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Dreifach geschützt

Tieftemperaturdichtung im Einsatz in einer Ethylenpumpe
Dreifach geschützt

Herzstück des Dow Olefinverbunds in Böhlen ist die Ethylenanlage. Das Endprodukt Ethylen, mit einer Reinheit von >99 % wird mittels einer Übergabepumpe zur Weiterverarbeitung in die nächste Anlage gefördert. Aufgrund der hohen Sicherheitsstandards wurde die Wellenabdichtung dieser Übergabepumpe als Dreifachdichtung ausgeführt.

Bernhard Fröhlich, Reinhard Iffland, Kerstin Bechtel

Ethylen ist ein farbloses, schwach süßlich riechendes, brennfähiges Gas. Es hat einen Siedepunkt von -104 °C. Ethylen bildet mit Luft in einem weiten Bereich ein explosionsfähiges Gemisch (Explosionsgrenzen in Luft 2,7 bis 28,6 %). Deshalb sind die Sicherheitsstandards bei der Herstellung von Ethylen auch sehr hoch. Ethylen wird vor allem zur Herstellung von Polyethylen und anderen Kunststoffen eingesetzt. Die Herstellung von Ethylen erfolgt heute zum größten Teil aus Erdöl oder Erdgas. Naphta, welches von der Raffiniere geliefert wird, wird durch thermisches Cracken zu Ethylen und Propylen umgesetzt. Dem eigentlichen Crackprozess müssen noch umfangreiche Reinigungs- u. Gastrennungsverfahren nachgeschaltet werden, bis das Ethylen die für die Weiterverarbeitung notwendige Reinheit besitzt.
Hohe Anforderungen
Um dem hohen Sicherheitsstandard gerecht zu werden sowie eine mögliche Produktverunreinigung bei einem Dichtungsschaden zu vermeiden, wird in der Ethylenübergabepumpe eine Dreifachgleitringdichtung in Tandemanordnung eingesetzt. Eine Herausforderung für die Gleitringdichtung ist die tiefe Temperatur von bis zu -100 °C, weshalb eine Metallfaltenbalgdichtung Verwendung findet. Darüber hinaus entstehen atmosphärenseitig starke Vereisungen an der Pumpe. Um Vereisungen an den Lagerträgern und Gleitringdichtungen zu vermeiden, werden die Lagerträger elektrisch beheizt. Ist diese Heizleistung zu gering ausgelegt, kann es durch die eintretende Vereisung zu Schäden an den Lagern und an der atmosphärenseitigen Dichtung kommen. Da solche Anwendungen oft sehr nahe am Verdampfungspunkt betrieben werden, sind entsprechende Maßnahmen zu treffen, um eine Verdampfung im Dichtspalt und damit ein Trockenlaufen der Dichtung zu verhindern.
Besondere Dichtungslösung
Die Dreifachdichtung besteht aus folgenden Burgmann- Komponenten: MFLCT80 auf der Produktseite, H75VK1 als zweite Dichtung und MFL85F mit Fördergewinde als dritte Dichtung auf der Atmosphärenseite (Sicherheitsdichtung). Die Elastomere sind aus einem speziellen Fluor-Silikon-Kautschuk, der für tiefe Temperaturen geeignet ist. Der Sperrmediumstrom ist in mehrere Teilströme aufgeteilt ( Multipoint injection), die durch die relativ hohe Strömungsgeschwindigkeit gezielt auf die Gleitfläche gerichtet werden. Es entsteht der so genannte Jet-Effekt, das bedeutet, der rotierende Flüssigkeitsring wird durchstoßen und damit die Abfuhr der Reibungswärme intensiviert und eventuell entstandene Gasblasen weggespült. Die Fahrweise der dritten Dichtung entsprechend angepasster Plan 52/53 heißt, dass es sich hierbei nicht um eine drucklose Vorlage handelt, sondern um eine druckbeaufschlagte Vorlage, die bei ca. 5 bar betrieben wird, wobei der Druck aber noch unterhalb des Produktdrucks liegt. Grund hierfür ist das Vermeiden der Verdampfung im Dichtspalt der zweiten Dichtung durch Druckerhöhung. Darüber hinaus wurden weitere konstruktive Maßnahmen ergriffen, um eine Schädigung der Dichtung beim Anfahren der Pumpe durch diverse Vereisungen, die zwischen der Pumpenwelle und der atmosphärenseitigen Dichtung entstehen, zu verhindern. Darunter eine Heizkammer im Deckel der Dichtung, die mit Niederdruckdampf beheizt wird. Der Dampf kondensiert im Bereich der Heizkammer und wird über ein Kanalsystem abgeleitet. Dabei darf die Strömungsgeschwindigkeit nicht durch Einbauten reduziert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass das Kondensat einfriert. Es ist außerdem darauf zu achten, dass die Temperatur des Quenchmediums im Stand-by-Betrieb 30 °C nicht überschreitet. Dadurch wird gewährleistet, dass während des Anfahrprozesses das Quenchmedium im Dichtspalt nicht verdampft und dass es nicht zu einem Trockenlauf der Dichtung kommt. Die Beheizung des Deckels wird kurz vor Inbetriebnahme der Pumpe abgeschaltet, da es ansonsten zu einer Überhitzung des Quenchmediums und damit auch der Dichtung kommen kann.
Erfolgreich im Einsatz
Das hier vorgestellte Dichtungskonzept ist seit mehreren Jahren erfolgreich im Einsatz und erreicht hervorragende Standzeiten. Die mit Heizkammer ausgestattete Dichtungsvariante wird ebenfalls mit Erfolg seit Juni 2005 ohne jegliche Ausfälle betrieben. Mit dem Einsatz einer Dreifachdichtung konnten die hohen Sicherheitsanforderungen zur vollen Zufriedenheit des Kunden erfüllt werden. Auch die Herausforderungen der Tieftemperaturanwendung konnten durch den Einsatz einer Metallfaltenbalgdichtung, spezieller Werkstoffe und anderer spezifischer Maßnahmen gelöst werden.
cav 404

Mehr zu Pumpengleitringdichtungen
European Sealing Association
Aussteller Isgatec 2007

Betriebsbedingungen
  • Pumpenhersteller: Sulzer
  • Pumpentyp: horizontale, mehrstufige, beidseitig gelagerte Kreiselpumpe (GSG 50–215)
  • Medium: flüssiges Ethylen
  • Temperatur: -54 °C; bei Produktentspannung im Stillstand sind bis zu -102 °C möglich
  • Saugdruck: 8,5 bar Überdruck
  • Enddruck: 63,5 bar Überdruck
  • Druck an der Dichtung: 8,5 bar Überdruck
  • Drehzahl: 4500 min-1
  • Dichtung inkl. Werkstoffe: MFLCT80S1/60-KB3, AQ22GM6M/G-AQ2P3GG-AQ1U1M6G1 (1.4571)
  • Dichtungstyp: Dreifachdichtung
  • Sperrsystem: Thermosiphon System TS 2000
  • Sperrmedium und Fahrweise: Ethylen aus einer höheren Druckstufe der Pumpe für die zweite Dichtung
  • Sperrdruck: 22 bar
  • Fahrweise dritte Dichtung: Angepasster Plan 52/53 API 682/ISO 21049 mit Methanol als Quenchmedium und einer Leckageabfuhr ins Fackelsystem.
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