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Flammen stoppen und Explosionen kontrollieren

Flammdurchschlag- und Detonationssicherungen für Tankanlagen
Flammen stoppen und Explosionen kontrollieren

Geschlossene Tankanlagen und Sammelsysteme für Dämpfe verringern wesentlich die Emission von gefährlichen oder umweltgefährdenden Gasen oder Dämpfen in die Atmosphäre. Der richtige Einsatz von Flammdurchschlag- und Detonationssicherungen in diesen immer komplexeren Systemen sichert den Schutz von Personal, Umgebung, Anlagen und Ausrüstung vor potentiellem Brand oder Explosion.

Der Auftrag zur Reinhaltung der Luft von Umweltbehörden an die Industrie ist mit der Verantwortung verbunden, die steigenden Luftqualitätsmaßstäbe der nationalen Regelwerke zu erfüllen. Den strengen Umweltvorschriften folgend sind verzweigte Sammelsysteme für Dämpfe in vielfältigen Bereichen von chemischen, petrochemischen und pharmazeutischen Anlagen zwingend notwendig geworden. Die aus Umweltschutzgründen erforderlichen geschlossenen Systeme stellen jedoch aufgrund der potentiellen Gefahr eines Brandes oder einer Explosion der entzündbaren Gase oder Dämpfe ein erhöhtes Risiko dar. Die wichtigste Aufgabe im Schadensfall ist es, das weitere Ausbreiten des Brandes oder der Explosion zu verhindern. Zwei konstruktive Einrichtungen, die Flamm- und die Detonationssicherung, können das Auftreten von größeren Schadensszenarien verhindern (Abb. 1).

Gefahrenparameter
Brennbare Stoffe werden durch ihre sicherheitstechnischen Kenngrößen wie Explosionsgrenzen, Sauerstoffgrenzkonzentration, Flammpunkt, etc. quantitativ charakterisiert und durch diese als explosionsfähige Gase/Dämpfe in Explosionsgruppen (z.B. IIA bis IIC) eingeordnet. Grundsätzlich wird das Gefahrendreieck einer Entzündung vom gleichzeitigen Vorhandensein der drei Elemente Brennstoff, Sauerstoff und Zündquelle gebildet. Für die Verbrennung von Gemischen ist ein vierter Parameter bestimmend, das Verhältnis von Gemisch- und Sauerstoffanteil. Eine Explosion läßt sich somit durch den Entzug einer oder mehrerer ihrer bestimmenden Elemente unterbinden oder kontrollieren.
Wirkprinzipien und Grundlagen
Eine Flammdurchschlag- bzw. Detonationssicherung ist ein passives Bauteil ohne bewegliche Teile. Kernstück sind die Elemente, die aus einer bestimmten Zahl definierter, kleiner Durchgänge oder Öffnungen bestehen. Die Konstruktion dieser Öffnungen erlaubt den freien Durchfluß von Flüssigkeiten oder Dämpfen bei normalen Betriebsbedingungen, stellt jedoch für den Durchgang einer Flammfront eine unüberwindbare Barriere dar. Die Flammdurchschlag- oder Detonationssicherung verhindert den Übergang einer Flammfront von der ungeschützten auf die geschützte Seite. Die Wirkungsweise der Flammdurchschlag- bzw. Detonationssicherung beruht auf der gleichzeitigen Zerteilung und Kühlung der herannahenden Flammfront auf eine Temperatur unterhalb des Flammpunktes des Brennstoffes und eliminiert damit einen Parameter des Gefahrendreieckes.
Die physikalische Größe und Form der Öffnungen werden sorgfältig ausgewählt und lassen sich durch die Größe des hydraulischen Durchmessers (Dh) beschreiben. Der hydraulische Durchmesser (Spaltweite) ist charakteristisch für die Elemente und wird durch die einfache Formel:
4* (Querschnittsfläche)
Dh =
(Umfang)
festgelegt. Dem gegenüber steht der für den Brennstoff charakteristische Quenchdurchmesser Dq (Ablöschdurchmesser), der sich aus dem kleinsten Durchmesser eines Rohres ergibt, in dem eine Flamme sich, bei nicht fließendem Brennstoff, unbegrenzt fortpflanzen kann.
