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Wege aus dem Dschungel

Experten diskutieren die neue EU-Lebensmittelkennzeichnung
Wege aus dem Dschungel

Wege aus dem Dschungel
Diskutierten beim Bizerba-Round-Table über die neue EU-Lebensmittelkennzeichnungsverordnung: Dieter Conzelmann, Director Industry Solutions bei Bizerba, Angela Schillings-Schmitz, Senior Branchenmanagerin Fleisch bei GS1 Germany, und Christoph Rösener, EDV-Leiter Bauerngut Fleisch- und Wurstwaren (v. l. n. r.)
Das europäische Parlament hat Ende letzten Jahres die neue EU-Verbraucherinformationsverordnung zur Lebensmittelkennzeichnung verabschiedet. Produzenten aus ganz Europa müssen künftig Lebensmittel ausführlicher kennzeichnen. Das schafft logistische Schwierigkeiten und Platzprobleme auf den Etiketten. Im Rahmen des Bizerba-Round-Tables diskutierten Branchenexperten neue Kommunikationstechnologien und mögliche Standardisierungen.

Die neue Verordnung macht es zur Pflicht, Nährwerte tabellarisch anzugeben, auf Allergene aufmerksam zu machen und die genaue Herkunft des Produktes zu kennzeichnen. Und das alles in einer Mindestschriftgröße von 1,2 mm. Wenn das Marketing darüber hinaus noch Wünsche äußere, etwa nach Zubereitungstexten, erreiche das Etikett schnell eine Breite von 100 mm und verlangsame aufgrund der längeren Druckzeit die Produktion, erklärt Rösener.

