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Für hochreine Medien

Kunststoffausgekleidete Kreiselpumpen im Einsatz bei der BASF
Für hochreine Medien

In vielen Prozessen der Verfahrenstechnik werden extrem hohe Anforderungen an die Reinheit der verwendeten Medien gestellt. Die Vermeidung von Kontamination der häufig sehr wertvollen Substanzen gilt – neben hoher Betriebszuverlässigkeit – als wichtigstes Kriterium bei der Wahl der einzusetzenden Anlagenkomponenten.

Dr.-Ing. F. Bahm

Kunststoffausgekleidete Kreiselpumpen haben sich in den letzten 30 Jahren in fast allen Bereichen der chemischen Verfahrenstechnik als Fördersysteme für kritische Flüssigkeiten bewährt. Die hermetisch dichten magnetgekuppelten Konstruktionen zählen heute zur ersten Wahl, wenn es gilt, aggressive, gefährliche oder gar kostbare Medien in größeren Mengen sicher zu fördern. Ein anderes Einsatzgebiet sind Medien in der Feinchemie, der Biotechnologie, der Pharmazie und der Halbleiterfertigung, an deren Reinheit besonders hohe Anforderungen gestellt werden. Neben hoher Betriebszuverlässigkeit gilt hier die Vermeidung von Kontamination der häufig sehr wertvollen Ausgangssubstanzen als wichtigstes Kriterium bei der Wahl der einzusetzenden Anlagenkomponenten. So kommen zur Förderung von Flüssigkeiten, die bei der Herstellung von digitalen Mikroprozessoren und Speicherelementen in Kontakt mit diesen kommen, meist nur metallfreie Membranpumpen aus sehr reinen Kunststoffen in Betracht. Überall dort, wo die Grenzen dieser Pumpen erreicht bzw. überschritten werden, beispielsweise aufgrund von Durchflussmengen von mehr als 6 m3/h, hohen Temperaturen und/oder hohen Drücken bei gleichzeitig langer Lebensdauer und hoher Betriebssicherheit sind kunststoffausgekleidete Magnetkupplungspumpen eine technisch und wirtschaftlich überzeugende Lösung. Am Beispiel der Herstellung von Hydroxylamin wird im folgenden über Erfahrungen bei der Förderung von Halbleiterchemikalien mit Hilfe von kunststoffausgekleideten Kreiselpumpen berichtet.
Anforderungen an die Produktion
In den Produktionsanlagen von Spezialchemikalien, z. B. für die Halbleiterindustrie, können schon Verunreinigungen in extrem geringen Konzentrationen (ppb-Bereich) zu enormen Produktionsverlusten führen. Beispielweise können einzelne Metallionen im weiteren Produktionsablauf die hochkomplizierten und extrem miniaturisierten Schaltkreise auf Wafern zerstören und damit ganze Chargen unbrauchbar machen. Reinheit bedeutet in der Halbleiterindustrie generell, dass sehr strenge Maßnahmen zu treffen sind, um die Anwesenheit von Kationen/Anionen, Partikeln sowie organischen Rückständen (Kohlenwasserstoffverbindungen) auf äußerst niedrigem Niveau zu halten. Überschreiten die in den Prozessmedien vorhandenen Partikel eine kritische Größe, können sie zu fehlerhaften Schaltungen, z. B. zu Kurzschluss durch Überbrückung von Leiterbahnen, führen. Der Abstand zweier benachbarter Leiterbahnen, der sogenannte Leiterzugabstand (feature size), der zugleich den Miniaturisierungsgrad von Halbleiterschaltungen bedingt, dient als Maß für eingesetzte Fertigungstechnologie und ist auch für die physikalische Reinheit der zu verwendenden Prozessmedien bestimmend.
Die Tabelle (s. u.) zeigt eine Übersicht der in der Halbleiterindustrie häufig verwendeten Qualitätsklassen zur Beschreibung der chemischen Reinheit von Prozesschemikalien und der zugehörigen zulässigen Höchstwerte für Metallionen-Konzentrationen. Die Prognosen für die Technologie-Entwicklung auf dem Gebiet der Speicherelemente und der Mikroprozessoren weisen darauf hin, dass auch in nächster Zukunft mit einer zunehmenden Miniaturisierung von Schaltungen zu rechnen ist. Damit gehen auch noch weiter steigende Anforderungen an die Reinheit der Pro-zesschemikalien und der mit ihnen in Berührung kommenden Werkstoffe einher.
