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Als Dienstleistung möglich

Zeit und Geld sparen mit numerischer Simulation
Als Dienstleistung möglich

Wie kann ein Armaturenhersteller schon in der Konstruktionsphase sicherstellen, dass eine Absperrklappe bei einem exakt festgelegten Überdruck selbsttätig öffnet? Da bei allen Berechnungen immer Unsicherheitsfaktoren bleiben, empfiehlt sich in diesem und in vielen anderen Fällen die Computer-Simulation thermodynamischer Prozesse.

Dr.-Ing. Jürgen Fuisting

Mit einem solchen Blick in die Strömung erlangt der Konstrukteur auch bei komplexen Aufgaben schon sehr frühzeitig die Sicherheit, dass die von ihm erarbeitete Lösung praxisgerecht funktionieren wird. Darüber hinaus kann die rechnergestützte Simulation wichtige Hinweise für die Optimierung von Komponenten und Anlagen geben.
Selbsttätiges Öffnen einerBypass-Klappe
Die Aufgabe klingt wie aus einem Lehrbuch für angehende Ingenieure der Verfahrenstechnik oder des Maschinenbaus: Eine Klappe, die an der Behälterwand eines Thermoreaktors angebracht ist, soll bei einem Überdruck von 100 mbar selbsttätig, d.h. ohne Fremdenergie, einen Bypass mit rund 1,20 m Durchmesser öffnen und ebenso selbsttätig wieder schließen, sobald der Druck unter 80 mbar absinkt.
Für die konstruktive Praxis bedeutet das: Es sind Gegengewichte so anzubringen, dass bei 100 mbar das Staudruckmoment an der Klappe größer ist als das Eigengewichtsmoment der Klappe, das auf der Bypass-Öffnung lastet. Außerdem müssen der Drehpunkt und die Gegengewichte so positioniert sein, dass die Klappe von selbst wieder schließt. Als Parameter für die Anordnung des Drehpunktes und der Gegengewichte sind u. a. der an der Klappe anstehende Staudruck sowie die Strömungsverhältnisse in der Zuführung zu berücksichtigen.
Diese anspruchsvolle Aufgabenstellung entstammt jedoch nicht der Phantasie eines Hochschullehrers. Vielmehr waren dies die Vorgaben, nach denen ein Hersteller von Absperrarmaturen – die Fackert Spezialarmaturen GmbH in Moers – eine Bypass-Klappe zu konstruieren hatte. Da die Klappe in einem so genannten Thermoreaktor zur Verbrennung von Restgasen aus der Chemieproduktion eingesetzt werden sollte, waren sehr hohe Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Die Klappe war für einen maximalen Durchsatz von 135 000 m3 Luft pro Stunde auszulegen und sollte einen Durchmesser von rund 1,20 m aufweisen.
Die Simulation vermeidet“try and error“
Natürlich ist bei solchen Konstruktionsaufgaben das Know-how der Ingenieure ganz entscheidend und nicht zu ersetzen. Aber die moderne Informationstechnologie kann maßgeblich dazu beitragen, die Praxistauglichkeit erarbeiteter Lösungen im Vorfeld, d.h. vor dem Bau der Komponenten oder der Anlagen, zu prüfen – und nur so kann man wirklich sicher gehen, dass die Konstruktion die Aufgabe voll erfüllt und dass nach dem Einbau vor Ort keine kostspieligen Nachbesserungen erforderlich sind.
Aus diesem Grund konstruierten und berechneten die Fackert-Ingenieure zunächst die Klappe nach den Vorgaben des Kunden (Abb. 1). Anschließend beauftragten sie einen Dienstleister für Computer-Simulation, die Konstruktion zunächst zu prüfen. Dabei standen Position und Gewicht der Ausgleichsgewichte im Vordergrund.
Strömungsverhältnisseexakt simuliert
Mit Hilfe einer individuell angepassten Software wurden u.a. die Strömungsverhältnisse in der Bypass-Leitung simuliert und der Staudruck an der Klappe sowie das daraus resultierende Moment ermittelt. Als Ausgangsparameter nutzte man dazu – neben der Geometrie der Bypass-Leitung und dem Volumenstrom – u.a. die Dichte, Viskosität und Temperatur des Gases.
Auf der Basis dieser Daten ließ sich beispielsweise die Bewegung von Partikeln (Stromfäden) im Gasstrom der Bypass-Zuführung simulieren (Abb. 2). Daraus wiederum konnten sehr genaue Rückschlüsse auf den Staudruck gezogen werden, der auf die Klappe wirkt. Und es konnte auch die Bewegung der Klappe bei verschiedenen Staudrücken abgebildet werden.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die Simulation nicht nur statische Momentaufnahmen ermöglicht, sondern der Dynamik des Prozesses gerecht wird. Dies ist u.a. deshalb wichtig, weil der Staudruck an der Klappe auch nach dem Beginn des Öffnungsvorgangs, d.h. nach Erreichen der 100 mbar-Grenze, noch kurzzeitig ansteigt, solange die Klappe nicht ganz geöffnet ist.
