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Frischer Lachs und Aal aus der Räucherkammer

Hamburger Fischspezialist führt SAP R/3 ein
Frischer Lachs und Aal aus der Räucherkammer

Die Aal- und Lachsräucherei Gottfried Friedrichs in Hamburg-Altona ist deutscher Marktführer in den Produktsegmenten Premium-Räucherlachs und Räucheraal. Um auch in Zukunft die führende Marktposition zu halten, war die Installation einer leistungsfähigen, den gesamten Betrieb umfassenden Software notwendig. Vor zwei Jahren startete der Hamburger Fischspezialist mit SAP R/3. Frank Funke, EDV-Leiter des Unternehmens, zieht eine erste Zwischen-bilanz.

Ralf M. Haaßengier*

Wer morgens um sechs Uhr durch die schmale Hamburger Borselstraße geht, wird nicht selten vier oder fünf LKW gleichzeitig Schlange stehen sehen. Ihre kostbare Ladung: hauptsächlich Aale und Lachse aus Dänemark, Norwegen, Schweden, Schottland, Irland, oder Alaska. Einige Stunden später sind die Fische bereits weiterverarbeitet und geräuchert. Wer im harten Lebensmittelmarkt mit leicht verderblichen Fischprodukten agiert, muß reibungslose und hocheffiziente Betriebsabläufe gewährleisten. Das wiederum erfordert eine leistungsfähige Software. Um ihre Marktführerschaft zu behaupten, hatte die Aal- und Lachsräucherei Gottfried Friedrichs vor zwei Jahren die Einführung von SAP R/3 begonnen, unterstützt durch das Ettlinger R/3-Systemhaus command ag.
Auch vorher konnte das Hamburger Unternehmen schnell auf Aufträge reagieren und innerhalb von ein oder zwei Tagen liefern, doch war eine Umsatzsteigerung bei gleicher Personaldecke mit den alten Strukturen kaum noch zu erreichen. „Vorher hatten wir im Lagerwesen und in der Materialwirtschaft jeweils eigenentwickelte Software im Einsatz und in der Produktion praktisch nur die Online-Verbindung mit den Waagen“, erläutert Frank Funke, EDV-Leiter bei der Aal- und Lachsräucherei. „Damals lief sogar unsere Bestandsübersicht teilweise noch über Karteikarten.“
Funke sah sich 1996 auf der Computermesse CeBIT um, ist auf R/3 aufmerksam geworden und ließ sich schließlich von der Kompetenz der command im Food-Sektor überzeugen. Außerdem sprach für command die Gewährleistung eines kundennahen Supports durch deren Hamburger Niederlassung.
Daß es bei der R/3-Einführung zu Kapazi-tätsengpässen bei Friedrichs kommen würde, wußte man schon im Vorfeld: Die starke Auslastung der Mitarbeiter und die Schwierigkeit, in den jeweiligen Saisonphasen nicht auch noch Ablaufsänderungen einführen zu können, verzögerten den Einstieg immer wieder. Dennoch ist R/3 inzwischen in vielen Teilen des Betriebes aktiv. Dazu zählt die Materialwirtschaft, das komplette Rechnungswesen und im Vertrieb der Export.
Fehldispositionen jetzt ausgeschlossen
Die Fischspezialitäten von Friedrichs sind flächendeckend in Feinkostläden und Supermärkten vertreten. Etwa 50 Handelsvertretungen in Deutschland bilden dabei die Schnittstellen zwischen dem Hamburger Betrieb und den Einzelhändlern in Berlin, Stuttgart oder Frankfurt. Von den Handelsvertretungen gelangen Aufträge und Bestellungen per Telefon, Fax oder über das Internet nach Hamburg. Für die nahe Zukunft wünscht sich Funke den vollständigen Auftragseingang per Datenfernübertragung via EAN-Norm 128. „Dann habe ich“, so Funke, „die Bestelldaten gleich im System. Wir könnten dadurch eine Menge monotone Tipparbeit sparen.“ Doch einige Vertretungen scheuen noch den Sprung ins Internet.
