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Ein Ventil ist nur so gut wie seine Dichtung

Total Containment stellt hohe Anforderungen an das Dichtungsmaterial
Ein Ventil ist nur so gut wie seine Dichtung

Die Hersteller von pharmazeutischen Rohstoffen stehen heute vor einem großen Problem: Sie müssen pharmazeutische Primärprodukte (Active Pharmaceutical Ingredients; APIs) und Zwischenprodukte ohne Gesundheitsrisiko für die Mitarbeiter handhaben. Dazu werden immer häufiger so genannte Total Containment-Armaturen eingesetzt. Eine entscheidende Rolle in diesen Armaturen spielt das Dichtungsmaterial.

Die pharmazeutische Herstellung stellt die Verpackungs- bzw. Behälterindustrie auf eine immer härtere Bewährungsprobe. Auf der einen Seite geht der Trend zur Herstellung von APIs, die bei noch geringeren Konzentrationen noch wirksamer sind, und auf der anderen Seite erfordert die Handhabung von pharmazeutischen Zusatzstoffen und Prozessstoffen die allerhöchsten Leistungs- und Qualitätsstandards bei den Behältern – für die Sicherheit der Mitarbeiter. Arbeitsplatzgrenzwerte bzw. -konzentrationen (MAK) werden definiert als die maximal erlaubte tägliche Aufnahme eines Stoffes für einen Menschen, die noch keine Auswirkung auf seine Gesundheit hat. Im Allgemeinen werden diese Grenzwerte in µg pro m3 gemessen. Die MAK-Werte werden bei immer wirksameren APIs natürlich immer geringer. Bei einigen hoch sensibilisierenden Wirkstoffen wie Impfstoffen, Hormonen oder zytotoxischen Verbindungen sind MAK-Werte von unter 1µg pro m3 keine Seltenheit. Bei diesen Werten ist die herkömmliche Behältertechnologie nicht mehr ausreichend.