Wie die Ergebnisse der Simulation zeigen, hatten die Konstrukteure von Fackert gute Arbeit geleistet: Die Modellrechnungen (Abb. 3) entsprachen im Prinzip den Konstruktionsdaten. Allerdings mussten bei der Anordnung der Gewichte noch geringfügige Optimierungen vorgenommen werden, um das Gleichgewichtsmoment genau auszutarieren. Ohne diese Änderungen wären unter bestimmten Betriebsbedingungen Probleme aufgetreten. Dies macht deutlich, dass Fackert die richtige Entscheidung getroffen hatte, mit einem Simulations-Dienstleister zusammenzuarbeiten.
Die ersten Testläufe nach der Installation der Absperrklappe im Bypass des Thermoreaktors bewiesen, dass die Simulation die Realität genau abgebildet hat. Ziel der Berechnungen, die von einem Volumenstrom von 110 000 m3/h ausgingen, war ein Vordruck von 80 mbar – das heißt bei 80 mbar beginnt sich die Klappe zu öffnen – und ein maximaler Druckanstieg um weitere 5 mbar, bis die Klappe vollständig geöffnet ist. In der Praxis stellte sich der Vordruck bei 79 mbar ein. Auch das gemessene Rückstellmoment entsprach den Simulationsergebnissen
Das bedeutet: Der Überdruck wird zuverlässig aus dem Ofen abgeleitet und die Klappe schließt auch wieder von selbst. Ein derartiges Sicherheitssystem bietet Vorteile gegenüber den Berstscheiben, die in solchen Fällen meist eingesetzt werden, denn nach einem Überdruck ist das System sofort wieder betriebsbereit; man muss weder die Anlage herunterfahren noch Komponenten erneuern. Zudem entfallen teure und verschleißanfällige Antriebe sowie deren Steuerungen.
Der Blick in die Strömung als Dienstleistung
Große Unternehmen haben eigene Ingenieure, die sich mit der Simulation im Vorfeld der Konstruktionsarbeit beschäftigen. Für viele mittelständische Unternehmen ist es jedoch kaum sinnvoll, den Aufwand konsequenter Pflege der Simulations-Software zu betreiben – zumal ja auch die Bedienung der Software professionell sein muss, damit die Ergebnisse der Realität entsprechen.
In solchen Fällen empfiehlt es sich, externe Dienstleister für die Simulation verfahrenstechnischer Prozesse einzuschalten. Einer dieser Dienstleister, aus dessen Beratungspraxis das hier dargestellte Beispiel stammt, ist der Geschäftsbereich FuelTec der Deutschen Montan Technologie GmbH (DMT).
Ursprünglich befasste sich dieser Geschäftsbereich ausschließlich mit der Optimierung von thermischen Prozessen vor allem in der Kraftwerkstechnik und nutzte dabei frühzeitig die Methoden der numerischen Simulation. Die Optimierung von Kraftwerkskomponenten ist auch heute noch ein wichtiges Geschäftsfeld, die Zahl der Aufträge aus anderen Bereichen nimmt jedoch zu. Die Verfahrens- und Chemietechnik ist dabei stark vertreten. Neben thermochemischen Prozessen werden u.a. auch fast beliebige Strömungsverhältnisse simuliert.
Auf der anderen Seite werden Simulations-Dienstleistungen nach den Marktbeobachtungen des Unternehmensbereiches auch immer stärker genutzt und dies vor allem deshalb, weil sowohl der Zeit- als auch der Kostenrahmen für die Entwicklung verfahrenstechnischer Komponenten und Anlagen immer knapper wird. Eine Verkürzung der time to market-Zeiten steht fast überall im Raum. Der Entwickler will die Anzahl der Prototypen reduzieren; der Anwender möchte die Zeit für das Anfahren und Optimieren von Anlagen verkürzen. Die Simulation kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Wann rechnet sich das Outsorcing von Simulations-Dienstleistungen, wann lohnt sich die Einrichtung eines eigenen Arbeitsplatzes? Nach groben Schätzungen macht die In-house-Simulation erst dann Sinn, wenn mehr als ein Arbeitsplatz damit kontinuierlich ausgelastet ist. Denn die Software ist sehr komplex, deshalb ist eine gründliche Einarbeitung wichtig, und man benötigt Know-how, um zu entscheiden, welche Parameter bei der Simulation berücksichtigt werden müssen. Umgekehrt ist es oft fast noch wichtiger zu entscheiden, welche Faktoren man außen vor lassen kann, um den Aufwand für die Simulation zu begrenzen.
Von der Simulation zur Praxis
So exakt die Ergebnisse der Simulation auch sein mögen: Oft werden Entwickler oder Anwender dennoch ganz reale Versuche fahren wollen, bevor sie sich an den Bau des Prototypen oder der Anlage begeben. Dies ermöglicht das gut ausgestattete Technikum von DMT-FuelTec, wo sich die per Simulation ermittelten Ergebnisse verifizieren lassen. Der stete Vergleich von Simulation und Realität trägt wesentlich zum Know-how-Gewinn bei: Er schafft wertvolle Erkenntnisse über die Genauigkeit der Simulationsergebnisse in verschiedenen Anwendungsbereichen.
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