Hörbarer Unterschied

Dipl.-Wirt.-Ing. Stefan Niermann

Lineargleitlager sind universell einsetzbar. Ihre Eigenschaften wie Trockenlauf, Schmutzunempfindlichkeit, Korrosionsfreiheit sowie das geringe Gewicht bieten neue Möglichkeiten für Anwender aus allen Branchen (Abb. 1). DryLin-Lineargleitlager sind zudem kostengünstiger als Kugelbuchsen. Allerdings existiert eine Einschränkung: Erfordert die Anwendung höchste Präzision und/oder minimalste Reibwerte, begrenzt dies den Einsatzbereich der Gleitlager. Der Trockenlauf prädestiniert die Gleitführung beispielsweise für die Lebensmittel-, Pharma- und Laborgeräteindustrie, bei denen Öl und Fett stören. Durch den Verzicht auf Öl und Fett entfällt auch das Verkleben und Aushärten der Schmutzpartikel auf der Welle.

Neben den Werkstoffeigenschaften – das DryLin-Linearprogramm basiert auf den Werkstoffen iglidur J (Standard) und iglidur X (Hochtemperatur/Chemie) – sorgt eine patentierte Lagergeometrie dafür, dass sich der Kunststoff als robustes, schmutzunempfindliches Linearlager empfiehlt. Die einzelnen Gleitelemente sind über dünne Filmbrücken miteinander verbunden, die ideale Schmutzkanäle bilden. Bei schmutzigen oder staubigen Anwendungen werden die Staubpartikel gezielt durch das Lager geschleust. Der Formschluss in der Ringnut der Aufnahme gewährleistet den axialen Halt der Lagerfolie.

Aufgrund des Aufbaus der DryLin-Lineargleitlager, bei dem auf rollende Körper verzichtet wurde, ist theoretisch mit unbegrenzten Beschleunigungs- und Geschwindigkeitswerten zu rechnen. In der Praxis begrenzen die zu bewegenden Massen und die daraus resultierenden P x V-Werte (Flächenpressung x Geschwindigkeit) die Geschwindigkeit. Dennoch lassen sich Geschwindigkeiten von mehr als 8 m/s, wie sie zum Beispiel im Handlingsbereich von industriellen Kleinteilen gewünscht werden, realisieren.

Die Feuchtigkeitsaufnahme der iglidur-Kunststoffe liegt maximal bei 0,5 Gewichts-prozent. Diese geringe Feuchtigkeitsaufnahme ergänzt sich glänzend mit den Eigenschaften von beschichtetem Aluminium als Gehäuse oder Gegenlaufpartner. Beide Werkstoffe zeichnen sich durch 100%ige Korrosionsbeständigkeit aus, die beispielsweise im Dauereinsatz unter Wasser bestehen bleibt. Auch ein Nachfetten als Folge der Reinigung mit Hochdruckreinigern ist nicht erforderlich.

Das komplette Programm der DryLin-R-Wellenführungen lässt sich durch Austauschen der Standardgleitfolien aus iglidur J durch iglidur X einfach zum hitze- und chemikalienbeständigen Problemlöser variieren: Letztere bieten eine Temperaturbeständigkeit bis 250 °C. Auch die Reibwerte können sich sehen lassen: So erreicht ein iglidur-X-Lager auf einer geeigneten Edelstahlwelle im Linearbetrieb einen Reibwert von 0,16. Zahlreiche Versuche der igus-Entwicklungsabteilung zeigen, dass der Werkstoff iglidur X mit ansteigenden Temperaturen sogar noch verschleißfester wird. Schon im Betrieb bei Raumtemperatur zeigt sich, dass die Paarung mit einer Edelstahloberfläche zu optimalen Ergebnissen führt (Abb. 2). iglidur-X-Gleitfolien sind fast universell chemikalienbeständig. Nur konzentrierte Salpetersäure und Schwefelsäuren, deren Säuregehalt über 65% liegt, greifen sie an.

Gleitelemente aus Kunststoff, die auf geschliffenen Wellen oder Aluminiumprofilschienen laufen, verursachen kaum Geräusche und Vibrationen. Metallische Rollgeräusche wie bei Kugelumlaufsystemen entfallen. Die Geräuschentwicklung ist zudem unabhängig von der Bewegung. Selbst bei kurzen, sehr schnellen Hüben führt der Verzicht auf weitere Relativbewegungen zu hörbaren Vorteilen.

iglidur-A290-Gleitlager sind für den Einsatz im direkten Kontakt mit Lebensmitteln oder Arzneimitteln geeignet. Die Gleitlager zeichnen sich durch hohe Abriebfestigkeit, Schmutzunempfindlichkeit und die Fähigkeit zum Trockenlauf aus.

Viele Lebensmittelmaschinen werden täglich gereinigt und desinfiziert. Die Chemikalien- und Korrosionsbeständigkeit von iglidur A290 ist hier entscheidend. Die Gleitlager können für langsam rotierende, oszillierende und lineare Bewegungen eingesetzt werden.

Gegenüber Lagern aus dem Werkstoff iglidur A200 (mit FDA-Zulassung) konnten die tribologischen Eigenschaften erheblich verbessert werden (Abb. 3). So beträgt zum Beispiel die maximal zulässige statische Flächenpressung 70 MPa. Unter dieser Belastung beträgt bei Raumtemperatur die Verformung nur ca. 2,5%. Eine plastische Verformung kann bis zu dieser Belastung vernachlässigt werden. Sie ist jedoch von der Dauer der Einwirkung abhängig.

Neben dem Download von 3D-CAD-Dateien für zahlreiche CAD-Systeme, die unter www.igus.de abzurufen sind, ist die Lebensdauerberechnung und Auslegungshilfe durch ein Expertensystem im Internet keine Vision mehr (Abb. 4). Durch die Eingabe von Eckdaten der zu berechnenden Anwendung kann der Konstrukteur Auslegungshilfen, benötigte Antriebskräfte und die Lebensdauer berechnen lassen. Der zu jeder Zeit der Berechnung mögliche Wechsel zwischen verschiedenen Lösungsalternativen unterstützt den Techniker zusätzlich bei einer technisch optimalen und gleichzeitig kostengünstigen Konstruktion. Die Aussagen basieren dabei nicht auf rein theoretische Annahmen, sondern auf Datenreihen von mehreren tausend dokumentierten Standardversuchen: Im firmeneigenen Labor werden pro Jahr mehr als 2500 Versuche durchgeführt. Die meisten davon mit Laufzeiten von 100 Stunden und mehr. Sie bilden die Basis für Berechnungen und persönliche Beratung des Anwenders.

Halle 12.1, Stand E21