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Reinigungsgerechte Anlagengestaltung

Voraussetzung für hygienischeProzeßbedingungen
Reinigungsgerechte Anlagengestaltung

Die gesetzlichen Regelungen für Lebensmittel und pharmazeutische Produkte haben den Schutz des Verbrauchers zum Ziel. Durch Validierung und Reinigung der Produktionsanlagen sowie durch Überwachung der Herstellungsprozesse und Produkte haben die Betriebe für Produktsicherheit und -qualität zu garantieren.

Dr. Gerhard Hauser

Ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Schutz von Lebensmittel- und Pharmaprodukten gegen Kontamination ist die reinigungsgerechte Gestaltung (Hygienic Design) der Produktionsanlagen. Sichere Qualitätsprodukte sind nur mit Anlagen herzustellen, die sich zuverlässig reinigen und sterilisieren lassen. Sowohl die Lebensmittelhygienerichtline (93/43/EWG) als auch die GMP-Richtlinie (75/319 EWG) stellen in den gerätespezifischen Vorgaben den Begriff der leichten Reinigbarkeit in den Vordergrund. Für den Nahrungsmittelbereich sind darüber hinaus direkte Vorschriften zur reinigungsgerechten Gestaltung von Anlagen, Apparaten und Komponenten in der Maschinenrichtlinie (89/392/EWG) unter anderem in Verbindung mit der Norm DIN EN 1267-2 enthalten. Die ISO 14159 (Entwurf) enthält auf internationaler Ebene ebenfalls Grundlagen des Hygienic Design und umfaßt sowohl den Lebensmittel- als auch den Pharma- und Biotechnologiebereich.
Gefertigt aus Edelstahl
Bei der Verwendung von Werkstoffen im Kontakt mit Lebensmittel- oder Pharmaprodukten ist sicherzustellen, daß ausschließlich Migration von gesundheitlich, geruchlich und geschmacklich unbedenkliche Substanzen stattfindet. Für den Lebensmittelbereich ist hier das Lebensmittelbedarfsgegenständegesetz (LMBG) maßgebend. Entsprechende Regelungen finden sich im Code of Federal Regulations (CFDR) von FDA in den USA, der auch den Pharmabereich umfaßt und weltweit angewendet wird. Im Lebensmittelbereich ist der Stand der Technik für Kunststoffwerkstoffe in der Dokumentation „Kunststoffe im Lebensmittelverkehr“ zusammengefaßt [1]. Bei Edelstahl greift die Lebensmittelindustrie im allgemeinen auf bewährte Werkstoffe zurück. Die gebräuchlichsten sind hier die DIN-Werkstoffe 1.4301, 1.4404 und 1.4435. Im Pharmabereich spielt wegen der erforderlichen Reinheit der Produkte der Ferritgehalt (z. B. 0,5%) eine entscheidende Rolle. Dabei wird häufig die Einhaltung der „Basler Norm“ gefordert [2].
Oberflächen und Hygiene
Um eine leichte und sichere Reinigung produktberührter Oberflächen zu ermöglichen, sind Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit wie Bearbeitungsverfahren und erzielbare Oberflächenqualität sowie die Gestaltung und Fertigung von Schweißnähten besonders wichtig. Nach Stand der Technik werden Rauhigkeitswerte wie Ra 0,8 mm bis 0,2 mm als Qualitätsmerkmale herangezogen. Dabei sollten die Oberflächenrauhigkeiten kleiner als die Größe der an der Oberfläche haftenden Substanzen sein, um während der Reinigungsphase eine direkte Benetzung des Restschmutzes mit reinigungsaktiven Substanzen zu erreichen. Die Oberflächenstrukturen lassen sich durch Rauhigkeitsmaße allerdings nicht immer ausreichend beschreiben, entscheidend ist auch das Verfahren, mit dem die Oberfläche bearbeitet wurde. In Abbildung 1 sind vier Oberflächen gegenübergestellt, an denen Mikroorganismen (Größenordnung 1 mm) haften. Die geschliffene Oberfläche (b) zeigt deutlich die Bearbeitungsstrukturen, an denen sich die Mikroorganismen orientieren. Sie lassen sich mit Reinigungsmitteln einfach von der Oberfläche entfernen. Die glasperlengestrahlte Oberfläche (d) läßt schuppenartige Ablösungen erkennen, unter denen sich Mikroorganismen und andere Schmutzsubstanzen verbergen können. Sie werden damit für die Reinigung praktisch unzugänglich. Auch eine Sterilisation kann infolge von schlechtem Wärmeübergang in solchen Bereichen unwirksam werden.
Saubere Konstruktion
