Universell verwendbare Inline-Scherkraft-Mischer ermöglichen in vielen Bereichen der Chemie und verwandten Industrien eine wesentlich effizientere Gestaltung der Misch- und Dispergierprozesse. Anhaftungen von Pulvern oder Krusten an den Behälterwänden und Mischelementen lassen sich dabei fast vollständig vermeiden. In den meisten Fällen ist damit auch eine deutliche Senkung der Investitions- und Betriebskosten möglich.
Dipl.-Ing. Eberhard Lipp
Zu den schwierigsten Mischaufgaben zählt die Herstellung agglomeratfreier Fest-Flüssig-Dispersionen von hoher Feststoff-Konzentration und, im Extremfall, das Dispergieren feinpulvriger Feststoffe mit geringen Anteilen hochviskoser Flüssig-Komponenten. Mit herkömmlichen Mischsystemen wie Rührwerken, Dissolvern, Planeten-Mischern und dergleichen lassen sich solche keineswegs seltenen Aufgaben gar nicht oder nur mit unannehmbarem Energie- und Zeitaufwand sowie Hilfskonstruktionen bewältigen, wobei die Ausreißerquote kaum noch zu tolerieren ist.
Ein wichtiger Aspekt bei solchen Mischaufgaben ist, dass von Anfang an eine ausreichend hohe Bewegungsenergie auf engstem Raum konzentriert wird. Sonst entstehen fast zwangsläufig Agglomerationen und Anhaftungen ungemischter Bestandteile an Behälterwandung und Mischelementen.
Leistungsfähiges Mischsystem
Für die genannten Mischaufgaben entwickelte Lipp Mischtechnik den patentierten Inline-Scherkraftmischer Reflector. Diese kontinuierlich betriebene Rotor/Stator-Dispergiermaschine ist kompakt und Platz sparend gebaut und lässt sich universell zur Herstellung von agglomeratfreien Feststoff-Mischungen, stabilen Emulsionen und vorrangig für Fest-Flüssig-Dispersionen in allen Konsistenzbereichen einsetzen. Die Anwendungsskala reicht bis zum Zerfasern und Zerkleinern organischer Ausgangsstoffe oder Aufschmelzen bei Viskositäten bis >108 mPas.
Den Reflector gibt es derzeit in verschiedenen Baugrößen für Durchsatzleistungen von 20 l/h bis 250 m³/h.
Funktion und Konstruktion
Bei diesem patentierten hochscherenden Inline-Mischer mit axialer Zwangsförderung passieren die dosiert zugeführten Komponenten innerhalb weniger Sekunden den Mischzylinder (Stator). Durch die Zentrifugalbeschleunigung des hochtourigen Flügel-Mischwerks (Rotor) bilden die Partikeln in der peripheren Scherzone einen turbulent umlaufenden Produktring. Die an ihren Enden verzahnten Rotor-Flügel durchkämmen die Zahnringe des zy- lindrischen Stators (Bild 1). Durch das Zusammenspiel der axial fördernden Rotor-Flügel und dem Auswurfrad am Ende der Mischkammer baut sich ein entsprechender Pumpdruck auf – abhängig von der Viskosität des Produkts, der Drehzahl und dem Durchsatz.
Auf diese Weise konzentrieren sich hohe Scherkräfte auf engste Räume, wirken sehr intensiv, aber nur kurzzeitig auf das Mischgut ein. Die eingebrachte Energie wird also optimal genutzt, was entscheidend zu einer sehr positiven Energiebilanz und damit zur Effizienz des Dispergierprozesses beiträgt. Daraus ergeben sich folgende Systemvorteile:
- auch bei extrem hohen Durchsatzleistungen keine Staugefahr oder gar Blockierungen, zumal der Produktstrom in der Mischkammer nicht umgelenkt wird
- einwandfreie Beherrschung des gesamten Viskositätsbereichs bis 108 mPas.
- Verarbeitung grobkörniger bis stückiger Feststoffe (zerkleinern, desagglomerieren, lösen, schmelzen)
- Mischpumpen-Effekt – Unterstützung des Feststoff-Eintrags durch Ansaugwirkung, am Auslass Pumpwirkung zum Weiterfördern
- keine Ablagerungen, da die Mischelemente die gesamte Mischkammer bestreichen
- einfache Spül-Reinigung bei Rezepturwechsel.
Pulvrige Feststoffe staubfrei dispergieren oder lösen
Das Reflector-Mischsystem ermöglicht neben der voll kontinuierlichen auch chargenweisen Betrieb bzw. Kreislauf-Betrieb. Im Konti-Betrieb lassen sich die Mischer horizontal oder vertikal aufstellen. Im Horizontal-Betrieb (Bild 2) erfolgt die Feststoff-Zufuhr über eine Förderschnecke. Es lassen sich mehrere Flüssigkomponenten über separate Stutzen einbringen. Das Zentrifugalrad am Ende der Mischkammer wirft die fertige Dispersion aus.
Bei Vertikal-Betrieb (Bild 3) verwirbeln Propeller-Flügel auf der verlängerten Mischwelle innerhalb eines aufgesetzten Einzugsgehäuses die zugeführten Feststoffe und fördern sie in die Mischkammer. Die Flüssig-Komponenten gelangen über separate Stutzen direkt in den Mischer. – Ansonsten funktioniert der Prozess wie bei der Horizontal-Bauart.
Die Durchsatzleistungen hängen selbstverständlich von der jeweiligen Mischaufgabe ab und der Produktviskosität.
Mit wässrigen Dispersionen bis 30 % Feststoffanteil wurden schon Durchsätze bis zu 100 m³/h erzielt. Bei hochviskosen Massen mit 85-prozentiger Feststoff-Konzentration sind immerhin noch Durchsatzleistungen bis 3000 kg/h möglich.
Zu den Anwendungsschwerpunkten des Reflector zählen folgende Prozesse:
- Fest-Flüssig-Mischungen, auch Pulver mit viskosen Flüssigkeiten
- staubfreies Dispergieren
- Emulgieren
- Zerkleinern, Vergrößern der Reaktionsoberflächen
- Zerfasern
- Aufschmelzen
- Stärkeverkleisterung
- Kochvorgänge
Einsatz im Anreicherungsbetrieb
Der Quasi-Chargenbetrieb bietet den Vorteil, dass man ohne aufwändige Dosiervorrichtungen auskommt. Neben dem Reflector sind lediglich ein Rühr- bzw. Mischbehälter für die Aufnahme der Gesamtcharge sowie eine Zirkulationspumpe erforderlich (Bild 4).
Die Flüssig-Komponenten werden zu Prozess-Beginn komplett in den Rührbehälter eingefüllt und durch eine nachgeschaltete Pumpe und den Reflector im Kreislauf-Betrieb umgepumpt und fortlaufend mit dem Feststoff angereichert bis das vorgegebene Feststoff-Flüssigkeitsverhältnis erreicht ist. Die Feststoffe gelangen von oben über eine Zellradschleuse oder Schnecke aus einem Silo oder aus einem Big-Bag direkt in den Reflector vertikaler Bauart. Der Rücklauf in den Rührbehälter des umgepumpten Fest-Flüssig-Gemisches erfolgt durch ein Tauchrohr unterhalb des Flüssigkeitsspiegels, um Spritzer durch den Produktstrahl zu vermeiden. Nach Prozessende fördert die Zirkulationspumpe die fertige Dispersion zur nächsten Station der Weiterverarbeitung. Diese Kombination eignet sich auch für höhere Produktviskositäten – lediglich begrenzt durch die Pumpfähigkeit bzw. Fließeigenschaft des Endproduktes.
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