Um eine Flamme oder Detonation zum Stillstand zu bringen, wird der hydraulische Durchmesser werksseitig immer wesentlich kleiner als der Quenchdurchmesser gewählt. Die Geschwindigkeit der Flammfront bestimmt die Elementelänge, die ausreichend dimensioniert werden muß, um der Flamme innerhalb der Elemente die notwendige Wärme zu entziehen.
Deflagration oder Detonation
Die Auslegung von Schutzeinrichtungen setzt eine Kenntnis der Explosionsabläufe voraus. Wesentlich für die Auswahl und Unterscheidung von Flammdurchschlag- und Detonationssicherungen ist der Raum und die Geschwindigkeit der Flammfront.
Als Deflagration (freie Verbrennung) wird eine Flammfront bezeichnet, die sich offen mit einer geringeren Geschwindigkeit als die Schallgeschwindigkeit fortpflanzt. Beispiel hierfür ist eine entzündete Gaswolke an einer Belüftungsendarmatur. Eine Verbrennung in einer Rohrleitung, die sich unterhalb der Schallgeschwindigkeit bewegt, ist eine eingeschlossene Deflagration. In den meisten Fällen bieten Flammdurchschlagsicherungen hier ausreichend Schutz.
Turbulenzen in den unverbrannten Dämpfen, eine entsprechende Rohrleitungsgeometrie und Anlaufstrecke können zu einer Beschleunigung der Flammfront führen, die so in eine Detonation übergeht. Eine stabile Detonation ist durch eine Ausbreitungsgeschwindigkeit, ohne signifikante Veränderungen, gleich oder größer der Schallgeschwindigkeit (typischerweise 1600 m/s bis 2200 m/s) und der dabei entstehenden Druckwelle gekennzeichnet. Die Flammausbreitungsgeschwindigkeit kann die Schallgeschwindigkeit auch deutlich übertreffen und extrem hohe Impulsbelastungen auslösen (instabile Detonation).
Berechnung und Auswahl
Das von Wilson und Atallah entwickelte Kriterium L = (SD2) verdeutlicht, daß bei wachsender Flammengeschwindigkeit S die Konfiguration der Explosionssicherungselemente (Länge L, Durchmesser D) verändert werden muß. Der Nachweis der Flammdurchschlag- bzw. Detonationssicherheit verschiedener Modell- und Größenvarianten sowie Druckverlustdiagramme werden bei Prüfungen durch zugelassene und unabhängige Institute sowie Versuchsanstalten erbracht. Die Größen- und Modellauswahl erfolgt unter Beachtung der Explosionsart und Betriebsbedingungen auf Berechnungsgrundlagen wie beispielsweise der international anerkannten API 2000. Das Berechnungsprogramm PRO-FLOWTM erlaubt durch Eingabe von Brennstoff-Flammpunkt, Tankinhalt und erforderlichen Volumenströmen eine schnelle Auslegung sowie die unten dargestellte Ergebnisausgabe. Bei Kombination mit einer nachgeschalteten Beatmungsarmatur sind die Druckverluste Dp für die Über- und Unterdruckrichtung zu beachten und ggf. eine Änderung der Nennweiten vorzunehmen.
Konstruktion und Produktpalette
Die wesentlichen Konstruktionsmerkmale sind:
• Größe und Länge der Öffnungen,
• mechanische Gehäusefestigkeit,
• mechanische Elementefestigkeit und
• Materialauswahl.
