Trotz zunehmender Akzeptanz ist die Zuverlässigkeit trockenlaufender Vakuumpumpen in chemischen Prozeßanlagen umstritten. Die Betriebserfahrungen führen zu dem Eindruck, diese Pumpen seien nur für saubere Prozesse im Hochvakuum geeignet. Daß Trockenläufer auch in einem „echten“ Chemieprozeß hohe Zuverlässigkeit erreichen, zeigt deren Einsatz bei der Produktion von Sekundenklebern.
Uwe Gottschlich
Sekundenkleber sind Reaktionsklebstoffe auf der Basis von monomeren Cyanoacrylsäureestern, die bereits durch die in der Luft vorhandene Feuchtigkeit sehr schnell zu unvernetzten Polymeren aushärten. Zur Herstellung solcher Cyanacrylat-Klebstoffe wird die flüssige Rohsubstanz durch Erhitzung unter Rühren vercrackt. Um das Reaktionsgleichgewicht zu verschieben, werden die entstehenden Monomere kontinuierlich unter Vakuum entfernt und in einer dem Reaktor nachgeschalteten Kondensatoreinheit auskondensiert.
In dem hier beschriebenen Anwendungsfall erfolgte die Vakuumerzeugung bislang sehr zuverlässig mit einem mehrstufigen Dampfstrahlvakuumpumpsystem. Die hohen Kosten für die Entsorgung des bei der Vakuumerzeugung entstandenen Abwassers führten zu der Entscheidung, die Dampfstrahler durch einen Trockenläufer zu ersetzen. Aufgrund der Tatsache, daß durch Verwendung von Kühlsole bei extrem tiefer Temperatur kondensiert wird, konnte davon ausgegangen werden, daß die Vakuumpumpen lediglich mit Prozeßdampf gesättigte Leckluft entfernen müssen. Eine Belastung durch Monomere erschien unwahrscheinlich, da diese ja vor der Pumpe ausgeschleust würden.
Belagsbildung schafft Probleme
Die Praxis zeigte jedoch, daß der Trockenläufer oftmals bereits nach kurzer Betriebsdauer verklebte und ausfiel. Die notwendige Demontage und Reinigung der Maschine mit dem Austausch einzelner Teile erwies sich stets als extrem aufwendig und teuer. Die erhoffte Reduzierung der Betriebskosten ließ sich nicht erreichen. Eine Ursache für die Probleme fand man in der thermischen Sensibilität der durch die Pumpe geförderten Prozeßdämpfe:
• Das Überschreiten einer Temperatur von ca. 200 °C führt zu weiterer Vercrackung des Mediums und entsprechenden Ablagerungen innerhalb der Pumpe.
• Das Unterschreiten einer Mindesttemperatur von ca. 50 °C führt zur Ausfällung von Kristallen und entsprechenden Ablagerungen innerhalb der Pumpe.
Die Abfuhr der eingebrachten Kompressionsenergie erfolgt in dem eingesetzten Trockenläufer über eine Mantelkühlung. Aufgrund des fehlenden Dichtmittels und der geringen Gasdichte im Vakuum entsteht ein Isolierkanneneffekt, der die Abfuhr der entstehenden Kompressionswärme von den Rotoren an die gekühlte Außenwand erschwert. Daraus resultiert eine große Temperaturdifferenz zwischen Rotoroberfläche und Gehäusewand.
Um bei einem so gekühlten Trockenläufer das Vercracken durch Überschreiten einer Temperatur von 200 °C an den Rotoren zu vermeiden, muß der Mantel zwangsläufig sehr weit heruntergekühlt werden. Dies führt jedoch in der oben beschriebenen Anwendung zu Belägen an der kalten Außenwand durch Kristallbildung. Die Belagsbildung läßt sich daher nicht vermeiden.
Eine weitere Ursache für die aufgetretenen Probleme liegt in der Tatsache, daß sich bei der Kondensation feinstverteilte Flüssigkeitströpfchen bilden, die vom Gasstrom mit in die Vakuumpumpe gezogen werden und dort ebenfalls aufgrund der thermischen Empfindlichkeit zu Prozeßablagerungen führen. Der Versuch, diese Tröpfchen vor der Pumpe abzuscheiden, scheiterte an der Tatsache, daß effektive Abscheider einen zu hohen Druckverlust verursachen, um das im Prozeß benötigte Vakuum zu erreichen.
Trockenläufer mit direkter Gaskühlung schafft Abhilfe
Eine Möglichkeit, durch Einsatz eines Trockenläufers das Vakuum abwasserfrei und dennoch zuverlässig zu erzeugen, ergab sich für den Betrieb durch die Installation eines Trockenläufers, der zusätzlich zur Mantelkühlung die Möglichkeit der direkten Gaskühlung bietet. Bei diesem Prinzip wird nach Abschluß des Ansaugtaktes kaltes Gas direkt in den Verdichtungsraum eingelassen. Dieses senkt einerseits die Temperaturspitzen ab, andererseits wird das Isolationsvakuum im Kompressionsraum gebrochen, was zu erheblich verbessertem Wärmeübergang von den Rotoren auf die gekühlte Gehäusewand führt. Es entsteht ein deutlich homogeneres Temperaturprofil, die Temperaturdifferenz zwischen Rotor und Gehäusewand wird erheblich reduziert.
Diese Maschine erlaubt das Anheben der Kühlwassertemperatur auf Werte oberhalb von 50 °C, ohne am Rotor Temperaturen von 200 °C zu überschreiten. Die Belagsbildung läßt sich dadurch sicher vermeiden.
Durch die Kaltgaszufuhr entsteht weder eine Verringerung der Saugleistung der Pumpe noch ein Anstieg der Emissionsmenge. Das eingespeiste Kaltgas verläßt als erwärmtes Abgas mit Lösemittel beladen die Pumpe. In einem nachgeschalteten Kondensator wird das Lösemittel auskondensiert, so daß das an Lösemittel abgereicherte Kaltgas für den nächsten Takt wieder zur Verfügung steht.
Die vom Ansaugstrom mitgerissenen Flüssigkeitströpfchen werden bei Eintritt in den Kompressionsraum vom Kaltgasstrom aufgenommen und aus der Pumpe herausgetragen. Eine Abscheidung dieser Flüssigkeit hinter der Pumpe ist aufgrund der hohen Gasdichte problemlos möglich.
Diese trockenlaufende Vakuumpumpe arbeitet nun bereits seit mehreren tausend Betriebsstunden mit hoher Zuverlässigkeit. Neben dem Vorteil, daß erhebliche Kosten für die Entsorgung von Abwasser eingespart werden, trat ein weiterer Vorteil zu Tage. Bei den mitgerissenen Flüssigkeitströpfchen handelt es sich um wertvollen Sekundenkleber. Im Fall des Dampfstrahlers verschwand dieser im Abwasser, im mantelgekühlten Trockenläufer blockierte er als teerartiger Rückstand die Pumpe. Beim direktgasgekühlten Trockenläufer wird er unzerstört zurückgewonnen, in Tuben gefüllt und verkauft.
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