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Abkupfern und absahnen

VDMA-Fachverband Armaturen geht aktiv gegen Produktpiraten vor
Abkupfern und absahnen

Nachdem Produktpiraterie lange Zeit auf den Nachbau von Luxus- und Konsumgütern beschränkt war, rücken zunehmend auch Investitionsgüter wie Maschinen und Anlagen in den Fokus der Produktfälscher. Nachgebaut werden alle Produkte, die für die Plagiatoren eine ausreichende Gewinnspanne erwarten lassen. Gerade auf Messen wie der Achema ist ein schnelles Handeln gegen Produktpiraten erforderlich – aber auch möglich.

Olaf Stecken

Der deutschen Investitionsgüterindustrie wird in gewisser Weise ihr Erfolg zum Verhängnis, denn zahlreiche deutsche Unternehmen sind Technologieführer und deshalb beliebtes Opfer von Produktpiraten. Denn schließlich ist das Kopieren immer dann reizvoll, wenn man Technik und Markterfolg ohne großen Aufwand übernehmen kann. Produktpiraterie ist eine enorme Bedrohung für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der weltweit erfolgreichen deutschen Maschinenbau-Unternehmen – dies zeigen auch die Umfragen, die der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) regelmäßig bei seinen Mitgliedern durchführt: Zuletzt gaben im Frühjahr 2008 etwa 2/3 der befragten Unternehmen an, von Plagiaten betroffen zu sein. Dabei kommen Rückmeldungen aus allen Branchen der Investitionsgüterindustrie. Besonders betroffen sind jedoch Armaturen, Textilmaschinen, Antriebstechnik und Werkzeugmaschinen. Der jährliche Schaden für den deutschen Maschinenbau wird auf 7 Mrd. Euro geschätzt.
Ideenklau auf Messen verlangt rasches Handeln
Einen Schwerpunkt im Kampf gegen Produktpiraterie bilden Messen. Immerhin haben 60 % der betroffenen Unternehmen in einer VDMA-Mitgliederumfrage angegeben, auf Messen zum ersten Mal von Plagiaten erfahren zu haben. Und gerade auf Messen kann für die Markenhersteller ein enormer Schaden entstehen, da Plagiatoren nicht nur die neuesten Innovationen in Augenschein nehmen können, sondern auch Aufträge generieren können. Messen haben aber auch einen entscheidenden Vorteil. Der Plagiator sitzt nicht anonym in einem weit entfernten Land, sondern ist vor Ort „greifbar“. Um auf Messen berechtigte Eigentumsrechte geltend machen zu können, sollte jedes Handeln von einem Rechtsanwalt begleitet werden. Da für viele Aussteller der Kontakt zum „Hausanwalt“ gerade in der Messestadt nicht möglich ist, unterstützt der VDMA auch bei der Achema in diesem Jahr seine Mitglieder beim Vorgehen gegen Plagiate: Für VDMA-Mitgliedsunternehmen stehen auf dem VDMA-Stand Rechtsanwälte für ein kostenloses Orientierungsgespräch bereit. Entscheidet sich ein Unternehmen zu einem rechtlichen Vorgehen gegen einen Plagiator, kann es die Anwälte direkt vor Ort beauftragen.
Einen Schritt weiter gingen Originalhersteller erstmals auf der ISH 2007 in Frankfurt: Bei einem vom VDMA-Fachverband Armaturen initiierten Zollkontrollrundgang kontrollierten Zollbeamte Stände und führten Beschlagnahmen durch. Exponate von Plagiatoren wurden von deren Ständen entfernt und der Staatsanwaltschaft übergeben, die deren Vernichtung veranlasste. Die Resonanz auf den Zolleinsatz war bei den VDMA-Mitgliedsunternehmen durchweg positiv: Das Ziel, am ersten Messetag möglichst schnell vorhandene Plagiate von den Ständen zu entfernen, wurde erreicht. Die Aktionen gegen Produktpiraten rechnen sich auch wirtschaftlich, denn der geschätzte Umsatzverlust für die deutsche Armaturenindustrie beträgt rund 60 Mio. Euro im Jahr. Aus diesem Grund ist ein Zollkontrollrundgang auch bei der diesjährigen ISH wieder geplant.
Rein juristisches Vorgehen ist nicht ausreichend
