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Langlebiger Korrosionsschutz

Systemlösungen unter Verwendung von modifiziertem PTFE
Langlebiger Korrosionsschutz

Obwohl im Chemieanlagenbau eine ganze Reihe von Möglichkeiten für die Vermeidung von Korrosion zur Verfügung stehen, steigt der Anteil der Fluorpolymerlösungen ständig. Eigenschaften wie sehr gute Chemikalien- und Stress-Cracking-Beständigkeit, hohe Reinheit, eine glatte, antiadhäsive und daher leicht abreinigbare Oberfläche und die Temperaturbeständigkeit bis 250 °C sind dafür verantwortlich. Ein Vertreter der Perfluorpolymere, das modifizierte PTFE, eignet sich in besonderer Weise für die Herstellung von Systemlösungen für den schweren Korrosionsschutz im chemischen Anlagenbau.

Dr. Michael Schlipf, Dr.-Ing. Jürgen Künzel, Dipl.-Ing. Martin Metzger

Einer der wichtigsten Vertreter der vollfluorierten Materialien ist nach wie vor Polytetrafluorethylen, PTFE, ein teilkristalliner Werkstoff aus Tetrafluorethylen (TFE). Die Schmelztemperatur liegt bei 327 °C. Aufgrund des sehr hohen Molekulargewichtes von bis zu 108 g/mol ist die Schmelzviskosität jedoch so hoch, dass eine Verarbeitung nur nach speziellen Press- und Sintertechniken (Suspensions-PTFE) oder durch die sogenannte Pastenextrusion (Emulsions-PTFE) möglich ist.
Durch Copolymerisation mit einer geringen Menge eines ebenfalls perfluorierten Modifiers, Perfluorpropylvinylether (PPVE), und Absenkung des Molekulargewichtes entsteht ein neues Produkt, das zwar noch nach den für PTFE üblichen Methoden verarbeitet wird, das aber ein deutlich verbessertes Eigenschaftsprofil aufweist, z.B. reduzierten Kaltfluss, reduziertes Porenvolumen und verringerte Permeation. Zusätzlich konnten noch weitere Eigenschaften des Fluorthermoplasten PFA, z. B. die Verschweißbarkeit, in die sogenannte 2. PTFE-Generation, wie TFM-PTFE auch genannt wird, eingearbeitet werden (Abb. 1 und 2).
Schadensmechanismen
Folgende Mechanismen können Schäden an Fluorpolymerauskleidungen – und damit Korrosion – verursachen:
• Zerstörung des Kunststoffes durch aggressive Substanzen
• Penetration
• Permeation
• Spannungsrisse
Für den ersten Fall, die Zerstörung von Fluorkunststoffen durch chemische Zersetzung, ist die Chemikalienliste für TFM-PTFE erfreulich kurz. Lediglich fluorierte Kohlenwasserstoffe, Halogene wie elementares Fluor, Alkalimetalle, Monomere, heiße Nitriersäure und energiereiche Strahlung setzen dem Kunststoff zu. Gegenüber allen anderen Chemikalien ist TFM-PTFE beständig.
Um die anderen Effekte, speziell Penetration und Permeation, zu minimieren, bieten sich die folgenden Systemlösungen an.
Fest verklebt
Insbesondere im Behälterbau und bei Anlagen, die bei niederen Temperaturen betrieben werden, setzt man vorzugsweise fest mit dem Stahluntergrund verbundene Fluorpolymerauskleidungen ein. Hierzu werden einseitig mit einem Glasgewebe kaschierte Auskleidungsfolien und -platten mittels eines temperatur- und chemikalienbeständigen Klebstoffes in die Apparatur bzw. den Behälter eingeklebt. Die Plattenränder werden anschließend zur Abdichtung verschweißt. Ein bedeutender Vorteil derartiger Korrosionsschutzsysteme ist deren Vakuumbeständigkeit. Die Penetration der Chemikalie in das Auskleidungsmaterial wird durch die Auswahl des bestgeeigneten Werkstoffes und durch entsprechende Schichtdicken unter Kontrolle gebracht.
Lose eingebracht
Bei Einsatztemperaturen über ca. 120 °C erreichen fest verklebte Korrosionsschutzsysteme schnell ihre Grenzen, da zum einen keine geeigneten, chemikalienbeständigen Klebesysteme für diese hohen Temperaturen mehr verfügbar sind und zum anderen die Permeationsraten der Chemikalien mit zunehmender Temperatur stark ansteigen (für die Permeationskinetik gilt die Arrhenius-Gleichung).
Die Lösung des Problems liegt dann in der sogenannten Lose-Hemd-Auskleidung. Hierzu wird eine Fluorpolymer-Auskleidung in die Anlage bzw. den Behälter eingebracht, ohne dass dabei eine feste flächige Verankerung der Auskleidung mit der Stahlkonstruktion erfolgt. Als notwendige Haltepunkte für diese Anlage in der Anlage werden üblicherweise die Flansche verwendet: Der dehnbare Fluorpolymerwerkstoff wird nach einem speziellen Verfahren in diesen Bereichen über das Flanschblatt hinweg umgebördelt, wobei es gleichzeitig nach Zusammenbau der Anlage als Dichtungswerkstoff fungiert. Ein Hersteller legt zusätzlich eine schmale, flexible Dichtung ein und reduziert damit die Kräfte auf die Flanschverbindung.
