Unter der Vielzahl der heute zur Verfügung stehenden Armaturen nimmt die Gruppe der 90°-Armaturen eine bevorzugte Stellung ein, da sie leicht und schnell zu betätigen sind, wartungsfrei arbeiten, geringe Druckverluste aufweisen und einfach zu automatisieren sind. Die Betätigung automatisierter 90°-Armaturen kann elektrisch, hydraulisch oder pneumatisch erfolgen.
Bei der fortschreitenden Automatisierung verfahrenstechnischer Anlagen, sind automatisierte Stell- und Regelarmaturen wichtige Funktionselemente, deren sorgfältige Auswahl und Auslegung oft von entscheidender Bedeutung sind.
In der Praxis hat sich der Pneumatik-Doppelkolbenschwenkantrieb als sehr vorteilhaft erwiesen. Neben ihrer kompakten Bauweise, kurzen Stellzeiten und hohen Drehmomenten zeichnet sich diese wartungsarme Antriebsart aus durch
• Sicherheitsrückstellung, bei Energieausfall schließend oder öffnend, durch integrierte Federpakete bei einfach wirkenden Antrieben
• kostengünstig in Ex-Bereichen
• elektrische oder pneumatische Stellungsrückmeldung
• stufenlose Zwischenstellungen durch Anbau von Stellungsreglern
• genormte Anschlussebenen für Armaturen, Steuer-, Regel-, und Rückmeldegeräte
Außerdem sollten Doppelkolbenschwenkantriebe noch folgende wichtige Merkmale aufweisen:
• einstellbare Endanschläge für die Auf- und Zu-Position, wichtig für molchbare Kugelhähne und High-Performance-Absperrklappen
• ausblassichere Schaltwelle
• doppelte Schaltwellenabdichtung, wichtig bei staubigen und widrigen Umgebungsbedingungen
• mechanisch bearbeitete Zahnstangen (bei Zahnstangenantrieben) für spielfreien Eingriff in das Schaltwellenritzel
• hartanodisierte Oberflächen für hohe Korrosions- und Verschleißfestigkeit
Bei Doppelkolbenschwenkantrieben werden die linearen Kräfte zweier gegenläufiger mit Druckluft oder mit Federkraft beaufschlagter Kolben durch Zahnstangen, Doppelschwingen oder Joche auf die Antriebswelle übertragen und in ein Drehmoment umgewandelt.
Das nutzbare Drehmoment einfachwirkender Antriebe ist in der Anfangsstellung durch die gespeicherte Federkraft um 30 bis 50% geringer als bei doppelt wirkenden Antrieben. In den Endstellungen sind die Drehmomente um weitere 35 bis 50% reduziert. Für einen bestimmten Drehmomentbedarf, ist der einfach wirkende Antrieb mit Federrückstellung also immer größer als ein doppelt wirkender Antrieb. Das spielt als Kostenfaktor bei der Entscheidung, ob eine Sicherheitsstellung bei Energieausfall notwendig ist, eine wichtige Rolle.
Drehmomentbedarf
Die Drehmomente von 90°-Armaturen sind abhängig von den verschiedenen konstruktiven und betrieblichen Faktoren wie
• Dichtungsart und -form sowie Dichtungswerkstoff
• Schaftabdichtung
• Medium (trocken, schmierend, klebend oder abrasiv)
• Differenzdruck
• Temperatur
Da die Betriebseinflüsse nur schwierig zu erfassen sind, sollten die Antriebsdrehmomente um einen Sicherheitszuschlag von 30 bis 50% höher liegen.
Das maximal zulässige Drehmoment der Armatur ist bestimmt durch die Torsionsfestigkeit des Schaftes.
Genormte Schnittstelle
Die Schnittstelle Antrieb/Armatur ist nach DIN/ISO 5211 genormt. Die entsprechenden Normbezeichnungen F04, F05, F07, F10 usw. sind Antriebsgruppen in bestimmten Drehmomentbereichen zugeteilt. Ein definierter Innenvierkant in der Antriebswelle ist einem Flanschbild mit vier Gewindebohrungen und einem Zentrierring zugeordnet. Für Armaturen sind die entsprechenden Anschlussflansche und -zapfen nach DIN 3337 genormt.
Das ermöglicht vielfach eine Direktmontage, die für einfache Einsatzfälle auch praktiziert wird. In der Verfahrenstechnik wird die offene Aufbauweise mit einer Zwischenkonsole und einer Kupplung bevorzugt.
Bei der Montage der offenen Version ist, besonders bei nicht zentrierten Armaturenanschlüssen, sorgfältig zu beachten:
• die Drehachsen beider Wellen müssen bei starren Kupplungen axial und radial genau fluchten, da auch kleine Abweichungen unkalkulierbare Seitenkräfte in den Lagerstellen verursachen
• die kraftübertragenden Flächen müssen formschlüssig passen, um die Hysterese zu minimieren
Steuerventile
Zur Luftversorgung der Antriebe werden Steuerventile verwendet, die elektromagnetisch, pneumatisch oder mechanisch geschaltet werden. Die 5/2-Wegeventile für doppelwirkende Antriebe und die 3/2-Wegeventile für die einfachwirkenden können an eine nach VDE/VDI 3845 bzw. Namur-genormte Anschlussebene angeblockt werden. Das hat bei einfachwirkenden Antrieben den günstigen Effekt, dass die Federräume durch die Beatmung mit sauberer Steuerluft vor der Außenluft geschützt sind.
Stellungsrückmelder
In den meisten Anwendungsfällen für automatisierte Armaturen ist außer der örtlichen Sichtanzeige eine Fernanzeige notwendig, um die Aktionen der Armaturen zentral zu erfassen und prozessleittechnisch zu verwerten. Hierfür stehen einige Möglichkeiten zur Wahl:
• elektronisch – mit induktiven Näherungsinitiatoren
• elektrisch – mit mechanischen Schaltern
• elektrisch – mit Magnetschaltern (Reed-Kontakte)
• pneumatisch – mit 3/2-Wege-Stößelventilen
Es gibt integrale Geräte, die beide Funktionen erfüllen: Weithin erkennbare Sichtanzeige mit geschützt eingebauten Endschaltern, für die zentrale Auswertung.
Stellungsregler
90°-Armaturen werden oft als Regelorgane verwendet, um Prozessparameter konstant zu halten oder abzustimmen. Doppelkolbenschwenkantriebe mit aufgebauten Stellungsreglern eignen sich gut für diese Aufgabe. Gesteuert durch ein pneumatisches oder elektrisches Signal, fahren sie reproduzierbar jede gewünschte Zwischenstellung kontinuierlich an.
Stellungsregler für 90°-Schwenkbereich werden nach Art der Ansteuerung unterschieden in
• pneumatische Positioner – angesteuert durch ein Standardsignal von 0,2 bis 1,0 bar
• elektropneumatische Positioner – angesteuert durch ein Standardsignal von 4 bis 20 mA
Die Regelcharakteristik ist wählbar, und beide Bauarten können mit Endschaltern oder einer kontinuierlichen Stellungsrückmeldung ausgestattet sein. Die Anschlussebene für Stellungsrückmelder und -regler ist als Namur-Anschluss nach VDE/VDI 3845 genormt.
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