Die maßgebenden Gesichtspunkte der hygienegerechten Gestaltung umfassen grundlegende Anforderungen, die in unterschiedlichen Konstruktionen Ausdruck finden. Geschlossene Anlagen werden in-place gereinigt und sterilisiert (Abb. 2). In diesen Fällen umfaßt die reinigungsgerechte Gestaltung in erster Linie die produktberührten Teile. Bei offenen Prozessen spielt zusätzlich die Kontaminationsgefahr der Umgebung eine entscheidende Rolle. Deshalb muß hier auch das Umfeld – nicht produktberührte Oberflächen und Räume – hygienegerecht gestaltet und sauber gehalten werden. Erhebliche hygienische Gefahren gehen von engen Spalten aus, die visuell häufig nicht erkennbar sind. Spaltbildung, beispielsweise an statischen Dichtungen von Verschraubungen, Flanschen oder Meßanschlüssen beeinflußt die Reinigbarkeit meist mehr als die Oberflächenqualität. Während sich die Gestaltung von Komponentenabdichtungen an DIN 11864 orientiert, liegen für Behälter und Apparatedichtungen keine standardisierten und getesteten Lösungsbeispiele vor. Besonders kritische konstruktive Problemstellen ergeben sich an dynamischen Abdichtungen wie Wellendurchführungen von Antrieben. Im Produktbereich sind alle Oberflächen selbsttätig ablaufend zu gestalten, damit sich keine Ansammlung von Resten bildet, die beim Entleeren oder Verdrängen zu Infektionsgefahren führen oder beim Sterilisieren mit Dampf kalte Stellen bilden. Das Vermeiden von tiefliegenden Toträumen und waagrechten Flächen sowie die sorgfältige Abrundung von Ecken sind daher wesentlich für eine hygienegerechte Gestaltung. Vor- und Rücksprünge, wie Sichtfenster in Apparaten und Stutzen, sind zu vermeiden. Alle Verbindungsstellen im Produktbereich, wie Kupplungen oder Befestigungen von Werkzeugen an Wellen, sind entweder hygienegerecht zu schweißen oder sorgfältig abzudichten.
Kontaminationen aus dem Umfeld
Der Umgebungsbereich von offenen Prozessen sollte stets so gestaltet werden, daß während der Produktion eine Kontamination durch Einflüsse aus dem Umfeld oder das Personal vermieden wird. Rahmen von Apparaten sind mit glatten, leicht zu reinigenden Abdeckungen zu versehen und ungünstig gestaltete Scharniere sowie Apparateräder zu vermeiden. Antriebe und Pumpen, die aus Platzgründen unter Apparaten und Behältern versteckt werden, führen zu Schmutz- und Infektionsherden. Sie lassen sich zudem nur schlecht warten. Durch eine geeignete Arbeitshöhe oder Treppen mit Podesten läßt sich verhindern, daß sich die Beschäftigten über freie Produktoberflächen beugen. Über den Produktbereich führende Stege sind durch Vollbleche zu schützen und mit ausreichend hohen seitlichen Schutzblechen zu versehen. Geländer von Stegen müssen innerhalb dieser Schutzbleche liegen, um das Abtropfen von Kondenswasser oder Schmutz in das Produkt zu verhindern. Für die Reinigung im Bereich außerhalb von Maschinen und Apparaten sind ausreichende Abstände zum Boden oder zu den Wänden einzuhalten und Spalte zu vermeiden, in denen sich Mikroorganismen oder Ungeziefer vermehren können.
Test auf Reinigbarkeit
Reinigungstechnische und hygienische Schwachstellen in der konstruktiven Ausführung von Komponenten und Apparaten lassen sich durch Tests (z.B. EHEDG [4], VDMA) ermitteln und nachfolgend verbessern (Abb. 3). Diese stützen sich auf eine gezielte Verschmutzung (meist Mikroorganismen) der Testobjekte, eine nachfolgende definierte Reinigung und eine anschließende Überprüfung des Reinigungserfolges durch Nachweis von Restschmutz. Durch Vergleich der Reinigbarkeit mit einem mitgetesteten Vergleichsobjekt lassen sich auch allgemeingültige Aussagen treffen. In der Praxis zeigt sich als wesentliches Problem, daß noch keine allgemeingültigen Definitionen und Anforderungsprofile vorliegen. Anhand des Stands der Technik lassen sich jedoch Checklisten wie das QHD-System des VDMA zusammenstellen, die Problemstellen systematisch erfassen.
Weitere Informationen dei 224
Literatur
[1] Kunststoffe im Lebensmittelverkehr, Carl Heymanns Verlag,1997
[2] Basler Norm (BN), Herausgeber: Basler Chemische Industrie (BCI)
[3] CP-Pumpen AG, Industrie Brühl, CH-4800 Zofingen
[4] EHEDG-Cleanability-Test; Trends in Food Science & Technology, Elsevier Verlag, Heft 3, Dezember 1992, S. 325-328
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