Das Medium Hydroxylamin freie Base
Hydroxylamin (NH2-OH) ist eine farblose, in Wasser und Ethanol leicht lösliche, hygroskopische Verbindung, die bei Umgebungsdruck nur zwischen 33 °C und 56 °C flüssig ist und in reiner (isolierter) Form zu explosionsartiger Zersetzung neigt. Für eine sicherheitstechnisch und wirtschaftlich vertretbare Herstellung und Handhabung von Hydroxylamin werden nur 50-prozentige wässrige Lösungen (Hydroxylamin freie Base, kurz HAFB) verwendet.
Aber selbst das in Wasser gelöste Hydro-xylamin erfordert eine besondere fachgerechte Handhabung: Bei Erwärmung kann sich HAFB heftig zersetzen, bei vollständiger Verdampfung kann eine bis zu 2000fache Volumenzunahme erfolgen. Unterhalb der Siedetemperatur (114 °C) kann das Volumen noch um das 250fache zunehmen.
Eine spontane Zersetzung von HAFB kann erfolgen durch
  • Verunreinigungen mit Metallionen, besonders von Eisen, Kupfer, Chrom, Nickel und ihren Legierungen
  • Staub
  • Zugabe von basischen oder oxidierenden Substanzen
  • Temperaturen über 75 °C
  • hohe Hydroxylamin-Konzentrationen, wie sie z. B. beim Eindampfen entstehen.
HAFB wird in vielen Bereichen der Halbleiter-, der chemischen und der pharmazeutischen Industrie eingesetzt: Es gilt als ideales Lösemittel in der Chipherstellung zur Entfernung von organischen und anorganischen Verunreinigungen aus den Wafern; es ist ein wichtiges Ausgangsprodukt für Farbstoffe und Rostverhütungsmittel, sowie zur Herstellung von Schmerzmitteln, Antibiotika, Tranquilizern u.a.m.
Als einer der führenden Hersteller von Prozesschemikalien (anorganische Säuren und Lösemittel) und Gasen für die Halbleiterindustrie und LCDs verfügt die BASF am Standort Ludwigshafen über die weltweit einzige produzierende Anlage zur Herstellung von Hydroxylamin freie Base in USLI-Qualität (Konzentration an Metallionen < 10 ppb) mit einer Kapazität von derzeit 7600 t/a.
Wahl der geeigneten Kreiselpumpe
Aufgrund der Gefahr einer explosionsartigen Zersetzung und des gesundheitlichen Risikopotenzials (Verdacht auf Krebs erregende Wirkung) bei der Herstellung von HAFB wurden während der Planung, Konstruktion und späteren Erweiterung der Produktionsanlage in Ludwigshafen zahlreiche Untersuchungen im Hinblick auf die Betriebssicherheit von Pumpen durchgeführt. Eine hermetisch dichte Konstruktion zur Vermeidung von Gefährdung für Gesundheit und Umwelt war genauso zwingend wie der Einsatz geeigneter Überwachungseinrichtungen, um einen störungsfreien Dauerbetrieb gewährleisten zu können. Hinzu kamen die für die Qualität des Produktes maßgeblichen Forderungen nach Reinheit der verwendeten Werkstoffe und die Vermeidung von potenziellen Kontaminationsquellen, z. B. durch Verschleiß oder gar Ausfall der Pumpe.
Ermuntert durch die in vielen Anlagen der BASF gemachten Erfahrungen mit diesen Pumpen entschieden sich die Verantwortlichen der HAFB-Pilotanlage für magnetgekuppelte Kreiselpumpen mit PFA-Auskleidung vom Typ MNK. Neben der geeigneten Werkstoffkombination und der hohen Fördermengen waren vor allem die hohe Betriebszuverlässigkeit und die Lebensdauer entscheidende Kriterien für die Wahl des Fabrikates. Hinzu kam, dass andere Kreiselpumpen, die speziell für diesen Einsatz bestimmt waren, zuvor innerhalb weniger Wochen wiederholt ausgefallen waren.
