Die Aromaschutzkammer ermöglicht die Lagerung und Reifung von Rohschinken und Rohwurst als biotechnologischen Prozeß unter modifizierter Atmosphäre. Das Klima und die Atmosphäre innerhalb der Kammer kann ebenso an die individuellen Produkterfordernisse angepaßt werden wie der Gewichtsverlauf. Es entstehen mikrobiell stabile Produkte mit einer gleichmäßig hohen Qualität.
Dr. Uwe Grupa
Die Reifung von Rohschinken und Rohwurst nimmt innerhalb des gesamten Produktionsprozesses die meiste Zeit in Anspruch. In diesem Prozeßschritt entstehen produkttypische und wertgebende Eigenschaften wie Konsistenz, Geschmack und Geruch. Wegen technischer Zwänge erlaubt die klassische Schinkenreifung in Klimaräumen oder die Folienreifung eine Variation von Prozeßparametern nur in einem engen Bereich. Deshalb liegt gerade hier ein großes Potential für Verbesserungen, wie sie beispielsweise mit der Aromaschutzkammer erreicht werden.
Prozeßparameter bei der Reifung steuern
Die prozeß- und qualitätssicherungstechnischen sowie ergonomischen Rahmenbedingungen für die Modifizierung des Reifeprozesses mit Hilfe der Aromaschutzkammer zeigt Abbildung 1.
In der Aromaschutzkammer kommt nicht jeder Schinken in einen eigenen Raum wie bei der Folienreifung. Vielmehr befinden sich viele Schinken in einem großen Raum. In diesem Prozeßraum durchläuft die zu behandelnde Rohpökelware die Reifung unter modifizierbarer Atmosphäre. Dadurch entfallen – bei gleicher oder höherer biologischer Sicherheit und verbesserter Prozeßqualität – viele Verarbeitungsschritte.
Die Aromaschutzkammer ist modular aufgebaut. Dabei sind je nach Anforderungen verschiedene Ausführungen möglich. Mit Hilfe einer übergeordneten Gesamtsteuerung können über Prozeßparameter wie
• Temperatur,
• Feuchte,
• Gasmengen und -geschwindigkeiten sowie
• Atmosphärenzusammensetzung
gezielte Reifungsverläufe realisiert werden.
Hohe Qualität bei gleichbleibender Produktcharakteristik
Der Betrieb der Aromaschutzkammer mit einer modifizierbaren Atmosphäre ist sowohl unter dem Gesichtspunkt der gezielt einstellbaren Produkteigenschaften als auch der sehr guten Prozeßstabilität vorteilhaft: Durch die modifizierbare Atmosphäre bleiben die Produkte auch bei hohen Feuchten von über 90 % r.H. und Temperaturen größer 20 °C über lange Zeit stabil. Unerwünschte mikrobielle Belastungen werden sicher unterbunden. Des weiteren drängt die geringe Sauerstoffkonzentrationen in der Aromaschutzkammer oxidative Veränderungen zurück. Dies gilt insbesondere bei höheren Temperaturen.
Aufgrund der hohen Prozeßstabilität in der Kammer kann man alle Prozeßparameter unabhängig voneinander einstellen. Besonders wichtig ist, daß auch der Gewichtsverlauf des Produkts frei wählbar ist. Über eine gezielte Zusammensetzung der Atmosphäre lassen sich bestimmte mikrobielle oder biochemische Vorgänge steuern, um so definierte Produkteigenschaften zu realisieren. Die in der Aromaschutzkammer hergestellten Rohschinken zeichnen sich durch einen typischen, reinen Geruch und Geschmack aus. Die Konsistenz ist kernig, die Farbe über das gesamte Produkt ansprechend kräftig. Im Sinne einer konstanten und hohen Produktqualität läßt sich die Ausbildung von Trockenrändern oder Feuchtigkeitsnestern verhindern. Letztere begünstigen einen Verderb des Rohschinkens.
Bei der Lagerung bzw. Weiterreifung von Rohwurst in der Aromaschutzkammer kann der für diesen Prozeßschritt hohe und unerwünschte Gewichtsverlust auf unter 1% über mehrere Wochen signifikant reduziert werden. Bei konventionellen Verfahren liegt dieser Wert üblicherweise bei etwa 15% in zwei Wochen. Dennoch bleiben alle produkttypischen Merkmale erhalten. In der Regel kommt es zu keinen sensorischen Veränderungen und wenn doch, werden andere typische und wertgebende Eigenschaften positiv verstärkt. Mit Hilfe der Aromaschutzkammer ergibt sich die Möglichkeit, auch bei starken Absatzschwankungen Rohwurst unter Qualitäts- und Kostenaspekten termingenau zu produzieren und dem Handel anzubieten.
Kosteneinsparungen bei hoher Produktqualität
Genauso interessant wie die technologischen Aspekte sind auch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Verfahrens, das in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Bedford in der betrieblichen Praxis etabliert wurde.
Die Aromaschutzkammer führt zu einer deutlich verbesserten Anlagenauslastung bei geringerem spezifischen Platzbedarf. Des weiteren ist ein weniger aufwendiges Klimatisierungs- und Luftführungssystem notwendig, so daß sich auch Kosteneinsparungen ergeben. Ferner bietet die Aromaschutzkammer eine größere Betriebssicherheit beispielsweise bei Stromausfällen.
Unter Berücksichtigung der geringeren Kosten, der Steuerung des Reifetermins und des Gewichtsverlustes ergeben sich sehr günstige Wirtschaftlichkeitsdaten. So liegt bei einem typischen Anlagenbetrieb die Amortisationszeit bei unter zwei Jahren.
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