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Fit für arktisches Klima

Förder- und Steuerungstechnik für Tiefkühl-Hochregallager
Fit für arktisches Klima

Tiefgekühlte Lebensmittel und Fertiggerichte erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Damit die Frosta AG die steigende Nachfrage erfüllen und gleichzeitig die gefrosteten Produkte hygienisch verarbeiten und lagern kann, errichtete man für die Zweigniederlassung Schottke in Bremerhaven ein neues Tiefkühl-Hochregallager. Ausgestattet ist es mit arktisfester Förder- und Steuerungstechnik. Zusammen mit intelligenten Materialflussstrategien wird eine durchgängig automatisierte Produktionsversorgung und Lagerung ermöglicht.

Dipl.-Ing. Mark Vogt

Der Entschluss von Frosta, ein neues TK-Lager zu bauen, war eine Investition in die Zukunft, das belegen folgende Zahlen: In den ersten fünf Monaten des Jahres 2000 ist der Markt für Fertiggerichte um 9%, für TK-Fisch um 8% und für tiefgefrorenes Gemüse um 1,2% gewachsen. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Tiefkühlkost liegt derzeit bei etwa 30 bis 40 kg und wird in Zukunft wachsen.
Ende 1999 wurde die VES Planungsgesellschaft für Transport- und Lagersysteme mbH, Dortmund, mit der Planung, Ausschreibung und Baubetreuung des neuen TK-Hochregallagers in Bremerhaven beauftragt. Das Projekt ist in das Rohwarenlager III (RWL III) mit dem TK-Hochregallager (TK-HRL) und der Produktionsversorgung sowie den Bereich Dinner International (DI), der Produktionsstätte für TK-Fertiggerichte aufgegliedert.
Mit der Realisierung der Fördertechnik und der Regalbediengeräte einschließlich der Steuerung wurde die MAN Logistics GmbH, Heilbronn, beauftragt.
Produktionsversorgung und Lagerung bei -28°C
„Das vom Frosta-Tochterunternehmen Schottke betriebene neue Rohwarenlager für TK-Fisch und TK-Gemüse dient der Aufnahme von Rohwaren, der Produktionsversorgung und der Übernahme von Halbfertig- und Fertigwaren aus der Produktion”, erläutert Dr.-Ing. Günter Truskiewitz von VES. Das gesamte Projekt umfasst
• ein TK-Hochregallager mit einer Betriebstemperatur von konstant -28 °C
• ein vorgelagertes und für eine Betriebstemperatur von -18 °C ausgelegtes Wareneingangsgebäude mit fünf Rampen in Schleusenausführung für die Be- und Entladung von Lkws
• zwei über Vertikalumsetzer verbundene Fördertechnik-Ebenen in der Lagervorzone
• eine 70 m lange Brücke mit zwei Doppel-Verteilwagen zur Anbindung an die Produktion
• eine Produktionsstätte für TK-Fertiggerichte mit einer Betriebstemperatur von -18 °C, deren beide Ebenen über Verteilerwagen und Vertikalumsetzer verbunden werden
Eine S 7-Steuerung von Siemens, die über TCP/IP an das Lagerverwaltungs- und Staplerleitsystem angebunden ist, steuert die Anlage. An den drei I-Punkten werden die Konturen und das Gewicht der Ladeeinheiten (Euro- und Industriepaletten) überprüft. Im Anschluss an das automatische Scannen der Barcodeetiketten erfolgt die Anmeldung beim Lagerverwaltungsrechner (LVR). Nach der Vorgabe des Transportzieles durch den LVR gelangen die Ladeeinheiten via Fördertechnik und Regalbediengeräte (RBG) auf den Lagerplatz im TK-HRL. Werden von einer der Produktionslinien Rohwaren angefordert, erteilt der LVR einen Auslagerungs- sowie einen Transportauftrag, in dem der Fördertechnikabnahmeplatz der betreffenden Ladeeinheit vorgegeben wird. Anschließend disponiert das Staplerleitsystem einen Gabelstapler und gibt dem Fahrer auf dem Datenfunkterminal des Fahrzeuges das Transportziel auf dem Werksgelände, d. h. die Produktionslinie, vor. „Die weitgehende Automatisierung vom Wareneingang bis zur Versorgung der kompletten Produktion unterstützt die Optimierung des innerbetrieblichen Warenflusses bei gleichzeitiger Verringerung der Lager- und Transportkosten auf dem Werksgelände”, fasst Projektleiter Lothar Vollbrecht von Frosta die Vorteile des neuen Rohwarenlagers zusammen.