Nach der Freigabe der Aufträge durch den Verkauf wandern diese in die R/3-gesteuerte Datenverarbeitung. Auf der Basis der eingegangenen Aufträge weist das System dem Packstellen-Subsystem die Aufträge zu. Dieses überträgt den knapp 20 Packstellen im Betrieb die jeweiligen Teilaufträge. Die Mitarbeiter an den Packstellen erhalten diese über die für sie zuständigen Drucker direkt an die Packstraße. Die Drucker werfen nicht nur die Packlisten aus, sondern gleichzeitig die Aufkleber mit Strichcodes für die einzelnen fertig verpackten Kartons und Einzelverpackungen. Insbesondere die Strichcodes spielen eine große Rolle. Sie enthalten die NVE-Nummer (Nationale Verpackungs-Einheit) und codieren damit den jeweiligen Auftrag. Den mit der Ausliederung beauftragten Speditionen, beispielsweise Dachser und Nagel, dient der Strichcode als Transportkontrolle.
Allerdings ist die Verwaltung der einzelnen Packaufträge kein Teil der SAP-Software. Hierfür hat EDV-Leiter Funke ein unter UNIX laufendes Packstellen-Subsystem entwickelt. Den Packaufträgen folgend, wiegen die Mitarbeiter die bestellten Aale und Lachse ab, etikettieren sie und stellen die Packeinheiten als Collies zusammen. Die jeweiligen Etiketten werden dabei in rasantem Tempo von Druckern geliefert, die direkt an die Waagen angeschlossen sind. Gleichzeitig sind die Waagen mit dem Packstellen-Subsystem verbunden, so daß das Gewicht jedes einzelnen Fisches sofort nach der Verwiegung verbucht wird und sich jederzeit über die Bürobildschirme abrufen läßt. Hierzu aktivierte Funke eine offene Schnittstelle von R/3.
Die fertig verpackten Kartons erhalten ebenfalls ihren Aufkleber und kommen an-schließend auf das Transportband Richtung Verladestation. Dort warten gegebenenfalls schon mehrere LKWs auf ihre Ware. Welcher LKW welchen Karton erhält, erkennt die über dem Transportband angeordnete „Scannerdusche“. Die vier Scanner der Dusche lesen fortwährend die Strichcodes ab und weisen die Pakete den entsprechenden Transportbändern zu. Eine SPS-gesteuerte Weiche lenkt die Kartons sofort zur richtigen Verladestelle. Mit der Scannerdusche ist EDV-Experte Funke hochzufrieden: „Früher kam es vor, daß plötzlich ein Karton, der nach München sollte, auf der falschen Ladefläche und damit in Freiburg landete. So etwas ist heute ausgeschlossen.“ Darüber hinaus merken die Speditionen nicht nur, wenn sie falsche Ware laden, sondern es fällt auch sofort bei der Entladung auf, wenn etwas fehlt. Alles, was die „Scannerdusche“ passiert hat, wird per Datenfernübertragung auch den Spediteuren gemeldet. Deren Entladestellen sind ebenfalls mit einem Strichcode-Scanner ausgestattet und führen bei der Warenanlieferung eine Querkontrolle durch.
Datenabgleich alle 15 Minuten
Während an den Packstellen die Fische im Akkord gewogen, etikettiert und verpackt werden, kann Funke in seinem Büro jederzeit den Stand der Dinge auf seinem Bildschirm überprüfen. Er sieht auf einen Blick alle anstehenden Aufträge, sieht, wie sie sich auf die verschiedenen Packstellen verteilen und kann sogar verfolgen, welche Teilaufträge schon gepackt sind und die „Scannerdusche“ passiert haben. Selbst das Eingangs-scanning vom Spediteur wird am Monitor anzeigt und automatisch mit den Ausgangsdaten abgeglichen. Dazu Funke: „Alle 15 Minuten erfolgt ein Datenabgleich zwischen den Spediteuren und unserem System. In der Hochsaison werden da enorme Datenmengen hin- und hergeschoben.“
Da sich die Daten im Sekundentakt ändern, ist das Thema Datensicherheit von großer Bedeutung. „Wir erfassen alle Daten zweifach“, erläutert Funke. „Hier setzen wir nicht auf eine einfache Datenspiegelung. Etwaige Fehler würden wir ansonsten mitspiegeln. Es werden zwei getrennte Gewichtsdateien parallel beschrieben und somit doppelte Datensätze erzeugt. Sollte eine Maschine ausfallen, haben wir noch die Daten auf dem anderen Rechner verfügbar.“
Wenn alle Kartons einer Lieferung schließlich die Scannerdusche bei Friedrichs durchlaufen haben, schickt Funkes Packstellen-Subsystem den fertigen Datensatz zurück an R/3. Dort können dann Lieferschein und Rechnung erstellt und von der Finanzbuchhaltung verbucht werden.
