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Fingerabdruck für Coltan

Saubere Handys
Fingerabdruck für Coltan

Fingerabdruck für Coltan
Tantal wird in der Mobilfunkproduktion für winzige Kondensatoren eingesetzt. Die Hersteller verlangen von ihren Zulieferern allerdings heute Nachweise, dass am gelieferten Rohstoff kein Blut klebt. Foto: Nokia
Frank Melcher hat mit eigenen Augen gesehen, wie Menschen in Afrika nach dem Erz Coltan graben: An steilen Hängen und in Erdlöchern wühlen sie mit stumpfen Hacken und bloßen Händen nach dem Mineral, das Tantal enthält – ein seltenes Metall, das für den Bau winziger Kondensatoren in Mobiltelefonen verwendet wird. Der Geologe von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover weiß, dass Händler gutes Geld für jeden Sack Coltan bezahlen, den die Arbeiter unter großen Mühen aus dem Boden Afrikas holen. Viele dieser Minen befinden sich im Osten des Kongo und werden von Rebellen kontrolliert, die in der Ausbeutung dieser Schätze eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen gefunden haben. Sie finanzieren damit neue Waffen, um ihre Terrorherrschaft zu stützen und weiter auszubauen. Frank Melcher will mit geologischen Analysemethoden den Abnehmern des Erzes die Möglichkeit geben, die Herkunft des Coltans zu überwachen.

Insgesamt 650 Proben von 230 Standorten und aus 36 Ländern hat der Wissenschaftler bisher gemeinsam mit seinen Kollegen von der BGR gesammelt und im Labor untersucht. Die Forscher haben einen „geochemischen Fingerabdruck“ entwickelt. Damit lässt sich sicher bestimmen, woher das Erz tatsächlich stammt, das Zwischenhändler oder Abnehmer aus mehr oder minder seriösen Quellen bezogen haben.
„Blut-Coltan“, das aus Krisengebieten stammt und Rebellen als Einnahmequelle dient, ließe sich so von Erz unterscheiden, das unter kontrollierten Bedingungen in Minen etwa in Brasilien oder Australien abgebaut wurde. Würden sich die Weltgemeinschaft oder die großen Elektronikkonzerne entschließen, künftig nur noch solches Erz zu kaufen, verlören die Rebellen auf einen Schlag eine wichtige Einnahmequelle.
Einen politisch sauberen Rohstoff, das wünscht sich auch das Unternehmen H. C. Starck in Goslar in Niedersachsen. Der Spezialpulverhersteller kauft Coltan an, mahlt das Erz in Gesteinsmühlen klein und scheidet mithilfe der aggressiven Flusssäure das Tantal vom Erz ab. Das begehrte Metall bleibt am Ende des Verfahrens als schwarz-graues Pulver übrig. In der Mehrzahl wird es zur Herstellung winziger Kondensatoren verwendet: Ein paar Dutzend solcher nur wenige tausendstel Millimeter großen Körner werden dazu in mehreren Schritten zu mikroskopisch kleinen Schwämmen umgeformt. Diese Schwämme haben eine extrem große Oberfläche und können daher als Kondensator sehr schnell elektrische Ladungen aufnehmen.
Für H. C. Starck könnte das von Melcher und seinen Kollegen entwickelte Verfahren mehr Sicherheit bedeuten – hatte das Unternehmen doch Anfang des Jahrzehnts ein massives Imageproblem, nachdem ihm in einem Bericht der Vereinten Nationen vorgeworfen worden war, Coltan aus Krisenregionen am Kongo bezogen zu haben. Heute geht H.C. Starck einen anderen Weg: Das Unternehmen hat in Ruanda eine eigene Mine übernommen. So hat es die gesamte Produktionskette selbst in der Hand: „Von der Förderung bis zur Verarbeitung zum Kondensator, ohne Zwischenhändler“, erklärt Rohstoffmanager Joern Vogt.
Der Nachweis einer sauberen Produktion entwickelt sich bereits zum Wettbewerbsvorteil: IT-Hersteller und Mobilfunk-Unternehmen wie Apple, Intel, Nokia und Sony verlangen heute von ihren Zulieferern Nachweise, dass am gelieferten Tantal kein Blut klebt. Eine sichere und unabhängige Kontrolle dieser Nachweise könnte allerdings nur das von Melcher und seinen Kollegen entwickelte Verfahren bieten.
Ulrich Dewald
Internet
Informationen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: http://www.bgr.bund.de
Auf „Projekte“ klicken und das Projekt „Coltan: Herkunftsnachweis von Columbit-Tantaliterzen“ wählen.
Lesen
Gründlich recherchiertes Buch zur Geschichte des Kongos und seiner Konflikte: Dominic Johnson: Kongo – Kriege, Korruption und die Kunst des Überlebens, Brandes & Apsel, 2009, 19,90 Euro
Packende Reisebeschreibung eines britischen Reporters aus dem Kongo: Tim Butcher: Blood River – das dunkle Herz des Kongo, National Geographic Taschenbuch, 2009, 14,95 Euro
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