Die Produktionsversorgung für den Bereich Dinner International erfolgt direkt über die Fördertechnik. Dabei bedienen insgesamt vier Verteilerwagen die manuellen und automatischen Weiterverarbeitungsplätze. Die Verteilerwagen übernehmen die Versorgung mit Rohwaren und die Entsorgung der Anbruch- und Leerpaletten. Die Anbruchpaletten werden automatisch zurück in das TK-HRL und die Leerpaletten über einen Vertikalumsetzer in das Erdgeschoss zum Leerpalettenlager transportiert.
Detaillierte Visualisierung der Gesamtanlage
Im Wareneingangsgebäude befindet sich der zentrale Leitstand. Auf einem PC wird hier die Gesamtanlage mit den integrierten TK-Schleusen und Brandschutztoren visualisiert. Es werden ebenfalls die Temperatur sowie der Sauerstoff- und Stickstoffgehalt angezeigt. Erreichen sie vorher definierte Schwellenwerte, kommt es zur Auslösung eines Alarms. Ein weiterer PC ist als Client der Visualisierung in einem weiter entfernten, von der Nachtschicht betreuten Raum untergebracht. Rund um die Uhr wird der Zustand aller Förderanlagenbereiche – bis hinunter zum einzelnen Antrieb und Geber – überwacht. Ein Videosystem unterstützt diese Überwachung. So lassen sich eventuell auftretende Störungen sofort erkennen und ohne Begehung der TK-Bereiche analysieren. Sollte eine Analyse bzw. Behebung einer Störung vor Ort nicht möglich sein, können sich die Steuerungsexperten von MAN Logistics von Heilbronn aus über Modem in die Visualisierung der Anlage einwählen.
TK-Hochregallager in Silobauweise
Das Herzstück des Projekts ist das TK-Hochregallager, das in Silobauweise errichtet wurde. Es ist 87 m lang, 31 m breit und 35 m hoch. In ihm finden 12 540 Euro- und Industriepaletten Platz. Das Hochregallager ist viergassig ausgeführt. Pro Gasse übernimmt ein 32 m hohes singleMAN-Regalbediengerät (RBG) die doppeltiefe Ein- und Auslagerung der mit Fisch, Gemüse, Früchten oder Fertiggerichten beladenen Paletten. Die RBG können Lasten bis zu 1,25 t bewältigen. Ihre hohe Fahrgeschwindigkeit von 180 m/min sowie die Hubgeschwindigkeit der Lastaufnahmeeinheit von 50 m/min führen zu kurzen Zykluszeiten. Im normalen störungsfreien Betrieb erfolgt die Auslagerung im Obergeschoss, während die Einlagerung im Erdgeschoss stattfindet. Sollte die Auslagerung im Obergeschoss aufgrund einer Langzeitstörung nicht möglich sein, besteht alternativ die Möglichkeit, die Ladeeinheiten für die Produktion ins Erdgeschoss auszulagern und mit Hilfe von Gabelstaplern zu den Produktionslinien zu transportieren.
„Oberste Priorität hat für uns die Versorgung der Produktion mit Rohware aus dem TK-Hochregallager, so dass eine kontinuierliche Auslastung der Produktionsanlagen gewährleistet ist”, betont Heike Scherb, bei Frosta Projektleiterin für den Bereich DI. Um dies sicherzustellen gibt es eine Vielzahl von Strategien, die im Bedarfsfall Anwendung finden.
