Rohmaterialien und Halbfabikate für Rezepturen und Abfüllungen kostengünstig und zuverlässig zuzuführen, stellt Produktions- und Logistik-Abteilungen in der Prozeßindustie immer wieder vor besondere Herausforderungen. Die Produkte werden zum einen in unterschiedlichster Form, lose oder gebunden, angeliefert. Zum anderen ist der Umschlag von Flüssigkeiten und speziell von Schüttgütern an sich schon komplexer als der reine Stückgutumschlag.
Dr. Walter Kokeisl
Unterschiedlichste Technologien sind zu „orchestrieren“, unter anderem die Förder- und Lagertechnik, die verwendeten Transportsysteme und die Entnahme-, Dosier- und Steuerungstechnik. Es geht dabei nicht primär um die Frage nach dem Umschlagsvolumen, im Vordergrund stehen unter dem Gesichtspunkt der Ganzheitlichkeit Faktoren wie Handling-Kosten, Durchlaufzeiten und Produktqualität. Auch ist das Handling loser Produkte meist bedeutend anspruchsvoller wie das Handling von Stückgütern. So sind die meisten Schüttgüter aufgrund ihres Fließverhaltens problematisch. Sie bilden Brücken, Kamine, backen an oder schießen durch. Diese Probleme wirken sich speziell aus bei Querschnittsverengungen und vor allem auch bei Flußunterbrechungen wie beim Portionieren (Abfüllen, Kommissionieren). Schüttgüter sind zudem oft empfindlich (Entmischung, Kornbeschädigung). Für die Datenerfassung und für Steuerungsprozesse ist die Eignung unterschiedlicher Meßverfahren zu klären (Anzahl, Volumen, Gewicht).
Austrag- und Dosiertechnik
Für das Handling von Schüttgütern werden neben der heute nach wie vor weit verbreiteten Handschaufel verschiedene Hilfstechniken und -systeme eingesetzt. Aus der pneumatischen Fördertechnik hervorgegangen ist das hier beschriebene Austrag- und Dosiersystem; es zeichnet sich dadurch aus, daß mit der Austraghilfe eine direkte, zwangsfreie Entnahme aus dem Lagerbehälter lediglich durch Schwerkraft ohne zusätzliche Fördereinrichtung möglich wird. Ursprünglich wurde der Ausfluß mit Pneumatik (ähnlich dem Fließbett) erreicht, wobei durch Zuführung von nur wenig Luft Lösungen für Kleinmengen-Entnahmen realisiert werden konnten.
Diese Technik wurde überholt durch die Entwicklung eines Fluidisators, der den gleichen Effekt erzielt, jedoch eine bedeutend breitere Anwendung ermöglicht. An der Konus-Innenwand rotiert ein speziell geformter Abstreifer, wodurch das Schüttgut von der Wandung getrennt wird und gleichzeitig einen Auftrieb (Fluidisierung) erfährt. Es entsteht ein „Spiralwirbel“ – das Produkt wird schonend und zuverlässig zum Ausfließen gebracht.
Weiterentwickelt
Die oben beschriebene Austrag- und Dosiertechnik hat sich seit Jahren für Entnahmen von Groß- und Kleinmengen und für unterschiedlichste Schüttgüter in Einzel- und Mehrkomponenten-Abfüllanlagen bewährt. Die nun aktuell auf den Markt kommende Generation ermöglicht aufgrund konzeptioneller und konstruktiver Änderungen ein noch breiteres Anwendungsspektrum. Ein Beispiel ist der Austrag- und Dosierverschluß. Mit seiner Fluidisator-/Kalotten-Konstruktion kann er bis zur stufenlosen Vollöffnung von 150 mm reguliert werden. Damit ermöglicht er ein zuverlässiges und schonendes Ausfließen auch schwieriger Schüttgüter in einem breiten Entnahmebereich.
Die neue Konstruktion eignet sich für Entnahmen bzw. Abfüllungen von wenigen Gramm ebenso wie für Mengen über 100 kg. Fluidisator und Verschluß werden elektrisch betätigt. Neben stationären Anwendungen können mit dem Andock-, Entnahme- und Kommissioniergerät HAK die Antriebe zusammen mit der Wägeeinrichtung und dem Abfüllgebinde an beliebige Entnahmestationen angedockt werden.
Die automatische Schaufel
Der Hersteller fertigt Container mit Inhalten bis zu 10 000 l mit zugehörigen Tragkonstruktionen und produziert auch die Austrag- und Dosierverschlüsse und das HAK selbst. Mit den Komponenten und Modulen sind schnelle, zuverlässige und genaue Groß- bis Kleinstmengen-Entnahmen direkt und ohne Zwischenbehälter aus großen und kleinen, mobilen und stationären Transport- oder Lagereinheiten (Silos, IBCs u.a.) möglich. Die Funktionen sind dem händischen Schaufeln vergleichbar (= die automatische Schaufel): Wie beim händischen Schaufeln gewährleistet das Fluidisator-/Kalottensystem die Entnahme mit hoher Flexibilität und Geschicklichkeit. Die Entnahme kann manuell oder automatisch betätigt werden. Das hier realisierte Dosierverfahren kopiert das händische Abwägeverfahren (Iteration), je nach Kapazität und Genauigkeitsanforderung werden dabei eine oder zwei Waagen eingesetzt. So sind nicht nur schnelle, sondern auch genaue Abwägungen möglich – die Zuführgenauigkeit entspricht praktisch der Wägegenauigkeit.
Abbildung 2 zeigt eine Demonstrationsanlage, für die verschiedene Behältnisse einsetzbar sind. Sie ist mit den Austrag- und Dosierverschlüssen sowie einem entlang einer Fläche (x/y-Achse) verfahrbarem HAK mit Antrieben für die Verschlußbetätigung und mit Absaugung und Waage ausgerüstet.
Integrierte Lösungen
Dieses System erlaubt die Automatisierung von Bereitstellungen und Abfüllungen von Rohmaterialien und Mischungen nach dem Hol-Prinzip und ist überall dort geeignet, wo die herkömmlichen Zuführ- und Fördersysteme „Bring-Prinzip“ nicht wirtschaftlich sind bzw. aufgrund von Fließverhalten, Produkte-, Genauigkeits- und Flexibilitätsanforderungen nicht einsetzbar sind. Abbildung 3 zeigt schematisch die Kombinationsmöglichkeit beliebiger Lager- bzw. Transportbehältnisse für die manuelle oder automatische Rezeptzusammenstellung (Kommissionierung) mit Silos und IBC’s für schlechtfließende Schüttgüter (1,2), ausgerüstet mit dem Austrag- und Dosierverschluß (4) und Big Bags und Silos (7) für gutfließende Schüttgüter sowie mit dem HAK (3) mit Antrieb- und Absaugmodul (5) und Waagenbrücke (6). Die Auslegung des HAK erfolgt entsprechend den jeweiligen Anwenderbedürfnissen bzw. angepaßt an die Aufnahmegebinde (8).
Weitere Informationen cav-231
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