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Drehschieberventil mit dynamisch gelagerten Dichtscheiben

Regelt kleinste Mengen bei höchsten Anforderungen
Drehschieberventil mit dynamisch gelagerten Dichtscheiben

Ein System von dynamisch gelagerten Dichtscheiben ist das Geheimnis des Kleinstmengenregelventil 8C/6H von Arca Regler (Bild 1). Es sorgt für hohe Dichtheit, wobei Fertigungstoleranzen und unterschiedliche Wärmeausdehnung keine Rolle mehr spielen. Die Dichtflächen können aus nahezu jedem Material hergestellt werden. Mit diesen Voraussetzungen eignet sich Ausführung 8C/6H auch für schwierige Fluide und hohe Differenzdrücke.

Die genaue Regelung von kleinen Durchflussmengen stellt eine besondere Anforderung an die Konstruktion, aber auch an die Fertigungsgenauigkeit von Stellventilen dar. Die Gruppe der Kleinstmengenregelventile überdeckt einen Bereich des Nenn-Durchflusskoeffizienten von 1 m³/h bis hinunter zu 10-5 m³/h. Dabei bezieht sich der Nenn-Durchflusskoeffizient KVs auf Wasser bei 1 bar Differenzdruck und voll geöffnetem Ventil. Diese Definition setzt jedoch eine turbulente Durchströmung des Ventils voraus. Ein Regelventil mit einem KVs von 0,01 m³/h hat also unter den genannten Bedingungen bei voller Öffnung einen Durchfluss von 10 l (Wasser) pro Stunde.

Außer dem KVs-Wert gibt es für die Bewertung des Regelverhaltens von Stellventilen noch zwei weitere signifikante Parameter. Der erste dieser Parameter ist das Stellverhältnis. Das Stellverhältnis ist das Verhältnis des Nenn-Durchflusskoeffizienten KVs zum kleinsten regelbaren Durchflusskoeffizienten KVmin und damit eine Maßzahl, wie groß der Regelbereich des Ventils ist. Das obige Stellventil mit KVs 0,01 m³/h könnte bei einem Stellverhältnis von 25:1 noch einen minimalen Durchfluss von 0,4 l/h Wasser regeln.

Die zweite Kenngröße ist die Kennlinie des Regelventils, also die Darstellung des KV-Wertes als Funktion über den Ventilhub (bzw. über den Öffnungswinkel bei Schwenkarmaturen). Bei einem idealen Regelkreis ist es wünschenswert, wenn die Verstärkung des Regelkreises möglichst konstant ist, d. h. wenn die Antwortfunktion (z. B. die Änderung des Durchflusses) auf eine Änderung der Führungsgröße (z.B. dem Eingangssignal am Stellungsregler) weitgehend unabhängig von der jeweiligen Ventilöffnung ist. Neben den sogenannten Grundkennlinien (linear oder gleichprozentig) sind auch sogenannte inhärente (ventiltypspezifische) Kennlinien möglich.

Normalerweise werden Kleinstmengenregelventile in der Form von Durchgangsventilen in den Nennweiten 6 bis 25 hergestellt, wobei der Kegel entweder als Parabolkegel mit einem Sitzdurchmesser von 3 mm oder weniger ausgeführt wird. Alternativ kommt auch ein sogenannter V-Port-Kegel (zylindrischer Kegel mit eingebrachter V-Nut) zum Einsatz (Bild 2). Das Stellverhältnis und damit das Regelverhalten eines solchen Ventils wird im Wesentlichen durch die Toleranz zwischen Kegel und Sitzring bestimmt.

Bei einem Durchflusskoeffizienten KVs von 0,01 m³/h und einem geforderten Stellverhältnis von 25:1 (und unter Benutzung der Faustformel, dass der Durchflusskoeffizient KVs 1 m³/h einem freien Querschnitt von 28 mm² entspricht) ergibt sich ein freier Querschnitt von
28 mm2/1 m3 h-1 ∙ 0,01 m3 h-1

bei voller Öffnung des Ventils; jedoch von nur von

28 mm2/1 m3 h-1 ∙ 0,01 m3 h-1/25
= 0,011 mm2

für den KVmin. Für einen Parabol- oder V-Portkegel mit Sitz-Durchmesser 3 mm ergibt sich aus letzterem Wert eine maximal mögliche Toleranz zwischen Kegel und Sitzring von nur 3 µm. Abgesehen von der Herausforderung, die mit der Fertigung von solchen Präzisionsteilen verbunden ist, kann eine derartige Garnitur nur bei sehr sauberen Fluiden eingesetzt werden. Darüber hinaus ist auch der Temperatureinsatzbereich dieser Ventile bedingt durch die unterschiedliche thermische Ausdehnung von Kegel und Sitzring begrenzt.

