Bewährte und bekannte Verfahren zur Abwasserreinigung sind die chemisch-physikalische Behandlung oder die Membranfiltration. Ein vergleichsweise neues Verfahren ist die Vakuumdestillation, die auf dem Prinzip der Stofftrennung nach Siedepunktunterschieden basiert. Da bei einem erniedrigten Druck die Siedetemperatur der zu trennenden Flüssigkeiten herabgesetzt wird, können auch Stoffe getrennt werden, die sich bei höheren Temperaturen zersetzen würden. Bei der Behandlung von Abwässern verbleiben im Verdampfungsrückstand beispielsweise Schwermetalle, Salze, aber auch Öle, Fette oder Tenside. Weil der Wasseranteil verdampft wird, reduziert sich das Volumen des Rückstands aus der Vakuumdestillation auf 0,5 bis 5 % des ursprünglichen Abwasservolumens. Der aufsteigende Wasserdampf ist nahezu frei von Verunreinigungen. Nach der Kondensation können 99 % des Prozesswassers in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Das ist ressourcenschonend und spart im Vergleich zu anderen Verfahren auch chemische Stoffe in erheblichen Mengen. Da in der Anlage die Energie, die bei der Kondensation des Dampfes entsteht, direkt für die Verdampfung genutzt wird, ist der Energieverbrauch sehr niedrig.
Abwasserreinigung modernisiert
Bei der Jumo GmbH & Co. KG in Fulda ging es darum, eine in die Jahre gekommene Abwasserreinigungsanlage für die hauseigene Galvanik zu modernisieren. Schnell wurde klar, dass die Sanierung rund eine viertel Million Euro gekostet hätte. Das Projektteam machte sich deshalb auf die Suche nach einer Alternative und stieß auf Vakuumdestillationsanlagen der H2O-GmbH. Die Anlagen dieses Unternehmens zeichnen sich besonders dadurch aus, dass durch verschiedene innovative Prozesse im Vergleich zu herkömmlichen Verdampfern glasklare Destillate mit weitaus besserer Qualität als Endprodukt entstehen. Die Qualität des Destillats ist dabei so hoch, dass keine oder nur sehr wenige Nachbehandlungsschritte notwendig sind. Darüber hinaus passen sich die Systeme automatisch schwankenden Prozesswasserqualitäten an.
Bei Jumo beliefen sich die Investitionskosten für die Anlage auf rund 190 000 Euro. Somit konnten im Vergleich zur Sanierung der Altanlage 60 000 Euro eingespart werden. Darüber hinaus kann die Steuerung jetzt von einer zentralen Stelle aus erfolgen. Zur Bedienung wird weniger Personal benötigt und es kommen auch weniger Chemikalien zum Einsatz. Dazu kommt, dass der Prozess keiner behördlichen Überwachung mehr unterliegt. In der neuen Anlage wird auch hauseigene Technik, zum Beispiel zur Druck- und Leitfähigkeitsmessung oder zur Messung des pH-Werts verwendet.
Piezoresistive Druckmessung
Als Druckmessumformer kommt der Jumo Dtrans p30 zum Einsatz. Das Kernstück dieses Sensors stellt eine piezoresistive Messzelle dar, die mit einer hohen Überlastfestigkeit und Langzeitstabilität sicher, zuverlässig und temperaturbeständig ist. Das komplett verschweißte Messsystem benötigt darüber hinaus keine Dichtungen und gewährleistet höchste Prozesssicherheit. Der Jumo Dtrans p30 ist in Messbereichen von 0 bis 250 mbar oder 0 bis 600 bar Relativdruck sowie 0 bis 600 mbar oder 0 bis 25 bar Absolutdruck erhältlich. Die Messstofftemperatur kann in flüssigen und gasförmigen Medien zwischen -30 bis +120 °C liegen.
Robustes Leitfähigkeitsmessgerät
Die nachgewiesen sicherste und am besten akzeptierte Methode zur Bestimmung der Wasserqualität ist die Leitfähigkeitsmessung. In der Vakuumdestillationsanlage wird der Jumo Tecline CR eingesetzt. Dieser arbeitet nach dem 2-Elektroden-Prinzip und nutzt zwei leitfähige Messelektroden, die aus Edelstahl oder Titan bestehen und in einer bestimmten Geometrie angeordnet sind. Außerdem ist in diesen Sensoren meist ein Fühler zur Erfassung der Temperatur des Mediums integriert.
