Lebensmittel kommen auf ihrem Weg von der Erzeugung bis zum Verzehr ständig mit anderen Stoffen und Materialien in Kontakt. Die benötigten Bedarfsgegenstände für die Produktion gibt es beim technischen Handel. Er berät auch über die geltenden Vorschriften und Nachweise, die die Zulassung solcher Produkte im Lebensmittelbereich erst erlauben. Im Folgenden ein Überblick über die aktuellen Vorschriften.
Für den technischen Handel bedeutet die Vielfalt an unterschiedlichen Lebensmitteln und deren Herstellungswege eine immense Herausforderung für die richtige Beratung seiner Kunden. Welche Materialien können ohne Weiteres bei der Lebensmittelverarbeitung eingesetzt werden? Welche Rückverfolgungsmöglichkeiten von Produkten gibt es? Fragen, die nicht erst seit Lebensmittelskandalen wie dem Fund von Mineralölen in der Schokolade von Adventskalendern oder Pferdefleisch in der Tiefkühllasagne diskutiert werden. Ständige Weiterbildungen, z. B. auf Veranstaltungen des VTH, sind deshalb notwendig.
Generell gilt die EG-Rahmenverordnung 1935/2004. Sie besagt, dass alle Materialien und Gegenstände, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen – also Verpackungen, Verarbeitungsmaschinen, Rohrleitungen, Transportbänder, Tanks, Geschirr usw. – keine gesundheitsgefährdenden Bestandteile an die Lebensmittel abgeben oder eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung des Lebensmittels herbeiführen dürfen. Außerdem gilt für alle Gegenstände und Materialien eine Kennzeichnungspflicht, z. B. durch das Glas-Gabel-Symbol. Regelungsinstrumente sind etwa Verzeichnisse aller zugelassenen Stoffe (Positivlisten), Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit oder Konformitätserklärungen.
Die EG-Verordnung 1935/2004 ist allerdings nur als „Rahmen“ anzusehen. Ebenfalls gilt für Lebensmittelkontaktmaterial die EG-Verordnung 2023/2006 GMP, die für „gute Herstellungspraxis“ (engl. Good Manufacturing Practice) steht. Ergänzend dazu gibt es diverse Einzelmaßnahmen wie etwa die konsolidierte EU-Kunststoff-Verordnung Nr. 10/2011 PIM (Plastic Implementation Measure).
„Für bestimmte Materialien wie Kunststoff oder Keramik sind Konformitätserklärungen zu leisten, die belegen, dass diese Materialien den geltenden Vorschriften entsprechen“, sagte Dr. Sieglinde Stähle vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL, Berlin) auf einer Informationsveranstaltung des VTH. Neben diesem gesetzlich geregeltem Mittel, gebe es aber auch freiwillige Spezifikationen, die eine Kommunikation in der Lieferkette des späteren Produkts vereinfachten. „Das Wissen über verarbeitete Stoffe wird entlang der Lieferkette vom Rohstoff über verschiedene Vorprodukte und Veredelungen bis hin zum Handel immer geringer. Parallel dazu steigt aber die Verantwortung für dieses Produkt“, weist Dr. Stähle auf bestehende Missstände hin. „Es wird derzeit diskutiert, ob das Prinzip ,one step up, one step down’ der Rückverfolgbarkeit ausreichend ist. Jeder Zulieferer sollte das für sich selbst klären.“ Nach den Problemen mit der Adventskalender-Schokolade werde derzeit in der Bundesrepublik an einer Druckfarben-Verordnung und einer Mineralöl-Verordnung gearbeitet. Diese nationalen Alleingänge kritisiert Stähle: „Die Kleinstaaterei in Europa ist nicht wirklich zielführend. Es sollten viel mehr EU-weit geltende Richtlinien erarbeitet werden.“
Das Produkt ist entscheidend
Heino Fangmann von der TÜV-Süd Management GmbH widerspricht der Vorgehensweise des BLL. Laut der aktuellen Version 6 des International Food Standard (IFS), der Qualitäts- und Lebensmittelsicherheitsstandards für Eigenmarken des Handels entwickelt hat, sollten Konformitätserklärungen für alle eingesetzten Materialien und Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt vorliegen. Existieren für einen Stoff keine Gesetzesvorgaben, so müssen Nachweise vorliegen, dass alle Materialien und Bedarfsgegenstände für den geplanten Gebrauch geeignet sind. In einer Konformitätserklärung wird neben Informationen zu den verwendeten Stoffen auch eingetragen, welche Lebensmittel wie lange und bei welcher Temperatur mit dem zu prüfenden Material in Berührung kommen dürfen. „Dieser Punkt ist von großer Bedeutung. Eine Dichtung, die für Abfüllanlagen von Mineralwasser geeignet ist, kann für Abfüllanlagen von Speiseöl absolut untauglich sein und umgekehrt. Die Aufgabe des Technischen Handels bzw. seiner Kunden besteht darin, den Lebensmittelherstellern mit diesen Informationen zu helfen, damit sie eine Konformitätserklärung erstellen können“, so Fangmann.
BfR-Empfehlungen
In Deutschland regelt das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) die Stoffzulassungen von Kunststoffen und anderen hoch polymeren Verbindungen. Die BfR-Empfehlungen sind zwar keine Rechtsnormen, sie stellen aber den derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik für die Bedingungen dar, unter denen Bedarfsgegenstände aus hochpolymeren Stoffen im Hinblick auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit den Bestimmungen des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzes und der Rahmenverordnung EG 1935/2004 entsprechen. Es gibt dabei kein Zulassungsverfahren, sondern nur Zulassungen für einzelne Stoffe, die nach den Regeln der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA erfolgen.
Die äußeren Umstände, unter denen ein Lebensmittel produziert wird, sind für den Zulassungsprozess von großer Bedeutung. Die Anforderungen an Bedarfsgegenstände auf Basis von Natur- und Synthesekautschuk werden z. B. in vier Kategorien eingeteilt, die sich in der Dauer des Kontaktes unterscheiden. „Der technische Händler ist in der Pflicht, sich darüber zu informieren, welche Lebensmittel sein Kunde produziert und unter welchen Bedingungen dies geschieht“, erklärt Volker Krings, Mitglied der BfR-Kommission für Bedarfsgegenstände. „Nur so kann der technische Händler seinen Kunden optimal beraten, welche Produkte er für seinen Produktionsprozess verwenden darf und kann.“ Dafür ist eine verstärkte Zusammenarbeit entlang der Lieferkette zwischen Lieferanten und technischem Handel nötig.
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