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Abgeschminkt

Derouging von Reinstwasser- und Reindampfsystemen
Abgeschminkt

Rouging tritt in heißen Reinstwasser- und Reindampfsystemen auf. Dabei entwickeln die sehr ionenarmen Wässer unter den Betriebsbedingungen eine korrodierende Wirkung auf die eingesetzten Cr-Ni- und Cr-Ni-Mo-Legierungen. Diese Korrosion führt dazu, dass sich dünne Beläge auf der Oberfläche ausbilden. Ziel ist es, im Betrieb das Rouging von vornherein zu unterdrücken. Ist dies nicht möglich, müssen die Beläge regelmäßig entfernt werden.

Sind Reinstwasser- und Reindampfsysteme von Rouging betroffen, zeigen sie Verfärbungen, die von goldgelben und leicht blauen über violette bis zu rötlich-braunen Farbnuancen reichen. Bei Reindampfsystemen werden bei den hohen Temperaturen auch grau-schwarze Beläge beobachtet, die als Blacking bezeichnet werden. Diese sind zu Beginn noch leicht transparent und können dann mit zunehmender Betriebszeit kreidige oder kristalline Oberflächenstrukturen ausbilden. Im fortgeschrittenen Stadium kann es dann vermehrt zu Partikelablösungen kommen. Ob im System überhaupt Rouging auftreten kann, ist zunächst abhängig vom ausgewählten Werkstoff. Im Prinzip können für Reinstwasser- und Reindampfsysteme sowohl Kunststoffe, z. B. PVDF, als auch metallische Werkstoffe eingesetzt werden. Bei der Verwendung von Kunststoffen tritt kein Rouging auf. Nachteilig kann bei Kunststoffsystemen aber die deutlich höhere Temperaturausdehnung bei Temperaturwechselvorgängen und die Alterung sein. Werden metallische Werkstoffe, für die wasser- bzw. dampfführenden Teile eingesetzt, lassen sich diese Probleme vermeiden. Zum Einsatz kommen hauptsächlich nichtrostende Stähle, insbesondere Cr-Ni-Mo-Legierungen (z. B. DIN Werkstoff Nr. 1.4404/1.4435 (316L) und 1.4571 (316Ti)). Diese Werkstoffe sind jedoch, genauso wie auch deutlich höher legierte Werkstoffe (z. B. DIN Werkstoff Nr. 1.4539), anfällig für Rouging.