Ein externer elektronischer Messumformer beaufschlagt den Zwei-Elektroden-Sensor mit einer Wechselspannung. Entsprechend des elektrischen Widerstands der Messlösung (Reinheitsgrad) stellt sich ein Wechselstrom ein. Dieser wird durch den Messumformer unter Berücksichtigung der Zellenkonstante und eventuell der Temperatur des Messmediums in den Wert für die Leitfähigkeit der Messlösung umgerechnet. Der Tecline CR zeichnet sich durch eine besonders robuste Bauform aus und ist mit vielfältigen Prozessanschlüssen und verschiedenen Einbaulängen erhältlich. Der Messbereich liegt zwischen 0,05 μS/cm bis 1 mS/cm.
Elektronik einfach aufsteckbar
Der pH-Wert wird in der H2O-Anlage mit dem Jumo Tecline HY pH überwacht. Diese besonders robusten Elektroden sind speziell für professionelle Anwendungen in der Prozess- und Industriemesstechnik konzipiert. Sie sind als kombinierte Einstabmessketten ausgeführt und liefern selbst nach CIP-Reinigung und In-situ-Sterilisationsprozessen mit Temperaturen von bis zu 135 °C und Drücken von bis zu 6 bar zuverlässige und stabile Messwerte.
Ein hochwertiges Zirkondioxid-Diaphragma sorgt für eine schnelle Ansprechzeit auch bei niedrigen Leitfähigkeitswerten von 100 μS/cm. Als Bezugssystem wird das Patronenableitsystem eingesetzt. Hierbei bleibt der Elektrolyt über die gesamte Lebensdauer silberionenfrei und damit für Elektrodengifte wie Aminosäuren oder Sulfide weniger angreifbar. Als pH-sensitives Membranglas kommt HT-Glas zum Einsatz. Neben der erhöhten Temperaturbeständigkeit zeichnet es sich durch eine hohe Linearität bei alkalischen pH-Werten (12) aus.
Der Hersteller der Anlagen nutzt für diese pH-Elektroden die wiederverwendbare Digiline-Elektronik, die einfach auf den Sensor aufgesteckt und festgeschraubt wird. Die Schraubverbindungen zwischen Sensor und Elektronik gewährleisten die Schutzarten IP 66 und IP 67, um Störungen durch Eindringen von Feuchtigkeit zu vermeiden. Der elektrische Anschluss erfolgt durch Einstecken und Verschrauben eines fertig konfektionierten Buskabels. Bei dieser Variante werden die Kenndaten und Messstelleninformationen zur eindeutigen Identifizierung und Zuordnung einer Elektrode direkt in der Elektronik gespeichert. Konfigurations-, Parametrier- und Kalibrierdaten sowie Logbücher sind auch nach Austausch des zugehörigen Messumformers direkt abrufbar. Zähler für Autoklavier-, SIP- und CIP-Zyklen erlauben Rückschlüsse auf die bisherige Strapazierung der Elektrode durch Reinigungs- und Desinfektionsroutinen.
Regler kompensiert Nachreaktionen
Bei der Messung des pH-Werts verfügen die Vakuumdestillationsanlagen über eine Besonderheit. Herkömmliche Vakuumdestillationssysteme stellen den pH-Wert vor der Verdampfung ein. Der Nachteil ist, dass bei der Verdampfung Nachreaktionen ausgelöst werden können, die die Destillatqualität verschlechtern. So können Destillate mit niedrigen pH-Werten entstehen, die eventuell Korrosionsschäden verursachen. H2O hat deshalb einen pH-Regler entwickelt, der die Nachreaktionen kompensiert und somit ein gleichbleibend gutes Destillatergebnis erreicht. Bei dieser Regelung wird der pH-Wert nicht im Zulauf gemessen, sondern im gereinigten Destillat. Verändern sich hier die pH-Werte, wird Neutralisationsmittel zur Korrektur direkt in den Verdampfer dosiert. So wird eine konstant stabile Destillatqualität erreicht. Die Kombination aus niedrigen Kosten, einer einfachen Bedienung und einer sehr hohen Flexibilität haben bei Jumo letztendlich dazu geführt, bei der Abwasserreinigung von Galvanik-Spülwässern auf das Verfahren der Vakuumdestillation zu setzen.
JUMO GmbH & Co. KG, Fulda
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