MNK für Reinstmedien
Ein wichtiger Vorteil von Kreiselpumpen ist das hydrodynamische Arbeitsprinzip. Anders als die nach dem Verdrängerprinzip arbeitenden Membranpumpen erfolgt die Energieumwandlung in Kreiselpumpen durch Änderung der Strömungsgeschwindigkeit im beschaufelten Laufrad, wodurch das Medium kontinuierlich und gleichförmig, also pulsationsfrei, gefördert wird. Die beim Einsatz von oszillierenden Maschinen erforderlichen Maßnahmen zur Unterdrückung von periodischen Druckschwankungen, die die Wirksamkeit der in den Anlagen eingebauten Filtersysteme beeinträchtigen können, entfallen hier.
Hauptmerkmal von magnetgekuppelten Kreiselpumpen ist ihre hermetische Bauweise. Die berührungslose Übertragung der Antriebsleistung erübrigt dynamische Dichtungen, wodurch ein leckagefreier Betrieb gewährleistet und die Gefahr von Kontamination von außen ausgeschlossen werden. Zu den weiteren relevanten Merkmalen der im HAFB-Betieb eingesetzten MNK-Pumpe zählt, dass die Gehäusepanzerung den Systemdruck trägt und die Rohrleitungskräfte aufnimmt. Die Auskleidung aller mediumberührter Bauteile aus PFA (Perfluoralkoxy-Copolymer) mit einer Mindestdicke von 3 mm sorgt für die universelle chemische Beständigkeit der Pumpe bis zu einer Mediumtemperatur von 180 °C.
Als Auskleidungswerkstoff wird ausschließlich reines PFA (frei von stabilisierenden Füllstoffen) verwendet. Damit können eine durchgehend sichere Qualitätskontrolle und die Reinheit der medienberührten Bauteile gewährleistet werden.
Auch beim Doppelspalttopf-System findet man eine klare Funktionstrennung durch Kombination eines drucktragenden Spalttopfes aus Kohlefaserverbund (CFK) und eines mediumbenetzten PTFE-Spalttopfeinsatzes. Aufgrund der metallfreien Konstruktion entsteht keine zusätzliche Wärme infolge von Wirbelstromverlusten. Anders als bei metallischen Pumpen wird somit keine Wärme im Spalttopf erzeugt und die in das Medium transportiert.
Die Lagerung der rotierenden Einheit erfolgt in robust dimensionierten Gleitlagern aus Rein-SiC. Durch Verwendung der Safeglide-Plus-Technologie verfügen die Gleitlager über einen optimalen Schutz vor Trockenlaufschäden.
Die Herstellung der in der HAFB-Anlage eingesetzten Blockpumpe MNK-B 25–25–160 erfolgte – so wie bei entsprechenden Armaturen auch – nach den für Reinstmedien-Anwendungen explizit festgelegten Qualitätsanweisungen, die u. a. auf die Sicherstellung folgender Aspekte abzielen:
  • Verarbeitung der vom Kunden spezifizierten Werkstoffqualitäten (hier: ausschließlich füllstofffreies PFA und reines SiC)
  • PFA-Verarbeitung mit speziellen Werkzeugen aus geeigneten Werkstoffen
  • gesonderte Lagerung und Handhabung aller mediumberührten Einzelteile
  • Reinigung aller mediumberührten Komponenten
  • Montage in kontrollierter, staubfreier Umgebung, abseits der Fertigungslinie
  • Verwendung von Schutzkleidung bei der Montage, Kontrolle und Verpackung
  • Transportschutz zur Vermeidung von Kontamination
Betriebserfahrung
Seit Inbetriebnahme der Pilotanlage 1997 und der großtechnischen Produktion in 1999 fördert die MNK-Pumpe Hydroxylamin in höchster Qualität – ohne Ausfälle.
Weitere Installationen in der BASF AG im Bereich der Herstellung von Reinst-Schwefelsäure (96%) für die Mikroelektronik, bei der sogar SLSI-Qualität garantiert wird, zeugen von der Zuverlässigkeit dieser Konstruktion – selbst unter den geschilderten extremen Bedingungen.
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