Grundlage jeglichen Vorgehens gegen Plagiatoren ist in aller Regel die Anmeldung gewerblicher Schutzrechte wie beispielsweise Patente, Gebrauchsmuster oder Marken. Aber auch das Geschmacksmuster gewinnt für Maschinen- und Anlagenbauer zunehmend an Bedeutung, da über dieses schnell und kostengünstig das äußere Erscheinungsbild geschützt werden kann. Allerdings sind die Unternehmen beim rechtlichen Schutz mit dem Problem konfrontiert, dass die Rechtsysteme noch nicht mit der Globalisierung der Wirtschaft Schritt gehalten haben: Schutzrechte wirken in der Regel nur jeweils in einem Land. So bietet beispielsweise ein allein in Deutschland erteiltes Patent oder eine in Deutschland angemeldete Marke keinerlei Schutz in anderen Ländern. Zahlreiche Anmeldungen und Übersetzungen sind deshalb erforderlich – dies bringt für mittelständische Unternehmen eine erhebliche Kostenbelastung mit sich.
Trotz dieser Schwierigkeiten bilden gewerbliche Schutzrechte zu Recht für die meisten Unternehmen die Basis im Kampf gegen Produktpiraterie. Der VDMA informiert die Mitgliedsunternehmen in Broschüren und Vorträgen über rechtliche Möglichkeiten zum Innovationsschutz und stellt Vertragsmuster für den Know-how-Schutz zur Verfügung. In persönlichen Gesprächen erörtern VDMA-Experten Problemfälle und helfen bei der Anmeldung von Schutzrechten und vertraglichen Formulierungen. Über Büros in Berlin und Brüssel erhöht der VDMA gemeinsam mit anderen Verbänden weiter den Druck in Richtung Bundesregierung und Europäische Union, entschlossener gegen Produktpiraterie aufzutreten. Ein Erfolg: Der vom VDMA seit Jahren geforderte China IPR SME Helpdesk dient seit Mai 2008 betroffenen Unternehmen als Anlaufstelle vor Ort.
Zur nachhaltigen Eindämmung der Produktpiraterie – gerade angesichts der globalen Dimension – ist aber ein rein juristisches Vorgehen nicht ausreichend. Eine erfolgreiche Strategie setzt voraus, dass ein maßgeschneidertes, auf das Unternehmen abgestimmtes Gesamtkonzept entwickelt wird, das sowohl die technischen als auch die rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Maßnahmen miteinander kombiniert. Verschiedene Maßnahmen müssen kombiniert werden – abhängig von den hergestellten Produkten und den relevanten Märkten. Dabei flankieren die rechtlichen Maßnahmen in der Regel das Gesamtkonzept des sorgsamen Umgangs mit Firmen-Know-how.
Deshalb setzt sich der VDMA insbesondere für den technologischen Plagiatschutz ein. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat eine Anregung des VDMA aufgegriffen und fördert seit Anfang 2008 zehn Projekte, die präventive Schutzmaßnahmen für die Investitionsgüterindustrie entwickeln und erproben. Der VDMA informiert auf Begleitveranstaltungen und der Internet-Kommunikationsplattform ConImit (http://www.conimit.de) über die Forschungsprojekte und gibt so Mitgliedsunternehmen die Möglichkeit, von diesem Know-how zu profitieren.
Globales Problem braucht globale Strategien
ein wichtiger Baustein einer Strategie gegen Plagiate ist für ein Unternehmen, seine Kunden vom Wert der Originaltechnologie zu überzeugen. Mit der Kampagne „Choose the Original – Choose Success“ wendet sich der VDMA mit seinen Mitgliedern an (potenzielle) Kunden weltweit mit einer positiven Botschaft und geht so gegen die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums vor. Die Kampagne macht deutlich, dass es im ureigenen Interesse der Käufer ist, in die originale Technologie zu investieren. Fünf Hauptargumente für Original-Maschinen stellt die Kampagne in den Vordergrund: Qualität, Innovation, Effizienz, Erfahrung und Sicherheit. Der VDMA stellt seinen Mitgliedern vielfältige Kampagnenmaterialien zur Verfügung, die sie firmenspezifisch einsetzen können. Auch erste europäische Dachverbände haben sich der Kampagne angeschlossen. Dies kann nur begrüßt werden: Für ein globales Problem braucht es globale Strategien. Der Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie ist nur gemeinsam mit allen Betroffenen weltweit zu lösen.
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