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Professionelle Dienstleistung

Contracting für die Kälte- und Druckluftversorgung
Professionelle Dienstleistung

Seit kurzem ist die Division Energien von Infraserv Höchst im Rahmen eines Contractings für die Kälte- und Druckluftversorgung von Aventis zuständig. Ein ehrgeiziges Projekt, da für die Herstellung von Pharmazeutika besonders strenge Qualitätskontrollen gelten. Dr. Heinrich Lienkamp, Leiter Business Development, Division Energien der Infraserv Höchst, stand cav zu diesem Thema Rede und Antwort.

Contracting bedeutet, die Erzeugung von Energie oder auch die Bereitstellung von Rohstoffen an einen externen Dienstleister zu vergeben. Das Contracting umfasst Finanzierungsmodelle für Energieinvestitionen, die Errichtung oder Sanierung von Anlagen zur Energieumwandlung, deren Betriebsführung und als spezielle Dienstleistung: das Einsparcontracting. Der Begriff beschreibt bereits das Ziel. Die Finanzierung der Umbaukosten einer bereits bestehenden Anlage erfolgt großteils aus den Einsparungen, die sich durch den wirtschaftlicheren Betrieb der Energieanlage ergeben.

Wird ein Anlagencontracting abgeschlossen, besteht beim Auftraggeber ein neuer oder zusätzlicher Energiebedarf. In diesem Fall plant und errichtet der Contractor die notwendigen Anlagen, holt Baugenehmigungen ein und finanziert die Anlage. Im Rahmen eines solchen Vertrages kann der Verantwortungsbereich des Contractors von der Beschaffung der Primärenergie für die Energieerzeugungsanlage bis zur Instandhaltung der kundenseitigen Versorgungseinrichtung reichen. Die Vorteile für den Auftraggeber liegen auf der Hand: Minimierung der Risiken, keine Kapitalbindung und modernste Anlagen, die kostengünstig bei minimaler Umweltbelastung betrieben werden können. Das Contracting ermöglicht dem Auftraggeber auch, sich von unternehmensfremden Aktivitäten zu trennen und auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren.
cav Herr Dr. Lienkamp, welche Tendenzen haben den noch jungen Contracting-Markt in Deutschland in den vergangenen Jahren bestimmt?
Dr. Lienkamp Die Trends, die wir in den vergangenen Jahren beobachten konnten, ergaben sich meist aus den gesetzlichen Rahmenbedingungen. So waren Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung als Anlagen für Energieeinsparung über viele Jahre hinweg, speziell im kommunalen Bereich, das Thema Nummer Eins. In den letzten Jahren verringerten sich leider die finanziellen Zuschüsse von staatlicher Seite, deshalb wurden Anlagen dieser Art immer weniger gebaut. Derzeit beginnt sich die Sachlage – bedingt durch das neue Gesetz für eine Abgabe auf Strom aus konventionellen Kraftwerken zugunsten von Strom aus KWK und erneuerbaren Energien – zu verändern und verhilft diesen Anlagen damit unter Umständen zu einem neuen Aufschwung.
cav Womit ist in der Zukunft zu rechnen?
Dr. Lienkamp Für die Zukunft erwarte ich als Dienstleister steigende Nachfrage im Bereich des Anlagencontractings, denn die Vorteile sind einfach unübersehbar. Bis vor wenigen Jahren wurden in den großen deutschen Unternehmen alle Anlagen – darunter auch Anlagen, die nicht zum eigentlichen Firmen-Know-how gehörten – in Eigenregie erstellt. Mittlerweile setzt sich jedoch immer häufiger die Meinung durch, dass es nur von Vorteil sein kann, eine komplexe Energieversorgung von einem professionellen Dienstleister finanzieren, aufbauen und betreiben zu lassen.
cav Die Division Energien von Infraserv Höchst ist ein professioneller Dienstleister und seit kurzem für die Kälte- und Druckluftversorgung von Aventis zuständig.
Dr. Lienkamp Aventis betreibt hier am Standort Höchst eine Pharmaproduktion sowie eine Fertigung, Verpackung und Formulierung. Es wird also nicht nur der Wirkstoff selbst hergestellt, sondern auch die Formulierung zum Beispiel in Ampullen vorgenommen. In einem letzten Schritt erfolgt dann die Verpackung des Arzneimittels. Die Division Energien von Infraserv Höchst ist für wesentliche Bereiche der Kälte- und für die Druckluftversorgung dieser Produktionslinien zuständig.
cav Können Sie anhand dieses konkreten Beispiels erläutern, welche Rahmenbedingungen das Contracting beinhaltet?