Effektive Lagerhaltung durch Bestandsführung
Ein wesentlicher Punkt bei der Entscheidung für R/3 war die bessere Bestandsführung. „Denn nur, wenn wir zu jedem Zeitpunkt die Situation im Lager kennen, können wir optimal agieren und haben mehr Planungssicherheit“, so Funke. Es geht um eine effektive Lagerhaltung, denn der Betrieb an der Borselstraße liegt mitten in einem Wohngebiet und so ist nur wenig Raum für eine Expansion vorhanden.
Friedrichs bestellt die Frischware bevor die Aufträge eingehen. Dabei stützt man sich auf Erfahrungswerte und Zielvorgaben der vergangenen Jahre. „Wir wissen ziemlich genau“, so Funke, „wann welcher Kunde wieviel bestellt. Sobald die Bestellung eingeht muß alles ganz schnell gehen. Dann erst die Frischware zu ordern, wäre zu spät.“
Erweiterung schon eingeplant
Die Hamburger Aal- und Lachsräucherei muß eine Reihe von gesetzlichen Auflagen erfüllen. Beispielsweise müssen sich die fertigen Produkte in ihrem Herstellungsprozeß lückenlos zurückverfolgen lassen. Eine aufwendige, GMP-konforme Dokumentation ist notwendig. Doch nicht nur der Produktionsprozeß muß nachvollziehbar sein. Wichtig ist in dem Zusammenhang auch die Qualitätskontrolle der verarbeiteten Ware. Hierfür gibt es bei Friedrichs ein Labor, in dem mit festen Qualitätsstandards der Zustand der gelieferten Ware überprüft wird. Zur Zeit ist dieser Teil des Betriebes, das Qualitätsmanagement, noch von R/3 entkoppelt und läuft über eine selbsterstellte Datenbank. Doch für die Zukunft ist der Anschluß an die SAP-Software geplant. Ebenso soll die Anbindung des LIMS in Angriff genommen werden. Hierzu prüft Funke zur Zeit die R/3-Ergänzung aus FOODsprint, einem R/3-Branchenpaket, das command eigens für die Bedürfnisse der mittelständischen Nahrungsmittelindustrie entwickelt hat. FOODsprint basiert auf der R/3-Software und bietet durch modulartige Zusätze branchenspezifische Ergänzungen. Diese beinhalten dann sowohl LIMS als auch eine QM-geeignete Dokumentation, die auch neueren Kontrollverordnungen wie HACCP gerecht werden.
Jahr-2000-Problem gelöst
Die Aal- und Lachsräucherei Friedrichs hängt bei der vollständigen Einführung von SAP R/3 zwar dem noch vor zwei Jahren gewünschten Zeitplan hinterher. Dennoch zeigt sich Funke mit den ersten Erfolgen zufrieden. Manches, was vorher nicht über EDV lief, wie Controlling oder Lagerbestandsführung ist inzwischen Routine. Allein schon im Versand, wo R/3 und das Packstellen-Subsystem zusammenwirken, hat Friedrichs Personal einsparen können. Ganz nebenbei hat sich mit R/3 auch das Jahr-2000-Problem gelöst. Auch die geforderte doppelte Auszeichnung der Ware in DM und Euro stellt für Friedrichs dank SAP kein Problem mehr dar. Jetzt müssen nur noch die Waagen auf die doppelte Auszeichnung vorbereitet werden. Ein entsprechendes Programm hat Funke bereits geschrieben und die ersten Waagen getestet. Vorerst wird die DM groß und der Euro darunter klein am Display dargestellt, in zweieinhalb Jahren entfällt dann der DM-Betrag.
Die EDV hat auch schon den Umstieg des kompletten Inlandvertriebs auf R/3 vorbereitet. Als Test soll demnächst der Verkauf für das Gebiet Hamburg mit R/3 abgewickelt werden.
Weitere Informationen dei 220
*Ralf M. Haaßengier ist freier Journalist
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