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Empfindliche Lebensmittel schonend trocknen

Herstellung von kohlenhydrat- und fetthaltigen Pulvern
Empfindliche Lebensmittel schonend trocknen

Am 3. März 1998 veranstaltete die Schweiz. Milch-Gesellschaft AG (SMG) in Hohenrain in der Schweiz ein Symposium zum Thema Trocknungstechnologien und Verpackungen im Lebensmittelbereich. Spezielles Interesse fand die Filtermat-Anlage, mit der Pulver mit einem Fettgehalt von bis zu 80% oder sehr hohen Anteilen an Kohlenhydraten schonend hergestellt werden können. Durch das Angebot von Lohnproduktionen will die SMG ihr spezielles Know-how zusammen mit Partnerfirmen nutzen.

An diesem Symposium nahmen 34 Mitarbeiter aus 21 Firmen teil, darunter Weltkonzerne wie Novartis und Dr. Wander, Roche, Givaudan, Lonza sowie mittelständische Unternehmen, wie Multiforsa, Finzelberg, Blattmann, Ricola, Oswald, bio-familia und E. Böhlen. Die beiden Referenten Dr. Sten Mortensen, GEA Prozesstechnik Schweiz, und Dipl.-Ing. Josef Wyss, SMG, präsentierten eine Übersicht über den neuesten Stand der Trocknungstechnologien (Abb. 1).

Haltbare Produkte durch Sprühtrocknung
Die Sprühtrocknung (Konvektion oder Verdampfung) eignet sich ideal für empfindliche Produkte, da sich aufgrund der kurzen Kontaktzeit des Trocknungsgases mit dem Produkt eine schonende Trocknung ergibt. Es ist deshalb der am häufigsten eingesetzte Prozeß. Weitere Verfahren sind die Konduktionstrocknung (Walzen), die Strahlungstrocknung und die dielektrischen Verfahren (Mirkrowellen).
Sprühtrockner mit rotierendem Zerstäuber haben den Vorteil, daß sie eine hohe Betriebssicherheit und eine große Flexibilität aufweisen. Die eingesetzten Systeme verfügen über Leistungen von wenigen kg/h bis zu 200t/h Speisedurchsatz. Durch die Peripheriegeschwindigkeit des Zerstäuberrades, die von 8000 bis 24000min-1 variiert, wird die Tropfengröße und damit die Korngröße bestimmt. So reguliert man insbesondere die Rieselfähigkeit, die Staubarmut, sowie die Redisipergierbarkeit der getrockneten Produkte. Die mittlere Partikelgröße im Zerstäuber liegt bei 30 bis 100µm. Größen über 200µm lassen sich nur noch mit reduzierter Zerstäuberdrehzahl und mittels Sprühkühlung erreichen. Bei steigendem Tropfendurchmesser muß zudem der Turmdurchmesser vergrößert werden, um Wandablagerungen zu vermeiden. Dies macht die Herstellung staubarmer Produkte in kleineren Anlagen relativ schwierig. Für manche Produkte sind heute die Anforderungen an Staubarmut und Partikelstabilität so hoch, daß eine einfache Staubrückführung in die Zerstäuberzone des Turmes nicht mehr ausreicht, um das gewünschte Endprodukt herzustellen. Zudem ist die Trennung zwischen Grobkorn und Feinanteil nicht besonders scharf. Um einerseits die Anforderungen bezüglich Staubarmut und enger Korngrößenverteilung zu erfüllen und andererseits die Vorteile der rotierenden Zerstäuber zu nutzen, wurde ein Konzept mit der Bezeichnung FW entwickelt. In einem langsam laufenden Zerstäuberrad mit 2000 bis 8000min-1, das zudem spezielle Bohrungen enthält, baut sich durch Zentrifugalkraft und Viskosität eine laminare Strömung auf. Dies führt zu dünnen Filmen, wodurch sich die Partikel regelmäßig, ähnlich wie bei konventionellen Hochgeschwindigkeits-Zerstäuberscheiben, verteilen. Die Korngrößenverteilung (nach Rosin-Rammler) bewegt sich deshalb in sehr viel engeren Grenzen als bei herkömmlichen Verfahren. Bei einem Mittelwert von 125µm liegt die Bandbreite zwischen 60 und 200µm. Der Anteil an Partikeln mit Durchmessern 10µm ist signifikant kleiner. Mit diesem Konzept können wesentliche Verbesserungen bei der Produktqualität erzielt und gleichzeitig Einsparung bei den Investitionen erreicht werden.
