leitungsführung.
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