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Sternenstaub auf Erden

Astrophysik
Sternenstaub auf Erden

Sternenstaub auf Erden
Außerirdischer Kontakt: Der Physiker Peter Hoppe hält Verbindung mit den Gestirnen. In Meteoriten befinden sich winzige Staubkörnchen, die von längst explodierten Sternen stammen und vor über 4,5 Milliarden Jahren in unser Sonnensystem gelangten. Die Körnchen werden am Max-Planck-Institut für Chemie analysiert – im Hintergrund zu sehen, Hoppes Kollege Ulrich Ott. Foto: T. Wegener
Der kleine Brocken sieht aus wie ein Stück Schotter vom Bahndamm, nicht gerade wie eine wissenschaftliche Sensation. Doch der kartoffelgroße schwarze Stein hat eine uralte Geschichte: Sie reicht sogar weiter zurück als zur Entstehungszeit unseres Sonnensystems. Dieses bildete sich vor 4,56 Milliarden Jahren aus einer Ansammlung von Staubpartikeln. Der Staub selbst hatte damals schon eine Millionen Jahre lange Reise hinter sich, setzt er sich doch aus den Überresten explodierter und zerfallener Sterne zusammen. Forscher des Max-Planck-Instituts (MPI) für Chemie in Mainz können heute dank ausgefeilter Messtechnik viele Details seiner Geschichte rekonstruieren.

Am 28. September 1969 fiel in der Nähe der australischen Stadt Murchison ein über 100 Kilogramm schwerer Meteorit vom Himmel. Der Mainzer Gesteinsbrocken ist einer der Bruchstücke dieses sogenannten Murchison-Meteoriten. Für die Forschung hat sich der Meteorit als wahrer Schatz erwiesen. „Er enthält winzige mineralische Körnchen, die nachweislich in der Umgebung von alternden und explodierenden Sternen entstanden sind“, erläutern Ulrich Ott und Peter Hoppe vom Mainzer MPI. Nach dem Ende dieser Sterne sind die Körnchen durch die Milchstraße gereist und wurden Teil des solaren Urnebels, aus dem sich schließlich die Sonne, die Erde und alle anderen Himmelskörper unseres Sonnensystems bildeten.
Lange hatten Wissenschaftler vermutet, dieser Urnebel hätte aus einer homogenen Mischung von Staubpartikeln bestanden. Doch in den 1960er-Jahren zeigte die Analyse eines Meteoriten, dass in ihm das Edelgas Xenon in einer ganz anderen Isotopenzusammensetzung vorhanden war als bei anderen bekannten Funden. In einem weiteren Meteoriten entdeckten Wissenschaftler ungewöhnlich große Mengen des Isotops Neon-22. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass der physikalisch-chemische Fingerabdruck der Sterne, von denen das Material ursprünglich stammte, bis heute in den einzelnen Partikeln zu lesen ist.
Der Aufwand an Analyse- und Messtechnik ist freilich gewaltig. Beim gängigsten Verfahren werden zunächst Teile des Meteoriten in einer starken Säure fast vollständig aufgelöst. Der kleine, zurückbleibende Rest wird danach langsam in einer Vakuumkammer erhitzt, sodass die ins Material eingeschlossenen Edelgase verdampfen. Diese Gase werden dann in einem Massenspektrometer nach ihrem Atomgewicht sortiert und analysiert. Da bei diesem Verfahren Teile des wertvollen Materials zerstört werden, haben Forscher auch schonendere Methoden entwickelt. In Mainz steht eine Anlage, bei der mit einem Strahl elektrisch geladener Teilchen Atome aus der Oberfläche des Meteoriten herausgelöst werden. Die Ergebnisse lassen auf die Herkunft unserer kosmischen Ahnen schließen: So wurden einzelne Körnchen einer Supernova zugeordnet, andere Staubteilchen stammen von einem Roten Riesen.
Selbst das ungefähre Alter der Staubkörnchen können Forscher abschätzen. Denn die Partikel stießen auf dem Weg durch die Milchstraße hin und wieder mit Wasserstoff- oder Helium-Ionen zusammen, wobei sich das Isotop Neon-21 bildet. Je länger ein Staubteilchen unterwegs war, bis es schließlich Teil des solaren Nebels und damit unseres späteren Sonnensystems wurde, desto mehr von diesem Isotop ist entstanden.
Die Messungen deuten darauf hin, dass die Teilchen zwischen drei und 200 Millionen Jahre unterwegs waren, bis sie in unser vor 4,56 Milliarden Jahren gerade erst entstehendes Sonnensystem gelangten. Diese unterschiedliche Reisedauer deutet darauf hin, dass die Partikel von verschiedenen Sternen stammen, die zudem ein unterschiedliches Alter aufwiesen. Mit dieser Arbeit am uralten Sternenstaub ist es den Forschern daher heute möglich, in die Entwicklungsgeschichte der Milchstraße zurückzublicken und Rückschlüsse auf Sterne zu ziehen, die bereits seit vielen Milliarden Jahren nicht mehr scheinen. Ulrich Dewald
Lesen
Mark Emmerich, Sven Melchert: „Astronomie – die Wunder des Weltalls“, Kosmos Verlag, 2009, 9,95 Euro, ISBN 978-3-440- 11709-5
Internet
Sternenstaubforschung am MPI in Mainz:
www2.mpch-mainz.mpg.de/~namip/
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