Korngrößenverteilung in engen Grenzen
Bei der Sprühtrocknung mittels Düsenzerstäuber kommen entweder hydraulische Druckdüsen oder pneumatische Zweistoffdüsen zum Einsatz. Bei Verwendung der Druckdüsen erhält man relativ große Einzelpartikel mit einem Durchmesser von 100 bis 300µm. Die Zweistoffdüse wird entweder zur Erzielung grobkörniger Produkte, mit dem Nachteil eines hohen Luftverbrauchs und eines breiten Korngrößenspektrums, oder feinkörniger Produkte bei geringem Durchsatz verwendet.
Auch hier bestimmt die Tropfengröße die Feinheit des Trockengutes. Für grobe Endprodukte sind deshalb hohe Türme erforderlich. Die Partikelverteilung ist aber auf jeden Fall enger als bei der Zentrifugalzerstäubung. Die Luftführung im Trockenturm kann im Gleichstrom-, Gegenstrom- oder Mischstrom-Verfahren („Springbrunnen“-Konfiguration) erfolgen. Je nach Luftführung im Turm ergibt sich ein anderes Temperaturprofil, woraus folgende Vor- und Nachteile erwachsen:
• Die Gleichstrom-Trocknung ermöglicht eine gute Kontrolle und einen sicheren Betrieb ohne Ablagerungen. Sie ist deshalb für temperaturempfindliche Produkte, wie Farbstoffe, Pflanzenschutzmittel, Polymere, Lebensmittel oder Proteine, geeignet. Zur Erhöhung der Ausbeute läßt sich die Abluft über einen Ringkanal führen. Damit wird die Trennschärfe zwischen groben und feinen Anteilen verbessert. Im nachgeschalteten Fließbett erfolgt eine weitere Reduktion des Staubanteils im Endprodukt.
• Im Gegenstrom-Trockner passieren die Partikel die Heißgaszone kurz bevor sie am Turmkonus entnommen werden. Deshalb eignet sich diese Methode für wärmeempfindliche Materialien nicht so gut wie eine Gleichstromanlage.
• Da im Mischstrom-Verfahren die Luft am Turmkopf und das Gut von unten springbrunnenartig aufwärts gesprüht werden, passieren die Partikel die Heißluftzone halb-trocken. Deshalb lassen sich damit relativ grobkörnige Produkte bei gleichzeitig reduzierter Bauhöhe des Turmes erreichen. Durch den partiellen Gegenstrom (vertikales Einsprühen) sind jedoch nur relativ temperaturunempfindliche Produkte nach diesem Prinzip verarbeitbar.
Gute Rieselfähigkeit und Redispergierbarkeit
Das Konzept der fluidisierten Sprühtrockner FSD™ oder MSD™ wurde zur Herstellung von Produkten mit guter Rieselfähigkeit und Redispergierbarkeit entwickelt. Das Verfahren kombiniert Vorteile der Sprühtrocknung (kurze Zeiten, kleiner Turm) mit der Wirbelbett-Trocknung und einer energiesparenden Resttrocknung. Endprodukt ist ein beerenförmiges Granulat, aufgebaut aus vielen einzelnen Sprühpartikeln. Es wird in bezug auf Staubarmut, Rieselfähigkeit und Redispergierbarkeit hohen Anforderungen gerecht. Mit diesem Verfahren ist es gelungen, grobkörnige Produkte in kleinen Sprühtrocknern, unter gleichzeitig geringer thermischer Belastung des Trockengutes herzustellen.
