Für die Pharmaindustrie haben die Regulierungen der Europäischen Union und die Inspektionen der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) weitreichende Konsequenzen. So müssen auch mittelständische Pharmaunternehmen, wie z. B. die Bode Chemie in Hamburg, die Integrität ihrer elektronischen Daten für die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität ihrer regulierungspflichtigen Produkte durch die Validierung nachweisen.
Um die unternehmensspezifische Validierungsstrategie festzulegen, sollten zuerst Verantwortlichkeiten, gültige Richtlinien und durchzuführende Aktivitäten in einem Masterplan dokumentiert werden. Dabei zeigen die Regulative der europäischen Länder und der USA einige allgemeine Punkte für die Validierung von Computersystemen auf:
• Sicherheit durch Eingaben von Passwörtern
• Festlegen der Anwenderidentität im System
• Einrichten eines Audit Trails
• Manuelle und systematische Überprüfung der Dateneingabe
• Verschiedene Aspekte des Hard- und Software-Lebenszyklus
• Elektronische Unterschrift
Die allgemeinen und spezifischen Anforderungen an ein validiertes IT-System kamen auch zum Tragen, als die Bode Chemie in Hamburg eine neue Unternehmenssoftware einführte. Im Rahmen einer Kick-off-Veranstaltung im November 1999 definierte der Hersteller von Desinfektions-, Reinigungs- und Konservierungsmitteln gemeinsam mit IT-Beratern die Voraussetzungen der Validierung für das mittelständische Chemieunternehmen. Detaillierte Informationen über Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Herangehensweisen an ein solches Projekt sowie den bevorstehenden Einführungsaufwand für die betriebswirtschaftliche Software gab es aus erster Hand von einem renommierten Berater für die Validierung von Computersystemen in der pharmazeutischen Industrie.
Wie sich eine validierte IT-Landschaft im praktischen Einsatz bewährt, konnte das Tochterunternehmen der Beiersdorf AG sowohl bei einigen Referenzkunden aus anderen Branchen als auch beim eigenen Mutterkonzern überprüfen. Die Erfahrungen der Beiersdorf-Mitarbeiter mit der Einführung eines SAP-Systems und der Verwaltung der einzelnen Prozesse im Tagesgeschäft waren folglich ein wichtiges Kriterium, sich bei der Auswahl der zukünftigen Unternehmenssoftware ebenfalls für SAP R/3 zu entscheiden.
Prozesse klassifizieren
Einer der wichtigsten Pfeiler einer erfolgreichen Validierung war bei der Bode Chemie die Risikoanalyse. Sie weist den Zulassungsbehörden die Vollständigkeit der Systembetrachtung nach und erfasst alle Funktionen, die von einem Computersystem ausgeführt werden und ein pharmazeutisches Risiko besitzen. Hierbei gilt der Grundsatz: lieber zuviel erfassen als zu wenig. Rund 16 000 Dokumente kamen in der ersten Auflistung sämtlicher Prozesse der Bode Chemie zusammen. Die nachfolgende Klassifizierung in kritische, weniger kritische und unkritische Funktionen reduzierte dann den Aufwand auf das tatsächlich notwendige Maß von 5000 Dokumenten. So wurde dort ausführlich dokumentiert, wo die Validierung tief greift. In weniger streng reglementierten Bereichen wie Buchhaltung und Controlling konnte die Dokumentation auf das Wesentliche beschränkt werden.
Verkürzte Projektzeit
Anfang September 2001 wurde die IT schließlich nach nur 11 Monaten Projektdauer produktiv gesetzt. Die Personalwirtschaft war bereits im Januar gemeinsam mit der Euroumstellung eingeführt worden. Für die Einführung der übrigen Bereiche galt der Stichtag 11. September 2001. Schließlich sollte die veraltete Hardware ohne große Zeitverzögerung ersetzt werden. Eine sukzessive Einführung hätte das ganze Projekt nur in die Länge gezogen. Nach drei erfolgreichen Testphasen im Vorfeld konnte dann an einem einzigen Wochenende das komplette System in den Echtbetrieb gehen. Störungsfrei und ohne Probleme nutzen seitdem rund 100 Mitarbeiter die Funktionalitäten der integrierten Unternehmenssoftware. Über den Bereich Vertrieb wird z. B. ein komplexes Preissystem mit ca. 30 000 Preisen und unterschiedlichsten Rabattstufen für rund 6000 Kunden abgewickelt. Nach dem reibungslosen Ablauf der individuellen Preisverwaltung sowie den positiven Erfahrungen mit der Einführung und den ersten Monaten im Echtbetrieb, sind bereits Folgeprojekte geplant. So soll in naher Zukunft das System durch Teilbereiche der SAP-Lösung mySAP PLM mit der Branchenausprägung Environment, Health & Safety ergänzt werden.
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