Die möglichst weitgehende Reduzierung der Chemikalienpermeation erfolgt durch entsprechende Werkstoffauswahl – TFM-PTFE bietet sich hier aufgrund seines Eigenschaftsprofils im Besonderen an – sowie durch Anwendung entsprechender Materialstärken. Jedoch sind den Materialstärken aus fertigungstechnischen Gründen und auch aus wirtschaftlicher Sicht Grenzen gesetzt; zudem zeichnen sich große Wandstärken durch geringere Wechselbiegeeigenschaften aus, ein Kriterium, das bei der Werkstoffkombination Fluorpolymer-Stahl im Hinblick auf die stark unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten nicht außer acht gelassen werden darf.
Zusätzliche Maßnahmen
Werkstoffauswahl und Wandstärke sind geeignete Mittel, die Permeation zu minimieren. Vollständig unterbinden, vor allem im Hinblick auf einen langjährigen Anlagenbetrieb im Hochtemperaturbereich, lässt sich die Permeation allerdings hierdurch nicht. Daher müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um das dennoch auftretende Restpermeat in geeigneter Weise zu handhaben.
Für das Auftreten von Korrosion an Stahl sind zwei Voraussetzungen notwendig, das Vorhandensein eines elektrochemischen Potentials und die Gegenwart eines Elektrolyten. Gelingt es, eine der beiden Komponenten zu vermeiden, so kann Korrosion nachhaltig vermindert oder sogar unterbunden werden.
Hinterlüftung und Isolation
Ein wesentlicher Aspekt der Apparateauslegung ist die Hinterlüftung der Fluorpolymerauskleidung. Die Konzentrationsverhältnisse für die Chemikalie in der Anlage und innerhalb der Auskleidungskonstruktion sind in Abbildung 3 dargestellt. Die Chemikalienkonzentration fällt innerhalb der PTFE-Auskleidung sehr steil ab, da das Eindringen der Chemikalie nur sehr langsam erfolgt. Der Diffusionsvorgang durch das Auskleidungsmaterial hindurch läuft nach gaskinetischen Gesetzen ab, d.h. jedes Molekül ‚sucht seinen eigenen Weg‘ ohne dabei mit den anderen Molekülen in Wechselwirkung zu stehen. Nach Austritt in den Zwischenraum zwischen Auskleidung und Stahlbehälter erfolgt bei gegebener Hinterlüftung eine weitere Konzentrationsverdünnung. Solange die Konzentration der Chemikalie im Zwischenraum zwischen Auskleidung und Stahlkonstruktion unterhalb deren Sättingskonzentration liegt, bleibt der Stahlbehälter trocken und es kann – wegen Abwesenheit der Elektrolytkomponente – keine Korrosion einsetzen (Abb. 3, links). Ist jedoch die Hinterlüftung im Zwischenraum nicht ausreichend oder gar unterbunden, so steigt die Chemikalienkonzentration infolge Nachdiffusion kontinuierlich an und übersteigt schließlich die Sättigungskonzentration, d.h. es tritt Kondensation ein und der Korrosionsmechanismus kann beginnen (rechte Bildhälfte).
Neben der Hinterlüftung von Lose-Hemd-Auskleidungen spielt die Isolierung der ausgekleideten Anlage eine weitere wesentliche Rolle bei der Verlängerung der Anlagenlebensdauer.
Eine wirkungsvolle Isolierung (Abb. 4) hält die Anlage warm und stellt sicher, dass der Temperaturverlauf im kritischen Anlagenbereich, d. h. innerhalb der PTFE-Auskleidungswandung, im Zwischenraum und an der Innenoberfläche der Stahlkonstruktion, den Taupunkt TD der Chemikalie nicht unterschreitet. Eventuell auftretendes Permeat kann somit in diesen Bereichen nicht kondensieren. Korrosion kann deshalb nicht eintreten.
Bei mangelhafter oder fehlender Isolierung, auch bei isolierten Anlagen häufig zu beobachten im Bereich von Armaturen und Abzweigen, fällt hingegen die Temperatur vom Anlageninneren nach außen hin schnell ab und kann u. U. schon innerhalb der PTFE-Auskleidung den Chemikalientaupunkt TD unterschreiten. Kondensationsvorgänge innerhalb der PTFE-Wandung sind häufig Ursache von Blasenbildung an der Oberfläche und auch in der Tiefe des Auskleidungsmaterials (Blisterbildung), während die Kondensation im Zwischenraum zwischen Auskleidung und Stahlwand, wie schon beschrieben, schnell zu Korrosion führen kann.
Mit beiden Maßnahmen wird das Ziel verfolgt, die Konzentration der Chemikalie innerhalb der Wandstärke der PTFE-Auskleidung niedrig und den Stahlteil der Anlagenkonstruktion trocken zu halten, da die meisten aggressiven Chemikalien, solange sie gasförmig bleiben, keine korrosive Wirkung auf Stahl haben.
Nur die Kombination zwischen Auswahl des geeigneten Werkstoffes, dem Design der Anlage und der richtigen Montage bringen letztendlich den Erfolg und somit eine möglichst hohe Lebenserwartung der chemischen Anlage.
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