Konstruktion der Ausführung 8C/6H

Ausgehend von der strömungstechnisch vorteilhafteren Geometrie eines V-Portkegels besteht die zum Patent angemeldete Ventilgarnitur 8C/6H aus zwei Dichtscheiben mit geläppter Oberfläche, die mit einer Feder sowie durch den Differenzdruck aufeinander gedrückt werden. Die untere Scheibe ist fest im Ventilgehäuse fixiert; die obere Scheibe ist mit der Ventilwelle verbunden und wird durch den Stellantrieb in einem Bereich von 0 (Ventil geschlossen) bis 60° (Ventil voll geöffnet) gedreht.

Beide Scheiben enthalten je eine Bohrung für den Durchfluss. Die untere (feststehende) Scheibe hat zusätzlich einen radialen Durchflusskanal, dessen Querschnitt sich – analog zu einem V-Port Kegel – in Richtung der Bohrung vergrößert. Je nach Position der oberen, drehbaren Drosselscheibe – in Bild 3 durch eine Nachbildung aus Plexiglas dargestellt – wird ein bestimmter Querschnitt der V-Nut freigegeben und damit letztendlich der Durchfluss durch das Ventil bestimmt.

Dieses System der dynamisch gelagerten Dichtscheiben garantiert eine sehr hohe Dichtheit des Ventils, da Fertigungstoleranzen und auch unterschiedliche Wärmeausdehnung absolut keine Rolle mehr spielen. Die Scheiben können aus jedem Material gefertigt sein (bis hin zu Keramik) und sind damit auch für schwierige Fluide und hohe Differenzdrücke geeignet. Die Auswahl der Werkstoffe für die Dichtscheiben erfordert jedoch möglichst genaue Information über das Prozessfluid und dessen chemische und physikalische Eigenschaften, da die Dichtscheiben unter hohem Druck aufeinander reiben und somit zusammen mit dem Prozessfluid ein tribologisches System bilden.

Ein weiterer Vorteil, insbesondere bei verschmutzten Fluiden, ergibt sich durch die Form des Durchflusskanals, die aufgrund des verwendeten Werkzeuges über die gesamte Länge annähernd einem gleichseitigen Dreieck entspricht. Die maximale Partikelgröße, die diesen Durchflusskanal passieren kann, entspricht in etwa dem Innenkreisdurchmesser dieses Dreiecks. Dieser beträgt (bei KVs 0,01 m³/h bzw. einem freien Querschnitt von 0,28 mm²) 0,46 mm. Würde man den gleichen freien Querschnitt mit einem Parabolkegel mit Sitzdurchmesser 3 mm realisieren, so könnten nur noch Partikel mit weniger als 30 µm Durchmesser die Drosselstelle passieren.

Applikationsmöglichkeiten

Die inhärente Kennlinie des Drehschieberventils wird durch die Fertigung des Durchflusskanals bestimmt und liegt zwischen einer linearen und einer idealen gleichprozentigen Kennlinie (Bild 4). Damit eignet sich diese Ausführung auch für Applikationen, bei denen der Druckabfall am Regelventil bei steigender Durchflussmenge stark abnimmt. Die ersten praktischen Einsatzfälle für das Drehschieberventil entsprechen gerade einer solchen Anlagenkennlinie. Es handelt sich dabei um die Konditionierung von Sperrdampf für die Niederdruckseite einer Dampfturbine. Hierzu wird Heißdampf mittels einer Einspritzdüse mit nachgeschalteter Verwirbelung von 500 auf 300 °C heruntergekühlt; das Drehschieberventil dient somit zur Regelung des Kühlwassers für die Einspritzdüse (Bild 5). Zusätzlich zu den hohen Anforderungen an das Mengenverhältnis (maximaler Durchfluss von über 90 kg/h bei gefordertem minimalem Durchfluss von 5 kg/h) variiert der Differenzdruck am Ventil zwischen 5 und 15 bar. Letzteres ergibt sich zwangsläufig aus der Kennlinie der Einspritzdüse.

Die Ventilauslegung ergab einen berechneten KV-Wert von 0,034 m³/h für den maximalen Durchfluss und 0,0008 m³/h für den minimalen Durchfluss; der gewählte KVs-Wert beträgt 0,04 m³/h. Das geforderte Stellverhältnis ist also 0,04/0,008 = 50:1. Dieser Wert wurde bei einer Durchflussmessung im Prüfstand, jedoch unter gleichen Prozessdaten wie im realen Betrieb, sogar noch leicht überschritten. Da bei der vorgegebenen Kombination von Kühlwasserdruck und -temperatur bei Differenzdrücken über 10 bar noch Kavitation auftritt, wurde die Ventilgarnitur komplett aus einem gehärteten Edelstahl gefertigt, sodass eine entsprechende Standzeit erwartet werden kann.

Weitere Einsatzfälle befinden sich derzeit in Planung, darunter der Umbau von Ventilen zur Dosierung von Hochdruck-Wasserstoff in einer petrochemischen Anlage. Dieses Projekt ist nur realisierbar, weil für das Drehschieberventil (obwohl eine 90° Schwenkarmatur) das Gehäuse eines normalen Hubventils der Baureihen 8C oder 6H verwendet wird und somit auch der nachträgliche Umbau möglich ist.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav0918arca


Autor: Lothar Grutesen

Leiter Produkttechnik,

Arca Regler

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