Bizerba hat Datenbankfelder für Nährwerte bereits in die neuen Auszeichner integriert, als es in den USA um die Nutrition Facts ging, und auch die Rechenleistung erhöht. Doch auch Conzelmann zeigt sich überzeugt: „Ich glaube, dass die Etiketten zu groß werden, wenn man keine Alternative findet. Denn der Verbraucher möchte kein zugepflastertes Produkt. Wir als Hersteller könnten es uns daher gut vorstellen, die Minimalanforderungen aufs Etikett zu drucken und Zusatzinformationen mit einem Code zu verschlüsseln.“ Hier kommt das fTrace-System mit dem Datamatrix ins Spiel, das mittlerweile in den Besitz von GS1 Germany übergegangen ist. „Systeme wie fTrace oder andere Verbraucherinformationstools ermöglichen es dem Verbraucher, umfangreiche Produktinformationen mit dem Smartphone abzurufen“, sagt Schillings-Schmitz. Bei fTrace gehe es dabei, anders als in anderen Systemen, aber nicht nur um Marketing, sondern auch um Extended Packaging aus gesicherten Datenquellen, Rückverfolgbarkeit und Krisenmanagement.
Doch damit ein solches System basierend auf 2-D-Barcodes überhaupt funktioniert, sind zwei Voraussetzungen notwendig: Man muss eine App entwickeln, die den aufgedruckten Barcode lesen kann und über eine entsprechende Datenbank verfügen, die neben statischen Produktdaten auch über entsprechende, chargenbezogene Herkunftsdaten verfügt. GS1 Germany hat es sich zum Ziel gesetzt, „mit fTrace eine branchenübergreifende, internationale Lösung mit standardisierten Schnittstellen und B2C-Fokus zu schaffen“, sagt Schillings-Schmitz. Conzelmann bestätigt: „Das ist tatsächlich so. Alle Fleischfirmen in und außerhalb Deutschlands stricken sich momentan mit verschiedenen Providern ihre individuelle Lösung. Da entsteht ein Wildwuchs, der hoffentlich bald eingedämmt wird. Jeder bringt Informationen ein, aber eben nicht strukturiert.“
Standards sind gefragt
Es sei nun an der Zeit, ein System mit standardisierten Schnittstellen zur Verfügung zu stellen, das es selbst kleinen Betrieben, die keine große IT im Hause haben, ermöglicht, sich am System zu beteiligen, zeigt sich Schillings-Schmitz überzeugt: „Es müssen auch Kleinunternehmer in das System hineinliefern können. Denn das ist ein ganz wichtiger Punkt, eine gute Gelegenheit, Profil zu zeigen.“ Man könne den Kunden dann ein standardisiertes System zur Verfügung stellen, das den Datentransfer ermöglicht, sagt Conzelmann – und das Ganze mit relativ geringem Invest.
Auch Rösener wünscht sich eine Standardisierung. Er beschreibt seinen derzeitigen Horror, wenn die Lieferanten der Rohstoffe ihre Informationen einzubringen versuchen: „Wir haben unsere Lieferanten aufgefordert, eine Schnittstelle zu bedienen, die sich unsere Qualitätssicherung ausgedacht hat. Sie ist aber in keiner Weise ein Standard. Und wenn sich etwas ändert, muss ich jedes Mal wieder alle Lieferanten anrufen und informieren. Da wird den Lieferanten eine Menge zugemutet.“ Auch die Weiterverarbeitung der Daten sei aufgrund der fehlenden Standardisierung schwierig: „Ich, als Verantwortlicher für die IT, bin dankbar für jeden Standard, der mir vorgegeben wird. Ich will nicht ständig das Rad neu erfinden. Ich wünsche mir Werkzeuge, um Nährwerte zu verwalten und nach einem gewissen Schema aufzubringen. Ich möchte mich nicht mehr mit unterschiedlichen Textfeldern rumschlagen – mal mit zwei Nachkommastellen, mal mit einer, mal mit gar keiner.“
Die GS1 könne bei der Überlegung eine große Hilfe sein, wie man europaweit ein Konzept ausrollen könne, erklärt Conzelmann. Vor dem Hintergrund der neuen Verbraucherinformationsverordnung sei nun die passende Gelegenheit, eine Ausrichtung für die Zukunft als Empfehlung abzugeben – und viele Kunden warteten darauf. Dazu Schillings-Schmitz: „Es dauert natürlich seine Zeit, bis ein neuer Standard geboren ist. Denn GS1 Germany ist eine von über einhundert Länderorganisationen – das birgt enorme Herausforderungen bezüglich Abstimmungsprozessen.“ Um den Prozess voranzutreiben, ist die aktive Mitarbeit der Unternehmen jedoch unerlässlich: „Bislang fehlen die Unternehmen, die an einem standardisierten elektronischen Nachrichtenformat zu Herkunftsinformationen für Frischfleisch mitarbeiten wollen, die nicht im Mittelfeld mitfahren, sondern vorne mit dabei sein möchten. Nur wenn die Unternehmen konkret sagen, was sie möchten, wo ihre Herausforderungen liegen, können wir hierfür in Zukunft entsprechende Lösungen anbieten.“
Sind Linearcodes noch zeitgemäß?
In den nächsten zwei Jahren wird noch ein neuer Code für den POS kommen: Der GS1 DataBar, der deutlich mehr Informationen verschlüsseln kann als der klassische EAN13-Strichcode. Conzelmann gibt an dieser Stelle zu bedenken, dass bei den meisten Diskussionen um 2-D-Barcodes auch die Frage im Raum stünde, ob denn zukünftig überhaupt noch ein Linearcode notwendig sei. „Es war ja eigentlich für jeden klar, dass der GS1 DataBar der neue Code für den Handel ist. Und dann kam plötzlich fTrace und der DataMatrix-Code, der mittlerweile immer mehr gedruckt wird. Ich glaube, da ist im Moment viel Irritation und es wäre gut, wenn GS1 bald eine klare Ausrichtung kommunizieren würde.“ Gibt es in Zukunft nur noch einen Code, der sowohl Verbraucher- als auch Prozesscode ist?
Diese Fragen zu klären, sei für die Investitionsplanung wichtig, unterstreicht auch Rösener: „Wir müssen heute die Entscheidung treffen, welche Technik wir kaufen, welche Preisauszeichner und welche Scanner. Doch was ist in drei bis fünf Jahren? Wann weiß ich, was ich können muss? Und wann gibt es Standards?“ Sobald sich alle Beteiligten zusammensetzten und gemeinsam Strukturen definierten, ginge es auch einen Schritt weiter, zeigen sich die Experten überzeugt.
prozesstechnik-online.de/dei0812429
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