Die Mitarbeiter in den API-Herstellungswerken müssen daher Personenschutzausrüstungen tragen, um ihre Belastung mit den Stoffen so gering wie möglich zu halten. Zusätzlich zu den Standard- und High-Containtment-Ventiltechnologien der Behälter kommen meist außerdem noch so genannte Handschuhkästen zum Einsatz. Mit diesen Kästen ist der Mitarbeiter hinter einer Glasscheibe geschützt, während die im Kasten eingebauten Handschuhe das Umfüllen des Produktes ermöglichen. Dies kann bedeuten, dass mit diesen Handschuhen ein Behälter gehalten wird, dessen Inhalt in einen anderen umgefüllt wird, oder auch dass über den Handschuhkasten ein IBC mit einem Reaktionsgefäß verbunden ist. Die Verwendung von Handschuhkästen hat jedoch ihre Grenzen, von denen die schwierige Anwendung in engen Räumen nicht das geringste Problem ist.
IBC als Prozessbehälter
Großpackmittel (IBCs) sind in der pharmazeutischen Produktion sehr weit verbreitet für die Lagerung und den Transport von API-Verbindungen mit geringen Volumen und/oder hohem Wert, die kontaminationsgefährdet und erheblich gesundheitsgefährlich sind. Diese Mehrweg-Edelstahl-IBCs sind sehr teuer. Dies erklärt auch, weshalb sie oft als Teil der Fabrikanlage betrachtet und, in manchen Fällen, sogar als Prozessbehälter zur Erwärmung und Kühlung verwendet werden. Daher werden diese Metall-IBCs im Allgemeinen für ein bestimmtes Projekt angefertigt und können über maßgefertigte Ventilverbindungen verfügen.
Produkttransfersysteme für APIs müssen ein Höchstmaß an Sauberkeit während des An- und Abdockvorgangs bieten können – denn das Letzte, das ein Pharmahersteller gebrauchen kann, ist auch nur das geringste Risiko einer Kreuzkontamination. Außerdem ist die Reinigungsfreundlichkeit von großer Wichtigkeit, da die Mitarbeiter einen großen Teil ihrer Arbeitszeit darauf verwenden, die Sauberkeit der Gerätschaften nach dem Gebrauch zu gewährleisten. Auch die Wartungsfreundlichkeit ist nicht unwichtig, und dasselbe gilt gegebenenfalls für eine Automation der Produktumfüllung.
Total-Containment-Ventil
Eine Lösung ist das Ventil für das Total Containment, mit dem sich Verlustwerte von unter 100 Nanogramm pro m3 erreichen lassen. Typischerweise besteht ein Docking-System für das Total Containment aus einem aktiven und einem passiven Ventil, das zwei Behälter unabhängig voneinander absolut staubdicht abschließt. Das aktive Ventil befindet sich an der Produktionseinheit – aktiv bedeutet, dass das Ventil manuell oder automatisch betätigt werden kann, während das passive Ventil kein Betätigungselement hat und sich im Allgemeinen am Lager-IBC bzw. mobilen IBC befindet.
Das aktive und das passive Ventil werden mit Hilfe eines internen Zentriersystems angedockt und verriegelt. Die mechanischen Verriegelungssysteme der einzelnen Ventile werden während dieses Vorgangs automatisch ausgelöst. Die äußeren, kontaminierten Halbscheiben der Ventile werden dann miteinander verschlossen und abgedichtet, so dass es nicht zu einem Kontakt mit dem Produkt kommen kann. Der Ab- und Umfüllvorgang wird aktiviert, indem beide Ventilscheiben zusammen gedreht werden, so dass es beim Füllen zu keinem Kontakt zwischen den äußeren und den inneren Oberflächen des Ventils kommen kann. Der Umfüllvorgang findet dann unter vollkommen abgeschlossenen Bedingungen statt und ist daher absolut kontaminationsfrei. Dieser vollständige Abschluss des Behälterinneren und des Produkts von der Umgebung kann zusätzliche Personenschutzausrüstungen und eine aufwändige Reinrauminstallation überflüssig machen.
Leistungsfähige Dichtungen notwendig
Bis heute krankte die Ventiltechnologie für das Total Containment immer noch an der nicht ausreichenden Leistungsfähigkeit der Dichtungen, wie Martin Koch, Geschäftsführer beim Ventilhersteller GEA BuckValve, ausführt: „Die Verbesserung der Ventilkonstruktionen für das Total Containment bedeutete für uns zunächst, einen Edelstahl zu verwenden, der gegen eine noch größere Anzahl von Lösemitteln beständig ist. Nachdem wir dieses Problem gelöst hatten, standen wir vor dem Problem der Dichtungen. Jedes Ventil ist nur so gut wie seine Dichtung.“ Zuerst wurde die Verwendbarkeit von PTFE-Dichtungen geprüft. „PTFE ist chemikalienbeständig, war für die Zwecke von GEA aber zu steif. Dies bedeutet, dass der Werkstoff für unter Druck ablaufende Prozesse ungeeignet war. Da entschieden wir uns für eine Perfluorelastomer-Dichtung, die eine hohe chemische Beständigkeit mit der Flexibilität einer Gummidichtung vereint. Damit hatten wir das Druckproblem gelöst,“ so Koch.
GEA BuckValve arbeitete bei der Entwicklung der Total Containment-Dichtung mit dem Dichtungshersteller Precision Polymer Engineering (PPE) zusammen. Es war von Anfang an klar, dass die Dichtung aus einem FDA-konformen Perfluorelastomer bestehen und sowohl über eine ausgezeichnete Chemikalienbeständigkeit als auch gute mechanische Eigenschaften verfügen musste. „Unsere Erfahrung mit Anwendungen im Pharmabereich zeigen uns, dass die angegebenen Einsatzbedingungen und die geplante mechanische Belastung der Dichtung nur als untere Grenze der Leistungsfähigkeit der Dichtung angesehen werden dürfen. Es wird immer zu Änderungen bei den eingesetzten Lösemitteln, Chemikalien und Vor-Ort-Reinigungsprozessen kommen, wenn die Herstellung auf neue Wirkstoffe umgestellt wird,“ weiß David Holt, Business Manager für Perlast bei PPE. Da ist die Wahl des Dichtungswerkstoffs von großer Wichtigkeit. David Holt weiter: „Dichtungen sollten flexibel einsetzbar und widerstandsfähig gegen hohe Temperaturen sowie die verschiedensten Lösemittel und andere Chemikalien sein. Das Letzte, das wir brauchen, ist, dass eine aufgequollene Dichtung das Ventil blockiert oder undicht wird und das API kontaminiert.“
Perfluorelastomer als Lösung
Die Total-Containment-Dichtungen für GEA BuckValve bestehen aus einer Perfluorelastomer-Produktreihe mit Härten zwischen 50 bis 90 Shore, so dass die Dichtung noch flexibler für die jeweilige Druck- oder Vakuum-Anwendung maßgefertigt werden kann. Um die extremen Prozesstemperaturen zu überstehen, haben die Perfluorelastomere einen Betriebstemperaturbereich von -35 bis +330 °C ohne Verlust der Chemikalienbeständigkeit. Unterhalb von –35 °C verlieren die Perfluorelastomere langsam ihre Flexibilität, werden jedoch erst bei –60 °C spröde. Dies bedeutet ein ganz neues Anwendungsspektrum für Dichtungen, das zuvor nur mit PTFE möglich war.
Ventile der nächsten Generation
Da diese Ventile für IBCs und andere Behälter nun immer weitere Verbreitung finden, erwartet Martin Koch eine schnelle Entwicklung des Total Containment hin zur Industrienorm in pharmazeutischen und anderen Herstellungsprozessen. Koch: „Wenn man weiß, dass sich dadurch die API-Belastung der Mitarbeiter auf Werte im Nanogrammbereich senken lässt und die Behälterkosten sich im Vergleich zum Einsatz von Handschuhkästen stark verringern, sind das schon sehr starke Argumente für Total Containment-Ventile.“
Total Containment-Ventile
Dichtung
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