Temperaturen, Verweilzeiten und Turmvolumina sind beim FSD™-Prozeß niedriger als bei konventionellen Verfahren. Dank dieser technischen Neuerungen sind diese Trockner ökonomischer als konventionelle Anlagen. Typische Partikelgrößen liegen zwischen 150 und 300µm und der Feinanteil von 100µm beträgt normalerweise weniger als 2%. Dieser Prozeß eignet sich für viele Produkte, zum Beispiel Nährmittel, Aroma- und Süßstoffe, Vitamine, Pharmazeutika und Milchprodukte.
Trocknung schwieriger Produkte
Der FiltermatTM (Abb. 2 und 3) ist ein Sprühbandtrockner zur kontinuierlichen Herstellung von Emulsionen mit an-schließender Trocknung und Abfüllung des Produktes. Trocknung und Agglomeration erfolgen in einem Produktionsschritt. Der Gleichstrom-Düsentrockner ist in der Filtermat-Anlage mit einem Förderbandtrockner/-kühler kombiniert. Die Pulverkühlung und -aufbereitung findet in der letzten Kammer der Bandtrocknung statt. Dank der Durchströmung der Luft durch die Pulverschicht werden die feinsten Partikel zurückgehalten, so daß nur geringste Mengen in den Zyklonen abgeschieden werden müssen.
Der Filtermat eignet sich insbesondere zur Trocknung von Produkten mit nicht-idealen Trocknungseigenschaften, infolge ihres Klebeverhaltens, der langsamen Kristallisation, der Hygroskopizität oder der Thermoplastizität. Dazu gehören Milchprodukte, Nährmittel und Lebensmitteladditive. Diese lassen sich demnach nicht auf herkömmlichen Sprühtrocknungsanlagen verarbeiten, da die Trocknung solcher Produkte zu freifließenden, agglomerierten Pulvern nur bei wesentlich niedrigeren Temperaturen als in Sprühtürmen durchgeführt werden kann. In konventionellen Anlagen würden oft unbrauchbare Produkte und Standzeiten infolge der erforderlichen Reinigung entstehen.
Durch die spezielle Geometrie des Sprühturms erhält man laminare Strömungsverhältnisse. Die thermische Belastung der Produkte ist sehr gering. Es entsteht auch keine Haftung der Produkte an den Turmwänden. Zusammen mit den nachgeschalteten Nachtrocknungs- und Kühlsektoren ist es möglich, Fettpulver mit einem Fettgehalt von bis zu 80% zu verarbeiten. Dank schonender Temperaturführung können auch stark kohlenhydrathaltige Produkte behandelt und beispielsweise Joghurtpulver ohne eine Reduktion der vegetativen Keime hergestellt werden.
Die Filtermat-Anlage verarbeitet Molkeprodukte, Säuglingsnahrungen, Tomaten- und Orangenkonzentrate, Malz- und Fleischextrakte sowie Aromen und Sobitol. Die Produktpartikel haben eine relativ offene Agglomeratstruktur mit Partikelgrößen von 0,3 bis 3mm und weisen sehr gute Instant-Eigenschaften auf.
Trocknungsanlagen im Dienst-leistungsbetrieb
Da der Milchbereich wichtigstes Standbein der Schweiz. Milch-Gesellschaft AG ist, sind viele der eingesetzten Technologien zur Verarbeitung von Milch oder milchhaltigen Produkten ausgelegt. Anläßlich des Symposiums konnten die Anlagen bei laufender Produktion besichtigt werden. Dazu gehören drei konventionelle Sprühtürme mit einer Wasserverdampfung von je 1000kg/h, davon eine Anlage mit einer Pulverrückführung für Instantprodukte, zwei Walzentrockner, die je nach Bedarf mit höherer thermischer Belastung von 115 bis 120°C gefahren werden können (Milchpulver für Schokolade), eine Vakuumbandtrocknungsanlage mit 160 kg/h Durchsatz zur Herstellung von Heliomalt und weiteren Produkten sowie eine Filtermat-Anlage.