Guten-Morgen-Strategie
Die Realisierung intelligenter Materialflussstrategien für Spitzen- oder Notfallszenarien führt zu einer Optimierung aller Prozesse. So werden beim täglichen Schichtbeginn im Rahmen der Guten-Morgen-Strategie gleichzeitig beide Verteilerwagen auf der Brücke zur Produktionsversorgung eingesetzt, wodurch die Produktionsanlagen in möglichst kurzer Zeit mit den notwendigen Zutaten versorgt werden können. Verschiedene Notfallstrategien eröffnen bei einem eventuellen Komponentenausfall alternative Materialflüsse. Fällt beispielsweise der Vertikalumsetzer im TK-HRL aus, übernimmt das RBG in Gasse 1 den Etagentransport der Ladeeinheiten. Auch die Verteilerwagen auf der Brücke und die Vertikalumsetzer sind im Rahmen von Notstrategien umschaltbar und können so im Notfall als Redundanz eingesetzt werden. Kommen diese Notstrategien zur Anwendung, muss zwar in dieser Zeit eine verringerte Anlagenleistung in Kauf genommen werden, eine stetige Versorgung der verschiedenen Produktionslinien ist allerdings gewährleistet.
Kältebeständig und reinigungsfreundlich
Bei der Auslegung der Anlagenkomponenten galt es, zwei wesentliche Anforderungen zu berücksichtigen. Erstens müssen Mechanik-, Elektrik- und Steuerungsbaugruppen fit für arktisches Klima sein und zweitens müssen die Komponenten des Bereiches DI reinigungsfreundlich ausgeführt sein. In der Gesamtanlage sind insgesamt drei unterschiedliche Temperaturbereiche zu berücksichtigen: -28 °C im TK-HRL, -18 °C im Wareneingang und im Bereich Dinner International sowie Temperaturen zwischen -6 und +6 °C in den übrigen Anlagenbereichen. Je nach Temperaturbereich sind Vorkehrungen erforderlich, um den Kälteanforderungen gerecht zu werden. So sind beispielsweise die RBG im HRL aus kältezähem Spezialstahl gefertigt. Kältetaugliches Öl stellt eine reibungslose Funktion der Getriebe auch bei sehr niedrigen Umgebungstemperaturen sicher. Die auf jedem RBG mitfahrende Steuerung ist in einer isolierten und beheizten Kabine untergebracht. Alle Antriebe im TK-HRL, im Bereich Dinner International und im Wareneingang sind ebenfalls mit einer Heizung ausgestattet. Gleiches gilt für die Lichtschranken, an denen sich Kondensat niederschlagen könnte.
Die zweite zusätzliche Anforderung ist die Reinigungstauglichkeit der Anlagenkomponenten im Bereich DI. Dort, wo die Fertiggerichte hergestellt werden, muss in regelmäßigen Abständen mit Wasser gereinigt werden. Hierzu wird der Bereich über das Wochenende von der Betriebstemperatur -18 °C auf +5 °C gebracht und anschließend u.a. mit Wasser gereinigt. Deshalb muss zum Beispiel bei Antrieben und Gebern auf eine entsprechend hohe Schutzart geachtet werden. Weiterhin sind die Komponenten mit Spezialbeschichtung oder gar in V2A-Edelstahl ausgeführt. Bei der Konstruktion ist zudem zu beachten, dass möglichst keine Flächen oder Räume entstehen, wo sich das Reinigungswasser sammeln kann. Spezielle Öle und Fette sind ebenfalls einzusetzen. Auch steuerungstechnisch sind Reinigungszyklen zu berücksichtigen. So werden während der Abkühlphase nach der Reinigung die Förderer sowie die Verteilerwagen und deren Teleskopgabeln bewegt, um ein Festfrieren zu vermeiden.
Die Vorabnahme der Materialflusssysteme fand Anfang Oktober 2000 bei Umgebungstemperatur statt. Anschließend wurde das TK-HRL innerhalb von vier Wochen auf die Betriebstemperatur von -28 °C heruntergekühlt. Bei dem Abkühlprozess wurde eine spezielle Abkühlkurve mit unterschiedlichen Gradienten zugrunde gelegt, um die Materialien und die Einbauten langsam an die neue Umgebungstemperatur zu gewöhnen. Die Sensorik wurde ebenfalls an die durch die Kälte veränderten Stahlbaumaße angepasst. Danach wurden Testläufe durchgeführt, die die Eignung der durchgeführten Kälteschutzmaßnahmen an den relevanten Anlagenkomponenten belegten. Die Inbetriebnahme des Lagers fand Ende 2000 statt.
E dei 269
www.man-logistics.de
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