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Reststoffe als Basisbrennstoff

Energiekosteneinsparung bei der thermischen Abluftreinigung
Reststoffe als Basisbrennstoff

In einem hessischen Papierwerk entsorgt die thermische Abluftreinigungsanlage sowohl die bei der Imprägnierung von Filterpapieren anfallende methanolhaltige Abluft als auch das Methanol-Harzgemisch. Dieses wird als Energieträger in den Brenner der Abluftreinigung eingespeist, wodurch sich eine erhebliche Energiekostensenkung erzielen lässt.

Dipl.-Ing. Claus Albrecht

Die Imprägnierung von Filterpapieren erfolgt durch das Auftragen von in Methanol gelösten Harzen. Beim anschließenden Trocknungsprozess verdampft das Methanol. Ein Teil des Methanols kann in einem Umlufttrockner über eine Kühlfalle zurückgewonnen werden. Die Konzentration in den letzten Trocknerstufen und in den Luftströmungen aus Arbeitsplatzabsaugungen lässt aber eine wirtschaftliche Rückgewinnung nicht zu. Das Methanol muss jedoch aus dem Luftstrom entfernt werden. In dem Papierwerk beträgt der betroffene Restluftstrom der Anlage etwa 18 000 m³/h und enthält dabei bis zu 175 kg/h Methanol mit Anteilen von Harzdämpfen. Bei der Produktion fallen zudem etwa 120 kg/h eines Methanol-Harzgemisches an, das bisher kostenintensiv entsorgt wurde. Aufgrund der gestiegenen Kosten für Brennstoffe galt es, eine sichere Abluftreinigungsmöglichkeit zu schaffen, die auch flüssige Reststoffe mitverwertet.
Abwärmenutzung
Der Ausbau einer bereits vorhandenen thermischen Abreinigungsanlage auf eine zweite Linie mit konsequenter Abwärmenutzung zur Wärmeerzeugung, ermöglicht den Einsatz der zusätzlichen flüssigen Reststoffe als kostengünstigen Basisbrennstoff. Die anfallende Abwärme reicht nun zur Deckung des gesamten Wärmebedarfs der Produktionsstätte aus, einschließlich drei Papiermaschinen und zwei Imprägnierlinien (Abb. 1). Die Menge an zuzukaufender Primärenergie in Form von Erdgas oder Heizöl liegt nun deutlich unter der anfallenden nutzbaren Abwärme. Trotz gesteigerter Produktion konnten damit die Energiekosten gesenkt werden. Entsorgungskosten für flüssige Reststoffe fallen nicht mehr an. Das bestehende Dampfheizwerk dient nur noch zur Reservewärmebereitstellung. Die Auskopplung der Wärme über Thermoölwärmeaustauscher und Umstellung der Dampferzeugung auf indirekte Beheizung ermöglichte den Verzicht auf Beaufsichtigungs- und Überwachungsmaßnahmen entsprechend TRD. Dadurch ergaben sich weitere Kosteneinsparungen.
Altanlage
Das Papierwerk betreibt seit rund 13 Jahren eine thermische Abluftreinigungsanlage, die eine innenisolierte Brennkammer mit nachgeschaltetem Thermoölerhitzer als wesentliche Baugruppen enthält. Diese Ausführung zeigte schon damals wirtschaftliche Vorteile gegenüber einer Anlage mit integriertem Hochtemperaturluftvorwärmer. Über eine Brennerzusatzlanze ließen sich bereits flüssige Reststoffe mitentsorgen, wodurch sich Brennstoffeinsparungen und reduzierte Entsorgungskosten ergaben. Eine Überprüfung der Altanlage zeigte ferner, dass dieses System durch Verzicht auf thermisch hochbelastete Bauteile eine außerordentliche Zeitstandfestigkeit aufweist. Selbst an exponierten Bauteilen innerhalb der Brennkammer wurden Materialabtragungen unter 0,1 mm festgestellt. Damit erfüllt die Anlage nach 13 Jahren weiterhin die umweltrechtlichen Auflagen.
Neuanlage
Die Neuanlage entspricht weitestgehend der bewährten Technik, allerdings in weiterentwickelter Form: Die Bedienung erfolgt über ein grafisches Display und die Sonderbrennstofflanzen sind entsprechend der Erfahrung mit den kritischen Methanol-Harz-Gemischen einfach reinigbar ausgeführt und können während des Betriebs gezogen werden (Abb. 2). Das Gemisch aus Methanol, teilausgehärteten Harzen und Wasser, verursachte bei der bestehenden thermischen Abgasreinigungsanlage bereits erhebliche Probleme, da es zur Aushärtung neigt, nicht schmiert und Kanäle in Pumpen und Düsen verstopft. Der Einsatz von unempfindlichen Membranpumpen brachte trotzt des Einsatzes von marktüblichen Dämpfern erhebliche Pulsationen am Brenner mit sich, die das Emissionsverhalten negativ beeinflussten. Für die neue Anlage wurden großvolumige, abreinigbare Windkessel mit berührungsfreien Füllstandsregelsystemen eingesetzt, die Pulsationen am Brenner restlos ausschalten. Die Ventile mit Druckluftantrieb sind nicht anfällig gegen Verkleben.
