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Alles bleibt im Fluss

Hygroskopische Schüttgüter sicher lagern, fördern und dosieren
Alles bleibt im Fluss

Harnstoff gilt wegen seiner sehr hohen Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu binden, als stark hygroskopisch. Daher ist die Lagerung in größeren Behältern schwierig. Verklumpungen und Verkrustungen bis zur Blockbildung sind möglich. Die entscheidende Voraussetzung für den Erhalt der Riesel- und Fließfähigkeit ist ein geschlossenes System mit der Sicherheit, dass unter keinen Umständen Feuchtigkeit in das Produkt eingetragen wird.

H. J. Linder

Harnstoff ist ein bedeutendes Stickstoffdüngemittel und findet darüber hinaus in der Industrie vielfältigen Einsatz, zum Beispiel als Binder in Dämmplatten, zur Reduktion von Stickoxiden im Abgas von Kraftwerken oder Verbrennungsmotoren. Aufgrund seiner stark hygroskopischen Eigenschaft war lange die Meinung verbreitet, er sei nicht in Silos – insbesondere in metallischen Außensilos – lagerbar. Solids Solutions Group hat vor rund 30 Jahren die ersten metallischen Außensilos für Harnstoff und Kristallzucker gebaut, jeweils mit pneumatischer Förderung und Dosierung. Die damals getroffenen Vorkehrungen führten zu einem störungsfreien Betrieb und gelten bis heute. Auch in unmittelbarer Meeresnähe oder in Gebieten mit sehr hohen Tag/Nacht-Temperaturunterschieden hat sich diese Lösung bewährt.
Bei der Anlieferung im luftdicht geschlossenen Silofahrzeug oder Bulk-Container befindet sich das hygroskopische Produkt im Feuchtegleichgewicht mit seiner umgebenden Luft. Der Wasserdampfdruck an der Oberfläche des Schüttgutpartikels ist gleich dem Wasserdampfdruck der ihn umgebenden Luft. Der Ausgleich der Feuchten hat durch die Verweildauer in dem entsprechenden, luftdichten Behältnis stattgefunden. In diesem Zustand ist der Harnstoff stabil und rieselfähig. Jetzt kommt es darauf an, dass für die pneumatische Förderung in das Vorratssilo getrocknete Druckluft verwendet wird mit einer Temperatur, die etwa der Produkttemperatur entspricht.
Schonender Transport
Hier hat sich das Solids-Truck-Discharge-System nach dem Puls-Pneu-Verfahren bewährt. Durch Druckluftimpulse wird die kontinuierliche Materialsäule am Senderausgang in Luftpolster und Materialpfropfen aufgeteilt. Die Luftpolster wirken als Energiequelle zum Verschieben des jeweils vor ihnen liegenden Materialpfropfens. In die Förderleitung sind Relaisstationen eingebaut, die die Pfropfen auf Distanz halten. Diese werden durch eine Nebenleitung mit Druckluft versorgt und sind mit einem Regler ausgerüstet, der nur dann zusätzliche Druckenergie in die Förderleitung einspeist, wenn dies erforderlich ist. Damit ist ein Verstopfen der Förderleitung praktisch unmöglich. Durch den Einsatz der Relaisstationen wird außerdem das Anfahren der Förderung gegen die volle Förderleitung nach einem evtl. Strom- bzw. Druckluftausfall sichergestellt. Jede Relaisstation arbeitet in diesem Fall wie ein kleiner Sender, wobei in Förderrichtung gesehen die letzte mit der Förderung beginnt.
Durch die langsame Förderung in Pfropfenform lässt sich vermeiden, dass Feinanteile entstehen, die zwischen den Körnern als Bindemittel auftreten könnten. Bei Beendigung des Füllvorgangs wird die Füllleitung verschlossen und der Silofüllstand mit trockener Druckluft überlagert, sodass auch bei Abkühlung bzw. größeren Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht kein Kondensat im Silokopf entsteht. Bei Entnahme von Produkt aus dem Silo wird trockene Druckluft nachgeführt. Das Silo selbst ist streng nach Massenflussgesichtspunkten gestaltet, um zu gewährleisten, dass keine toten Zonen entstehen und der Materialspiegel bei der Entnahme gleichmäßig absinkt.
Zuverlässige Entnahme