Im stabilen Gleichgewichtszustand des nichtrostenden Stahls bildet sich unter dem Einfluss von Luftsauerstoff an der Oberfläche eine sehr dünne Chromoxidschicht aus. Diese Passivschicht schützt den Werkstoff in der Regel vor einer Korrosion in neutralen, wässrigen Medien. Im Reinstmedium kommt es jedoch infolge der Korrosion der Passivschicht zur Bildung von verschiedenen Eisenoxiden und Eisenhydroxiden. Bei den matt-schwarzen Belägen in Dampfsystemen handelt es sich größtenteils um Magnetitschichten, Fe3O4. Der genaue Mechanismus des Rouging ist zur Zeit noch Gegenstand von Untersuchungen. Eine Theorie ist, dass durch die in der Passivschicht vorhandene Defektstruktur Eisenionen an die Oberfläche wandern und dort oxidiert werden. Die Eisenoxide sind unlöslich und können vom Wasser mitgeschleppt und an anderen Orten wieder abgelagert werden. Das erklärt auch die Tatsache, dass z. B. PTFE-Dichtungen mit Rouge belegt sein können und warum gerade Pumpengehäuse und Laufräder besonders stark betroffen sind. Da es sich um sehr kleine Partikel handelt (<1 µm), lassen sich diese nur schwer sichtbar machen, bzw. in Standardfiltern zurückhalten. Um das Auftreten von Rouging bereits von der Werkstoffseite her gering zu halten, sind möglichst fehlerfreie, glatte Oberflächen anzustreben. Fachgerechte Fertigung und Installation sind von grundlegender Bedeutung, da der Werkstoff von Grund auf gewisse Fehlstellen in sich birgt und jede Defektstelle auch eine Störung in der Passivschicht bewirken kann. Um nach der Verarbeitung einen optimalen Ausgangszustand zu erhalten, ist in jedem Fall eine gründliche chemische Reinigung/Passivierung zu empfehlen.
Faktoren für die Rougebildung
Wie erwähnt, sind es die Betriebsbedingungen, die letztendlich die Aggressivität der reinen Wässer und des Reindampfes ausmachen. Die Parameter Betriebstemperatur, Sanitisierungsverfahren sowie Gas- und Wasserzusammensetzung erscheinen dabei besonders wichtig. Beobachtungen zeigen, dass die Rougebildung mit steigender Temperatur der Wässer zunimmt und dass das Auftreten von Rouging lokal sehr unterschiedlich sein kann. So sind Pumpen deutlich stärker betroffen als Rohrleitungsstrecken und die Beläge auf Schweißnähten unterscheiden sich von denen vom Grundwerkstoff. Bei Installationen mit Mängeln (schlechte Schweißungen, Einsatz von weniger gut legierten Komponenten) tritt verstärkt Rouging auf. Des Weiteren können an ein und demselben Bauteil örtlich unterschiedliche Haftbedingungen des Rougebelags vorzufinden sein. Bei dickeren Belägen liegt in fast allen Fällen eine Abwischbarkeit vor, wobei mit zunehmender Belagdicke der Reinigungsaufwand stark ansteigt. Häufig kann Rouging bei der Heißlagerung von WFI-Verteilsystemen (Water for Injection), bei der Temperaturen >80 °C gefordert sind, beobachtet werden. Zur Verringerung sollten die Temperaturen so niedrig, wie für den gesicherten Betrieb notwendig, gehalten werden. Häufige Dampf- oder Heißwassersanitisierungen können die Rougebildung ebenfalls begünstigen (Temperatur und Zeit sind bestimmend). Eine Festlegung sinnvoller Sanitisierungsintervalle, basierend auf Monitoring-Ergebnissen, ist daher empfohlen. Die Gaszusammensetzung ist ein ebenfalls wichtiger Parameter. So sollte CO2 , das zur Kohlensäurebildung führen kann, vermieden werden. Reine Stickstoff/Sauerstoff-Atmosphären dürften günstigere Bedingungen liefern. Zudem ist eine detaillierte Betrachtung der Wasserqualität erforderlich. Das Ziel sollte eine weitestgehende Eliminierung von z. B. Eisen, Mangan, Kieselsäure, CO2 und Chloridionen sein.
Fachgerechte Entfernung
Ein generelles Vermeidungskonzept gegen Rouging wurde bisher noch nicht gefunden. Eine regelmäßige Inspektion der Systeme ermöglicht jedoch gute Aussagen über die Entwicklung und den Zustand der Komponenten. Das periodisch behandelte bzw. gereinigte System ist teilweise sogar resistenter gegen die Neubildung von Rougebelägen. Die Entfernung von Rouge stellt aufgrund der Schwerlöslichkeit eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Beratherm bietet hierbei fachgerechte Unterstützung. Es kommen chemische Reinigungsmittel zum Einsatz, die stets das Ziel haben müssen, das Rouge zu entfernen, ohne die Elektropolitur zu schädigen und ohne einen Angriff des Werkstoffs. Bei schwer löslichen Belägen sind erhöhte Lösungspotenziale notwendig. Lösungen auf Basis von Salpetersäure, Phosphorsäure, Zitronensäure sowie Speziallösungen der Fachfirmen können dabei zum Einsatz kommen. Im Idealfall sollten im Labor Vorversuche an repräsentativen Probestücken durchgeführt werden. Generell lässt sich sagen, dass mit zunehmender Betriebszeit der Aufwand für einen Derouging-Prozess ansteigt. Ein möglicher Ablauf wäre:
  • alkalische Vorbehandlung/Entfettung
  • Zwischenspülung
  • Derouging mit geeignetem Reagenz aus Analyse
  • Zwischenspülung
  • Säurereinigung/Re-Passivierung
  • Medium-Freispülung
  • Leitfähigkeitsspülung
Wichtig sind dabei eine gute Systemanalyse und Vorabklärung, sicherheitstechnische Betrachtungen, die Verwendung von GMP-gerecht hergestellten Chemikalien mit Analysezertifikaten, die rückstandslose Entfernung sämtlicher eingesetzter Chemikalien, die lückenlose Aufzeichnung aller durchgeführten Prozesse im Ergebnisprotokoll sowie die dokumentierte, fachgerechte Entsorgung der Behandlungsmedien. Regelmäßiges Derouging im Rahmen einer Anlagenrevision erhöht die Betriebsicherheit gegenüber Partikeln und verhindert einen zu starken Belagaufbau.
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