Aus einer Vielzahl von verschiedenen Elementetypen seien hier zwei besonders herausgestellt, die in der Praxis sehr gute Beständigkeit und einen effizienten umfassenden Schutz unter Beweis gestellt haben, die Parallel-Platten und die spiralförmig-gedrehten Falzbänder (Abb. 2). Beide Elementearten sind durch konstruktiv exakt definierte und damit reproduzierbare Spaltweiten bzw. Durchgänge gekennzeichnet.
Parallel-Platten-Elemente bestehen aus einem Bündel runder oder rechteckiger Metallplatten mit gleichbleibenden Abständen. Sie werden in Flammdurchschlagsicherungen eingesetzt, die bei niedrigen Flammpunkten der Stoffe das Eindringen einer äußeren Flamme in Lagertanks verhindern und bei gleichzeitig niedrigem Differenzdruck das Be- und Entlüften gestatten. Die Baureihen 670 und 860 in den Anschlußnennweiten DN 25 bis DN 200 sind als Tank-Endarmatur leicht einzubauen und zu warten. In Kombination mit einem offenen Tankbeatmungsventil oder in Förder- bzw. Fackelleitungen sind die Zwischenarmaturen der Serie 4950 verfügbar.
Aus alternierenden Lagen von gefalzten und glatten Edelstahlbändern, die fest um einen Schaft gewickelt werden, sind die Elemente der Detonationssicherungen aufgebaut. Die Größe der Durchgänge kann durch Modifikation der Falzhöhe verändert werden, was flexible Anpassung an spezifische Einsatzbedingungen erlaubt. Detonationsicherungen der Serien 25000/26000 sind konstruiert, um der starken Beanspruchung von Flammfronten mit hohen Geschwindigkeiten und hohen Drücken standzuhalten und ein Durchschlagen zu verhindern. Die bidirektionale Wirkungsweise ist unabhängig von der Seite der Zündquelle und erlaubt den Schutz in beide Richtungen.
Normen und Abnahmen
Die theoretischen Modelle liefern Grundlagen zur Konstruktion von Explosionssicherungen, aber die Effektivität und Leistung sollte immer durch Prüfungen nachgewiesen werden. Die Eignung der Einsetzbarkeit nach nationalen und internationalen Vorschriften wird von anerkannten Behörden bzw. Instituten (PTB, BAM, IBExU, UL, FM, USCG, usw.) in Versuchen getestet. Für den Anwender ist hierbei wichtig, für welchen Explosionsablauf und welche Stoffklasse die Sicherung zugelassen ist. Der Entwurf der kommenden harmonisierten europäischen Richtlinie prEN 12874 sieht für Detonationssicherungen auch Prüfungen bei Ausbreitungsgeschwindigkeiten deutlich größer als der Schallgeschwindigkeit vor. Einige Hersteller haben ihre Produkte bereits derart geprüft.
Anwendungsbeispiele
Die Absicherung von alleinstehenden Lagertanks ist eine vergleichsweise einfache Aufgabe, bei der in der Regel nur die Übertragung einer äußeren Flamme auf das im Tank eingeschlossene Gas-/Dampfvolumen ausgeschlossen werden muß. Flammdurchschlagsicherungen mit kurzen Anschlußrohrleitungen, im Falle von Zwischenflanscharmaturen, genügen meist den Anforderungen.
Komplexe Tankanlagen und Sammelsysteme mit angeschlossener Rückgewinnung oder Fackelleitung erzeugen meist eine Vielzahl von Gefahrenpunkten. Die Wahrscheinlichkeit von Detonationen mit hohen Geschwindigkeiten muß hier besonders in Betracht gezogen werden. Zur Verhinderung von Kettenreaktionen müssen jeder Tank oder Anlagenteil sowie u.U. Rohrleitungsabschnitte durch Detonationssicherungen entkoppelt werden. Nur Detonationsicherungen, die bei Flammfronten mit einer Geschwindigkeit deutlich größer als Schallgeschwindigkeit getestet wurden, sind dabei in beliebiger Entfernung von der potentiellen Zündquelle installierbar.
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