Eine speziell entwickelte Düse erlaubt ein feines Zerstäuben bei Mindestquerschnitten von 3 mm. Die Düse kann während des Betriebs der Anlage gereinigt werden. Die Mengenregelung erfolgt mit einem Messsystem ohne Einbauten, das neben dem Durchfluss auch das momentane spezifische Gewicht des Mediums ermittelt. Nach dem Abschalten erfolgt zunächst eine Spülung der Lanzen mit leichtem Heizöl und dann erst das Ausblasen mit Druckluft. Die besondere Ausführung des Brennraumes im Hinblick auf die Eindüsung der Reststoffe ermöglicht die Eindüsung selbst kritischer Gemische ohne jegliche Auswirkung auf das Emissionsverhalten bei deutlicher Senkung des Zusatzenergiebedarfs der Anlage.
Luftvorwärmer
Die Abluft wird zunächst indirekt vorgewärmt. Dabei werden die Aerosole verdampft, um zu verhindern, dass sie in dem, dem Thermoölerhitzer nachgeschalteten Luftvorwärmer schwer entfernbare Verschmutzungen auslösen. Der Aerosolverdampfer ist leicht reinigbar ausgeführt und befindet sich bereits vor dem Absauggebläse. Als Luftvorwärmer dient ein Rohrbündelwärmeaustauscher. Die vorgewärmte Luft strömt über einen Korbbrenner in die eigentliche Reaktionskammer und wird auf eine Temperatur von etwa 730 °C gebracht. Bei dieser Temperatur werden die Schadstoffe bereits vollständig zur CO2 und H2O umgeformt. Die frei werdende Energie aus der Umsetzung zusammen mit dem Gewinn aus der Verbrennung der flüssigen Reststoffe deckt den größten Teil des Zusatzenergiebedarfes. Als Innenisolationsmaterial kommen keramische Matten zum Einsatz, die verhindern, dass bereits während der Oxidationsreaktion Wärme entzogen wird und sichern, dass keine kalten Oberflächen auftreten, die einen Schadstoff-Schlupf bewirken könnten. Sollte bei kurzen Betriebsunterbrechungen der Produktion keine ausreichende Wärmeabnahme bestehen, dient ein Luftkühler der Abfuhr von Überschusswärme. Im sonstigen wird die Wärmeproduktion durch Verschieben des Reaktionstemperatursollwertes an die jeweiligen Betriebsbedingungen angepasst. Dabei darf allerdings eine Mindesttemperatur nicht unterschritten werden.
Wärmeauskopplung
Die ausgekoppelte Wärme wird in einem Thermoölkreis geführt und dient zunächst zur Beheizung der Imprägniertrockner, die direkt an den Thermoölkreis angeschlossen sind. Ferner installiert sind zwei indirekte Dampferzeuger, die Wärme in das 12-bar-Werksdampfnetz speisen (Abb. 3). Diese Dampferzeuger gelten nicht als direkt beheizt und unterliegen damit nicht den Überwachungsvorschriften der TRD. Die Schaltung des Thermoölkreises sieht eine vollständige Trennung von Primärkreis und den Transferkreisen vor. Dadurch können beliebig Einheiten außer Betrieb genommen oder auch nachträglich zugeschaltet werden. So plant der Betreiber die Nachinstallation eines Spitzenlastthermoölkessels, um in Zukunft völlig auf die Bereitstellung eines direkten Dampferzeugers als Reserveeinheit verzichten zu können. Die nachträgliche Einbindung eines derartigen Kessels ist problemlos möglich.
Ausbauplanung
Die Anlage sieht bereits moderne Mengen- und Strömungsmesseinrichtungen vor. Diese werden in einer weiteren Ausbaustufe durch zusätzliche Wärmemesseinrichtungen ergänzt werden. Im Endausbau wird es möglich sein, die gesamten Entsorgungs- und Wärmeerzeugungseinrichtungen, zu denen auch eine bereits in Betrieb befindliche Kleinverbrennungsanlage für Papierreste mit Genehmigung nach 17.BimschV gehört, über einen zentralen Rechner zu überwachen und zu bedienen. Dieser Rechner wird dann auch den Energieverbrauch anzeigen, die Erzeugungskosten optimieren und diese produktionsbezogen zuordnen.
E cav 205
Ergebnisse Basisdaten des Systems
• Abluftvolumenstrom: 18 500 Nm³/h
• Temperatur am Absaugpunkt: 120 °C
• Beladung der Abluft: 175 kg/h Methanol und Phenolharze
• Nebenbrennstoff: 170 kg/h Methanol-Harz-Wasser-Gemische ( 900 kW)
• Zusatzbrennstoff: Erdgas, leichtes Heizöl
• Minimale Reaktionstemperatur: 730 °C
• Verweilzeit in der Reaktionskammer (bei 730 °C): 1,2 s
• Emissionswerte, garantiert: Rest-C 20 mg/m³
CO 100 mg/m³
NOx 200 mg/m³
• Emissionswerte, erreicht: Rest-C: 10 mg/m³
CO 20 mg/m³
NOx 100 mg/m³
Wärmebilanz
• Notwendiger Energiebedarf für die Reaktion bei Betrieb mit 18 500 Nm³/h und 850 °C Reaktionstemperatur: 4430 kW
• Deckung aus der Umsetzung der Abluftbeladung: 950 kW
• Deckung aus der Reststoffeindüsung: 900 kW
• Zusatzbrennstoffbedarf: 2680 kW
• Wärmeauskopplung: 3350 kW
• Einsparung gegenüber Dampfkessel: 1261 kW
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