Über Agglomeration zu Instant-Produkten
Die Hauptgründe für den Einsatz einer Prozeßanlage zur Agglomeration sind Verbesserungen bei Transport, Lagerung und Dosierung, bei den Dispersions- und Löseeigenschaften sowie die Verringerung von Staubproblemen. Damit sind die Anforderungen denen bei der Trocknung vergleichbar. Produktformulierungen, Verfahrenstechnik und Prozeßbedingungen sind die wesentlichen Parameter für das „Partikel-Engineering“. Je nach Ausgangsmaterial (Pulver, Filterkuchen, Flüssigkeit) kommen verschiedene Anlagen zum Einsatz. Der Prozeß kann einstufig direkt im Fließbett und Sprühtrockner stattfinden oder zweistufig und dabei mehrere Partikelbildungstechniken, kombiniert mit einer Fließbett-Trockung, einschließen. Die Durchführung von Sprühtrocknungsprozessen erfolgt kontinuierlich, die von Fließbettprozessen kontinuierlich oder chargenweise. Die mittleren Partikelgrößen sind abhängig vom Produkt, der Formulierung und Prozeßführung. Sie variieren von 0,005 bis 5mm.
Die Agglomeration von Pulver ist durch Suspension und Besprühung im Gasstrom zu erreichen. Der Hauptzweck dieses Prozesses (Rewetting) besteht in der Produktion von Instant-Produkten. Die damit erhaltene offene Struktur führt zu sehr guten Löse-eigenschaften, das Schüttgewicht beträgt ca. 2/3 der ursprünglichen Größe. Auf diese Weise sind Kakaopulver, Kaffee, Babynahrung und Süßstoffe zu Instant-Produkten verarbeitbar.
Bei der Fließbett-Sprüh-Agglomeration wird das Produkt in warmer Luft fluidisiert und besprüht. Die Endprodukte sind frei-fließend, etwas kompakter als diejenigen des Rewet-Prozesses und weisen Partikel von 0,1 bis 1mm auf.
In der Chargen-Wirbelschicht-Granulation kommt es zur Bildung von Flüssigkeitsbrücken zwischen den Partikeln, und über die Bindemittelmenge und die Verteilung der Tröpfchen wird die Größe der Agglomerate bestimmt. Im Chargenbetrieb sind homogene, freifließende Agglomerate mit einer mittleren Partikelgröße von 0,3 bis 1,5mm möglich. Dieses Verfahren eignet sich daher für feste Arzneimittel, Instant-Suppen und -Saucen.
Bei der SMG steht für diese Prozesse eine kontinuierliche Rewet-Agglomerieranlage zur Pulververedlung zur Verfügung (Sprühturm mit nachgeschaltetem Fließbett). Mit dieser kontinuierlich arbeitenden Anlage sind bevorzugt Produkte mit einer sehr guten Benetzbarkeit herzustellen. Das Prinzip beruht auf dem Anfeuchten der Pulveroberfläche mit einem Anteil von 10 bis 15% Wasser oder Lösung. Anschließend erfolgt die Agglomeration. Das zugefügte Wasser wird im Nachtrocknungsbereich wieder entfernt. Das nachträgliche Aufbringen von Spurenelementen und Vitaminen auf Säuglingsnahrung ist ein möglicher Anwendungsbereich. Diese Produkte würden die Temperaturen im Trocknungsprozeß der Babymilch-Herstellung nicht überstehen. Bei nachgeschalteter Agglomeration kann die thermische Belastung umgangen werden.
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