Für die Lagerung des Harnstoffs finden Stahl-, Edelstahl- und Aluminiumsilos Verwendung. Wenn es zulässig ist, werden GFK-Silos bevorzugt, weil glasfaserverstärktes Polyester eine mehr als 150-fach geringere Wärmeleitfähigkeit als Stahl besitzt und somit in den meisten Fällen keinen besonderen Sonnenschutz bzw. keine Isolierung benötigt. Für die sichere Entnahme des Harnstoffs im Massenfluss kommt der Vibrationsboden Solids Extra-Vib zum Einsatz. Angetrieben von einem Vibrationsmotor – bei größeren Geräten auch von zweien – wird er in horizontale Schwingungen versetzt, die sich auf das Teilchenkollektiv übertragen. Dadurch wird das Schüttgut fließfähig. Bei richtiger Dimensionierung entsteht im Silo Massenfluss ohne tote Zonen mit gleichmäßiger Materialbewegung über den gesamten Siloquerschnitt für entmischungsfreien Austrag. Durch die besondere Formgebung wird Kornzerstörung vermieden und Abrieb und Verschleiß minimiert. Ein integrierter Vibrationsrost kann zudem Agglomerate auflösen und Knollen und Krusten auf ein Maß zerkleinern, dass nachgeschaltete Geräte in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt werden. Die nachgeschalteten Dosierorgane, wie Dosierschnecken, sind ebenfalls vollkommen geschlossen und werden je nach Übergabesituation an den anschließenden Prozess mit trockener Luft gespült.
Anlieferung in Big Bags
Auch bei der Anlieferung in Big Bags kann davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Produkt und der es umgebenden Luft ein Feuchtigkeitsausgleich besteht, d. h. die Situation ist stabil und bleibt so, wenn sie nicht durch Feuchtigkeits- und/oder Temperatureinwirkung gestört wird. Verfestigungen durch äußere Kräfte bzw. Verklumpungen sind jedoch häufig. Als Austragshilfe haben sich hier Vibrationsböden und Walkvorrichtungen bewährt. Die Bedingung „kein Feuchtigkeitseintritt durch atmosphärische Luft“ verlangt bei diesem System besondere Aufmerksamkeit. Beim Big Bag-Wechsel entsteht zumindest teilweise ein offenes System mit Zutritt von atmosphärischer Luft. Durch gezielte Überlagerung mit trockener Luft wird auch diese Situation beherrscht.
Wenn es im Big Bag zu Blockbildung gekommen ist, kann man davon ausgehen, dass im verpackten Zustand innere Feuchte der Körner an die Kornoberfläche gewandert ist und diese befeuchtet hat oder dass das trockene Granulat durch den Zutritt von atmosphärischer Luft befeuchtet wurde und die zugeführte Feuchtigkeitsmenge ausreichte, um die Oberfläche der Körner zu befeuchten, was wiederum zum Verbund führt. Wandert dann aber die Feuchtigkeit weiter ins Innere des Korns, trocknet es an der Oberfläche ab und die Verbindungsstelle verkrustet. Besonders gefährlich sind Feinanteile zwischen den Körnern, weil diese feucht zum großflächigen Kleber werden. Ein solcher Block kann erstaunlich massiv sein.
Als Entleervorrichtung für sogenannte Ein-Block-Big Bags kann die Vibrationsschüssel mit integrierten Messern eingesetzt werden. Der Ein-Block-Big Bag wird auf die Spitzen der Messer aufgesetzt. Durch die Schwingungen dringen die Messer wie Meißel in den Block ein und zersägen ihn. Ein nachgeschalteter Knollenbrecher erzeugt die gewünschte Korngröße. In diesem Zustand ist das Produkt wieder stabil und bleibt es dann auch, falls keine Feuchtigkeit eintritt.
Industrielle Herstellung
Eine gänzlich andere Situation herrscht bei der industriellen Herstellung von Harnstoff. Zwischenlagerung in Silos mit Hunderten von Tonnen Kapazität sind erforderlich. Der zunächst in einer Lösung anfallende Harnstoff wird in ein Granulat umgewandelt. Es entsteht sogenannter geprillter Harnstoff in Form von Kügelchen mit einigen Millimetern Durchmesser. Erst wenn das einzelne Granulatkorn durchgetrocknet ist, kann sich ein Feuchtigkeitsgleichgewicht mit der umgebenden Luft einstellen. Bis zum Eintritt dieser Stabilität muss der Harnstoff in Bewegung gehalten werden, damit Verbindungen zwischen den Granulatkörnern immer wieder zerstört werden. Für die Zwischenlagerung in Silos heißt die Devise, das gesamte eingelagerte Volumen im Massenfluss ohne tote Zonen in Bewegung zu halten oder in kurzen Abständen immer wieder eine relativ kleine Teilmenge im Massenfluss abzuziehen und wenn nötig zu rezirkulieren. Da der Massenfluss für diese Rezirkulation verständlicherweise relativ klein gehalten werden soll, ist es schwierig, die gesamte eingelagerte Masse in Bewegung zu bringen. Für eine derartige Aufgabenstellung hat Solids Solutions Group den größten jemals gebauten Vibrationsaustragsboden Extra-Vib konstruiert. Er wird eingesetzt an einem Silo mit 12 m Durchmesser.
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