Dr. Lienkamp Die Rahmenbedingungen für die Druckluftversorgung ergaben sich aus den für die Produktion von Arzneimitteln geltenden strengen Qualitätskontrollen. Zu den Vorschriften gehören aufwendige Dokumentationen, Qualitätssicherungen und Zertifizierungen. Selbstverständlich manifestieren sich diese Qualitätsanforderungen auch in den Ansprüchen an die Energieversorgung – und damit wiederum an uns als Contractor. Insbesondere bei der Druckluftversorgung der nachgeschalteten Formulierung war deshalb eine Qualifizierung gemäß GMP – Good Manufacturing Practice – notwendig. Abgesehen von den Anforderungen an die Luftqualität, sollte die neue Druckluftstation wirtschaftlich und effizient arbeiten. Daher wurden bei der Planung Aspekte, wie geringer Druckabfall im Rohrleitungsnetz, möglichst niedriger Energieaufwand für die Verdichtung, optimale Regelung der Verdichter und nicht zuletzt eine effiziente Druckluftaufbereitung berücksichtigt. Diese Vorgaben wurden von Aventis gemacht. Wir haben sie in entsprechender Weise umgesetzt und liefern nun hochreine Druckluft zu einem festen Kubikmeterpreis und mit einer Garantie auf Menge und Qualität.
cav Welche Anforderung wurde an die Kälteversorgung gestellt?
Dr. Lienkamp Stehen die Druckluftanlage und die (+1 °C) Kälteanlage auch an zwei verschiedenen Orten bzw. versorgen sie verschiedene Produktionsanlagen, so sind dennoch strenge Qualitätsansprüche zu erfüllen. Die geforderten Temperaturen dürfen nur geringfügige Schwankungen aufweisen. Arbeitet eine normale Kälteversorgung üblicherweise mit 6 °C Vorlauf und 12 °C Rücklauf, so benötigt man für eine spezielle pharmazeutische Produktionsanlage beispielsweise +1 °C-Kälte in einem Schwankungsbereich von weniger als 61 °C. Die Grundleistungen betragen etwa 3 MW. Die Spitzenleistungen können dabei bis über das Doppelte reichen. Bei einer industriellen Anlage ist das eine Herausforderung an die Auslegung, die Effizienz sowie an eine optimierte Mess- und Regeltechnik. Um das zu erreichen, haben wir eine hochmoderne Kompressionskälteanlage mit dem Kältemittel R134a eingesetzt.
cav Contracting bedeutet auch, dass Sie verschiedene Leistungen bereits im Vorfeld erbringen müssen, ohne einen abschließenden Vertrag in der Tasche zu haben. Welche Schwierigkeiten sind damit verbunden?
Dr. Lienkamp Lassen Sie mich aus Sicht des Auftraggebers anfangen. Er beginnt das Projekt zunächst mit einer Planungsphase, in der die Vor- und Nachteile des Vorhabens intensiv diskutiert werden. Unter anderem sind die Angebote verschiedener Dienstleister Grundlage der Diskussion. Die Entscheidung von Aventis fiel beispielsweise aus mehreren Gründen zu unseren Gunsten. Wir hatten ein gutes Angebot, zeichneten uns durch die räumliche Nähe am Standort Höchst aus und konnten bereits gute Referenzen vorweisen.
Aus Sicht des Dienstleisters ist jedoch gerade diese Phase verhältnismäßig kostenintensiv. Um ein tragfähiges Angebot zu erstellen, muss für das geplante Projekt sowohl eine technisch optimale und ressourcenschonende Lösung gefunden als auch die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen werden. Im Grunde liegt bereits zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Verfahrensvorschlag vor, ob er nun realisiert wird oder nicht. Diese im Vorfeld geleistete Arbeit muss sich natürlich im Verlauf des Projektes wieder amortisieren.
Nach der Planungsphase folgt die Umsetzung. Aventis z. B. gab einen besonders knappen zeitlichen Rahmen vor: Die Druckluftstation sollte innerhalb von vier Monaten und die Kälteversorgung innerhalb von sieben Monaten betriebsbereit sein. Ein solch ehrgeiziges Vorhaben lässt sich natürlich nur realisieren, wenn bereits auf vielfältige Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Denn man muss berücksichtigen, dass der Baubeginn nicht ad hoc möglich ist: Anlagenkomponenten unterliegen Lieferzeiten, Genehmigungen müssen eingeholt werden und bei der Druckluft war das Qualifizierungsverfahren nach GMP erforderlich. Punkte, die nur sehr bedingt beeinflussbar sind und verständlicherweise erst nach erfolgreichem Vertragsabschluss begonnen werden konnten.
cav Aventis war also ein sehr ehrgeiziges Projekt. Welche weiteren Aktivitäten sind für die Zukunft geplant?
Dr. Lienkamp Derzeit läuft der Probebetrieb der Kälte- und Kühlwasserversorgung für eine Large-Insulin-Anlage der Firma Diabel, einer Partnerschaft zwischen Aventis und Pfizer. Doch ob es nun um die Energieversorgung bei der Herstellung von Pharmazeutika geht oder das Sammeln und Entsorgen von Problemstoffen: Aufgrund unserer Herkunft als Energieversorger der chemischen, pharmazeutischen und biotechnischen Industrie können wir Lösungen für nahezu jedes Ver- und Entsorgungsproblem anbieten.
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